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Mbemuer Weiger und i Zeiütng für Seifersdorf, Groß- und Künölsa, Obernaundorf Hainsberg, Eckersdorf, Coßmmmsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. Nummer 2. Aekcmtmachung, die Hldesteuer betr. In Gemäßheit desstesetzes vom 18. August 1868 werden alle diejenigen Cwohner, welche Hunde besitzen, hierdurch aufgefordert, di bis spätestens den 10. Januar ds. Js. uu Bürgermeisterue anzuzeigen. Die Versäumniß dies Anzeige wird als Hinterziehuna der Hundesteuer angesehei und nach § 3 lind 7 des an- gezogenen Gesetzes init de dreifachen Betrage der Hunde steuer bestraft. Nach den lokalen Stimmungen sind an jährlicher Steuer für 1 and 8 Mark „ 2 .mde 20 „ . » 3 „ 40 „ für jeden »'eiteren Hemd i Mark zu entrichten. Die Berichtigung de Steuer hat gegen Empfang nahme der betreffenden Dike, welche am Halsbande des versteuerteil Hundes gut zuefestigen ist, bis längstens zum 31. Januar 1897 zu ziehen. Hunde, welche außeulb der Häuser, Gehöfte und geschlossenen Lokalitäten o>e die für das lausende Jahr gültige Marke am Halsban betroffen werden, sind durch den Caviller wegzufangen. Im Falle des Verluste der Steuermarke hat der Ler lustträger sofort eine neue sacke gegen Erlegung von 50 Pfennig allhier zu entnehm, Nabenau, am 2. Janic 1897. Der Bü^ermeister. Dienstag, den 5. Januar 1897. » . — - — Aus unserer Gegend. — Die Schwelle, welche das alte Jahr von dem men trennt, wird, soweit die Civilisativn reicht, auf lannichfache Art überschritten. Während der Eine im tgen Kreise der Familie das neue Jahr begrüßt, hat ein Aderer einem rauschenden Feste den Vorzug gegeben, ein -rittcr geht mit ernsten Betrachtungen dem neuen Zeitab- smitt entgegen und wieder ein Anderer liebt es, im fröh- lhen Freundeskreise die Sylvesternacht zu feiern. Zu hterer Art hatte sich denn auch der Turnverein I. erschlossen, indem er, seinem bisherigen Gebrauch folgend, M vergangenen Donnerstag eine gemüthliche Sylvester- f<er im Amtshofe veranstaltete, bei welchem nach einein Men Tänzchen in dem Augenblicke, wo der Glocken eherne Zuge den Eintritt der ereignißreichen Stunde verkündeten, uter dem flammenden Tannenbanm ein Sylvesterlied ge sogen wurde, nach dessen Schluß ein Vorstandsmitglied eiüge passende Worte sprach, worauf das von dem Wirth mt. Bowle gefüllte Trinkhorn kreiste und sodann die Ver losung der von den Theilnehmern gestifteten Geschenke bstann, wobei manch' komische Scene sich entwickelte und mchdem endlich die Freude verrauscht war, zogen die fröh- lsien Theilnehiner heimwärts um zu träumen von er- hcften freundlichen Bildern der kommenden Zeit. — Die Reservisten und Wehrleute werden bei event. Whttungswechftl darauf aufmerksam gemacht, daß sic jedn Wohnungswechsel dem Hauptmeldeamt des Bezirks- Konnandvs bei Vermeidung von Bestrafung zu melden haen. — Die 3. Strafkammer des königlichen Landgerichts Drsden verhandelte gegen den. am 19. März 1868 zu rss^zeborenen, schon vielfach vorbestraften un zuletzt in Näißlitz wohnenden Handarbeiter Benno ^Rowt Kaiser we<en der im 8 183 des Reichsstrafgesctz-> 10. Jahrgang. buchs erwähnten Sittlichkeitsvergehens. Infolge des frechen Leugnens des Angeklagten hatte sich die Vorladung einer größeren Anzahl Zeugen nothwendig gemacht. Nach den Ergebnissen der nicht öffentlichen Beweisaufnahme wurde Kaiser für schuldig erkannt, durch Vornahme unzüchtiger Handlungen öffentliches Aergerniß erregt zu haben. Das Urtheil lautete aus neun Monate Gesängniß und dreijäh rigen Ehrenrechtsverlust. — Ein verfehltes Leben. Vor wenigen Tagen trug man in Brüssel die sterbliche Hülle eines Deutschen zu Grabe, der es einst sich nicht hatte träumen lassen, daß er auf diese Weise, in schlichtestein schmucklosen Schrein und begleitet von kaum einem halben Dutzend Leute, seine Fahrt antreten werde. Es war der ehemals bayrische Offizier Freiherr v. Kreitmayer, den der Tod von einein bewegten Leben erlöst hat, das zuletzt nur von Elend und Jammer ausgefüllt war. Schulden halber hatte er schon früh die bayrische Armee verlassen müssen und sich nach Paris ge wandt, wo er in dem Prozeß Wilson, als Vertrauensmann der Madame Mmousin, eine bedeutsame Rolle spielte. Der Ertrag aus den „Gefälligkeiten", die er der Ordensver mittlerin erwiesen, war jedoch sehr unbedeutend und darum nahm er gern das Anerbieten Constans an, gegen eine einmalige Vergütung von 500 Francs Frankreich auf immer zu verlassen. Ausweisen wollte man ihn nicht, da Kreitmayer Vieles erzählen konnte, was gewissen Leuten recht unangenehm hätte werden können. Er war dann jahrelang Geschäftsführer in verschiedenen CircuS und VariÄötheatern Belgiens und Hollands und schlug sich schlecht und recht durch. Langwierige Krankheit brachte ihn dann an den Rands des Elends, dem er endlich erlag. Er war ein Mann, der, so versichert die „Deutsche Zeitung für Belgien", weit, weit besser war, als sein Ruf. (Nachdruck verbeten.) Meine offizielle Frau. Roman von Col. Rich rd Henry Savage. Die ofsicielle l erheirathing. Erstes Kpitel. Wir fröstelten alle in der'alten Wintemacht, während die knirschenden Räder durch die Ebenen Ostpreußens so eilig dahinrollten, daß Bauerhöfe, Dörfer, Wälder und Bäche, Moräste und Flüsse inwildem Tanz an uns vor- überzufliegen schienen. Unser Azug näherte sich dem un- wirthlichen alten Königsberg. In ihre Decken eingewickü, drückten sich die viel sprachigen Reisenden mollig i die rotheu Polster der kleinen Wagenabtheilungeu ud schlummerten, rauchten, brummten oder schwatzten unbemgen, wie es gerade die jeweilige Stimmung mit sich dichte. Von munen Reise gefährten hatte ich nur wenig sehen, da die Ouertheilung der kleinen deutschen Eiftubanvagen die Entdeckungs reisen un Zug, wie sie der Reiude in Amerika gewöhnt ist, unmöglich machen. Für die Abfahrt des Schllzuges von Berlin nach Petersburg ist die ungewöhnlicl Zett „zwölf Uhr Nacht" bestimmt, worin sich die vornehe Verachtung kuudgiebt, womit die bureaukratische Eiseahnverwaltung auf das Behagen des reisenden Publikuz herabsieht. In der letzten halben Stve vor der Abreise hatte ich eben noch Zeit gehabt, men Verwandten in Peters burg von meiner Abreise aus ierlin zu benachrichtigen und mir eine durchgehende Fahnte via Eydtkuhnen nach dem neuen Paris am Newastroe zu lösen. Uebrigens war eine Nacht in einem üp, ausgestatleten Wagen erster Classe keine große Spaze für einen alten Veteranen. Meine Rüstung für den Hall in Rußland bestand aus einem guten Reiseteppich, ein Packet der wenigst greulichen im Handel vorkomnde» Tabakfabrikate, ein paar Bänden Tauchnitz und, z Würze dazu, einigcn französischen Romanen. EinenvlMfüllten „Seelentrost" verwahrte ich in der Tasche mes warmen Ulsters. Es war Mitte Oktober, und die mgnen, steinigen Felder lagen kalt und erstorben im Mdscheine da. In meinem Coupee befanden sich außer miwch zwei hübsche, stramme russische Offiziere mit weißen, vcleHeschmückten Händen, die auf der Heimreise von Par becflffen waren, wo die Russen so gern ihren Urlaub Hülse». Nachdem ich es mir auf »man weichen, breiten itze möglichst bequem gemacht alte schlummerte ich bald n, während meine militärischeiGMrten mir gegenüber sichCigaretten drehten, über allerlei Einkäufe und Pariser Wpcr plauderten und sich über vaterländische Angelegen heit mit jener kühnen Freiheit äußerten, die der reisende Rus auswärts ft gerne zur Schau trägt und die ihm zu Hale unter dem eisernen Sccpter des „weißen Zaren" «nsanz unerreichter Luxus ist. Als der Mrzen dämmerte, fuhren wir durch die Festngswerke der alten Preußischen Krönungsstadt Königs- berc der letzten Huptstadt des Mililärstaates Preußen, nast der russische» Erenze hin. 'Nach dem Frühstück vertieften sich meine kriegerischen Reisgenossenossen n den Freuden des „Baccarat" und des ügarettcnrauheiis. Aus ihrer Unterhaltung entnahm ich ald, daß ich den Hauptmann Gregory Schewitsch und ven Lieutenay Ulcxis Michaelowitsch von der aller vornhmsten Waff, von der kaiserlich russichen Garde, vor mir mtte. In dem ihre Aktion eigenen guten Französisch plau derte! sie über alerlei landläufige Gegenstände, während das vechselnde Sjelglück vollends über alles nicht in Pari« verbliebene Taschengeld verfügte. Ihre Unterhal tung der ich, ansheinend in mein Buch vertieft, meine Aufmerksamkeit zw>a»dte, war von größtem Interesse für eine,! ausgedientei amerikanischen Offizier, der ihr roman tisches Vaterland m» ersten Mal besuchen wollte, und wahrend ich die lugwsiligen Blätter umdrehte, war ich ganz Ohr. UnterAndkrem erörterten sie auch die kürzlich erftlgte Ernennun siws wahren Ungeheuers von einem boshaften, schlauz Beulten zum Chef der russischen Geheimpolizei. Dieser Herr -freute sich, obgleich er nicht slavischer, sondern deutscher bstaxmumg war, einer selbst für ein despotisches Land »erhörten Macht; von seinem geheimen Lugaus in PeterMg traf die unsichtbare Hand dieses Machiavelli überä hin und sein hoher Rang, seine aus gedehnten Macht fungisse und sein hochwichtiges Amt verschafften ihm a-zeit freien Zutritt bei dem neuen Zaren, dessen erhabener inne ihm als Donnerkeil diente. „Gregory," gte Alexis, „ich habe gehört, die Nihi listen seien gegewirtig wieder sehr thätig lind arbeiten aus Leibeskräfte! daran, ihre durch Loris Melikoff zerstörte Post- un Telegraphenverbindung wieder herzu stellen." „Das stimul erwiderte Gregory, indem er seine Karten mit demgoldMigen Jnstinct eines schlauen Sclaven betracht!, „diese armen Teufel können nicht über unsere Gren ohne die höchste Gefahr zu laufen, lebenslänglich n, Sibirien geschickt oder zu noch Schlimmerem vertheilt zu werde». Der neue Polizei- Präsident ist so kg wie Bismarck und so schlau wie Vidocq." Nachdenklich drehte sich Gregory seine Cigarette und sagte: „Sie muffen jetzt verzweifelte Versuche machen, auf irgend eine noch nie dagewesene Weise herüber zu kommen, denn weil» es ihnen nicht gelingt, sich über neue Signale und eine andere Geheiinschrift zu verständigen, so müssen sie ihre Verschwörungen für immer aufgeben. Uebrigens haben sie eine Unmasse Geld und verfügen über einige sehr gewandte Unterhändler." „Das ist wahr," erwiderte der Andere und hob ab, „mein Onkel, der Gesandte, sagte mir, einige unserer Telegraphenbeamten gehören auch zu ihrer Verbindung und leisten ihnen ganz unschätzbare Dienste." „Nun, sie mögen so durchtrieben sein, wie sie wollen, der neue Polizeichef ist doch noch ein wenig scblauer und wird sie schließlich in eine Sackgasse treiben." „Vorausgesetzt, daß sie ihn nicht vorher ermorden," sagte Alexis und händigte seinem siegreichen Kameraden eine Handvoll zerknitterter Noten ein — mit einem unter drückten Fluch über sein Pech. Gregory lachte, während er die Rubel wohlgefällig betrachtete und einsackte: „Die Nihilisten werden kaum glücklicher sein, als Du, alter Bursche! Erinnerst Du Dich noch des hübschen Salons der Fürstin Trubetskoi in Paris?" Alexis lächelte und streichelte in Erinnerung an feine kürzlichen Eroberungen liebevoll seinen blonden Bart. „Nun," fuhr der Hauptmann fort, „manch dickes blaues Packet von Noten der Bank von Frankreich sind von der „Haute Direktion" in diese weißen, juwelen blitzenden Hände geglitten, denn die Fürstin liefert Ab schriften der nihilistischen Pläne — ja, man hat mir sogar erzählt, sie habe Dinge in Erfahrung gebracht, die in Bälde die Verhaftung der —" Mißtrauisch sah er nach mir hin und flüsterte seinem Gefährten einige mir unverständliche Worte ins Ohr. „Bei Sanct Wladimir," rief Alexis, „das ist ja das Frauenzimmer, dessen seit dem Tode unseres lieben, alten Kaisers die ganze Polizei vergeblich habhaft zu werden suchte? Na, die ist ein netter Bissen für den Henker, wenn man sie erst hat! Sie soll, wie man sagt, von engelhafter Schönheit sein." „O", stimmte Capitain Gregory mit einein lüsternen Ausdruck auf seinem tatarischen Gesicht bei, in diesem Falle wäre ich gar nicht ungern selbst „Io inLitro äo8 Paulos." Nun begannen die Offiziere sich zum Aussteigen fertig zu machen, denn wir näherten uns der letzten Grenzstadt. „Schafskvpfe, bald bin ich Eure widerliche, rohe Ge sellschaft los", dachte ich und vertiefte mich wieder in meinen Roman, denn ich hegte bei meinem Eintritt in Rußland nicht die mindeste persönliche Befürchtung. (Fortsetzung folgt.)