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KWeißerih-Zeitmlg.A Postanstalten. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Genchts-Aemter und Stadtrathc zu Dippoldiswalde und /raucnsteiu. Verantwortlicher Ukdültkur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Zur Frage der Emancipation der Schule von der Kirche. Bei der Diöcesan-Versammlung in Dippoldiswalde, am 18. Mai d. I., hat die Bärensteiner Geistlichen - Conserenz, wie wir aus dem in der Weiß. - Z. über jene Versammlung gegebenen Referat erfahren, einen Antrag des Inhalts gestellt: die Synode sei zu ersuchen, den Bestrebungen, die Schule von der Kirche zu emancipiren, entgegen zu arbeiten. Hr. Pastor Henrici aus Bärenstein hat zu diesem Anträge eine so ausführliche Motivirung gegeben, daß, um auf diese ein zugehen, sie uns selbst vorliegen müßtet denn auf ein bloßes Zeitungsreferat, das uns in diesem Falle noch dazu nicht einmal völlig erschöpfend zu sein scheint, eine Replik gründen zu wollen, ist eine mißliche Sache, und wir werden also darum auf eine Debatte mit Hrn. Pastor Henrici verzichten müssen. In seinem Schlußworte hat derselbe jedoch eine Aeußerung gethan, die uns so herausfordernd erscheint, daß wir es uns nicht versagen können, auch einmal in diesem Blatte für die brennende Zeitfrage der Emancipation rc. um einigen Raum zu bitten.*) Hr. Pastor Henrici hat nämlich geäußert, er habe den Wunsch gehabt, daß die Diöcesanversammlung durch seinen Vortrag über die Sache eine andere Ansicht gewinnen möge, „als aus Zeitungen." Es wäre recht gut gewesen, wenn der Referent die Zeitungen bezeichnet hätte, die er im Sinne hatte. Denn alle Zeitungen kann er natürlich nicht gemeint haben, da die eine die Frage so, die andere sie wieder anders behandelt; oder ist etwa das, was Hr. Pastor Henrici gegen die brennende Zeitfrage vorgebracht hat, so neu und originell gewesen, daß noch keine Zeitung ähnliche Gedanken ausgesprochen hat? Wenn wir dem in der W.-Z. enthaltenen Referate in der Hauptsache trauen dürfen, so sehen die in dem Vortrage des Hrn. Pastor Henrici ausge sprochenen Meinungen denen des sächsischen Kirchen- und Schulblattes so ähnlich, wie ein Ei dem andern. Also gäbe es doch wenigstens bei uns eine Zeitung, aus der man dieselben Ansichten von der Sache gewinnen kann, als sie der Referent der Diöcesanversammlung beizubringen versucht hat. — Jedenfalls hat derselbe politische Zeitungen gemeint, die, eingedenk ihrer Pflicht, von allen wichtigeren Zeitsragen Akt zu nehmen, auch die von den Emancipationsbestrebungen der Schule nicht übersehen, freilich da aber oft anderer Meinung sein mögen, als das sächs. Kirchen- und Schul blatt. Die Belehrungen solcher politischer Zeitungen über den Inhalt und die Berechtigung der Emancipationsbestre bungen in einem summarischen Verfahren zu verdächtigen und als trügerisch hinzustellen, das also ist die Absicht des Referenten gewesen. *) VKr gewähren diesen sehr gern und bitten um weitere gütige Mittherlungen. Die Nedaction. Man hat theils wegen Mangel an Zeit, theils deswegen, weil man durch den vorher nicht auf die Tagesordnung ge setzten Antrag zu überrascht war, eine Debatte nicht beliebt. Es ist das zu bedauern, namentlich Derer wegen, die durch den Vortrag des Hrn. Pastor Henrici nicht eine andere Ansicht von der Sache, sondern die erste Kenntniß davon erhalten haben. Denn, daß es unter den weltlichen Mitgliedern der Diöcesanversammlung (für die geistlichen, deren Zustimmung Hr. Pastor Henrici wohl im Voraus ver sichert sein konnte, hat er sicher nicht gesprochen) immerhin welche gegeben hat, die durch den gehörten Vortrag zum ersten Male etwas Zusammenhängendes über die neuerdings wieder lebendig gewordene Emancipationsfrage erfahren haben, ist keine zu gewagte Annahme. Obschon nun Hr. Pastor Henrici in seinem Schlußworte mit seiner Zurückweisung aller Zeitungsbelehrungen über die vorliegende Frage natürlich auch die Weiß.-Z. (die übrigens, so viel wir uns erinnern können, über Emancipations-Bestre- bungen der Schule nur einmal einen kurzen Artikel gebracht hat*) mit gemeint hat, so lasten wir uns doch dadurch keineswegs abhalten, in diesem der Belehrung des Bürgers und Landmanns gewidmeten Blatte den Inhalt und die Berechtigung der Emancipations - Bestrebungen der Schule in aller Kürze vorzuführen. Bekanntlich befindet sich in den christlichen Staaten die Schule (zunächst ist es die Volksschule, von der wir reden) meist noch in dem Verhältnisse der Abhängigkeit von der Kirche, d. h. von den Geistlichen, welche ja überall da, wo es an einer Vertretung der Kirche aus dem Laienstande noch fehlt, dieselbe einzig und allein repräsentiren. Dieses Ab- hängigkeitsverhältniß tritt zunächst zu Tage in der Beaufsichtigung und Führung der ganzen inneren Schulangelegenheiten durch geistliche Jnspectionen, Local- und Districts-Jnspectionen. Auf stellung des Lehrplanes, Einführung von Lehrmitteln, Methode des Unterrichts rc., Alles unterliegt der Genehmigung des Geistlichen. Worauf, könnte man fragen, gründet die Kirche dieses Recht? Sie sagt, da die Schulen größtentheils durch Mit wirkung der Kirche entstanden, so bestehe zwischen Beiden ein ähnliches Verhältniß, wie zwischen Aeltern nnd Kindern; sie nennt sich die Mutter, die Schule die Tochter. Wir wollen keineswegs die Verdienste in Abrede stellen, die sich namentlich die Reformatoren um das deutsche Schulwesen erworben haben; wir wollen nicht verkennen, daß die Schule in geistiger und materieller Hinsicht von der Kirche manche Unterstützung und Hilfe erfahren hat, und wollen also auch die Bezeichnung als „Mutter" und „Tochter" gelten lassen: aber so viel steht dagegen auch fest, daß die Schule im Laufe der Zeit nicht dieselbe geblieben, die sie bei ihrer Entstehung war; daß sie ") Bestätigt. Die Redaction.