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Mittwoch. Eeipzig. Dic Zeitung er scheint mit Au»n«hine »e« Sonntag« täglich zwei mal iind wird auSgegebcn in Leip zig Bormittag« ll Uhr, Abend« 8 Uhr; in »retden A^end« 5 Uhr, Vormittag« « Uhr. Erste Ausgabe. Vormittag II Uhr. 4. Februar 1852. M 57. -— Deutsche Mgcmciuc Zeitung. Zu beziehen durch alle Post ämter tc« In- und Auslände«, sowie durch die lirpeditio- ncn in Leipzig l^nerftraje Nr. 8) und Dresden (bei S. Höckner, Neustadt, An der Brücke, Nr. 2). Girei« für da« Vierteljahr I Thlr ; jede einzelne Num- < mer 1 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Insertiontzgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Zur Zollfraqe. -s--j-Aus Sachsen, 2. Febr. Durch die Annahme des September- Vertrags in den hannoverschen Kammern ist die Tariffrage des Zollver eins das Interesse von ein paar Millionen Menschen mehr geworden. Die bedaüernswerthe Thatsache, daß dieselben vertragsmäßig dem bereits be stehenden Schuhzolltarife mit ssehr wenigen Ausnahmen unterworfen wor den sind, hat das einzige Tröstliche für sich, daß sie ein Gewicht mehr gegen den Tarif in die Wagschale legt. Es ist dies der große Unterschied zwischen einer Ausdehnung des Zollvereins nach Norden und einer nach Böhmen, z. B- wo die Herren Fabrikanten in der Handelskammer zu Rei chenberg auf rin mal entdeckt haben, daß der neue österreichische Tarif eine Lücke habe, nämlich die, „keine Nückzölle" festzusehen, in welchem Sinne sie nun an die Negierung petitioniren, obwol dieselbe keine zufällige Lücke gelassen, sondern bei den wiener Zollbcrathungen voriges Jahr den Fabri kanten ausdrücklich die Nückzölle abgeschlagen hatte. Unrecht haben die Fa- brikanten jedoch nicht, daß in das System des österreichischen Tarifs die Nückzölle ganz gut passen, denn ohne sie ist das Schutzsystem nicht voll ständig. Haben nicht die Nückzölle den schönen Beruf, die „Industrie", wie sich die größern Werkstätten par vxeollsnoo zu nennen pflegen, vor den Folgen der inländischen Concurrcnz zu schützen und den Herren Fa brikanten Gelegenheit zu geben, im Jnlande die durch die Verbotzölle staatsverbürgte Ausbeutung der Nation ungeschmälert zu genießen, selbst wenn sie im Falle sind, mit dem Auslande concurrircn zu können? Ist cs nicht offenbar „Schutz der Arbeit", daß der ärmste Tagelöhner seine Bedürfnisse thcurer bezahlt und dann noch irgend eine Steuer erlegt, Rück zölle zu geben, damit die Waaren ja nicht wohlfeiler werden? Das sind sogenannte Wohlthaten des Schutzsystems, welche die Verbindung mit Han nover nicht herbeiführt, während nach den Beschlüssen der reichenberger Handelskammer die Verbindung mit Oesterreich sie bei uns selbst wahrschein lich machen würde, um so wahrscheinlicher, als der Advocat der österreichi schen Zolleinigung in der augsburgcr Allgemeinen Zeitung neulich ganz ernst haft die hohen Preise der österreichischen Fabrikate als eine Lockung mehr für die Einigung hervorhob und eine Vertheuerung um 100 Proc. gerade als den Punkt bezeichnete, welchen den Verlust auf die Valuta zwanzigfach aufwiege. Von der Verbindung mit Hannover hoffen wir, daß überhaupt nicht ein Schutzsystem, sondern ein Finanzsystcm als der Zweck des Zoll vereins immer mehr zur Geltung komme und Alles, was diesem widerspricht, beseitigt werde. Diese Beseitigung wird freilich die österreichischen Projecte in ihrer gegenwärtigen Form zunächst treffen, sie wird aber für die Zoll einigung zwischen Oesterreich und Deutschland kein Hinderniß sein, sobald Oesterreich seine Finanzen ordnen will, wozu gar kein anderes Mittel als die Befreiung der österreichischen Völker von der Fabrikantensteuer und die Vermehrung der Staatseinnahmen durch Besteuerung des Handels, welchen das Schutzsystem nur verhindert, nöthig ist. Die Frcimüthige Sachsen-Zeitung hat freilich unsere Polemik für die Han delsfreiheit, als österreich-feindlich bezeichnet. Es beweist dieser Vorwurf nur eine Unkenntniß der frcihändlerischcn Richtung, welche wol hier und da nicht die des Projekts eines mit Volkswirthschaft unbekannten Ministers sein mag, aber niemals oppositionell oder feindselig gegen irgend einen Staat sein kann, weil die wahre Handelsfreiheit mit dem Eigenthumsprincip, auf wel ches jeder Staat gegründet ist, identisch ist und nur dessen Verletzung, die Be drückung aller Konsumenten zu Gunsten von ein paar Producenten negirt. Es ist die Handelsfreiheit aber gerade was Oesterreich anbctrifft vielleicht der öster reich-freundlichste Gedanke, der gedacht werden kann, und man hat, um dies zu begreifen, sich nur einmal ein Oesterreich ohne Zollgrenzen oder eins mit einem Finanzsysteme zu denken, welches die in- und ausländische Production gleich besteuert, und man wird dann nicht allein finden, daß unermeß liche natürliche Reichthümer, welche jetzt von dem Schutzzollsysteme erdrückt und erstickt werden, der österreichischen Finanznoth zu Hülfe eilen wür den, sondern man wird auch finden, daß cs gar kein allgemeines befriedi gendes Mittel, daß es keines gibt, welches so sehr geeignet ist den Kriegs zustand in Oesterreich endlich überflüssig zu machen als eben die „Handels freiheit". Wäre dem aber auch anders, so würden wir doch nicht den ge ringsten Beruf fühlen, irgendwelche schutzzöllnerischc Projecte zu unterstützen, weil sic heute aus Wien, ein andermal vielleicht aus Berlin kommen. Wir sind Sachsen und haben zunächst nur dessen Interesse vor Augen und die- ses läuft schnurstracks dem Schutzzölle entgegen. Deutschland. Die neuesten officiellen Mittheilungen der Oberpostamts-Zeitnng über die Verhandlungen der Deutschen Bundesversammlung betreffen die Sitzung derselben vom 2. Dec. 1851. Es wurde darin die bekannte Vorlage des allgemeinen österreichischen Zolltarifs durch den österreichischen Ge sandten überreicht; ferner der gleichfalls bekannte Beschluß in Betreff der Uebernahme der von der ehemaligen Nation alversa mmlung herrüh renden Objecte und endlich der Beschluß über die kaiserlich Leopoldinisch- Carolinische Akademie der Naturforscher dahin gefaßt, daß die Bundesversammlung sich nicht veranlaßt sehe, die Angelegenheiten der kai serlich Levpoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher in den Kreis ihrer Bcrathungen zu ziehen. Berlin, 5. Febr. In der Sitzung der I. Kammer fand zunächst die Wahl des Präsidenten statt. Zum Präsidenten wurde Graf Nittberg mit 87 unter 133 Stimmen gewählt, 14 erhielt Abg. Bauwstark. Zum ersten Vicepräsidenten wurde Abg. Brüggemann, zum zweiten Abg. Graf Jhenplitz mit 72 und 74 Stimmen gewählt; Abg. v. Bethmann-Hollweg hatte in beiden Wahlen 57 und 65 Stimmen. Hierauf ging die Kammer über einen Antrag des Abg. v. Kamp, etwaige Zusätze zur Eidesformel der Abgeordneten betreffend, auf Antrag der Commission zur Tagesordnung über. — Dem Vernehmen nach hat, wie der Magdeburger Correspondent schreibt, der commandirende General des 4. Armcecorps, Generallieutcnant v. Hedemann, um seine Entlassung gebeten. — Der Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Berlin vom 30. Jan.t Auf besondere Anordnung des Königs wird dieser Tage eine Anzahl junger Offiziere nach Paris gehen, um daselbst längere Zeit den Studien zu leben, hauptsächlich aber sich in der höhern Umgangssprache der feinen Welt zu vervollkommnen, sowie sich mit dortigen Kriegseinrichtungen und Ver- waltungssystcmen bekannt zu machen. Es soll aber dieser wissenschaftliche Besuch der französischen Hauptstadt nicht blos ein einmaliger und vorüber gehender sein, sondern ein durch Personenwechsel fortzusetzendcr, indem die Offiziere nach einem gegebenen Zeitmaße ins Vaterland zurückkehren, um andern Kameraden Platz zu machen. Die Zurückkehrcnden sollen haupt sächlich dann theils in diplomatische, theils in Lehrwirkungskreise versetzt werden, und die Zahl der ersten mit nächstem nach Frankreich abgehenden Militärs schließt daher auch sowol Edelleute als Bürgerliche ein. Beide Stände wurden aber zu dieser auf königliche Kosten auszuführcnden Unter nehmung nur nach einer strengen Prüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkei ten zugelasscn, und hoher Adel deckte hierbei keineswegs persönliche Unfähig keit. Dieses neue Institut ist jedenfalls von der veränderten Ordnung der Dinge seit dem 2. Dec. unabhängig, und cs soll vor längerer Zeit vom Könige hervorgerufen worden sein, nachdem er die Bemerkung gemacht, daß die Feinheiten und die Vollkommenheit der französischen Conversation nicht allgemein unter den jüngern Offizieren verbreitet sind. — Die Ostsee-Zeitung läßt sich aus Berlin schreiben: Aus glaubwürdi ger Quelle geht uns die Nachricht zu, daß zwar keine Mobilmachung der preußischen Armee stattfinden werde, jedoch der Antrag beim Bundestage gestellt sei, ein Bundescorps von 200,000 Mann an der französi schen Grenze aufzusiellen. Dieser Antrag soll von allen größern Staa ten unsterstützt sein und der Widerspruch einiger kleinern dürfte binnen kur zem beseitigt werden. * Posen, 1-Febr. Oberpräsident v. Puttkammcr hat vorgestern die am 14. Jan. erfolgte Wahl eines Demokraten zum ersten und eines Polen zum zweiten Vorsitzenden unscrs Gcmeindcraths annullirt und wird nun in folge davon am 4. Febr. eine Neuwahl statthaben, auf deren Ausfall man hier um so mehr gespannt ist, als der nationclle Charakter unserer Stadt dadurch gewissermaßen bedingt erscheint.— Der Oberpräsident v. Putt kammer ist gestern plötzlich, wie verlautet, infolge einer telegraphischen Berufung, nach Berlin abgcrcist, und seitdem ist hier allgemein das Ge rücht verbreitet, er sei für den Fall, daß der Minister des Innern, Hr. v. Westphalen, abgehen werde, zu dessen Nachfolger dcsignirt. — Die Maß regeln Ludwig Napoleon's gegen die Orleaniden sollen, wie nicht anders zu erwarten war, in Petersburg sehr böses Blut gemacht und die Sym pathien, die das dortige Cabinet für den französischen Präsidenten hegte, sehr abgeschwächt haben. Das ist begreiflich: Rußland unterstützte den küh- nen Präsidenten als Besieger der Revolution in Frankreich, nicht aber als Kronprätendenten; Rußlands Perspective ist überall die Wiederherstellung der Legitimität. Ludwig Napoleon scheint aber wenig Neigung zu der Rolle eines Monk zu haben, vielmehr ernstlich willens zu sein, die Erbschaft sei nes großen Oheims ohne Vorbehalt anzutreten. Unsere nächste Zukunft dürfte daher so unbedingt friedlich nicht ausschen. * Altenburg, 2. Febr. Unser Staatshaushalt bedurfte dringend einer wesentlichen Hülfe. Seit dem Jahre 1848 waren mehre früher der Kammer- und der Obersteucrkasse -«gewiesene liändige Einnahmequellen: