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Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Weißen, des Amtsgericht» nnd Stadtrat» zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 208 — 83. Jahrgang Wilsdrwff-Dresden Freitag, 5. September 1924 Telegr.«ALr.: »Amtsblatt» Aas kommen soll MWO hl bis zm MWm zn rch« Garantie-Pakt. — Meinungsverschieden heiten innerhalb des Völkerbundes. London, 4. September. Der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph schreibt: Ein hervorragendes Mitglied der Bölker- lmndsversammlung spricht die Meinung aus, bah hinter der Kontro verse für oder gegen einen gegenseitigen Garantievertrag in Wirklich keit ein scharfer Meinungsunterschied zwischen zwei verschiedenen Auf fassungen innerhalb des Völkerbundes vorhanden ist, und zwar ein politischer und ein juristischer. Die politische Auffassung, unterstützt von Frankreich, geht dahin, daß die Besorgnis Frankreichs darin be steht, Machtmittel des Vvlkerbundsrates aufrecht zu erhalten unter Bevorzugung gegen jene des Schiedsgerichtshofes im Haag. Kleinere Nationen dagegen, unterstützt von Amerika und anderen Staaten, wollen den Schiedsgcrichtshos im Haag zur obersten Instanz in jedem Streit machen, der zu internationalen Konflikten führen könnte. und dem unbesetzten Gebiet wird abgeschafft. Diese Verordnung tritt am 1ü. September Mitternacht in Kraft. wenn die deutsche Volkswirtschaft die Arme frei bekommt. Die Anleiheverheißungen haben ja auch schon den Erfolg gehabt, daß die deutsche Wirtschaft überhaupt ausländischen Privatkredit erhielt, und zwar zu Bedingungen, die, wenn auch jetzt keineswegs milde, doch einen gewaltigen Abstand gegenüber jenen aufwiesen, die bisher verlanat wurden Hilse sür den Augenblick, für die allernächste Zukunft nur ist das alles; aber — wir können eben nur Politik für morgen machen, und der Ertrinkende klammert sich eben auch an einen Strobbalm. Postscheck: Dresden 2640 Aus wirtschaftspolitischen Kreisen wird uns ge schrieben: Wirtschaftliche Hoffnungen fürmorgen, fchon nicht mehr für übermorgen, sind mit die stärksten Beweggründe gewesen, die zur Annahme der Dawes-Gesetze geführt haben, Hoffnungen auf eine Erleichterung für die nächsten paar Monate, unbestimmte Hoffnungen auf die fpätere Macht der Zeit, die selbst die Bestimmungen des Londoner Abkommens abändern, ertragbar machen werden. Frei- lich hat diese Hoffnungen die Art schon stark herabge stimmt, in der nun die Gegenseite an die Erfüllung ihrer Zusagen herangeht oder vielmehr heranschleicht, wie z. B. bei der Räumung von Dortmund-Hörde, bei der selbst eine aufklärende halbamtliche Veröffentlichung der deutschen Regierung zugestehen muß, daß sie wahrschein lich erst bis zum 5. Oktober erfolgen werde. Vorher war die Rede von sofortiger Räumung. Der Zentrumsabgeordnete Dr. Lammers hat in seiner neulichen Neichstagsrede mit Recht darauf hinge wiesen, daß zahlreiche deutsche Unternehmungen recht große ausländische Privatkreditabkommen zu nicht un günstigen Bedingungen abgeschlossen haben, wobei aller- dings jedesmal als letzter Paragraph die Annahme des Londoner Pakts durch den Reichstag auftauchte. Das war nicht nur ein politisches Druckmittel des Auslandes. Wenn — es ist freilich ein großes „Wenn' — die Lon doner Abmachungen erfüllt werden, wenn Deutschland wieder die Verwaltung des Westens in seine Hand be kommt, so muß das erste die zollpolitische Schlie ßung der Westgrenze sein, über die sich in einem breiten Strom von Basel bis Nymwegen die Waren der ganzen Welt zollfrei nach Deutschland hinein ergießen. Unter dem Druck der M i c u m v e rtr ä ge ist die deutsche Eisen- und Stahlindustrie zur Tragung derartiger Pro- duktionskosten verurteilt, daß die viel billiger arbeitende franko-belgische Industrie die deutschen Preise weit unter die Gestehungskosten zu drücken in der Lage ist. Und diese Preisentwicklung setzt sich nun nach Osten, in das mitteldeutsche Revier und dann weiter bis nach Ober- schlesien hin, automatisch fort, erwürgt aber beispielsweise auch den deutschen Weinbau durch die ungehemmt! Einfuhr französischer und elsässischer Weine. überflüssig ist, darauf hinzuweisen, daß die Zollmauer rings nm das Ruhrgebiet mit ihren Aus- und Einfuhr zöllen und -lizenzen weiter verteuernd und produktions hemmend wirkt, und noch überflüssiger der Hinweis, daß das Ausland einer derartig behandelten Wirtschaft keine Kredite zur Verfügung stellen mag. Die innere Zollinie soll ja nun ebenso fallen, wie uns ein geordneter Zoll betrieb an der Westgrenze ermöglicht werden soll — nur darf die deutsche Regierung sich nicht unter dem Druck dieser Verhältnisse etwa bei den kommenden Handels vertragsverhandlungen mit Frankreich nnd Belgien zu Konzessionen verstehen, denen ein gleichwertiges Entgegenkommen auf der anderen Seite nicht gegenübersteht. Dr. Marx und Dr. Strese mann haben derartige Versprechungen in ihren letzten Neichstagsreden gegeben, mit dieser Zusage ist auch die Zustimmung der Deutschnationalen gewonnen worden. Die Wiedereinführung der Zollgrenze im Westen, Er- Höhung der bestehenden, Einführung neuer landwirtschaft licher Zölle ermöglichen aber, den etwa 30 bis 40 A be tragenden bisherigen Einnahmeverlust im Westen zu be- seitigen. Das gibt die Voraussetzung für die Ermäßigung der ebenso unerträglichen wie wirtschaftlich lächerlichen U m- satz steuer. Ergibt überhaupt die Möglichkeit einer Reform dieser Steuer, die eine der produktionstechnisch hemmendsten ist, die man sich denken kann. In der gleichen Richtung, also Herabdrückung der industriellen Gestehungs kosten, liegt, was man von der Rückgabe derEisenbah - nen im besetzten Gebiet an die deutsche Verwaltung er- hofft. Der Ausfall, den wir dort an Einnahmen erleiden, ist mit etwa einer Milliarde nicht zu hoch angesetzt; fließt diese Summe jetzt wieder in deutsche Kassen, so wirkt das gleichfalls in der Richtung der Abbaumöglichkeit der Umsatz steuer, aber auch der Gütertarife. Der letztere ist von der Regierung auch schon angekündigt; man hat aber doch mehr wie starke Zweifel, ob er vor sich gehen wird, zumal sich die Regie mit ihrem Abbau keineswegs beeilt. Schließlich — und das war wohl der Hauptgrund — sind es die Micumverträge, deren Beendigung man durch die Annahme der Dawes-Gesetze erhofft. Sie stellen eine Belastung der deutschen Industrie des Westens mit etwa 1,5 bis 1,6 Milliarden dar und an ihre Stelle tritt die Gesamtzahlungs- bezw. Lieferungsverpftichtung für 1924 mit 200 Millionen, 1925 mit 1,25, 1926 mit 1,2 Milliarden usw. Das würde natürlich eine ganz außerordentliche Ent lastung dieser tatsächlich in den letzten Zügen liegenden Industrie bedeuten und war eine Zwangslage, aus der man — wenn auch nur für die allernächste Zukunft — her auskommen mußte. Das sind ein paar Andeutungen darüber, was man in der Wirtschaft von der Ausführung des Londoner Pakts erhofft uns was kommen muß, wenn er ausgeführt wird. Nach dieser Richtung wirkt auch die kommende Anleihe, weil die Gläubiger auf Verzinsung nur rechnen können. Wrgiaü cker Aodlenfteurp. Neue Einigung mit der Micum. In der Verhandlung der deutschen Kommission mit der Micum inEssen wurde über die noch nicht geklärten Punkte Übereinstimmung erzielt. Der Nuhrbergbau ver pflichtet sich zur Fortsetzung der Reparationslieferungen an Kohle, Koks und Nebenprodukten nach dem von der Repa- rationskommiffion aufgestellten Programm. Die Bezahlung erfolgt zu denjenigen Preisen, die durch die Verhandlungen der Reparationskommission mit der deutschen Regie rung demnächst festgelegt werden. Es wurden an gemessene Abschlagszahlungen vorgesehen. Der Wegfall der Kohlen st euer und der Abgabe aus Nebenprodukten wurde unter gewissen Voraussetzungen für die Zeit vom 2. September ab in Aussicht genommen. ErrglKird »nb Las derrtsch-spamische HsNdeLsakkomMeK. Paris, 4. September. Die britischen Industriellen sind der Auffassung, daß der kürzlich zwischen Deutschland und Spanien ab geschlossene Handelsvertrag ihnen einen Schaden in Höhe von 10 Milli onen Pfund bringt. Evening Standard schreibt: Der Vertrag versetzt dem britischen Handel einen schweren Schlag. Er macht es einer großen Reihe sranzösischer und englischer Industrieller geradezu ur möglich, mit Spanien Handel zu treiben, denn sie werden M Deuts' land auf der gleichen kommerziellen Basis nicht in Wettbewerb treten können. Der Ernst dieser Situation ist Macdonald nicht entgangen und die englische Regierung erwägt die Frage, ob sie nicht den Ver such mache, von Spanien ähnliche Vorteile zu erlangen, wie sie Deutsch land bewilligt worden sind. Auch Dänemark hat Angst vsr der deutschen Konkurrenz. Kopenhagen, 4. September. In Dänemark befürchtet man, daß jetzt, wo Deutschland sich gewissermaßen mit der Entente geeinigt hat und die amerikanische Dollaranleih« vor der Tür steht, «in un geahnter Aufschwung der deutschen Industrie und damit eine Ueber- produktivn der deutschen Waren eintreten wird. National Tidende meint, daß besonders die Erzeugnisse der Eisen-, Leder- und Textil industrie das nicht zollgeschützte Dänemark überschwemmen werden. Von diesem Gesichtspunkte aus hat der dänische Industrierat seine Mitglieder heute zu einer Sitzung zusammengerusen, wo die Frage, wie die dänische Industrie gegen bas deutsche Dumping zu schützen sei, erörtert werben soll. Möglicherweise wird der Industrierat sich danach an die Regierung wenden und um Schutz gegen den deutschen Export nach Dänemark ersuchen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Ax-etgenprek: dir ^gespattnre Aarrmsrüe MGoldpfennig, die 2gespalteneZeile der amtliche» Bekanntmachungen 40 GrM- die8grspaueneAekla«rA«tke i« textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Goldpfennige. Vor- w^dtn nach Wr,nchkcü Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d°?ück sichNat! »«natzm« di. Uhr —— Für di- Aichtigk-il d-r durch Fernruf übermittelten Anzeige» übernehmen mir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klag« eingrzogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Eine Erklärung des Generalagenten Voung. Eigener Fernsprechdienft des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 4. September. Der Vertreter des „Excelsior" hatte eine Unterredung mit Owen Poung. Danach gedenkt Poung während der Uebergangsperiode, in der der Sachverständigen plan in Gang gebracht werden soll, in Berlin zu bleiben von den« Tage an, an dem der Wiederherstellungsausschuß die gesetzgebe rischen Bedingungen als erfüllt erklärt hat, bis zu dem Tage, daß der Ausschuß erklären würde, daß die vom Reiche angenvmme- ? nen Gesetze tatsächlich in Anwendung gebracht würden und der z Sachverständigenplan ausgeführt würde. Während dieser Pe° s riode, die voraussichtlich nicht länger als fünf Wochen dauern s werde, will Poung die Zahlungen in Empfang nehmen, die das f Reich aller zehn Tage für die im Sachverständigenplan vor- i gesehenen Sachlieferungen leisten müsse. Nach seinem Aufent- > halt in Berlin wird Houng sich nach Paris begeben und mit den j Kommissaren der Goldbank, der Eisenbahn und der verpfändeten l deutschen Einkünfte zu beraten. In enger Fühlung mit dem s Wiederherstellungsausschuß wird dann ein gemeinsames Arbeits- j Programm ausgearbeitet für die dauernde Ausführung des Zah- j lungsplanes. Auf die Frage, ob tatsächlich die deutschen Abgeord- j neten in London sich ihm gegenüber über die schweren Lasten des i Dawes-Planes beklagt hätten, sagt Young: Ich war loyal. Wenn ! die Lasten Deutschlands mederdrüäend sind, sind es die der an- l deren Mächte nicht minder. Ich habe es Deutschland keinesfalls , verheimlicht, daß meine feste Absicht, übrigens in Ueberemstim- > mng mit dem Geiste und des Wortlautes des von ihnen frei willig angenommenen Sachverständigenplanes, darin bestche, Deutschland bis zur äußersten Grenze seiner Zahlungsfähigkeit zum Zahlen zu bringen. Ich habe jedoch auch mit nicht weniger Energie betont, daß ich mich mit allen Mitteln dem widersetzen f werde, wenn dieser kritische Punkt Zahlungsunfähigkeit Gefahr * läuft, überschritten zu werden, und ich werbe mein Wort halten. > Soviel von mir abhängt, wird Deutschland alles das zahlen, was - eg verständlicherweise wird zahlen können, und die an den Ent- ; schädigungen interessierten Mächte werden so viel bekommen, wie s sie verständigerweift bekorchmn können. > Degouttes Erlaß. (Eigener Fernsprechdienft des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 4. September. Havas meldet aus Düsseldorf: General j Degoutte hat zur Bekundung des französischen Willens die Wirtschaft- j siche Einheit des Reiches so schnell wie möglich wieder herzustel!en> s gemäß dem Zeitpunkt des Artikels 4 des Anhanges 3 des Londoner ! Abkommens am 3. September eine Verordnung folgenden Inhalts s erlassen: 1. Der Wagen- und Autoverkehr wird vollständig sreigegeben. ; 2. Für die Bewohner des unbesetzten Gebietes, die sich nach dem besetz ten Gebiet begeben wollen, fällt die Notwendigkeit eines besonderen Ausweises sort. 3. Die Erhebung von Abgaben zwischen dem besetzten Mttksünung «irr Mtstmultittager üurK vANsLlLMl. -c-evorfteKendeErklärungdurchDr. Brauns. In Bern wird am 8. September eine Zusammenkunft des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns mit den Ar- bsrsmlnisjern der aroken europäischen Länder stattfin- Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ WZUSZA Wochenblatt für Wilsdruff «.Umgegend Mbv veschaitsBeüe» nehmen zu ieder Aeit Be» -«t-e-en. Im FaLe HSl^rer Gemalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch ans Lieferung od« d«, B-p-gLpr-il-L. — »Llks-Nv««, ring-sanLI-r SchriHst*«-- nZ-lgt «ur. Porto ü«iUk,t. oen. «et dieser Konferenz soll die Frage des Achtstunden tages und der Ratifikation des Washingtoner Abkommens über diesen Gegenstand besprochen werden. Zur Erklä rung seiner Stellung auf dieser Konferenz veröffentlicht der Reichsarbeitsminifter Dr. Brauns im Neichsarbeits- blatt einen Aufsatz über die Frage der Ratifikation. Dieser Aufsatz enthält zugleich die formulierte Erklärung, die die Reichsregieruug auf eine sozialdemokratische Inter pellation über die Ratifikation des Washingtoner Abkom mens adzugeben gedenkt. Sie lautet: Die Neichsregierung hat die Ratifikation des überein- kommens von Washington über den Achtstundentag niemals grundsätzlich abgelrhnt. Die jetzige deutsche Gesetz gebung über die Arbeitszeit ist von der Rerchsregierung stets als eine Notgesetzgebung betrachtet und gekennzeichnet worden, an der sie von vornherein nicht länger feschalten wollte, als es die ganz außerordentlich schwierige Lage Deutsch lands erfordert. Unsere Verluste, Lasten und Bindungen in folge des Krieges sind so viel schwerer als die aller anderen großen Staaten, unsere wirtschaftliche Zukunft ist so ungeklärt, daß niemand von Deutschland ein Vorangehen in der Frage der Ratifizierung erwarten kann. Das gilt um so mehr, als der Inhalt des Übereinkommens und demnach auch das Maß der Bindung bisher in Gesetz und Praxis der einzelnen Län der eine sehr verschiedene Auslegung gefunden haben. Deutsch land ist gern bereit, mit den übrigen in Betracht kommen den Staaten eine Verständigung hierüber herbeizuführen, und würde sich in diesem Falle zu einer Ratifizierung des Washimgtoner Übereinkommens bereit finden. Dabei muß die Neichsregierung als selbstverständlich voraus fetzen, daß zur Verhütung außerordentlicher Gefährdung deutscher Lebensno-wendigiciten der Artikel 14 des Washing- wner Abkommens Anwendung findet. Der Artikel 14 des Washingtoner Abkommens sieht vor, daß die Bestimmungen des Abkommens im Kriegs fälle oder bei Ereignissen, die eine Gefahr für die natio nale Sicherheit darstellen, aufgehoben werden können. Es erscheint also möglich, daß die deutsche Regierung dis zeitweilige Suspensierung des Achtstundentages mn aus Deutschland ruhenden Lasten aus dem Dawes-Vertrag begründen will.