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Sonntag. Leipzig. Di« Zeit»»«; er schein« ml» «»«»ahme de« Sonntag« täglich «achmittaqs sur de» folgende» Tag. Preis für »a« Vierteljahr l'/, Thlr. j jede einzelne Nummer r Ngr — Nr 272. — Sl. November 1858. Wischt Allgkmmt MW. »Wahrheit uud Recht, Freiheit und Gesetz!« Zu bezirken durch alle Pub- amler de« In; UN» Au»land»«, sowie durch die Elpedltion in Leipzig «Querstraße Nr. 8) ' Znserlionsgedühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Preußen. Die erste Nummer der zur Preußischen Zeitung um gewandelten «Zeit» bringt an der Spitze ihres Blatts folgenden Artikel, der, wie schon der neuliche Artikel der Preußischen Korrespondenz, als eine Art Programm der neuen Regierung angesehen wird: Es ist eine besondere Fügung für unser Vaterland, daß mit der Neubildung des Ministeriums einer der wichtigsten und folgenschwersten Acte unser« Staats- lebcnS, die allgemeine Wahl für das Haus der Abgeordneten, zusammcntrifft. Die starke Bewegung, welche alle Kreise des öffentlichen Lebens ergriffen hat, ist die Wirkung diese« eigenthümlichen Umstandes. Sic ist der Ausdruck einer lebendigen Lheilnahme des Landes an seinen theuersten Angelegenheiten, der von Gesundheit unserer Zustände zeugt. Man kann daher auch in keiner Weise wünschen, daß dieses regere öffentliche Streben zurückgedrängt werde, vielmehr muß man hoffen, und es ist die Aufgabe, daß unter der pflichtbewußten Mitwirkung aller wahrhaft patrio tischen Männer diese Bewegung in eine stetige und besonnene Bahn geleitet werde und sich mit dem Geist echten Preußenthum«, der hingebendsten Gesinnung für Thron und Vaterland durchdringe. Es ist eine erfreuliche Thatsache, daß auf Grund des monarchischen Bewußtseins und im Hinblick auf die Verfassung, welcher der Träger der königlichen Gewalt von neuem die Weihe gegeben hat, sich eine Ver ständigung und Ausgleichung der politischen Richtungen und Parteien anbahnt. An dieser Thatsache dürfen und sollen wir als an einer Ehre, die Preußen in seiner Gesammtheit und in seinen einzelnen Theilen ziert, freudig festhalten. Der echte Patriotismus aber wird, anstatt diese Erscheinung zu verdächtigen und mit allen Kräften wieder Hader und Parteihaß anzufachcn, auf jene Erscheinung als eine hoffnungsreiche Bürgschaft für die sichere Machtstellung des Vaterlandes, insbeson dere auch dem Auslande gegenüber, hinzeigen und sein Bemühen darauf richten, die sich kundgebende Entwickelung im echt monarchischen Geist zu fördern. Die Re gierung hat von diesem Gesichtspunkt aus keinen Grund, die lebhafte Bewegung des Moments als ein ungünstiges Symptom unserer Zustände zu betrachten. Sic würde am wenigsten- daran denken wollen, berechtigten Acußcrungen des öffentlichen Verfassungslebens beschränkend entgegcnzutreten. Aber wenn für die Regierung durch das Zusammentreffen des Anfang« ihrer Wirksamkeit mit dem Act der neuen Wahlen sofort die Frage in ihrem ganzen Ernst an dieselbe herantrat, in welchem Geist sic ihr Verhältniß zur LandeSvcrtretung auffasse, in welchem Geist sie deren Mitwirkung wünsche und verlange: so hat die lebhafte Theilnahme, welche diesmal die Wahlen begleitet, das neue Ministerium noch dringender darauf Hinweisen müs sen, sich selbst und dem Lande die Frage seiner Stellung klar zu beantworten. Ein preußisches Ministerium erschiene nicht würdig des hohen Vertrauens, durch welches es zur Leitung der Staatsgeschäfte berufen ist, wenn cs je vergessen könnte, welche Stellung in Preußen die Krone hat und haben muß. Die Rechte, die Ehre und die Macht der Krone zu vertreten, wird immer al« die erste und heiligste Pflicht der höchsten Näthc de« König« erscheinen müssen, und wo immer sich eine Anschauung oder ein Bestreben zeigen sollte, welche dem echt monarchischen Princip Abbruch thun könnten, wird man die Regierung mit festester Hand die monarchische Auto rität aufrecht halten sehen. Zn Preußen ist der König wahrhaft Herrscher, in der vollen Selbständigkeit und Freiheit seiner Entschließungen der Leiter und Führer der Nation: auf dieser Grundbedingung hat bisher die großartige Entwickelung Preußens beruht,-und auf ihr wird sie auch für alle Zukunft beruhen. Durchdrun gen von dieser Ueberzeugung, wird da« Ministerium seine Stellung al« höchster Räth der Krone in gleichem Sinne auffassen und behaupten. Preußen bedarf einer einigen, starken Regierung. Diese soll als selbstbewußte Führerin auf der Bahn besonnenen Vorwärteschreitens über dem Andrängen der mannichfaltigcn Forderun gen, welche Sonderintercssen und Parteien an sic richten, das Gesammtintercsse des Staat« wahren und fördern. Die Regierung darf nicht die Dienerin der Parteien, nicht die Dienerin der Mvjoritätcn werden, sondern sic wird sich stet« der Pflicht bewußt sein, gegenüber den Ansprüchen de« Moments und den subjectiven Partei auffassungen, das Recht der geschichtlichen und verfassungsmäßigen Entwickelung zur Geltung zu bringen. Indem die Regierung in der Lage ist, die thatsächlichen Verhältnisse de« Landes, die Bedingungen seines Wohls und seiner Entwickelung in ihrem Zusammenhangs zu überblicken, ist sie vor allem berufen, den Geist der Mä ßigung und der staatsmännischen Abwägung zu verwirklichen. Zm gegenwärtigen Moment tritt diese Aufgabe doppelt gewichtig an die Regierung heran. Sie richtet deshalb an die Wähler des Lande«, ja an die ganze Nation den Mahnruf, in männ licher Besonnenheit sich zu sammeln. Nichts kann für die Entwickelung unserer öffentlichen Verhältnisse gefährlicher sein, als wenn die Parteien sich in Forderun gen aller Art an die Regierung überbieten; und das Ministerium kann diejenigen nicht als seine Anhänger betrachten, welche, ohne Vertrauen zu dem Charakter des selben und ohne Bewußtsein von der Schwierigkeit seiner Aufgabe, der Regierung gegenwärtig offen nur darum nicht gegcnübertreten, weil sie es durch eine schein bare Unterstützung im Sinne ihrer Bestrebungen leichter vorwärts zu treiben hoffen. Die Regierung ihrerseits ist sich ihrer Pflicht vollkommen bewußt, der von ihr als nothwendig erkannten Richtung treu zu bleiben, und von dieser Pflicht wird sie nicht weichen. Sie wird mit dieser Auffassung der Landesvertretung gegenübertreten und ihre Mitwirkung auf solchem Wege als den wahren Beweis des Vertrauens und der loyalen Unterstützung in Anspruch nehmen. Wenn aber die Regierung Vertrauen vom Lande erwartet, wenn sie die Nothwcndigkeit einer durchaus ruhi gen und gemäßigten, jedem schroffen Uebergange fernen Entwickelung behauptet und aufrecht erhält, so stellt sie sich zugleich auf den Standpunkt, von dem aus sie das Recht hat, solche« Entgegenkommen vom Lande zu verlangen. Der Regent, welcher die Räthc der Krone berufen, hat in ergreifend einfacher Weise da« Ministerium wie das ganze Volk auf diesen Standpunkt hingewiesen und demselben damit neue Festigkeit gegeben. Es ist dies der Boden der Gesetzlichkeit. Die großen Freiheiten und Rechte des Landes der ganzen Nation und jedem Einzelnen al« unveräußer lichen, von der Krone zu reichstem Geschenk verliehenen Besitz zu wahren, die ge- sammte Verwaltung mit dem Geist der besten preußischen Traditionen zu durch dringen, jedem das Seine zu geben, ohne Ansehen der Person de« Staate« Schutz und Fürsorge zu gewähren und jeden an den Wohlthaten de« Staats theilnchmcn zu lassen: das ist eine Aufgabe, welche die Regierung im Bewußtsein ihrer Ver antwortung immer vor Augen haben wird und in deren gewissenhafter Erfüllung sie zuversichtlich hofft, sich das Vertrauen des Regenten und da« Vertrauen des Lande« zu bewahren. — In Bezug auf die Wahlen zum Abgeordnetenhanse hat der Minister deS Innern folgende Circularverfügung vom 17. Nov. an sämmt- liche Regierungspräsidenten und Landräthc erlassen: Es ist mir nicht entgangen, wie bei Gelegenheit der Versammlungen zur Vor bereitung der Wahlen zum Abgeordnetenhause Erwartungen, Wünsche und Hoff nungen zum Ausdruck gelangt sind, deren Erfüllung die gegenwärtigen Organe der Staatsregierung auf Grund ihrer mit Wissen und Willen der königlichen Macht sich gestellten Aufgabe entschieden abzulehnen verpflichtet sind. Zch sehe mich daher veranlaßt, Ew. ic. ernstlich darauf aufmerksam zu machen, daß diesen irrthümlichcn Meinungen und Ansprüchen und solchen das Maß einer richtigen Würdigung der Verhältnisse und Bedürfnisse überschreitenden Erwartungen auf jedem gesetzlichen Wege überall entgegengetretcn und namentlich auf eine solche Auffassung der öf fentlichen Zustände hingewirkt werde, welche dem »Bestreben der Staatsregicrung nach einer besonnenen und ihres Ziels sich bewußten Befriedigung der wahren Be dürfnisse des Landes entgegenkommende Unterstützung angedeihen läßt. Hieraus wer den Ew. ic. den von der Staatsregierung eingenommenen Standpunkt erkennen, daß es sich nämlich nicht darum handelt, alle jene Traditionen aufzugebcn, welche die Grundlage zur Größe und Machtstellung Preußens bilden; alle derartigen Be strebungen und Zumuthungcn wird die Staatsregierung vielmehr in dem Bewußt sein ihres Rechts zurückweiscn, sowie sie überhaupt nicht geneigt sein kann und wird, irgendeine Ausschreitung, wohin sie sich auch richten möchte, zu gestatten. Ew. rc. werden dieser Eröffnung eine -entsprechende und wirksame Verbreitung zu sichern wissen. Zu vorstehender Bekanntmachung bemerkt die National-Zeitung: „Wir wissen nicht, ob die Bekanntmachung des Ministers des Innern thatsächli chen Grund nur in den Verhandlungen der berliner Wahlversammlungen findet und daher nur an das hiesige Polizeipräsidium gerichtet ist, oder ob sie als allgemeiiw Norm des Landes auch an andere Behörden erlassen wurde. Wir wissen «die daS Maß einer richtigen Würdigung der Ver hältnisse und Bedürfnisse überschreitenden Erwartungen», denen «auf jedem gesetzlichen Wege überall entgegenzutreten ist», nicht näher zu bezeichnen. Die Vorlagen, welche die Staatsregierung in der nächsten Session einzu- brjngen denkt, sind natürlich noch unbekannt, nnd es fehlt daher jeder sichere Maßstab, welche Erwartungen für berechtigt zu gelten haben und welche nicht. Andererseits scheint nichts dem Charakter einer Wahl für eine drei jährige Gesetzgebungsperiode mehr zu entsprechen, als daß man sich über die Tendenzen der Candidaten, denen man sein Vertrauen schenken soll, einiges Licht zu verschaffen sucht und daß dabei auch die verschiedensten Interessen, welche im Lande irgendeinen Anhalt haben, zur Sprache kommen. Eine Verkürzung der monarchischen Initiative scheint uns hierin nicht entfernt zu liegen, da die Abgeordneten ja kein Versprechen erthcilen und unmöglich ertheilen können, nun auch die Punkte, mit denen sie sich einverstanden er klären, wirklich durchzusetzen, sondern natürlich nur insoweit, als sic dafür den Willen der Staatsregierung zu gewinnen im Stande sind. Soll diese Initiative so verstanden werden, daß die Wünsche und Bedürfnisse erst dann auszusprechcn sind, wenn die Staatsregierung dieselben sich bereits förmlich angeeignet hat, so wäre nicht nur eine Landesvertretung, -sondern auch jede Gattung einer freien Presse völlig unzulässig. Es können solche Erörterungen ihre Schranken nur an den Strafgesetzen finden. Diese wür den ohne Zweifel anwendbar sein, wenn die Agitation in Berlin eine Form angenommen hätte, in welcher sie sich gegen die Traditionen richtete, «welche die Grundlage zur Größe und Machtstellung Preußens bilden». Obwol diese Bezeichnung ebenfalls mehrdeutig ist, so wollte es doch Vielen schei- , nen, als ob die ganze Wahlbewegung der letzten Wochen vorzugsweise 'aus die Herstellung dieser guten alten Traditionen hinausginge. Es ist uns nicht bekannt, daß irgendwo eine Schmälerung der Kronrechte und eine Er weiterung der verfassungsmäßigen Befugnisse der Volksvertretung verlangt worden wäre. Dagegen war überwiegend von der Rückkehr zur alten stren gen Gesetzlichkeit und zu der freisinnigen Praxis in Angelegenheiten der Kirche, der Gemeinde, deS Handels und der Gewerbe rc. die Rede, welche stets vor allem den Ruhm unsers Staats ausgemacht hat. Wir sind also völlig außer Stande, über die Gründe, welche den Minister zu dieser Be kanntmachung veranlaßt haben, eine nähere Auskunft zu ertheilen. Vielfach waren wir in der Lage, in den letzten Tagen landräthliche Rescriptc mit- zutheilen, welche den Unmuth über den Rücktritt des frühern Ministeriums in der unverhohlensten Weise kundgeben, und namentlich die von dem Hin. v. Westphalen verfolgten feudalen Bestrebungen aufs unbedingteste vertreten. Wir sind weit entfernt, der «Kreuzzeitungspartei» das Recht verkürzen zu wollen, ihre Ansichten innerhalb der Landesgesetzc aufs entschiedenste zu ver fechten, und wendeten uns nur gegen die amtliche Form jener Ansprachen. Die Regierung kann nach unserer Ansicht offenbar verlangen, daß man nicht in ihrem Namen austrcte, nm sie zu bekämpfen. Eö ist bisher keine In struction veröffentlicht worden, welche dieser Agitation enigegenträte. Da gegen ist leicht abzusehen, welcher Gebrauch von der bezeichneten Seite von der gegenwärtigen Publikation des Ministers des Innern gemacht werden wird. Da eö sich übrigens für uns nicht um Personcnfragen handelt, so