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rer- Verantwortlicher Redakteur: Csrl Ikhnc in Dippoldiswalde, bei n. 51. Jahrgang Nr. 49 Sonnabends dm 25. April 1885 ten >rf. - "II Ä :i an en ier- e t. lautet aber mit Bestimmtheit, daß Rußland nur an seinen ursprünglichen Forderungen festhatte, während die russische Negierung allerdings auf das englische Verlangen, Rußland solle sich verpflichten, nach Fixirung der neuen afghanischen Grenze unter keinen Umständen über dieselbe hinausgehen, lediglich in allgemeinen Versicherungen geantwortet hat. Dazwischen spielt immer wieder die Frage hinein, wer denn eigentlich den Zusammenstoß an« Kuschkfluffe verschuldet habe und geben die jetzt in London eingelaufenen Berichte des englischen Grenzkommissars Lumsden den Russen hierbe' entschieden die Schuld, man würde aber gut thun, die englischen Darstellungen nicht so ohne Weiteres auf Treu und Glauben hinzunchmen, wenig stens scheint die Haltung des russischen Generals Komaroff bis jetzt eine durchaus korrekte gewesen zu sein. Daß bei dem schwankenden Stande der Dinge Rußland wie England ihre Vorbereitungen fortsetzen, um bei einer kriegerischen Wendung des Streites nicht vom Gegner überrascht zu werden, darf nicht Wunder nehmen. So hat Lord Granville im englischen Ober hause eine Kreditforderung von 11 Millionen Pfd. Sterl. eingebracht, von denen 4'/, Millionen für den Sudan, der Rest für „allgemeine, nicht auf den Sudan bezügliche Verbereitungen" verwendet werden soll. Er erklärte hierbei, die Negierung wünsche lebhaft, freund schaftliche Beziehungen zu allen auswärtigen Mächten zu unterhalten. Die Vermehrung der Militär- und Seekräfte Englands werde den Wunsch nicht ändern, jede Differenz in freundschaftlicher Weise zu lösen. Aehnliche Erklärungen gab Gladstone im Unterhause ab. Der Wunsch des Londoner Kabinets, zu allen auswärtigen Mächten friedliche Beziehungen zu unter halten, erscheint um so begreiflicher, als in den kgyp- tischen Angelegenheiten eine ernste Differenz zwischen England und Frankreich droht, welche ersterem Staate bei seinen gegenwärtigen Verlegenheiten in Central- asien, dem Sudan und Canada nichts weniger als angenehm sein kann. Bekanntlich ist das in Kairo erscheinende französische Journal „Le Bosphore Egyp- tien" von der egyptischen Regierung unterdrückt worden, wegen unaufhörlicher Hetzereien gegen letztere, und ist es hierbei zur Mißhandlung französischer Konsular beamten gekommen. Frankreich hat nur für diese Be leidigung Genugthuung von der egyptischen Negierung gefordert, diese macht aber allerhand Ausflüchte und steckt sich offenbar hinter das Londoner Kabinet, zwischen welchem und der französischen Negierung nun die Angelegenheit weiter spielt. Die Sache wird dadurch noch komplizirter, daß die Pforte das Ver fahren der egyptischen Negierung gebilligt hat, und läßt sich der Ausgang dieser verschlungenen Asfaire noch nicht im Mindesten Vorhersagen. Für die Be festigung der englischen Position im Pharaonenlande wird aber keinensalls der Beschluß der Londoner Ne gierung, die Kolonne des Generals Graham aus den« Ostsudan zurückzuziehen, förderlich sein. Lediglich die Eisenbahn von Suakin soll bis Sambuk, Sinkst oder einer anderen Gesundheitsstation, die für die in Suakin verbleibende englische Garnison erforderlich ist, weiter geführt werden. Am Niel sollen die Bewegungen des Wolseley'schen Korps durch die Rücksichten auf den Schutz Oberegyptens gegen die Verbreitung des Auf standes des Mahdi bestimmt werden. Die Absicht Englands, den Sudan aufzugeben, kann demnach kaum mehr bezweifelt werden und ist demnach all' das eng lische Blut im Sudan ganz umsonst geflossen. Ob die Gerüchte von dem Umsichgreifen der gegen den Mahdi ausgebrochenen Kontre-Revolution den that- sächlichen Verhältnissen entsprechen, läßt sich bei der gegenwärtigen Unsicherheit aller Meldungen über den Sudan nur schwer kontroliren. — Die neuerliche in London eingetroffene Depesche Lunisden's bildet da selbst den Gegenstand eifriger Kabinetsberathungen. Dieselbe besagt, die Afghanen hätten die friedlichen Absichten Komaroff's nicht geglaubt und bei den fort - . -7 - Mr „Wekßeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan tialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirk sam« Berbreitungstnden, werden mit 10 Pfg. die Epaltenzeil« oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate niit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, un redaktionellen Theile, die Epaltenzeil« 20 Pfg. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. König Oskar II. von Schweden, welcher anläßlich seiner Rückreise von Konstantinopel nach Stockholm am Dienstag einen zwölfstündigen Aufenthalt am Berliner Hofe genommen hatte, hat daselbst seitens der kaiserlichen Familie den herzlichsten Empfang gefunden. Am Bahnhof wurde der hohe Reisende vom Kaiser, vom Kronprinzen und dem Prinzen Wilhelm von Preußen begrüßt, wobei der Kaiser seinen erlauchten Gast wiederholt umarmte. — Seit dem Wiederzusammenttitt des Reichstages hat die Zolltarifnovelle fast den ausschließlichen Gegenstand seiner Verhandlungen gebildet und man muß an erkennen, daß er dieselben in möglichster rascher Weise gefördert hat. Auch zur Erledigung der Viehzölle — wenigstens ihrer hauptsächlichsten Positionen — hat der Reichstag noch nicht einmal zwei volle Sitzungen gebraucht, denn er verwendete hierauf nur die Mon tagssitzung und einen Theil der Dienstagssitzung, während man geglaubt hatte, daß die Berathung über diesen wichtigen Abschnitt der Vorlage mehrere Tage erfordern würde. Augenscheinlich macht sich aber im Reichstage mehr und mehr eine gewiße Ermüdung und außerdem bei den Gegnern der Vorlage das Ge fühl geltend, daß alle ihre Anstrengungen zur Ab wendung der Zollerhöhungen nutzlos seien. Letzteres tritt allerdings in Anbetracht der Erfolge, welche die „freie wirthschaftliche Vereinigung", wie bei den Getreidezöllen, so jetzt auch bei den Viehzöllen ver zeichnen kann, klar zu Tage. So wurden am Mon tag die von der schutzzöllnerischen Koalition beantragten Zollerhöhungen sür Pferde, Stiere und Kühe, Ochsen, Jungvieh und Kälbern trotz der Gegengründe' und Einwendungen, die vorzugsweise von Seiten der Deutschsreisinnigen gemacht wurden, sämmmtlich an genommen und derselbe Vorgang wiederholte sich am Dienstag. Auch an diesem Tage drangen die Anträge der wirthschaftlichen Vereinigung durch und beträgt demnach nunmehr der Zoll für Schweine 6 M. (bis her 2 M. 50 Pf.) und für Spanferkel 1 M. (30 Pf.); auch die von der Vereinigung beantragte Erhöhung des Fleischzolles von 12 auf 20 M. wurde, trotzdem daß die linksliberalen und die sozialistischen Redner diesen Antrag lebhaft bekämpften, genehmigt. Schließ lich überwies das Haus noch einen, die Position „Garne" betreffenden Antrag der Abgg. Löwe, Bamberger und Gen. der Kommission zur Berichterstattung; am Mitt woch setzte das Haus die Berathung des Zolltarifs fort. — Zwischen den Erben des Herzogs von Braun schweig, dem König von Sachsen und dem Herzog von Cuniberland, und den Jntestaterben (Prinz Alexander von Hessen, Herzogin von Hamilton, Fürstin von Hohenzollern und Herzogin Max in Bayern) haben seit längerer Zeit Verhandlungen wegen Herausgabe eines Theiles des herzogliches Nachlaßes stattgefunden. Die Verhandlungen haben zu einer Verständigung dahin geführt, daß jeder der beiden Haupterben eine halbe Million wieder herauszahlt, so daß die vier Jn- lestaterben zusammen eine Million Mark erhalten. Mit dem Herzog von Cumberland ist der Vertrag be reits perfekt geworden und auch die Zustimmungs-Er klärung des Königs von Sachsen wird mit Sicherheit erwartet. England. Der englisch-russische Konflikt beherrscht noch immer vollständig die allgemeine politische Lage und nach wie vor ist der Ausgang deßelben zweifel haft. Fast von einem Tag zum andern wechseln die Nachrichten über den Stand der afghanischen Grenz frage rznd wenn sie heute friedlich klingen,.so nehmen sie dafür morgen eine schärfere Tonart an, um dann übermorgen wieder beruhigender zu klingen. Indessen, so schlimm ist indessen die Lage nicht, daß man an der Erhaltung des Friedens schier verzweifeln müßte. Englischerseits beschuldigt man freilich die Russen, daß sse maßlose Forderungen aufstellten, anderseits ver Witz -Zitmz Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmarmfchaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein gesetzten Versuchen, sie zu Feindseligkeiten zu verleiten, nur annehmen können, daß dies allein der Zweck der Rußen sei. Die Depesche hebt die Geduld und Mäßigung der Afghanen bei den unausgesetzten Provo kationen der Rußen hervor. Bei dem Vormarsch am 30. März seien die Afghanen genöthigt gewesen, sich zu vertheidigen. Es sei unrichtig, daß britische Offi ziere den Afghanen gerathen hätten, sich nicht zurück zuziehen. Ein am Montag abgehaltener Kabinetsrath erwog diese Depesche und sandte hierauf ein Tele gramm nach Petersburg, welches hervorhebt, daß die Rußen die Angreifer in dem Gefecht mit den Afghanen gewesen seien, weshalb die britische Negierung sich ge nöthigt sühle, das früher gestellte Verlangen nach Desavouirung des Vorgehens Komaroff's zu wieder holen. Hiernach zu urtheilen, hat sich die Lage ent schieden verschlimmert; auch die „Daily News" sind der Meinung, daß Lumsden's Telegramm die Krisis schlimmer mache, als sie je gewesen sei. Wegen Komaroff's Verhalten gegen Englands Bundesgenossen erwarte England aus Petersburg bessere Erklärungen als die bisherigen. Hierzu wird sich aber die russische Negierung schwerlich entschließen und so scheint es in der Thal, als ob die Erhaltung des Friedens nur noch an einem schwachen Faden hängt. Das Deutschthum in Oesterreich. In Hinblick auf den völkerrechtlichen Bund, der das deutsche Reich mit Oesterreich verbindet und der sogar in einen staatsrechtlichen, eine pragmatische Sanktion erhaltenden nach dem Plane seiner Urheber umgewandelt werden und die Interessen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns immer inniger vereinigen soll, ist es von enormer Wichtigkeit, wie sich ferner die Stellung des Deulschthums in Oesterreich gestalten wird. In diesem Sommer soll nun in Oesterreich der Reichsrath neu gewählt werden und wird hierbei das Deutschthum in Oesterreich eine Feuerprobe zu bestehen haben. Bekannt ist, wie in Folge der inneren österreichischen Politik, aber auch durch die Schuld der deutsch-österreichischen liberalen Verfaßungspartei, die einem einseitigen politischen Systeme huldigte und den praktischen politischen Aufgaben sich nicht gewachsen zeigte, die parlamentarische Macht in Oesterreich von der Verfassungspartei an die bunte Mehrheit der czechischen, polnischen, südslavischen und klerikalen Mehrheit überging. Wenn nun aber begeisterte An hänger des Deutschthums in Oesterreich und Deutsch land hoffen, daß der neue österreichische Neichsrath eine deutsche, liberale Mehrheit zeigen werde, so gehen sie wohl in ihren Hoffnungen zu weit, da die slavi- schen Völker in Oesterreich die natürliche Mehrzahl bilden und nach parlamentarischem Rechte auch im Reichsrathe erlangen müßen. Was man aber mit Recht verlangen kann, das ist die Wiederherstellung einer vergrößerten und impönirende» deutschen Partei im ^österreichischen Reichsrathe, die das Banner des Deutschthums in Oesterreich hoch hält und bei aller Ergebenheit für das Haus Oesterreich den übrigen Volksvertretern klar zu machen weiß, daß der öster reichische Staat eine Schöpfung deutschen Ursprungs und deutscher Kultur ist und daß Oesterreich nur dann seiner hohen Aufgabe dauernd gerecht werden kann, wenn das Deutschthum der geistige Führer bleibt. Dabei haben die Deutsch-Oesterreicher nicht nöthig, berechtigte Eigenthümlichkeiten der anderen österreichischen Nolksstämme zu bekämpfen, Oesterreich ist nun einmal von verschiedenen Völkern bewohnt und der innere Friede und die Macht nach außen wird in Oesterreich vielmehr dadurch gefördert, daß die einzelnen Volks stämme sich vertragen und achten lernen und nicht sich gegenseitig befehden und unterjochen. Auf Grund des natürlichen Besitzstandes, den jeder Völkerstamm im parlamentarischen Stimmenkampfe sich sichern muß, mögen sie dann im Reichsrathe auftreten. Das Deutschthum wird in Oesterreich sicher allein aber viel-