Volltext Seite (XML)
Voigtlän-ischer Anzeiger. Siebenundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. jährlicher Äbvnnementspreis für diese- Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die ZnsertionSgebühren mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß deS Raumes. — Donnerstag. AM 3. April 18S«. Friede! Die Kaiser und die Königin, Des langen Halers müde, Erwcichun ihren harten Sinn Unk machten endlich Friede. So wäre denn emlich der Friede am 29. paraphirt, d. h. be siegelt, und in sieben Exemplaren mit der in Diamanten gefaßten Adlerfeder am 30. Marz unterzeichnet. (Die Kaiserin ter Fran zosen hatte nämlich gewünscht, die Feber zu besitzen und zu be wahren, mit welcher der Friede unterzeichnet würbe, unb so wurde aus Galanterie gegen dieselbe eine Avlerfeder dazu bestimmt und diese vom Hosjuwelier in Diamanten gefaßt). Die Heere des Westens werden die ungastlichen Gestade deS PontuS verlassen, die Riesen- flotten zur Abtakelung in ihre Häfen heimkehren, die abberufenen Gesandten wieder freundlich empfangen werden. Der Handel wirb die gestörten Bahnen aufs Neue auffuchen und in demselben sich gesichert bewegen, Credit unv Vertrauen sich frisch beleben und heben, die Gewerbthätigkeit unv jede Kunst des Friedens einen ver jüngten Aufschwung nehmen. Das entsetzliche Blutvergießen hört auf, die unermeßlichen Opfer, welche der Krieg den Völkern mittel- und unmittelbar auferlegte, nehmen ein Ende. Wie singt der Dichter? „Schön ist der Friede! Ein lieblicher Knabe liegt er ge lagert am ruhigen Bach, und vie hüpfenden Lämmer grasen lustig- um ihn auf dem sonnigen Rasen; süßes Tönen entlockt er der Flöte, und das Echo des Berges wird wach, oder im Schimmer der Abendröthe wiegt ihn in Schlummer der murmelnde Bach." Alle Ehre dem Frieden, dem ersehnten, dem beglückenden! Wir wollen unsern Lesern auch die Friedensfreuden nicht vergällen; aber unsere Besorgnisse, unsere langen Zweifel, ob derselbe ein dauer hafter sein werde, oder ob ihn nicht das Bedürsniß des Augen blicks nur kümmerlich zusammengestoppelt, zusammengeflickt habe, und ob er nicht eben deshalb als ein fauler, unhaltbarer sich aus- weisen dürfte, wollen wir vorläufig nicht verschweigen. Louis Napoleon brauchte Frieden, er machte ihn, wie er seiner Zeit den Krieg machte, als er dessen bedurfte. Er hat Vaterfreu- den erlebt, will sie genießen und „das Kaiserthum ist der Friede." Seine Vatersorgen wären beinahe frühzeitig angegangen. Trotz der drei Gouvernanten und der drei Ammen, die „das Kind Frank reichs" hat, und von welchen letzteren jede monatlich 400 Thlr. bekommt, gewiß ein anständiges Ammengehalt! — ließ eine ohn- längst da« Kind fallen, glücklicher Weise ohne Schaden, wie dessen drei Aerzte, von denen der Entbindungsarzt das schöne Honorar von 26,000 Thalern erhielt, die beiden Hilfsärzte aber für ihr Danebenftehen jeder mit 8000 Thlr. abgefunden wurden, bestätigten, ^eberhauvt hat L. Napoleon, auf Anlaß der Geburt seines Erben, eine wirklich kaiserliche Freigebigkeit bezeigt. Alle Beamten des HofeS — und es sind deren eine hübsche Zahl — erhalten Heuer doppelten Gehalt -, jedes der 2000 Kinder in Frankreich, welche mir dem kaiserlichen Prinzen in gleicher Stunde zur Welt gekommen sind, bekommt 1000 Franks, etwa 250 Thlr., und ein Kind, das Söhnlein des jüdischen Kaufmanns Heidenheimer aus Fürth in Bayern, welches glücklicher Weise zu Paris in derselben Minu te geboren wurde, bis zum 20. Lebensjahre jährlich 2000 Franks, etwa 600 Thlr., ungerechnet der großen Summen für unzählige Arme; ungerechnet der drei Marschallsüäbe, welche dem Kaiserkinde zu Ehren an die Generale Randon, Bosquet unv Canrobert ver- theilt wurden; ungerechnet der zahlreichen Gefangenen, welchen die Freiheit geschenkt wurde. Da wirds fröhliche Gesichter gegeben haben, vielleicht hat ver Friede die Zahl derselben auf 35 Millionen vermehrt. Wie in Frankreich der kaiserlich-älterliche und der Frie- denshimmel, so hängt in Deutschland der Papierhimmel im Vorge fühle des Friedens voll Geigen. Das Gründen von Creditbanken mit unv ohne Zettel nach französischem Muster geht so flott, daß, wenn nicht Einhalt geschieht, es bald kein Städtchen mehr geben dürfte, welches nicht des Glückes, eine Mutter- oder Tochterbank zu besitzen, sich erfreuete. 3n Thüringen wenigstens ist zur Zeit noch Schwarzburg-Rudolstadt das einzige der dort so zahlreichen Staatchen, welches keine Bank besitzt, dann auch in Gotha ist ein solches „zeitgemäßes" Kind in der Geburt begriffen. Geschehen nicht Zeichen und Wunder, so müßte es mit Kräutern zugehen, wenn nicht auch diesen zahllosen deutfchen Papürgelvfabriken ein Zahr 1837 kommen sollte, in welchem, wie vamals in Amerika, die Hälfte des Bankenpapiergelves zu werthlosen Fidibussen wird. Mit ungeheuchelter Freude begrüßen wir dagegen ein Friedens- Unternehmen, welches zum Nutzen der ärmeren Volksklassen von einem Hrn. Rigaud in Frankfurt und dem Fürsten von Hohenloh- Oehringen ausgefuhrt wird. Diese Herren wollen nämlich den Ge- treiveüverfluß von Ungarn, dem Banat rc. in die stärker bevölkerten und stark verzehrenden Gegenden Deutschlands etappenweise heraus- bringen und legen zu diesim Zwecke auf dem Wasser- und Land wege vom Banat bis herein nach Deutschland an allen Hauptplätzen große mit einander in Verbindung stehende Getreidehallen an, um möglichst wohlfeiles Getreide nach Deutschland zu schaffen. Glick zu den wackern Unternehmern! Zeitungen Sachsen. Dresden, 30. März Abends 8 Uhr. Ein so eben erschienenes Extrablatt des Dresdner Journals bringt aus Paris die officielle Meldung, daß heute Mittag ^2 Uhr der Frieden unterzeichnet worden ist.