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TlMM. Dftn, Sikbtnkhk md die UmMNdek. Imlsblull für die 7lgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstreniamt zu Tharandt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags j2 Uhr angenommen. Insertionspreis sO Pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis Viertels, ( Ulk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Emzel le Nummern so Pf. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 77. Dienstag, Sen 2. Juli 18SS. Auf Folium 12 des Handelsregisters für den hiesigen Gerichtsbezirk, die Firma F. Thomas L Sohn Nachf. in Wilsdruff betr., ist heute das Erlöschen dieser Firma verlautbari worden. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, dm 27. Juni 1895. Öl' Lsnglott. Ans Deutschlands grosser Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rohden. 1 (Nachdruck verboten) Frankreich im Juli 1870. Mit einer Geschicklichkeit, die auch heute noch anerkannt werden muß, hatte sich der Neffe Napoleon I., der Mann, der sich zweimal in Frankreich tätlich lächerlich gemacht, der skrupel lose Eidbrecher und Staatsstreichler des 2. Dezember 1851, als Napoleon III. auf dem französischen Kaiserthron nicht nur behauptet, sondern auch allmählich sich eine dominierende Stellung in Europa geschaffen. Die Erfolge des französischen Heeres im Krimkriege, die weiteren Erfolge im italienischen Kriege bei Magenra und Solferino hatten nicht wenig dazu beigetragen, den Kaiserthron zu befestigen und dem napoleonischen Herrscher- Hause die Sympathien des für Ehre und Waffenruhm so em pfänglichen Volkes in erhöhtem Maße zuzuwenden. Rasch entstammt und begeistert, wie das französische Volk es ist, kühlt sich diese Begeisterung, welche weniger auf der Be- urtheilung des inneren Werthes, als wie auf bestechenden Aeußer- lichkeiten beruht, ebenso rasch wieder ab, sobald einige Zeit verstrichen und diese Begeisterung schlägt ebenso rasch in das Gegentheil um, sobald nur einige Ursache zum Mißvergnügen vorhanden ist. Nachdem die französische „gloire" keine Gelegenheit niehr gehabt, sich in Kriegen im Ausland- zu bethätigen, nachdem Frankreich, wennschon mit Widerwillen, so doch dem eisernen Muß gehorchend, 1864 und 1866 Gewehr bei Fuß hatte zuschen müssen, wie Deutschland immer mehr seiner Einigung entgegenschritt, hatte das französische Volk oder vielmehr jene aus den heterogensten Elementen zusammengesetzte Pariser Masse, welche von jeher die Geschicke des ganzen Landes zu bestimmen sich anmaßte, angefanzen, sich eingehender mit den inneren Angelegenheiten zu beschäftigen. Und daß diese recht viel zu wünschen übrig ließen, daß jenes ehemals so pomphaft verkündete Maß von Freikeit längst in das Gegentheil verkehrt worden, ist bei einem Manne, der sich nur mit Gewalt des Tdr°nes bemächtigt hatte, selbstverständlich, selbst wenn dieser Mann kein Bonaparte gewesen wäre. So hatte denn der kaiserliche Thron, der sich noch 1859 vermaß, über Krieg und Frieden in Europa zu bestimmen, längst aufgehört, ein bequemer Sitz »u sein. In der Thronrede des Jahres 1869 hatte Napoleon III. mit Stolz gesagt: „Wo ist die Regierung, welche Frankreich 17 Jahre der Ruhe und stets wachsenden Wohlfahrt gegeben hat. * In Wirklichkeit konnte eö für Frankreich nichts demüthigenderes geben, als eben diese Ruhe. Dieses selbe Jahr brachte schwere parlamentarische Kämpfe. Wieder und wieder verlangte Thiers die nothwendigen Freiheiten, Wahlfreiheit, ver antwortliche' Minister, Mitwirkung des Landes. „Frankreich darf nicht der Gefahr ausgesetzt sein, eines Morgens damit überrascht zu werden, daß seine Kinder Befehl erhalten, nach der Grenze zu marschieren", eiferte der alte Herr, der einer der wenigen war, welche den Abgrund erkannten, an dem Frankreich stand. Das Jahr 1869 hatte Neuwahlen für die Deputirten- kammer gebracht und diese Wahlen waren nicht sonderlich be friedigend für Napoleon ausgefallen. Der Kaiser, ein zweifellos geschickter Schachspieler auf dem politischen Schachbrett, wußte zu lavieren, mußte sich jedoch schließlich zur Berufung eines parlamentarischen Ministeriums bequemen, an dessen Spitze der Führer der Mittelpartei, Emile Ollivier, trat. Leichten Herzens, erfreut über die große Rolle, welche ihw zufiel, und um welche er schon längere Zeit geworben, auf eine nie fehlende Rhetorik nach Franzosenweise, wie auch auf das Bewußtsein eines guten Willens gestützt, übernahm dieser Politiker seine Aufgabe, — das Kunststück, eine konstitutionelle parla mentarische Regierung unter einem Bonaparte und bei einem Volke, wie die Franzosen, zu gründen. Mit schönen Worten und Versprechungen aller Art begann diese Regierung, aber auch mit unglücklichen Ereignissen, wie dem Falle des Prinzen Peter Bonaparte und Victor Noir und den scharfen Angriffen des unerbittlichen Rochefort. In der Kammer kam es fortge setzt zu den allerunerquicklichsten Debatten, fortgesetzten scharfen Angriffen auf die Regierung, die sich nur mit Mühe von Fall zu Fall die Vertrauens-Vota erobern konnte. Wenn Graf Daru, der besonnenste und achtungswertheste Mann der neuen Regierung sagte, daß „die politische Bühne kein Schauplatz für Effektstücke sei", so war das an sich gewiß richtig, traf aber unglücklicher Weise für diese, die französische Bühne nicht mehr zu. Kaiser Napoleon hatte die parlamentarische Komödie mit der unbefangensten Miene von der Welt mitgespielt. Jndeß, die Sache wurde jetzt ernsthaft. Seine Macht war eine per sönliche; sie beruhte auf der unmittelbaren Berührung mit der Masse des Volkes. Wenn sich zwischen diese und ihn der konstitutionelle Apparat schob und ihm die Minister auferlegte, ihm die Hände band, so war er verloren. Sein eigener Scharf sinn und seine geheimen Ratgeber gaben ihm den Meisterzug des Plebiszits ein, der Volksabstimmung, die sich für oder gegen den Kaiser erklären sollte. Ollivier legte sich mit aller Macht für Napoleon ins Zeug und da Napoleon selbst es nicht ver schmähte, an jeden Wähler einen gleichlautenden gedruckten Brief zu senden, in welchen er ihn um sein „Ja" ersuchte, war der Ausgang des Plebiszits: 7 350000 Stimmen für, 1 538 000 gegen" den Kaiser. Jetzt trat auch der bisherige Ge sandte in Wien, der Herzog von Gramont, der 'm späteren Kriege noch eine traurige Rolle spielte, an Stelle des Grafen Daru, in das Ministerium des Aeußecn und Napoleon war wieder, wenigstens anscheinend, Herr der Lage. Es seien an dieser Stelle zwei Männer Frankreichs ein ander gegenübergestellt, in denen sich der gute und der böse Geist des Landes charakterisirte. Letzterer in dem genannten Herzog von Gramont, der während seines mehrjährigen Auf enthaltes in Wien die deutschen Zustände und Stimmungen durch die trübe Atmosphäre der aristokratischen Hofkreise der Kaiserburg angeschaut und stch ein Abbild geschaffen, das der Wirklichkeit wenig entsprach. Ihm gegenüber war es der fran zösische Militär-Bevollmächtigte in Berlin, Oberst Stoffel, der die kaiserliche Regierung vor einem Kriege warnte, indem er die Vorzüge der preußischen Heeresverfassung aufs Klarste darlegte und zugleich die Ueberzeugung aussprach, daß Graf Bismarck keinen Krieg beabsichtige, daß aber alles in Bereit schaft gesetzt sei, falls Preußen dazu gedrängt würde. In Paris fanden seine Berichte keinen Glauben und keine Beachtung Nach der Versicherung des Kriegsministers Leboeuf war man in Frankreich vollkommen bereit und gerüstet zu einem raschen Angriff, der eine ebenso rasche Entscheidung bringen würde. Am 30. Juni 1870 ließ der Kaiser, der mit Vorschlägen allgemeiner Abrüstung und ähnlichem stch den Schein der Friedens liebe zu geben bemühte, der Deputiertenkammer eine Vorlage zugehen, laut welcher anstatt 100000 Mann des Heeres-Con- tingents nur 90000 gefordert würden. In der aufregenden Debatte meinte ein Abgeordneter Garnier: „nehmen wir den Rhein, so werden wir bald 200 000 Mann weniger brauchen." Thiers aber trat für das unterminirte Heeres-Contingent ein; 90000 Mann sei das Mindeste, das nach Sadowa schlechthin Unentbehrliche. „Sadowa war für mich ein großer patriotischer Schmerz," sagte er, „ein Unglück, das nicht wieder gutzumachen ist." Auch mit Süddeutschland machte stch der alte Parlamentarier zu schaffen, indem er, einer der ruhigsten und besonnensten aller Franzosen, scheinbar zum Frieden sprechen, doch unwillkürlich enthüllte, wonach jedem Franzosen der Sinn stand: „Man fragte soeben, wem Süddeutschland gehöre? Ich antworte: Dem Vorsichtigsten. Darum ist Bismarck friedlich und darum müssen auch wir es sein, um nicht den Süden in die Arme Preußens zu drängen." Ans allem geht hervor, daß man in Frankreich an leiten der Stelle, wie überhaupt in politisch-ernsthaften Kreisen bereits wieder auf dem althergebrachten Standpunkte angelangt war, daß nur ein Krieg die Unruhe und Aufregung im Innern, die der Dynastie und den Machthabern gefährlich zu werden an fing, abzuleiten imstande sei. Woher aber diesen Krieg nehmen! Selbst ein so vielgewandter Mann, wie Napoleon, durfte eö nicht mehr in heutiger Zeit wagen, die frechen Räuberstückchen eines Ludwig XIV. zu wiederholen. Daß man aber in Frank reich gewillt war, den geringsten Anlaß zum Kriege zu be nutzen, am liebsten natürlich gegen Deutschland, dem man, wie angedeutet, seine wachsende Machtstellung nicht verzeihen konnte, weil sie französischem Dünkel einer Beleidigung der „gloire" Frankreichs gleichkam, das darf als ausgemacht gelten. Den noch scheint es nicht, als ob Ollivier, der allmählich zum ge schmeidigen Höfling herabgesunken war und die Fühlung mit seinen ehemaligen parlamentarischen Freunden so ziemlich ver loren hatte, am 1. Juli 1870 mit seinem berühmt gewordene" Worte die Unwahrheit geflissentlich sprach: „Ich erkläre, daß die Regierung keinerlei Besorgniß hegt, und daß zu keiner Z," die Aufrechterhaltung des Friedens gesicherter war, als jetzt? wohin man blickt kann man nirgends eine Frage entdecken, die vielleicht Gefahren in sich tragen könnte." Die Politik, die neben ihm und hinter seinem Rücken gemacht wurde, scheint er nicht gekannt oder nicht verstanden zu haben; denn neben denen, welche durch einen Krieg die Befriedigung französischer Eitelkeit und damit Befestigung des kaiserlichen Thrones er hofften, gab es nicht wenige, welche durch dasselbe Mittel den Sturz des Kaisers und sein:« verhaßten Regimes zu gewinnen dachten. Drei Tage nach jenem Friedenswort kam eine Nach richt aus Spanien, welche — an sich so gleichgültig wie mög lich, als lediglich innere Angelegenheit eines Lande«, da« aber längst aufgehört hatte, auf das europäische Gesammtleben eine Wirkung auszuüben, — den Anlaß und Vorwand geben sollte zu einem Kriege der beispiellos in allen seinen Verhältnissen, vor allem beispiellos war durch das in aller Weltgeschichte un erhörte Bubenstück, mit dem er begann. Die Handwerker-Konferenz in Berlin. Da« kommende Vierteljahr wird ein für die Zukunft des deutschen Handwerkes hochbedeutendes, wenn nicht gar ent scheidendes werden. Tagt auch dann nicht der Reichstag, der in allen gesetzgeberischen Fragen ein bestimmendes Wort zu sprechen hat, es soll bann doch ein ernster Versuch gemacht werden, eine Verständigung zwischen den leitenden Gewalten und den Interessentenkreisen über die nothwendige Reform der Handwerkergesetzgebung herbeizuführen. Gelingt eine solche Ver ständigung, dann wird sie auch die Zustimmung der Reichs- tagömehrheit zweifellos finden, die bereit ist, den heutigen un erquicklichen Verhältnissen ein Ende zu machen. Die gewerblichen Verhältnisse im Handwerkerstand, wie im Kleingewerbe, sind infolge der ganzen wirthschaftlichen Ent wickelung in der That recht unerquickliche geworden; man kann wohl darüber streiten, wie diesem Zustande ein Ende gemacht werden soll, aber nicht darüber, daß dieser Zustand besteht. Die Gewerbefreiheit beseitigte s. Z. alte und beengende Schranken, die unter modernen Verhältnissen stch beim besten Willen nicht mehr aufrecht erhalten ließen, wenigstens nicht in der Form, wie ste lange Jahre bestanden hatten. Aber man hatte die künftige Entwickelung der Dinge augenscheinlich sich doch gar zu ideal gedacht; man gab vielen Kräften, die bis dahin brach gelegen hatten, die volle Freiheit ihrer Entwickelung, aber man gab auch einen Konkurrenzkampf von ungezügelter Erbitterung frei, in welchem Elemente heranwuchsen, deren Thun alles Andere eher war, als ideal. Damit haben wir zu rechnen, diese Ver hältnisse können nicht mit Worten aus der Welt gebracht werden. Eine gute Verbreitung zur Gewerbereform war der Gesetz entwurf gegen den unlauteren Wettbewerb, mit welchem man in den prinzipiellen Bestimmungen recht einverstanden war. Der Gesetzentwurf ist in der letzten Reichstagssesston zur Er ledigung nicht gekommen, wie denn überhaupt seit einer ganzen Reihe von Jahren die gewerblichen Gesetze, so wenige ihrer nur waren, das traurige Schicksal hatten, zu den unerledigten Sachen zu gehören. Es mögen darüber keine langen Worte mehr verloren werden; wenn man im Begriffe steht, Friedens verhandlungen anzuknüpfen, soll man die einigenden Momente in Betracht ziehen, aber die trennenden bei Seite lassen. Der Gesetzentwurf gegen den unlauteren Wettbewerb muß jedenfalls so bald wieder auf der Bildfläche erscheinen, als dies nur zu ermöglichen ist. Ohne den auch keine nutzbare Gewerbeord nungsreform! Will man Frieden schließen, so soll man auf beiden Seiten etwas nachgeben. Dadurch wird am ersten etwas Posttives erzielt. Die dornige Frage des Befähigungsnachweise« ist am leichtesten zu lösen dadurch, daß eine bestimmte Frist als Ge hilfe vorgcschrieben ist, nach deren Ablauf erst da« Recht zu einer selbstständigen Eröffnung des Gewerbebetriebe« erwächst. Der Gehilfe aber muß ein Attest über eine regelrecht beendete Lehrzeit aufzuweisen haben, deren Dauer privater Vereinbarung überlassen bleiben mag. Fähigkeiten und lokale Verhältnisse sind da so verschieden, daß hier nicht wohl gesetzliche Vorschriften gegeben werden können. Nun fließt das Leben nicht so glatt dahin, daß eine gesetz liche Bestimmung, wie sie hier gedacht ist, ausnahmslos sich