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Grenzbote Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Oelsnitz, des Amtsgerichts, der Amrsan- H waltscdast und des Stadtrates zu Adorf. Fernsprecher Nr. 14. D ervntwortlicher Schriftleiter, Drucker und Verleger Otto M ey er in Adorf Tel,-Adr: Grenzbote Sonnabend, den L Dezember IMS. srs. Brot- und Mehlpreise. Infolge weiterer erheblicher Erhöhung der Mehleinstandspreise gelten ab Sonntag, dm 3. Dezember 1922, folgenden Verkaufspreise: 1 Pfund Schwarzbrot (Roggenbrot) 66.—Mk. 1 1900 Gramm Schwarzbrot (Roggenbrot) 250.— „ 75 Gramm Weißbrot (Semmel) 12.— „ 1 Pfund Weizenmehl 85.— Mk. 375 Gramm Schrotbrot 55.— „ 75 Gramm Weißbrot l solange der geringe (Krankensemmel) l Mehlbestand noch 12.— „ 1 Pfund Krankenmehl f ausreicht) 85.— „ Die bisherigen Bekanntmachungen werden aufgehoben. Oelsnitz i. V. 29. November 1922. 731 L Lr. Der Bezirbsverband. Was gibt es Aeues? . — Die amerikanischen Truppen sollen „aus autzen- Hollttichen Gründen" bis auf weiteres am Rhein bleiben. — Könlg Georg von Griechenland soll Rücktrittsabsich ren haben und als Gefangener in seinem Palais leben. — Die Londoner Vorkonferenz soll um den 9. Dezember pattfinden. — Der neue französische Botschafter in Berlin, de Mar- aerte, begibt sich am Freitag oder Sonnabend zur Hebern ahme t«neS Postens nach Berlin. — Das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat den Gesetzentwurf über die Gewährung von Sllbventio- «en für die amerikanische Schiffahrt mit 208 gegen 184 Stimmen angenommen. — Der Dollar ging an der Berliner Börse auf 7631 Hera >. Sie letzte Woche. Der Sonnenschein der Hoffnung auf eine Bei legung deS Reparationsstreites, der mit dem Amtsan tritt des neuen Reichsministeriums Cuno am politischen Himmel erschienen war, hat in dieser Woche leider Vicht in seiner vollen Stärke angehalten. ES sind von Paris aus neue Wolken aufgezogen. Das kräftige Vertrauensvotum, welches dem Kanzler im Reichstage vargebracht worden ist, scheint Poincare veranlassen Au wollen, seine brutale Macht zu zeigen, um die KZerständigungsaktion der deutschen ReichS- icegierung lahm zu legen. Triftigen Grund dafür hat er nicht, denn Deutschland ist bereit, sein Möglichstes »u tun, und selbst der Vertrag von Versailles sagt, daß wir an die Reparationszahlungen gebunden sind, soweit es unsere Leistungsfähigkeit gestattet. Aber der französische Premierminister will den jetzigen Zeit punkt, wo er in London und in Rom Oberwasser zu haben glaubt, benützen, um seine Pläne auf die Be setzung des Ruhrgebietes zu verwirklichen. Diese Okku pation soll sls Pfand für die Gewährung des von Deutschland erbetenen Moratoriums auf zwei bis drei Jahre dienen. Die hochfliegenden Pariser Projekte lassen sich zum Glück nicht von heute auf morgen verwirklichen, denn bis zum Schluß des Jahres haben wir bereits die kleine Zahlungsstundung, die aus der Vereinbarung mit Belgien beiruht. Ob England zu allen Handlungen Pvincarös ja sagen wird, bleibt doch abzuwarten, und wenn auch Italien heute sich einverstanden zeigt, so wird es für seine Zustiminung gewiß keine niedrige Rechnung stellen. Dr. Cuno hat in feiner NeichS- tansrede gesagt, daß er nichts vom Rheinlands Preis gelen werde. Das wird ein Leitmotiv für die deutsche Zukunft sein, von dem wir uns durch Poincare nicht abdrüngen lassen werden. , Das NcichSdefizit für das laufende Jahr beträgt über 800 Milliarden Mark, eine Ziffer, di« zu Taten der Sparsamkeit zwingt, mögen sie auch Vicht jedem passen. Das Regierungsprogramm Dr. Eiuws besteht darin, den Versuch zu machen, Ordnung zu schaffen. Daß nicht gleich in der ersten Woche Einschneidende Wandlungen ins Werk gesetzt werden können, ist Wohl selbstverständlich, aber viel Zeit zu versäumen gibt es nicht. Wir stehen längst nicht mehr am Ufer des großen Sumpfes der Finanz-Misere, son dern sind schon ein ganzes Stück hineingerutscht. Wir finden auch nicht ans Ufer zurück, wenn uns nicht rin starkes Seil der Rettungsaktion zugeworfen wird. * In der Orient-Konferenz von Lausanne über die türkischen Angelegenheiten glaubt Poincare «inen unbestrittenen Erfolg davon getragen zu haben, aber der Ausgang der Dinge ist noch keineswegs klar. Das Schachergeschäft um die reichen Petroleum lager von Mossul in Mesopotamien hat nicht nur England, Amerika, Frankreich, Italien herboigelockt, sondern auch die Türken, die ja eigentlich die nächsten dazu sind, melden sich und reklamieren diese wertvollen Boden schätze für sich. Heute gilt in der Politik das zweifel hafte französische Wort: „Packe dich, danrit ich mich setzen rann!" Oder in derbem Deutsch: „Wer zuerst am * Platze ist, nimmt, was er kriegen kann!" . ** j König weorg reglerungsmuoe. Protest gegen den Justizmord. König Georg von Griechenland, der erst jüngst nack ter Abdankung seines Vaters Konstantin die Regierung übernommen, trägt sich mit Abd an kungsg «danken, weil j er die von dem neuen Kabinett veranlaßte Hinrichtung der früheren Minister nicht gutheißen bum. Wie die Belgrader Presse aus erfährt, hat sich König Georg zunächst bemüht, dk Hinrichtung, zu oerhindern. Zu diesem Zwecke hab» er r»en südslawi schen Gesandten und den rumänischen Gesandten in Athen ersucht, Schritte zugunsten der Verurteilten zu unternehmen. Der König als Gefangener. Nach vollzogener Hinrichtung soll der König den Wunsch geäußert haben, Griechenland verlassen zu dür- , fen. Dem widersetzte sich aber die Regierung, die den König zur Zeit in seinem Palast wie einen Gefangenen behandelt. Sein Verkehr wird überwacht und er darf nur Personen empfangen, die das Vertrauen des Ka binetts besitzen. Abberufung des italienischen Gesandten? Nach einer Meldung des „Petit Parisien" aus Nom verlautet gerüchtweise, daß der italienische Ge sandte in Athen abberufen worden sei. Hinsichtlich ver Haltung Frankreichs glaubt der „Petit Parisien" Mitteilen zu können, daß die französische Regierung nicht daran denkt, in Nachahmung des Verhaltens des Londoner Kabinetts ihren Vertreter in Athen zurückzuberusen. Das erscheint nicht weiter verwunder lich. Die Tat der griechischen Regierung entspricht vollständig dem französischen Volksempfinden. Uebsr- dies standen einige der Hingerichteten Minister in: Rufe der Deutschfreundlichkeit, was allein schon ein todeswür diges Verbrechen ist. Die gesetzwidrige Vollstreckung des Urteils. Ueber die Art, wie das Bluturteil vollstreckt wurde, wird noch aus Athen gemeldet: Kurz bevor das Todesurteil gegen die früheren Minister und den ehemaligen Generalissimus ausgesprochen wurde, über gab Oberst Gonatan, der zögerte, persönlich die Ent scheidung zu treffen, dem Oberst Plastiras, dem Füh- > rer des revolutionären Komitees, unbeschränkte Voll- > machten, um den Richterspruch ausführen zu lassen. Oberst Plastiras übernahm alsdann die volle Verant wortung für seine Akte und führte den Rechtsspruch sofort aus. Dies erklärt, warum die im allgemeinen von revolutionären Gerichtshöfen gewahrte Form nicht respektiert wurde, und daß die Verurteilten, die mor gens verurteilt worden waren, schon um 11,30 Uhr vormittags mit großem Mute die Ausführung des Todesurteils über sich ergehen lassen mussten, ohne daß die übliche Frist von 24 Stunden abgelaufeu war. Das Programm für London Moratorium und Zwangsmaßnal, ne:,. Nach Meldungen aus London gilt es nunmehr für sicher, daß die vier verbündeten Ministerpräsidew- ten gegen den 9. Dezember in London zusammenkom men. Nach einer Meldung des Petit Journal wird sich Mussolini vermutlich am kommenden Mittwoch — das wäre also der 6. Dezember — nach London begeben. Petit Parisien weiß auch schon das Programm für die Londoner Vorkonferenz zu berichten. Danach wird ! man sich zunächst vor allem mit der Frage des Mora toriums beschäftigen, das Deutschland bereits am 12. Juli verlangt und in seiner Note vom 14. November nochmals erbeten habe. Da die normalen Zahlungen Deutschlands ohne dieses Moratorium am 15. Januar wieder beginnen müßten, sei diese Frage die erste, die geregelt werden müsse. Andererseits handele es sich darum, ob in Brüssel die Gesamtheit der deutschen Schuld festgesetzt werden soll und ob es opportun ist, gleichzeitig die Frage der interalliierten Schulden zu Prutfen. Schließlich wird die Frage der Zwangsmaß nahmen oder der Pfänderergreifung aufgeworfen wer den müssen, die notwendig werden könnte, wenn eine Verfehlung Deutschlands eintrete. Sie Wacht am Mein. Burgfriede im Rheinland. In. Köln hat eine von fast allen Parteien stark be suchte Versammlung nach einem Vortrag des Reichs-, tagsabgeordneten Prof. Moldenhauer über die neu esten französischen Drohungen einstimmig eine Ent schließung angenommen, in der das Treugelübde zum deutschen Vaterland erneuert und der Hoffnung Aus druck gegeben wurde, daß jeglicher Parteihader nun verschwinde und alle Parteien sich in der einzigen Kundgebung zusammenfinden werden: Wir halten fest am deutschen Rhein. Eine Kundgebung dos hessischen Landta-st. Der in diesen Tagen während der Vertagung de» Plenums des hessischen Landtages versammelte Ge setzgebungsausschuß nahm folgende Entschließung ein stimmig an: Wir legen feierlichst Verwahrung ein geger die neuerliche Gefährdung des besetzten Gebietes durch die imperialistischen Absichten der französischen Re gierung. Der Ausschuß erblickt in den von der französi schen Regierung halbamtlich bekanntaeaebenen Vläne» des französischen Ministers und Kriegsrates einen Bruch des Versailler Friedensvertrages und des von den Al liierten immer verkündeten VölkerselbstbestimmungS- rechtes. Der Ausschuß fordert die Staatsregierung auf, bei der Reichsleitung alle Kräfte dafür einzusetzen, von allen Deutschen die bedrohende völlige Absper rung des besetzten Gebietes durch die Politik Poin- carös und die Besetzung des Ruhrgebietes abzuwenden. ' Den bedrohten Volksgenossen des besetzten Gebietes sen- i det der Ausschuß Grütze der Not und der Treue. Amerika bleibt am Rhein. Aus Neuyork wird den Times mitgeteilt, daß ge- : Pern das Staatssekretariat in Washington eine offt- ! zielle Erklärung abgegeben hat, wonach die amerikani- > schen Besatzungstruppen, die bis Weihnachten ganz zurückgezogen werden sollten, nun provisorisch im Rheinland noch länger stationiert bleiben werden, aus. bedeutsamen Gründen der auswärtigen Politik. Diefe Erklärung wurde gleichzeitig veröffentlicht mit den Ge rüchten über eine baldige Besetzung des Ruhrgebiet«- durch Frankreich. Die Gerüchte sind durch den frar» zösischen Botschafter in Washington daraufhin offiziell dementiert worden. Hie Simerung der Vaupreise. Ein Zweifamilienhaus 2 Millionen Mark. Auch in diesem Jahr sind die bekannten Saison bewegungen auf dem Baumarkt zu beobachten. Vom ! Winter bis zum Frühsommer, in den Monaten der Baüoorbereitung, ist eine Konjunkturestigerung der > Nvhbanstoffe eingetrctcn, wie mail sie bislang kaum ! erlebt hat. Steine, Kalk, Gips und Zement machte« eine Preissteigerung durch, die vom 32 fachen Frie denspreis im Januar auf das 83 fache im Mai ge langte, während sie in der entsprechenden Zeit des s Vorjahres nur von 14- auf den 15 fachen Fried-us- ! Preis stiegen. Während dieser Zeit bleiben die Ausbau- stosse weit unter dem Niveau der Rohbaustoffe. Trotz- ' dem ist auch die Steigerung auf diesem Gebiet keine ge- z ringe, vom 30 fachen Friedenspreis auf den 74 fachen ' Stand. Tie Saisonbewegung setzte in diesem Jahre i infolge des langen Winters erst später als gewöhn- > lich ein, sodaß noch im Juli die Rohbaustofse mit dem ! 126 fachen Friedenspreis gegenüber dem 112 fachen ! Stand der Ausbaustoffe dominierten. Bereits Ler > August brachte das krasse Hervortreten der Soison- : bewegung. Die Ausbaus offe, in überwiegender Mehr- ! zahl Bauhölzer, schnellten auf den 180 fachen Frie- > densfatz empor, wogegen die Rohbaustoffe nur a«f ! das 156 fache gelangten. Noch deutlicher arbeitete der Se?,?mber diesen Umschwung heraus, in welchem Mo-, not die Bauhölzer auf dem 405fachen, die Rohstoff« nur aus den 280 fachen Friedenssatz stiegen. Haben sich seit Januar, von anderem Standpunkt aus be trachtet, die Baustoffpreise verzehnfacht, so haben sich die Baukosten verelffacht. Kostete im Januar der Ba« eines Mietshauses mit 300 Kubikmeter Wohuraum j — d. h. mit etwa zwei Picrzimmerwohuungen oder : vier Zweizimmerwohnungen — 165 000 Mark, so stieg Ler Preis hierfür im September aus 2,05 Millionen j Mark. Rechnet man die Kosten für eine Wohnungs- - ein richt» ng Hinzu und das Einkommen eines Arbeiters