Suche löschen...
Dresdner Journal : 10.07.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186007102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-07
- Tag 1860-07-10
-
Monat
1860-07
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 10.07.1860
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbonvriarLlsprrift: lillirliel»: ü Idir. 10 8'xr. io »ociuoo. l lm Loiloaä, >/,jübrl.: 1 „ 10 „ „ „ 1 tritt ?o»t ooä >lu»Ltliob io Vro-Uso: 1!) Kxr. f Ltewpelru- Lioreloo Xuwwero . 1 Xxr. 1 rcdlox dioro. Inserateuprris«: kür äeo k«um «iovr Ee»p»it«o«o 2«il«: 1 Kzr. lllntor „Lioxssooat" äis 2«ll«: 2 liUr. Lrschriuru: liixlieb, mit Xoiookw« ä«r 8onu- noä k,i«rt»E«, ^d«oä» Ntr ä«o kolx«oä«o l'oss. DresdnerMumal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Insrratrnannahme auswärts: I-oipiig: k«. Soxxvsrerrrii, Ooinn>i»8>onUr ä«s Oressoer Oournali«; ebe»«tit»elbi,t: tt. Uvvxro; Xltoo»; II^<»LXs^d:i«< L Vvol.ro; L«rUo: U»oi-tt!i'sotio tjuclili-, liri»orrro » Lureru; Lrsmso! L. 8oitt.orril; krLolckutt ». «l.: ^rror»'»lkv Kul-Iilloiläliin^; Lülo: ^vvl.» U.vorrrr; k»ri»: v. ^.üdvrorrl.» (28, rue llv» do»» eukoos); kr»^; V». kuirl-icu« ItlttllliniiiIIinix. Herausgeber: Ki-oigl. Lrpeclltioo ä«s Oresünor llourv»!«, Ors»6«o, dli»rien»tr«»se dir. 7. (Amtlicher Theil. Dre-den, 4. Juli. Se. König!. Majestät haben ge ruht, dem Schloßzimmcrmeister, Stadtrath Johann Trau gott Zwiesel in Bautzen, die zum Verdienstorden ge hörige Medaille in Gold zu verleihen. Nichtamtlicher Shell. Uebersickt. Zeitm»g-schau. (Kölnische Zeitung. — Preußisches Wochenblatt.) Tagesgeschichte. Wien: Dementi. Vermischte Nachrich ten. — Berlin: Bürgerliche Offiziere. Pastoralcon- ferenz. Beschwerde zurückgewiesen. Kaiser von Ruß land nicht erwartet. Dänische Note beantwortet. Kriegsminister zurück. — Eisenach: Hohe Reisende. — Darmstadt: Präsident v. Lepel -j-. — Frank furt: BundeStagSsitzung. — Paris: Nachruf. Be aufsichtigung der Feuilletonromane. ChalonS - Metzer Eisenahn. Vermischtes. — Turin: Der Dampfer „Utile". Handelsminister. Canofari nach Paris. Neapolitanische Emigranten. — Modena: Markt tumult. — Madrid: Die CorteS geschlossen. — Proclamation Don Juan's. — (London: Aus dem Parlamente. Lord Palmerston'S Resolutionen ange nommen. — Teheran: Expedition gegen die Turk- manen. Gesandtschaft nach London. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Chemnitz. Meißen. Bautzen. Löbaü. Crimmitzschau.) Gerichtsverhandlungen. (Dresden.) Vermischtes. , Statistik und Volkswirtschaft. Feuilleton. TageSkalender. Inserate. Börsen nachrichten. Dresden, 9. Juli. Eine neu« Parole scheint im „nationalen" Partei lager ausgetheilt zu sem, nachdem die Anklage wegen „Rhcinbundgclüsten" gegen die „Würzburger" einen zu offenbaren Mißerfolg gehabt hat, um länger als Hand habe der „nationalen" Parteiagitation gebraucht werden zu können. Jetzt wird von der „Kölnischen Ztg.", dem „Preußischen Wochcnblatte" und der geistes verwandten Presse dem deutschen Volke ein neuer Po panz gezeigt, der ihm die Bundesbcstrebungcn der Mit telstaalen verleiden und den Beweis liefern soll, daß die äußerste Beschränkung der Bundcsthatigkeit im höch sten Interesse der constitutionellen Rechte läge. Da die genannten Blätter diese neueste Wendung ihrer Partei taktik an den Artikel knüpfen, welchen daS „Dresdner Journal" über die Bedeutung der Fürstcnzusammenkunft in Baden brachte, so fühlen wir eine besondere Veran lassung, auch bezüglich dieser Parteianklagen gegen die Bundespolitik der Mittelstaaten das Wort zu nehmen. Wir meinen in der That, es sei leicht genug, das unbefangene Publicum gegen den Eindruck jener An klage zu sichern, denn es bedarf in dieser Sache nur des Hinweises auf geschichtliche Thatsachen und keiner Ent wickelung von Meinungsverschiedenheiten. Der Umstand nämlich, daß das „Dr.J." in dem oben be merkten Artikel die Erwartung aussprach: „wenn, wie der Prinz-Regent in Baden gesagt, Preußen auf eine Lockerung des BundcsbandcS nicht auSgche und die Zeit zu einer größer» Umgestaltung der Bundesverfassung noch nicht gekommen erachte, so würde sich auch Wohl daraus ergeben, daß die Bundesverfassung in gesicherter Wirk samkeit von allen Seiten erhalten und gegen eine syste matische Untrrwühlung überall geschützt werde" — ist von jenen Blättern zum Anhalte genommen, um daraus zu deduciren, daß das Sinnen und Trachten der Mittel staaten auf polizeiliche Maßregeln zur Niederhaltung jeder Entwickelung gerichtet wäre. Wie diese Blatter nun auch stets beflissen sind, eine einmal formulirte Anklage gegen eine Regierung in ein System zu bringen, wodurch dann sofort der gesammte Charakter einer Regierung — was sagen wir: einer Regierung, nein, einer ganzen Gruppe von Regierungen nebst dem ganzen Bunde, grau in Grau gemalt wird, so haben auch in diesem Falle die oben citirten Sätze deS Aufsatzes des „Dresdner Journals" als Motiv zu einer Parteidarstcllung dienen müssen, in welcher daS gesammte von den Mittelstaatcn auf Aus bildung der BundeSthätigkeit gerichtete und in mannich- fachen Anträgen zum Ausdruck gekommene Streben als ein „oberstaatspolizeiliches" System geschildert wird. Man rechnet dabei darauf, daß das Attribut „polizeilich" allein schon hinreichen werde, um bei dem Leser eine Stim mung hcrvorzurufen, die durch einige orakelhafte Worte über Congresse und Beschlüsse von Karlsbad und Aachen, sowie über die auf den Wiener Conferenzen entstandene Schlußacte zu einem Gefühl von Unheimlichkeit vor den Unterdrückungs-Tendenzen dieser bösen „Würzburger" ge steigert werden könnte. Wenn solche Partei-Manövers heutzutage wenig ge lingen, so liegt dies wohl zumeist daran, daß Aehnliches schon zu oft dagcwesen und der politische Nervenreiz eines an dergleichen Hautgouts gewöhnten Zeitungs- publicums schon etwas abgestumpft ist. Seit Jahr und Tag hat man nun von jenen Parteiseiten den deutschen Staaten, mit denen die preußische Politik nicht harmo- nirtr, nachgesagt: sie wollten ein Polizeiregiment errich ten, die Preßfreiheit vernichten, die Constitutionen illu sorisch machen oder ganz aufhcben, sie wollten mit dem AuSlande Bündnisse schließen, Preußens innere Ent wickelung verhindern, sein Ansehen in Deutschland er niedrigen, es um alle Macht und Selbstständigkeit „ma- jorisiren" — und wie noch weiter diese Art von An klagen lautet. Und doch sieht Jedermann das Gcgen- thcil. Die Presse ist frei, die öffentlichen Freiheiten sind gesichert, die Verfassungen sind keinen Eingriffen ausge setzt, der Ruf zur Vertheidigung deutscher Freiheit und Sicherheit findet das erste Echo in den Mittelstaalen, Preußens innere Entwickelung bleibt unbehelligt und am Bunde ist man Nichts weniger als schroff und weiß selbst kritischen Spitzen conciliant aus dem Wege zu gehen. Da ist es denn Wohl kein Wunder, wenn jeder neue Popanz, den jene Presse ausstopft, keinen rechten Schreck mehr Hervorrufen will. So wrrd es auch in diesem Falle gehen. Die öffentliche Meinung wird bald klar darüber sein, ob der Vergleich der jetzigen Bundespolitik der Mittelstaaten mit dem in den frühcrn Jahrzchendcn von den Großmächten dem Bunde vorgeschriebcnen und mchrentheils selbst aufgcnöthigten Repressiv - Systeme die geringste Ähnlichkeit aufweist. Die „Kölnische Zeitung" will jenes System durch Berufung auf die Beschlüsse des Aachener und Karlsbader Congrcsses, sowie auf gewisse Bestimmungen der Wiener Schlußacte charakterisiren. Sie vermengt dabci schon sehr verschiedene Dinge, und daß sie mit diesem Hinweise nur eine wenig überdachte Tirade gemacht hat, wird sich sofort daraus ergeben, daß ihr der Hinweis auf den „Aachener Congrcß" dabci mit untergrlaufen ist. Denn auf dem Aachener Congresse 1818 waren nur die Groß mächte vertreten, und von aus den Deutschen Bund be züglichen Dingen kam dort nur ein Punkt, der wegen der in der Bundesacte den ehemaligen deutschen Reichs ständen zugesicherten Stellung zur Sprache. Von „Poli zei" war noch keine Rede. Aus dem Karlsbader Con gresse 1819 war dies allerdings sehr bedeutend der Fall. Es wird heutzutage eine wohl von allen Staatsmännern getheilte Meinung sein, daß die polizeilichen Maß regeln, welche der Bund damals ergriff, dem namentlich unter der studirendcn Jugend sich kundgebenden unklaren Feuilleton. DaS Glück schenkt Nichts, leiht nur. Von /crnan Laballer-.*) (Horts, au« Rr. Iü7.) Ayacucho, was in der Sprache der Indianer „Feld der Tobten" heißt, war der Ort, wo zu Zeiten Karl's UI. der Indianer Tupac-Amaro die Fahne der Rebellion gegen das Mutterland aufpflanzte; sie wurde durch die Loyalität und Tapferkeit de» Generals Jose Lavalle unterdrückt, und in diesem selben Ayacucho, „dem Felde der Tobten", war e», daß im Jahre 1824 die spanische Herrschaft in diesem Theilc von Amerika unvermuthet und unglücklich endete. Der falsche Don Victor stellte sich mit seiner ge wohnten Frechheit dem General vor, welcher sich beeilte, den gut aussehenden jungen Mann in seine Reihen auf zunehmen, wo er bald vom Cadet zum Fähnrich avan- cirtr und sich bei allen Gelegenheiten durch Muth, Thätigkeit und Intelligenz auszeichnete. Er wußte sich bei allen Offizieren einzuschmeichrlir, welche auf freund schaftlichem Fuße mit ihm standen, und besonder» sich mit dem Obersten seines Regimentes gut zu stellen, einem Manne von großem Verdienst und Auszeichnung, der sich in Lima m,t einer reichen Frau vermählt hatte und eine liebenswürdige Familie, bestehend aus einer Tochter und zwei Knaben, besaß. Diese wurden von dem Caplan deS Regiments unterrichtet, welcher da» Vertrauen und die Freundschaft des Obersten genoß, weil er mit den Tugenden des Priester» und dem sanftesten, friedfertigsten Charakter die vortrefflichsten *) Xu« dessen „LulgewLhlten Werken", übersetzt von H. Wolf. Paderborn, Berlag von Ferd. Schbningh. Eigenschaften des Menschen und ein seltenes Wissen ver einigte. Seit einiger Zeit war Don Gaspar CamaS, welchen Alle den Pater Caplan nannten, in eine tiefe Nieder geschlagenheit verfallen, deren Ursache man wußte, aber über welche Alle schwiegen, als wenn sie mit instinkt mäßigem Wohlwollen hofften, daß auf die Stille das Vergessen folgen sollte. In kurzen Zwischenräumen hatte der Caplan, eine nach der andern, die traurigen Nachrich ten von der Desertion seines Bruders aus dem Dienste des Königs, von der Ermordung seines Vaters und von dem Tode des Rectors des Dominicanerordens, seines Onkels und Taufpathens, der ihn erzogen hatte und dem er Alles verdankte, erhalten. Tief erschüttert von diesen UnglückSsällen hatte der Pater Caplan nach Europa zurückkehren wollen, um sich in die Einsamkeit zurück zuziehen; aber die Bitten des Obersten und seiner Frau, wie die väterliche Liebe, welche er für die Kinder hegte, hielten ihn zurück. Manchmal spottet das Schicksal der Gerechtigkeit auf unverschämte Weise, und die Gerechtigkeit giebt sich be siegt, da ihr Reich nicht von dieser Welt ist. So bestätigte eS sich auch in der Geschichte, die wir erzählen. E» war nicht allein die Tapferkeit, welche Don Victor Guerra täglich neue Lorbeeren einbrachte, denn eS gab im Regiment« Viel«, di« eben so tapfer waren wie er, sondern eS war auch da» Glück, welches nie aufhörte, ihm Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, zu verschaffen, während e» sie Andern verweigerte. Das Glück war es, welches ihn sein Geld auf die Karte setzen ließ, welche gewinnen sollte; eS lenkte die Kugeln der Feinde von der Brust seines Schützlings ab; es inspirirte und stützte ihn; eS feuerte seinen mächtigsten Bundesgenossen, die Kühnheit, an; und war endlich der Hebel, welcher seine Carrier« beförderte. FreiheitSdrange erst eine Bedeutung gaben, welche nun mehr gefährlich werden konnte, weil sie in den Brtheilig- ten die Meinung von der hohen Wichtigkeit ihrer Be strebungen erzeugte und dadurch zu extravaganten Hand lungen politischer Schwärmer führte — wir erinnern nur an den Mord Kotzebur's und an den Mordanfall auf den nassauischen Präsidenten Jbell —, die hinwieder die Reprrssivmaßnahmen verstärken mußten. Wrll man aber nun unbefangen die Vorgänge von damals prüfen, so muß schon der Umstand, daß um diese Zeit in den Mmelstaaten, wo sich ein lebhafter Drang nach Verfas sungen zeigte — Nassau 1814, Württemberg 1815, Bayern 1818, Baden 1818, Hessen-Darmstadt 1820, während in Kurhcssen das Verfassungswerk damals noch an den alten Feudalständen scheiterte — das konstitu tionelle Staatsrecht gegründet wurde, beweisen, daß man aus diesen Seiten dem Drange nach Entwickelung anders zu genügen gedachte, als durch polizeiliche Repressiv- Maßnahmen. Es waren vielmehr die deutschen Groß mächte, welche ein System der letzter» Art in den Bund, unter mannichsachem Widerstreben der übrigen Bundes genossen, cinführten. Am meisten griff diases System in Preußen Platz. Die Turnvereine und Studentenver bindungen wurden untersagt, Jahn, Arndt, Weicker und Andere wurden verhaftet und das ganze Unter- richtswescn unter schärfste Controle gestellt. Der Con grcß in Karlsbad, August 1819, entsprach diesem Systeme, indem er die bestehende Censur ver schärfte und auf Druckschriften unter zwanzig Bogen ausdchnte, die Centraluntersuchungscommission in Mainz niedcrsetzte, der constitutionellen Entwickelung engere Schranken zog und den deutschen Universitäten eine straffe polizeiliche Ueberwachung verordnete. In diesem Sinne der Beschränkung der Preßfreiheit, des Vereinsrcchts und der Behinderung an Entwickelung constttutioncllcr Zu stände erneuerte der Bund noch mehrere Male seine Tä tigkeit, namentlich in den Jahren nach der Julirevolution. Was aber die Wiener Schlußacte anbetrifft, so kann sie zu nichts weniger als zu einem Beweise für ein vom Bunde der Entwickelung der Einzclstaaten gegenüber be obachtetes UnterdrückungSsyftcm dienen, denn — Dank sei eS den Einwirkungen der constitutionellen Staaten auf dem Wiener Congresse! — der Geist jener Acte zeigt im Allgemeinen einen der constitutionellen Entwickelung nicht abgeneigten Sinn, und man wird vergebens in der Schlußakte nach polizeilichen Maßnahmen gegen die Ent wickelung der Einzelstaaten suchen. Jndeß, auch gegenüber dem Systeme der Karlsbader Beschlüsse bleibt die Thatsache stehen, daß nach und nach alle Mittelstaatcn in Besitz constitutionellcr Verfassungen ge langten und daß diese Verfassungen gute Entwickelung nahmen. Es bleibt die Thatsache stehen, daß mehrere Mittclstaaten sich nur ungern dem absolutistischen und polizeilichen Systeme fügten, mit welchem die Großmächte den Bund beherrschten; — die Thatsache, daß trotz des Ein flusses dieses Systems auf den Bund in den Mittclstaa- tcn eine milde Censurpraris bestand und daß überhaupt die gesammte Fortschrittspartei die Partei der Mittel staaten gegen die Großmächte ergriff. Gegenüber allen diesen historischen Thatsachen, sowie gegenüber der unzweifelhaften Wahrheit, daß im Großen und Ganzen genommen auch während der neuern Ge schichtsperiode seit 1848 — nachdem einige legislative Ausschreitungen des Staatsrcchts auf milde Weise besei tigt waren — sich die Mittelstaaten frei gehalten haben von Extremen, daß in ihnen eine gleichmäßige constitu- tionelle Entwickelung vor sich gegangen ist und ein tole rantes RegierungSsyslcm geherrscht hat, das sich nicht den Einflüssen von Parteien accommodirte und unter dem die Preßfreiheit und alle sonstigen gesetzlichen Freiheiten Ge deihen fanden — und das Alles lange bevor die „neue Aera" von' den Parteien verkündet war —, gegenüber alle dem wagt nun die Parteipressc den Satz als glaubwürdig aufzusteÜcn, die Mittelstaatcn wollten am Bunde das,System der „Karlsbader Beschlüsse" zurücksührcn. Wo hat man in Dresden, München, Stuttgart rc. schon ein Wort wegen Wiedereinführung der Censur vernommen; wo Reden Es ist keine neue Wahrheit — deren giebt eS wenige —, daß der Erfolg den Personen Ansehen und den Unternehmungen Verdienst giebt. Wie Viele galten für einfältig, ohne cs zu sein! Wie Viele für verständig, ohne cs zu verdienen, nur weil es dem Glücke gefiel, der Gerechtigkeit zu spotten, wie wir cs eben gesehen! Und wie gescheidt sprach nicht auch jener Hans Altklug, als er seinem Verwandten Glück und nicht Wissen wünschte! Auf die Meinung der Menschen hat der Erfolg einen so mächtigen Einfluß, daß Der, welcher rcüssirt, unbedingt und albern gelobt, bewundert und gefeiert wird; wie Der, welcher nicht reüssirt, auf die Seite geschoben und verachtet wird; unterdessen lacht das Glück über das einfältige Menschen geschlecht, und die Gerechtigkeit beweint ihre Ohnmacht über die alberne Menge. Mehrere Jahre vergingen, in welchen der angebliche Don Victor eS vom Cadettcn zum Major brachte. Der neue Major blendete durch seinen Luxus, seinen Aplomb und seine Tapferkeit. Glaubte der Mörder, daß sein Ansehen in der Welt seinem unbestraften Verbrechen Amnestie ertheile? Wähnte er, daß die neue Stellung, welche er sich geschaffen, mit ihrem Glanze die dunkle, blutige Grube decke, aus welcher er sich sein Vermögen stahl? Glaubte er vielleicht, daß mit der Namcnsver- ändcrung er wie der Phönix neu entstanden und daß mit dem Namen des Verbrechers sein Verbrechen ansgc- löscht wäre? Hatte er ein Gewissen? Machte er sich Vor würfe? Hegte er vielleicht die unbestimmte Angst, daß das verborgenste Verbrechen entdeckt werden könnte? — Wir können c» nicht sagen; denn das sind Geheimnisse der Verworfenheit, die nur diese kennt. WaS wir aber glauben, ist, daß es Menschen giebt, in welchen daS Gewissen ruhig schlummert, wenn c» nicht durch die Angst geweckt wird; wenn diese, durch und Handlungen, die darauf schließen lassen könnten, daß die konstitutionelle Rechtsentmickclung gehindert, die gesetzliche Freiheit durch polizeiliche Reprcssivmaßnahmen unterdrückt werden sollten! Sind die mittelstaatlich-n und „Würzburger" Anträge auf eine Annäherung der wich tigsten Theile der Gesetzgebung, auf Schaffung eines Bun desgerichts, aus Revision der Bundcskriegsverfassung rc. derselben Art, wie Beschlüsse über Ccnsurverschärfungen, über Einschränkungen der constitutionellen Rechte und über Untersuchungscommissionen? Liegt nicht vielmehr in dem Streben der Mittel staaten, der Thätigkeit des Bundes eine freiere gemein nützige Entwickelung zu geben, das gerade Gegentheil von Dem ausgcdrückt, waS frühere Jahrzehnde in dem von den Großmächten gehandhabten Repressivsystem gekannt haben? Die Absichten, welche die Parteipressc hat, indem sie den Mittelstaaten vorwirft, jenes alte System wieder Her stellen zu wollen, sind uns ziemlich klar. Erstens will sie jedes Streben nach einer gesetzlichen und organischen Entwickelung des Bundes, wie es von Len Mittelslaaten ausgenommen ist, verdächtigen als Vorbereitungen zur Zurückführung in die Bundeszuständc der zwanziger und dreißiger Jahre. Sodann hat sie aber auch noch ein be sonderes Interesse daran, die öffentliche Meinung mög lichst reizbar gegen Alles, was wie Polizei aussieht, zu stimmen, um bei einem geeigneten Zeitpunkte mit desto größer»! Aplomb austreten zu können und gegen etwa nothwendige, wirklich dem Rechts- und Frciheitsinteresse des gesammten deutschen Vaterlands dienende Maßnah men der Regierungen, als gegen den Anfang einer Pe riode politischer Knechtung, die öffentliche Meinung mit Erfolg ausregen zu können. Man ist sich wohl be wußt feiten jener Parteipresse, daß die Bestrebungen des sogenannten „Nationalvercins", je offener sie, als auf den Umsturz des Bestehenden gerichtet, hervortreten mögen, doch die deutschen Regierungen veranlassen könn ten, im Interesse Aller gemeinsame gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Und während auf der einen Seite daS Auftreten der „Nationalvercins"-Bestrebungen immer herausfordernder gemacht wird, will man andererseits den Regierungen zum Voraus die Billigung der öffentlichen Meinung entziehen, wenn sie die Gesetze gegen den Ver ein anwenden. Gewiß aber wird sich die öffentliche Meinung auch darüber leicht aufklärcn lassen, daß, wenn den Be strebungen des Nationalvereins Ungesetzliches und im hohen Grade Gemeingefährliches nachzuwcisen ist, die Ergceifung gesetzlicher Maßnahmen gegen ihn etwa» durch aus Verschiedenes sein würde von der Demag-genricchcrei der zwanziger Jahre und den Behinderungen der Ent wickelung der constitutionellen und öffentlichen Rechts freiheit in den dreißiger Jahren. Gerade wir in Sach sen glauben in dieser Beziehung offener sprechen und ver trauensvoller denken zu sollen, als in mehrcrn andern Staaten, weil jene Partciagitation bei unS so gut wie keinen Boden gefunden hat, während der Regierung irgend Etwas, das einer Verfolgung ähnlich gesehen hätte, nicht zum Vorwurf gemacht werden konnte. Beide Er scheinungen legen dafür Zeugniß ab, daß der National verein für die sächsische Regierung, wenn sie denselben von ihrem partikularen Standpunkte aus betrachtet, kein Gegenstand erheblicher Beunruhigung ist. Im Interesse der deutschen Einigkeit kann ihr dagegen dessen Treiben nicht glcichgiltig sein; sie denkt aber dabei gewiß ebenso wenig an Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse als man bei Beschränkung der freien Gemeinden an die Wieder einführung der Inquisition gedacht hat. Tagesgeschichte. Wien, 7. Jul. Die „Donau-Zeitung" schreibt: Durch auswärtige Blätter ist die Nachricht verbreitet wor den, in der schweiz-savoycr Ncutralitätsfrage habe Oesterreich zwar zur Thcilnahmc an einer Confercnz sich bereit erklärt, jedoch der französischen Regierung die Sorge überlassen, für einen der drei von ihr vorgcschla- die Sicherheit, die That vor der menschlichen Strafe ver borgen zu wissen, und durch die Furchtlosigkeit vor der göttlichen Gerechtigkeit, welche aus dem Mangel an Glauben und Religion entsteht, fehlt, verkümmert das Gewissen, schlummert ein und stumpft sich ab. Aber cs giebt Augenblicke, wo Gott durch seine göttliche Barm herzigkeit cs aufrüttelt, erweckt und kräftigt. Einer dieser Augenblicke ist der — des Todes! Und dieser Augenblick schien für Don Victor Guerra gekommen zu sein, als man ihn auf einer Tragbahre von dem Schlachtfelde der Ebenen von Junin nach seiner Wohnung trug, die Brust von einer feindlichen Kugel durchbohrt. Nachdem der erste Verband angelegt worden war, be fahl der Chirurg, nach dem Caplan zu schicken, damit er dem Sterbenden die letzte Seelcnstärkung reiche. Dieser säumte nicht, alsbald zu erscheinen, und die Freunde und übrigen Offiziere traten in das Neben zimmer, um den Geistlichen mit dem Sterbenden allein zu lassen. (Forts, folgt.. C- Tkplih, 7. Juli. Frau Sophie Förster aus Dresden gab hier am 3. und 0. d. M. Gesangs-Conccrte und erntete beide Male den wärmsten Beifall. Die liebenswürdige Künstlerin ist im Besitze eines klangrcichen, frischen Soprans, und inniges Verständniß, warme Em pfindung und eine Kunstfertigkeit, welche die schwierigsten Aufgaben mit größter Leichtigkeit überwindet, einen sich bei ihr zum harmonischen Ganzen. Das Programm war ein sehr reichhaltiges, und fanden besonders die Taubcrt'- schcn Lieder lebhafte Ansprache; eines derselben war die Künstlerin so freundlich auf Verlangen zu wiederholen. Die hiesige Bade-Kapelle wirkte bei den Conccrten in lobenSwcrther Weise mit und fand ebenfalls ehrende An erkennung.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite