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Statistisches von -en letzte« sächsischen SMdtagswühlen. Das soeben erschienene Statistische Jahrbuch für das König reich Sachsen auf das Jahr 1910 gibt jetzt genaue Zahlen über den Ausfall der vorjährigen Landtagswahlen» die beLanntlich zum ersten Male nach dem neuen Wahlgesetz stattfanden. Danach wur den in sämtlichen 91 Wahlkreisen von 638845 Wahlberech tigten insgesamt 773116 Stimmen abgegeben. Davon entfielen 199 538 Wahlberechtigte mit 234 975 Stimmen auf die 20 Wahlkreise der exemten Städte (Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau), 146169 Wahlberechtigte mit 172 550 Stim men auf die 23 Wahlkreise der übrigen Städte und 293138 Wahl berechtigte mit 365 591 Stimmen auf die 48 Wahlkreise des plat ten Landes. Die Zivilbevölkerung stellte sich in den 7 Wahlkreisen der Stadt Dresden auf 503702, in den 7 Wahlkreisen der Stadt Leipzig auf 573 487, in den 4 Wahlkreisen der Stadt Chemnitz auf 266 083, in Plauen i. V. auf 103 583, in Zwickau auf 66 606, in Len anderen städtischen Wahlkreisen auf 979 792 und in den Wahlkreisen des platten Landes auf 1973 505. Das ent spricht einer Zivilbevölkerung im ganzen Lande von 4 466 758. Bei den Hauptwahlen wurden in sämtlichen 91 Wahlkreisen 403 314 Stimmzettel oder 82 auf 100 Wahlberechtigte abgegeben. Davon besaßen eine Stimme 176 838, Mei Stimmen 107 638, dret Verantwortlicher Redakteur' ms K-tldoia. Für die Inserate veiantwortlich: weiter nrsu«. Beide in Aue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unser« Boten frei ins Sau» monatlich so pfg. Bei der GeschLstsstell« abgebolt monatli «o pfg. und wSchentlich ,o Pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt oierteljahrlich i.so Mk. — Dur:. den Briefträger frei ins Saus vierteljährlich i.zr Mk. — Einzeln« Nummer <o pfg. — Deutscher Postzeitung» katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn» und Feiertagen. Sonnabend, 26. Juli. 4000 «»Inti Itumin. Nr. 168. Fünfter Jahrgang. Auer Lageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. m. d. H. Sprechstunde der NedaV^n mit Ausnahme der Sonntage nachmittag» von » Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Au». — Fernsprecher m Aue i. Erzgeb. Für unverlangt eingesandt« Manuskripte kann Gewähr nicht gelristet werden. lich Annahme von Anzeigen bi» spätesten» Uhr vormittag,. Für Aufnahme von grSßeren Anzeigen an bestimmt«» rch Stellen kann nur dann gebürgt werden, wen« st« am Tag« vorher bei uns «ingehen. > Insertion,preis: Di« fiebengespalten» «orpuszeile oder deren Raum ,o pfg., Reklamen rr pfg. Bei grSßeren Aufträgen «ntst-rechender Rabatt. »lese Nu»«ei- »laßt io Zelte» Außerdem liegt das achtseitige illustrierte Sonntagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. In Straßburg wurde gestern vormittag die Haupt versammlung der Deutschen Turnerschaft er öffnet. Die letzte Bauarbeiter-Generalaussperrung im Retch e hat den beiden Parteien über 2000000 Mark gekostet. Der Streik auf den nordengltschen Bahnen umfaßt gegenwärtig 36000 Ausständige. O Die Veröffentlichung der Borromäus-Enzyklika in der Erzdiözese Prag unterbleibt. * Das türkische Ministerium hat die Ausdehnung des Belagerungszustandes auf sämtliche euro päische Provinzen der Türkei beschlossen Die Vereinigten Staaten sandten ein Kanonenboot nach Honduras, weil dort mehrereAmertkaner als Revolutionäre verhaftet wurden. IE" Mutmaßliche Witterung am 24. Juli: Westwind, be deckt, kälter, zeitweise Niederschlag. Deutschland nn- Schwede«. Zwischen Deutschland und dem nordischen ^Königreich haben seit jeher die besten Verbindungen bestanden. Sowohl die Stammesverwandtschaft wie die engen wirtschaftlichen Beziehun gen verbanden die beiden Nationen. Irgendwelche Trübungen hat wohl dieses Einvernehmen kaum jemals erfahren, und von welchen Gefühlen man gegenüber Deutschland dort beseelt ist, hat die jüngste Reise deutscher Journalisten nach Schweden gezeigt, die eines geradezu begeisterten Empfanges teilhaftig geworden waren. Augenblicklich ist man bemüht, zwischen beiden Staaten einen Handelsvertrag abzuschließen, nachdem vor mehre ren Jahren auf Grund langwieriger Kommissionsberatungen ein Handels abkommen geschaffen worden war. Trotz aller guten politischen Beziehungen dürfte aber die Abwicklung dieses Mr trages nicht so schnell vonstatten gehen, zumal Schweden in seinem neuesten Tarife den Zoll für eine ganze Reihe von Er zeugnissen, die Deutschland nach Schweden exportiert, ziemlich be. trächtlich erhöht hat. Für Schweden bietet Deutschland einen guten Absatzmarkt, im besonderen für Holz, dqs infolge des Waldreichtums der nordischen Bezirke ja überhaupt einen wesent lichen Teil der schwedischen Ausfuhr ausmacht. Von einer Ge samtausfuhr in Höhe von 725 Millionen Mark finden >sich nicht weniger als ca. 270 Millionen Mark für Holz und Holzwaren. Der Holzreichtum ist ganz enorm und er wird erhalten, da man die Wälder vernünftig ausnutzt und nicht, wie in Nordamerika, durch Raubbau erschöpft. Der Hauptreichtum Schwedens aber beruht in seinen Erzen. Die Kupferproduktion ist zwar zurück gegangen, dagegen ist die Eisenindustrie beträchtlich gewachsen. Von 2s/> Millionen Tonnen Export gingen nicht weniger als drei Viertel nach Deutschland, und die Gesamtausfuhr an Me tallen und anderen Materialien nach Deutschland beträgt nicht weniger als 150 Millionen Mark pro Jahr. Schweden ist jetzt durch und durch Industrieland geworden, und zwar hat es dies nicht in letzter Linie seinen Wasserkräften zu ver danken, deren praktische Ausnutzung erst seit einer Reihe von Jahren in Angriff genommen worden ist. Diese billigen Kräfte kommen den Papier- und Metallfabriken, den Sägemühlen und anderen Unternehmungen zugute, vor allem wird es der schwedi schen Industrie dadurch möglich, mit anderen Ländern infolge seiner billigen Herstellungskosten mit Erfolg zu konkurrieren. Nun ist es begreiflich, wenn Schweden seine zum Teil noch junge Industrie sichern will und zu diesem Zwecke zu einem hohenZollschutze seine Zuflucht nimmt. Wie das Ausland die schwedischen Erzeugnisse zum Teil mit nicht unbeträchtlichen Zöllen belegt, wenngleich Rohstoffe meist zollfrei eingeführt wer den dürfen, so will nunmehr auch die schwedische Regierung dafür sorgen, daß in einer Reihe von Fabrikationszweigen das Aus land, wenn auch nicht ganz ausgeschaltet, so doch zum mindesten eingeschränkt und seine Konkurrenzfähigkeit gelähmt wird. Durch diese Maßnahme wird aber vielleicht geradeDeutsch- land am meisten betroffen werden, und in deutschen Interessentenkreisen wendet man sich daher auf das entschiedenste gegen die scharfen schwedischen Zollerhöhungen. Die zuständigen Reichsstelle-' werden angegangen, energisch gegen eine derartige Behandlung Front zu machen und auf dem Vertragswege die möglichsten Erleichterungen erzielen zu suchen. Eins aber soll man in Schweden nicht vergessen, nämlich, daß beide Staaten aufeinander angewiesen sind: Deutschland lieferte an Schweden fast ein Viertel seiner Gesamteinfuhr, während es fast ein Drittel seiner Ausfuhr aufnahm. Dieses Moment sollte man sich bei den kommenden Verhandlungen immer wieder vor Augen führen und schwedischerseits den Bogen nicht gar zu straff span nen. Es könnte dabei auch nichts schaden, wenn man deutscher seits unter diesen Umständen mit der wünschenswerten Energie vorginge und sich nicht so sehr übers Ohr hauen ließe, wie vor noch nicht allzu langer Zeit beim Handelsvertrag mit Portu » gal, der uns kaum irgendwelche wesentlichen Vorteile brachte, höchstens eine Reihe recht beträchtlicher Zollerhöhungen. Ein Fortschreiten der beiderseitigen wirtschaftlichen Entwicklung und deren wechselseitiges Verhältnis liegt nur im Interesse der bei den Länder, und es steht zu wünschen, daß die verständnisvoll« Einsicht auf beiden Seiten zu einem freudigen Resultat führen möge. Die Prüfung ; Nach dem Französischen des Crozitzre. Nachdruck verboten. Als ich bei Herrn Pomme, Backpflaumengeschäft en gros, als Kassierer angestellt wurde, entwickelte ich Lei meiner Arbeit einen solchen Eifer, daß ich mir sofort das Wohlwollen meines Prinzipals sicherte. Er hatte mich einen Monat auf Probe an genommen, aber ich war fest überzeugt, daß er mich Lauernd der sich behalten würde. Jeden Morgen ließ sich Herr Pomme ver schiedene Zeitungen, die über die Pferderennen berichteten, holen, die er hastig durchflog. Ich blickte verstohlen zu ihn hinüber und sah, wie er die einzelnen Stellen mit Blaustift anstrich Mehrmals in der Woche verschwand Herr Pomme einen Teil des Nachmittags! erst gegen sechs Uhr tam er zurück, manchmal mit strahlendem Gesicht — dann pflegte er mit seinem Personal zu scherzen zu anderen Zencn finster, schweigend, io daß ihm jeder aus dem W:ge ging. Eines Tages redete er m.ch an. „Interessieren Sie sich g-r nicht für die Nennen, Herr Brac?" „O nein," aniworteie ich ehrlich „ich bin in meinem Leben noch nicht dagewesen." „Aber, junger Mann," erwiderte Pomme mit vorwurfsvoller Miene, „Sie müßten Loch für Lie Verbesserung der Pferderasse in Frank reich Interesse haben. Ist Ihnen das denn vollständig gleich gültig?" Ich koiinte auf diese Frage nur mit einem verlegenen Lächeln, einer unsicheren Geste antworten- die mich meiner Mei nungsäußerung über dieses wichtige Problem überhoben. Es kam mir vor, als ob Herr Pomme mit dieser unverantwortlichen Gleichgültigkeit meinerseits unzufrieden sei, was mir ein unbe hagliches Gefühl verursachte. Nebenbei gesagt, merkte ich, daß die anderen Beamten sich auch alle Zeitungen kauften, in freien Augenblicken die Nachrichten über die Rennen studierten, woraus ich schloß, daß das vielleicht nötig sei, um sich die Zufriedenheit de» Chefs zu sichern. Ich folgte also ihrem Beispiel, durchflog die betreffenden Mitteilungen mit großem Eifer und beschloß, mich so weit wie möglich für die Verbesserung der Pferderasse in Frankreich zu interessieren. , , Der Letzte des Monats fiel auf einen Sonntag; ich aß bei zeiten zu mittag und machte mich dann auf den Weg nach Au- teuil, wo Lie Rennen stattfanden. Der Anblick aller dieser red seligen, fieberhaften, begeisterten oder niedergedrückten Beteilig ten regte mich wirklich auf. Ich fühlte, diese Atmosphäre, anstatt mich zu berauschen, war meinem nüchternen, ruhigen, jeder Auf regung abholden Temperament so unsympathisch, daß ich mir sagte: Menn Herr Pomme auf einen Kassierer gerechnet hat, mit dem er sich angelegentlich über Wettrennen und Pferderassen unterhalten kann, dann ist er hereingefallen; denn es ist das erste- und letztemal, daß ich mich in dieses wüste Treiben verirrt habe. Trotzdem wollte ich nicht ganz vergebens gekommen sein : ich setzte deshalb auss Geratewohl fünf Mark aus ein Pferd Diese brachten mir 147 Mark ein. Erfreut steckte ich meinen Ge winn in die Tasche und ging dann mit langen Schritten dem Ein gänge zu, als ich plötzlich auf Herrn Pomme stieß, der, von sei ner Frau begleitet, eintrat. Er wurde ein wenig blaß, als er mich sah; ich fand es deshalb höflich, auch die Farbe zu wechseln. Er reichte mir freundlich die Hand und sagte gnädig: „Sie klei ner Heimtücker, Sie! Ja, ja, ich dachte mir wohl, daß Sie sich für die Verbesserung der Pfcrde>.asse interessieren würden. Sie sehen mir ganz danach aus." „Es ist das allererst-: Mal, daß ich . . ." „Schon gut, schon (ut, das geht mich nichts an. Lie können übrigens meiner Frau rnvas Gesellschaft leisten, während ich 'mal sehe, wie die Aktien s.chen, es ist schon spät. . ." Das Unglück wo te, daß Heu Pomme ein« nett: Summ«. auf ein Pferd setzte, das verlor, und noch schlimmer war, seine Frau hatte ihn überredet, auf dos gewinnende Pferd zu letzen, und er war trotzdem seiner eigenen Meinung gefolgt. Das gab Ver anlassung zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den bei den Ehegatten, was für mich als Zuhörer ziemlich peinlich war. Um nun die gute Laune wiedecherzustellen und mich gleichzeitig in der Gunst meiner Brotgeber recht festzusetzen, Lat ich beide um das Vergnügen, beim Abendessen meine Gäste zu sein. Sie schwankten lange; aber endlich nahmen sie doch an, und ich hörte deutlich, wie Herr Pomme seiner Frau in.» Ohr flüsterte: „So sind wir doch wenigstens etwas für unseren Verlust entschädigt." Ich führte sie in ein Hotel ersten Ranges und ließ Champagner kommen. Einem Blumenmädchen kaufte ich einen Strauß wun dervoller Teerosen ab, den ich Frau Pomme übereichte. Das Men« setzte ich aus den kostbarsten Gerichten zusammen. Als mir der Kellner die Nota brachte, überstieg sie die Summe von sechzig Mark. Das Ehepaar schien sich über meinen Reichtum zu wundern und über die großartige Manier, wie ich ihn verschleu derte. Ich war entschlossen, von meinem Gewinn möglichst wenig mit nach Hause zu nehmen, das schien mir die Lest« Politik zu sein. So lud ich sie denn nach dem Essen ins Theater ein und führte sie in eine der ersten Logen. Bei mir dachte ich, als die Vorstellung zu Ende war: Wenn der Chef mit seinem Angestell ten nicht zufrieden ist, dann mutz er wahrhaftig ein schwieriger Mensch sein! Als Herr Pomme am andern Morgen die Nase in unser gemeinschaftliches Kontor steckt«, sah ich gleich, daß er ganz mise rabler Laune war. Er hielt es sogar nicht einmal der Müh« wert, mir beim Eintreten: Guten Morgen zu sagen. Ich sah, wie er seinen Eeldschrank öffnete und vorsichtig sein Geld zählte. Seine verdrießlich« Mirne schob ich dem Umstande zu, daß er vielleicht unangenehm hohe Rechnungen zu begleichen hätte. End lich wandte er sich zu mir, legte die wenigen Goldstücke, die mein monatliches Gehalt roll machten, auf mein Pult und sagte: „Ich war niit Ihrer Arbeit sehr zufrieden, Herr Brac, Sie sind ein guter Beamter, ein vorzüglicher Beamter sogar, und ich bedaure darum sehr, mich von Ihnen trennen zu müssen." „Wie soll ich das verstehen, Herr Pomme?" fragt« ich bestürzt." „Sie wetten bei den Rennen, Herr Brac; was ich wissen wollte, habe ich nun in Erfahrung gebracht." „Aber, Herr Pomme!" rief ich aufgeregt, „Sie selbst haben mich doch mit Gewalt dazu getrieben, ich . . ." „Es ist meine Gewohnheit," unterbrach er mich kühl, „meine Kas. sterer dieser Prüfung zu unterwerfen; wenn sie widerstehen, um so besser für sie; wenn nicht — kann ich ihnen nicht helfen. — Es läßt sich nie berechnen, wie weit die Leidenschaft, in diesem Falle die Spielwut, einen treibt, Solche Kassierer kann ich nicht gebrauchen. Ich habe Furcht vor Leuten, die sich, wie ich, für die Verbesserung der französischen Pferderasse interessieren. Ich hab« die Ehre ..." . . .. . ' !