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Hohenstein-Eriistthaltr Anzeiger Tageblatt für KoH-nMn.tzlnWm, H-ernmgw'?, AelwÄots, »D« WM» »°« «-.« M«. -E r«-» -- —."-7-^ WeitverSreitvtes J«seEMs-LkKM W GsMOs WiMÄL-Md^AM. Znsertio«Sgebühre«: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 16 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Stummer bis Vorm« 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. AbonuLment: «ei Abholung 35 Pfg. monatlich monatlich vierteljährlich 1. M 25 Pfg- die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Donnerstag, den 29. März 1906 Nr. 72 Fernsprecher Nr. 151. Dieses Blatt erscheint mü Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigeg< Frei tuS Hau» 42 Pfg G-,chSM-ll-: Bahnstr. g. ZZ. JghrgllNg 2. Bezirksschule. Die Ausstellung der Zeichnungen, Nadelarbeiten, Schülerhefte und Schülerarbeiten, sowie der neuen Lehrmittel ist Sonntag de« 1. April von '/,2 bis 6 Uhr geöffnet. Dabei ist Ge legenheit geboten, die neue Schule zu besichtigen. Zu zahlreichem Besuche ladet ergebenst ein Hohenstein-Ernstthal, den 28. März 1906. Das Lehrerkollegium. Dir. Patzig. . Freibank Hohenstein-Ernstthal: Heute Verkauf von rohem Rindfleisch; Pfund 45 Pfg. Deutscher Reichstag. 76. Sitzung vom 27. März. In der dritten Lesung wird die Garantie-Vor- läge für die Kamerun-Eisenbahn von Duala nach den Manenguba-Rergen desimtiv ohne Debatte er ledigt. Sodann wird die Beratung deS Flotten- gesetzes fortgesetzt. Abg. Epahn (Zentr.): Meine Freunde werden, vorbehaltlich der Regelung der Deckungsfrage, für das Gesetz stimmen. Wenn der Flottenverein ledig lich für Vergrößerung der Flotte agitiert, so ist dagegen nichts zu lagen. Aber wenn der Verein dabei soweit geht, unsere Flotte herabzusetzen, sie dem Auslande als minderwertig hinzuftellen, so ist da- zu verurteilen. Irrig ist die Behauptung Bebels, wir wollten mit dieser Vorlage eine Flotte ersten Ranges machen. Wenn wirklich einmal Frankreich und England gegen unS zusammengehen sollten, so würden wir zur See selbstverständlich unserem Gegner unterlegen sein, auch wenn die beiden anderen Dreibundmächle unS zur Seite stün den, und wir könnten dann nur eben hoffen, daß die Entscheidung auf dem Lande falle. Aber auf jeden Fall müssen wir unsere Flotte wenigstens so weit vermehren und stärken, daß wir die Gegner von unserer Käste abhalten können. Was den An trag Ablaß wegen der Kostendeckung durch eine Reichsvermögenssteuer anlangt, so wäre cs richtiger gewesen, die Freisinnigen hätten den Antrag erst an die Tteuerkommisston gebracht, statt daß sie ihn hier in das Flottengesetz Hineinarbeiten wollen. Die Notwendigkeit der Flottenvermehrui'g muß jedenfalls anerkannt werden. Und schon Windthorst hat seinerzeit gesagt: Wo die Sicherheit des Vater- landes in Betracht kommt, müssen alle anderen Rücksichten zurücktrrten. Abg. v. Richthofe« (kons.): Wir werden die Vorlage unverändert annehmen. Der Flottenverein hat sich große Verdienste erworben, indem er daS Verständnis für eine starke Flotte in das Volk ge tragen hat. Und wenn er bei seiner Agitation vielleicht einmal etwa- zu weit gegangen ist, so kann man ihm das um seiner Verdienste willen wohl Nachsehen. Für die Flottenvermehrung sprechen die Notwendigkeit der Landesverteidigung und die HandelSinteressen. Wenn der Antrag Ablaß über- Haupt eine Berechtigung hat, so kann es nur die sein, daß die Flotte dem Handel, dem Kapital zu gute kommt. Ich selbst würde wünschen, daß der Antrag so behandelt wird, wie der Abg. Spahn eS vorschlug. Abg. Müllcr-Sagan (freis. Vp): Namens meiner Freunde habe ich zu erklären: Der Flotten vermehrung, wie sie die Vorlage fordert, können wir an sich zustimmen. Mir sind also bereit, diese Forderungen im Rahmen deS Etats zu bewilligen, jedoch nicht im Rahmen dieses besonderen Flotten- gesetzeS. Die Geschichte eines vollen Jahrzehnts hat gezeigt, daß die Einhaltung derartiger im Ge setz sestgelegter Bindungen doch nicht möglich ist. Meine Freunde sind ferner nicht damit einverstan den, daß die Kosten der Flottenvermehrung gedeckt werden wiederum durch indirekte Steuern oder durch Handel und Verkehr schädigend« Stempelsteuern. Wir beantragen daher Aufbringung der erforder lichen Mittel durch eine Reichs-Bermögenssteuer und Einbeziehung dieses Antrages in daS Gesetz Staatssekretär v. Tirpitz : Ich freue mich, daß der Herr Vorredner und seine Freunde die Be rechtigung der Vorlage wenigstens nach ihrer sach lichen Seite anerkennen; bedauere aber, daß sie nicht gewillt sind, die Forderungen der Novelle in den Gesamtrahmcn deS FlottengesstzcS einzusügrn. Wir wären auch nicht annähernd so weit gekommen, wie wir cs sind, wenn wir nicht den grundlegen den Rahmen des Flottengesetzes gehabt hätten. Das Flottengesetz ist tatsächlich grundlegend ge- wesen und hat die Richtung angegeben. Nur durch das Flottengesetz haben wir mit unseren geringen Mitteln unsere Flotte gleichwertig gemacht mit der französischen. Ich bitte die Herren von der frei sinnigen Volkspartei, dies alles noch einmal zu er wägen. Abg. Graf v Arni» (Reichsp.) bezeichnet die Vorlage als Einlösung eines längst ausgestellten Wechsels. Die Arbeiter würden es nicht verstehen, wenn die sozialdemokratische Partei die Vorlage ab lehne und damit den Eindruck erwecke, als seien die Arbeiter wirklich vaterlandslos, flvttenfeindlich und armeefeindlich. Protestieren müsse er gegen die Bebelsche Auffassung, als liege in unserer Flotten vermehrung etwas Aggressives gegenüber dem Aus lande. Unsere Werften beschäftigen 22 000 Arbeiter. Die Vorlage liege also gerade im Interesse der Arbeiter, da sich durch dieselbe die Lage des Arbeits marktes günstiger gestalte. Das Wort von den „schwimmenden Särgen" rühre übrigens nicht von dem Flottenverein her. Abg. Müller-Meiningen (freis. Vp.) befürwortet den Antrag Ablaß. Seine Freunde stünden selbst verständlich auch einer Reichseinkommensteuer sym pathisch gegenüber, aber sie gestünden sich selber «in, daß dabei der Eingriff in die partikularistischen Steuersysteme ein viel intensiverer sei. Ihren Vor schlag einer ReichsvermögenSsteuer betrachteten sie nur als Notgesetz und meinten auch, daß diese Steuer durchaus nicht bloß zur D.ckung der Flotten kosten zu dienen brauche. Wenn die Ausgaben limitiert würden, müßten auch die Einnahmen limitiert werden; deshalb schlügen sie vor, daß all- jährlich im Etat bestimmt werde, wie viel Monats- raten der Vermögenssteuer erhoben werden sollen. Werde diese Steuer bekämpft, so beweise daS nur, daß die wohlhabenden Kreise nicht geneigt seien, Ausgaben zu nationalen Zwecken zu tragen. (Sehr richtig! links.) Das sei ja auch der Grund, weshalb wir nicht schon längst eine Reichseinkommen, oder Reichsoermögenssteusr hätten. Staatssekretär Freiherr v Stengel: Die Grund lagen diesrS Antrages sind unzutreffend. § 6 deS Flottengesetzes bleibt durch diese Novelle unberührt. Um diesem tz 6 gerecht zu werden, haben wir ja die Reichserdschaftssteuer und neue Ttempelgesetze vorgeschlagen. Unser Reichsfinanzreform-Entwurf gedenke schon in der Begründung der notwendigen Mehrerfordernisse für die Wehrkraft als auch für die Flotte. Die Mehrkosten für diese sind also schon in der Finanzresormvorlage einbegriffen. In Ihrer Steuerkommission find uns schon Vermögens- und Einkommensteuervorschläge gemacht, aber abgelehnt worden, und nun unternimmt es dieselbe Minder heit, deren Vorschläge in der Kommission in erster Lesung abgelehnt wurden, ohne auch nur dir zweite Lesung abzuwarten, hier einen solchen Vermögens- steuerantrag einzubringen Die verbündeten Regie rungen find einmütig entschlossen, jeden Versuch, die Einkommen- oder Vermögenssteuer auf das Reich zu übertragen, unbedingt abzulehnen. Die Erbschaftssteuer ist keine direkte Steuer, und daher ist auch mit der von den verbündeten Regierungen akzeptierten Reichserbschaftssteuer die Einführung direkter Steuern in keiner Weise präjudiziert worden. Abg. Lieberman« v. Sonuenberg hält den Antrag Ablaß nur für eine RäckzugSdeckung der Freisinnigen, die die Vorlage doch ablehnen und dies ihren Wählern plausibel machen wollten. Der Flottenverein habe Großes geleistet, aber direkte Einwirkungen auf dieses Haus sollte er allerdings unterlassen. Abg. Mommsen (freis. Verg.) erklärt, seine Freunde stimmten der Vorlage, wie sie sei, ohne Zögern zu, da die sachliche Notwendigkeit nachge- wiesen sei. Die gesetzliche Bindung ermögliche, wie die Erfahrung lehre, eine ruhige Entwicklung der Flotte und habe das Gut«, für eine ganze Reihe von Jahren die Debatte über die Größe unserer Flotte und unserer politischen Verhältnisse auszuschaltcn. Di« Schülersammlungen seien nicht zu billigen. Die finanzielle Frage sei durch seine Freunde längst erledigt. Sie hätten immer auf direkte Reichssteuern hingewiesen, auf Einkommen- und Vermögenssteuer. Sie glaubten auch, daß der Einspruch der verbündeten Regierungen dagegen auf die Dauer nicht aufrecht erhalten werden könne. Redner schließt, er glaube, daß die Regierung nicht mehr gefordert habe, als sie brauche, und er hoffe, daß nach Annahme der Vorlage die Flotte ein gutes, brauchbares Werkzeug zur Verteidigung des Vaterlandes sein werde. Staalsminister Freiherr v. Rkeiodabc« äußert sich entschieden gegen den Antrag Ablaß. Die ver bündeten Regierungen hätten schon in die Reichs- crbschaftSsteuer gewilligt. ES hieße ihnen nun zu- muten, die Wange für einen Schlag hinzuhalten, wenn man ihnen jetzt noch die Vermögenssteuer zumute. Wer wolle, daß die verbündeten Regie rungen in die Erbschaftssteuer willigen, dürfe ihnen nicht jetzt noch mit solchen Forderungen kommen. Abg. Büsing (natl.) verteidigt Mommsen gegen- über die Steuerkommission. Abg. Brüh» (Antis.) tritt für die Vorlage ein. Abg. Bebel (Soz.) bekämpft nochmals die Vor lage und die ganze Flottenpolitik. Wirtschaftlich viel nützlicher wäre eine gute Handelspolitik, und vor allem eine gute Bündnispolitik. Wenn zwischen England und Frankreich habe eine Entente hcrge- stellt werden können, so hätte es auch uns möglich sein sollen, mit Frankreich in ein besseres Verhält nis zu kommen. Ganz hinfällig sei der Hinweis auf die Beschäftigung, die den Arbeitern durch die Vorlage erwachse. In einem Staate, wie ihn die Arbeiter wünschten, würden sie genug Arbeit haben mit dem Bau von Schulen, Krankenhäusern, wie von Palästen (Heiterkeit), Hochschulen, landwirt- schastlichen Lehranstalten usw. Abg. v Oldenburg (kons): Mit England könnten wir freilich in bezug auf die Flotte nicht !onkurrieren, abeP unsere Flotte müsse mindestens o stark sein, daß England bei einem Kriege mit int Gefahr laufe, seine Vormachtstellung zu ver lieren. Er persönlich hoffe und wünsche, daß sich auf unserem Siegesplatze noch einmal ein Denkmal mit Schiffsschnäbeln erhebe. (Heiterkeit.) Die Abstimmung über den Antrag Ablaß ist auf Antrag Müller-Sagan eine namentliche. ES timmen 63 mir Ja, 95 mit Nein, 5 enthalten sich der Abstimmung. Das Haus ist sonach be schlußunfähig. Sächsischer Landtag. Dresden, 27. März. In der Erste« Kammer führten heute die beiden EtatSkapitel der RegierungS- blätter „Dresdner Journal" und .Leipziger Zei- tung" zu einer längeren Debatte, auS welcher her- vorging, daß man mehr der Not gehorchend als dem eignen Triebe sich mit den von der Regierung auf Grund der Stimmung in der Zweiten Kammer getroffenen Einschränkungen als vorläufig einver- standen erklären will. Der Berichterstatter Dr v Wächter legte dar, daß «S das Allerschäblgste sei, einer Zeitung daS Aeußere so zu beschneiden, wie es mit dem .Dresdner Journal" erfolgen solle. Die Deputation schlagt deshalb vor, den Haupt titel „Dresdner Journal" beizubehalten und al- Untertitel „König!. Sächs. TtaatSanzeiger" zu wählen. Im übrigen ging au- der Debatte, an welcher sich noch die Kammerherren Dr. v. Frege und v. Schönberg-Mockritz beteiligten, ganz deutlich hervor, daß die „hohen" Herren dem Zeitung-- betriebe doch zu fernstehen, um ein zutreffende- Bild der Entstehung und der Existenz einer Zeitung geben zu können. Dasselbe läßt sich vor allen Dingen aber auch von der Beurteilung sagen, die einige der Herren der Presse im allgemeinen wid men zu müssen glaubten. Nachdem Geheimrat Dr. Schelcher die Ansichten der Regierungen kund- gegeben hatte, wurden die Kapitel genehmigt, das erste einstimmig, da- letzte gegen 10 Stimmen. Dann erledigte daS Hau- noch eine Reihe weiterer unwichtiger Etatkapitel und Rechenschaftsberichte. In der Zweiten Kammer verursachte zunächst das Dekret über den Umbau der Dresdner Augustus- bcücke eine längere Debatte. Abg. Kunath-Dre-den entdeckte zwei Seelen in seiner Brust, eine konserva tive Landseele und eine gute Stadtseele. Die Vor lage erscheine ihm wie ein verspäteter Partiegast, den man mit „I schönen guten Morgen, du kommst ja recht späte!" begrüße. Er glaube nicht, daß der Staat der Stadt „das Fell über die Ohren ziehen" wolle, aber dieser habe die Macht, und man wisse ja, wer die Macht habe, habe auch daS Recht. Das Abkommen mache den eingt fleischtesten Grund- und Bodenspekulanten alle Ehre; Sachsen besitze in seinem Finanzminister und dessen Räten eminente Geschäftsleute. Abg. Dr. Vogel meinte, für die Stadl sei das Geschäft recht zweifelhafter Natur, für den Staat ein glänzendes. Ander- als die städtischen Abgeordneten stellten sich die länd lichen Abgeordneten, wie Günther, Hähnel, Nudelt, die den Vertrag lebhast anerkannten. Finanz- Minister Dr. Rüger ging ebenfalls näher auf die Angelegenheit ein, worauf schließlich in Vor- und Schlußberatung daS Dekret genehmigt wurde. Weiter gab es dann lange Auseinandersetzungen beim Etatkapitel des Meteorologischen Instituts, das von den in der Kammer fitzenden Landwirten wegen des verspäteten Eintreffens der Prognosen scharf angefeindet wurde. Abg Dr. Rühlemann trat dem Regierungskommissar Geheimrat Dr. Hallbauer lebhaft zur Seite, doch mußte er sich seiner Aussühiungen wegen die Bemerkung des Abg. Andrä gefallen lassen, daß er vom hohen Katheder heruntersteigen möchte, eS käme ihm nicht zu, d«n Landwirten weise Lehr«« zu erteilen. Schließlich fand der Etat der LandeSanstalten Er ledigung, nachdem noch zuvor die Abgg. Bär, Donath. Glei-berg, Dr. Spieß, Günther, Ullrich usw. Wünsche und Anregungen mancherlei Art vom Stapel gelassen, und der RegierungSvertreter Geheimrat Dr. Apelt darauf geantwortet hatte. Nach mehr als fünfstündiger Tagung wurde die nächste Sitzung auf morgen 10 Uhr anberaumt. 7. öffentliche Stadtverordneten - Sitzung vom 27. März 1906, abcudtz 8 Uhr. An der gestrigen Stadtverordneten-Sitzung, zu welcher auch der Raum für das Publikum dicht gefüllt war, nahmen 21 Herren Stadtverordnete teil, während am Ratstische die Herren Bürger meister Dr. Polster, Stadträte Bohne, Anger, Zeißig, Börner und Bernhardt erschienen waren. Den Vorsitz führte in Abwesenheit des Herrn Sladtverordneten-Vorsteher- Fabrikbesitzers RevSlob Herr Sladtverordnetenvizevorsteher Herm. Schellen berger, der die Sitzung kurz nach 8 Uhr eröffnete. Zu Punkt 1 der Tagesordnung Ke««tnt»«ahme« nahm man zunächst von dem Ergebnis der Nah- rung-mitteluntersuchung durch Herrn Chemiker Dr. Scheitz, die zu verschiedenen Ausstellungen Anlaß gegeben hat, Kenntnis. Weiter waren Emladungk«