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MKdmfferNMüt Wilsdruff-Dresden Nr. 152 - 95. Jahrgang Donnerstag, den 2. Juli 1986 Drahtanschrift: „Tageblatt Postscheck: Dresden 26M Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WilSdrusser Tagcblall' erscheint werltags nachm 4 Uhr. Bezugspr. Monats 2RM. srct Haus, bet Postbestellung l,8V RM zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lg Rps Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu seder Zeit Be- .. . stellungcn entgegen Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt sUl WllsVrUfs U. 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Zur Zehnjahresfeier des Reichsparteitages Weimar. Vor der Feldherrnhalle war am 9. November 1923 der erste Aufbruch der deutschen Revolution gegen die Novemberschmach und Versailles in Verrat und Feigheit zusammengebrochen. Der Führer und seine besten Mit kämpfer waren vom Volksgerichtshof München verurteilt worden und saßen auf der Festung Landsberg. Zerschla gen schien die deutsche Bewegung, die die Fackel der Frei heit ^entzündet und vorwärtsgetragen hatte, bis die Schüsse auf dem Odeonsplatz sie verlöscht zu haben schienen. Ungeeignete Führer, nur vom Ehrgeiz beseelt, zerstörten die Gruppen hier und da im Lande. Ganz von vorn mußte angefangen werden, als der Führer an jenem Dezembermorgen kurz vor dem Weihnachtsfest 1924 die Festungszelle am Lech verließ. In zäher Kleinarbeit mußten die Reste der Partei gesammelt, geläutert und zu neuem Einsatz vorbereitet werden. Der Appell von Wei mar in den ersten Julitagen des Jahres 1926 sah die deutsche Freiheitsbewegung nach ihrer Um- und Reu organisierung zum erstenmal wieder im politischen Blick feld. Den Anhängern neue Kraft und neuen Glauben für den opferreichen, langwierigen Kampf zu geben und den Gegnern zu zeigen, daß die Schüsse des 9. November 1923 den deutschen Aufbruch nicht hatten ertöten können — das war der Sinn des ersten Reichsparteitages Weimar im Jahre 1926. In Weimar hielt der Führer den ersten Appell vor seinen Getreuen ab, der von neuem das Ringen um das Reich eröffnete. In jener Stadt, in der sieben Jahre zuvor die „sreieste Republik der Welt" ausgerufen worden war, Im Nationaltheater, auf dessen Vorplatz Rietschels Denk mal der beiden deutschen Dichterfürsten steht, hatte man den Geist von Weimar zitiert und spürte nicht, wie man eben diesen Geist mit Fußen trat, wenn man die lügen hafte Phrase mit lautem Wortschwall verkündete: „Das Volk ist frei! Das deutsche Volk regiert in alle Zukunft sich selbst." Die Hohlheit dieses Satzes wird am deutlichsten, wenn man die Erinnerung an jene Jahre des Zusammen bruchs heraufbeschwört. Vaterlandslose Gesellen artfrem der Herkunft und armselige Phantasten, umnebelt von volksfremden Ideologien, beherrschten das angeblich freie Volk, das sich selbst regieren sollte. Verzweifelte und miß- geleitete Massen gaben die Kulisse zu diesem volksverder benden Treiben. Während man in der Nationalversamm lung die Verfassung in endlosen Debatten formulierte, in deren Eingangsworten es heißt: „Das deutsche Volk ist von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Ge rechtigkeit zu erneuern und zu befestigen . . .", brandete vor den Toren des Nationaltheaters der Radikalismus der Unabhängigen und der Spartakusleute. Wo war das Reich der Freiheit und Gerechtigkeit? Gegen diesen falschen Geist von Weimar marschierte Adolf Hitlers Bewegung auf dem ersten Reichsparteitag in der Goethestadt. Weimar am 4. Juli 1926. Aus allen Teilen des Reiches waren die kleinen Trupps der Partei genossen herbeigeeilt auf den Ruf des Führers. Nicht mit unzähligen Sonderzügen, sondern mit „organisierten" Lastkraftwagen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Wochen lang hatten die Männer gespart, Groschen um Groschen beiseitegelegt. Tagelang waren sie marschiert durch sommerliche Hitze, hatten willig alle Strapazen und Mühen auf sich genommen, um an dem großen Appell teilnehmen zu können. Hatten auch den Schikanen getrotzt, die ihnen sozialdemokratische Oberpräsidenten bereiteten, kamen in „Räuberzivil", weil man ihnen das Tragen des Braun hemdes verbot. Und dann sind sie alle zur Stelle bei dem großen Appell im Nationaltheater, wo der Führer die Losung für den Kampf ausgibt und mit der Blutfahne acht neue Standarten weiht. Bei dem folgenden Reichsdele giertenkongreß proklamiert der Führer die neuen Parolen, spricht in einer grundsätzlichen Rede über „Politik, Idee und Organisation": „Zu allen Zeiten waren die Träger einer Idee in der Minderheit. Die gläubigen Träger der Idee aber müssen Form und Charakter einer Weltanschau ung, einer neuen Glaubensmission, einer fanatischen Hin gabe, die größer ist als das Beharrungsvermögen der anderen, vertreten, stärken und erfüllen... In einem neuen Symbol der Vermählung des Nationalismus und Sozialismus muß für uns die Zukunft liegen, die rassischen und staatlichen Grundlagen des kommenden Reiches." Am Nachmittab marschieren die Sturmkolonnen mit ihren Standarten und Fahnen durch die Straßen der Goethestadt. Zehntausend Männer — ein kleiner Haufe gegenüber den Massen des Gegners und den Riesen- formaticmen der späteren Parteitage, eine Minderheit, aber darum Träger einer Idee, Rufer des Reiches in feiner dunkelsten Zeit, Garanten einer größeren Zukunft. Deutschland horcht auf! Nun war es nicht mehr mög lich, den Nationalsozialismus totzuschweigen. Mochte auch die judenhörige Presse eine Flut von Lüge und Hetze über die Bewegung ausgießen, mochten Hohy und Spott und geringschätziges Mitleid der Idee Adolf Hitlers Ministerreden in Genf. Leon Blum sprach viel vom Krieg und wenig von den Mitteln, ihn zu verhüten. Nach der stürmischen Völkerbundssitzung am Dienstag, hervorgerufen durch die Rede des Negus, eröffnete der Präsident, der Belgier van Zeeland, die Mittwoch sitzung mit einer scharfen Warnung vor weiteren Ruhe störungen und drohte, andernfalls scharfe Maßnahmen zu ergreifen. Es sprach dann der Vertreter Kolumbiens, der sich bedingungslos zu den Grundsätzen des Völkerbundes bekannte, die, wie er sagte, gerettet werden müßten. Dann hielt der französische Ministerpräsident Blum die seit Tagen angekündigte Rede. Blum fprach sichtlich für sich und seine Politik. Er wandte sich gegen die Auf fassung, daß Frankreich womöglich zu einer Macht zweiten Ranges abgleite, was man behaupte mit einem Blick aus die Arbeiterbewegung in Frankreich und mit dem Blick auf die internationale Krisis. Wenn man behaupte, daß Frankreich am Beginn eines Bürgerkrieges stehe, so schätze man die inner- politische Entwicklung völlig falsch ein. Im Zusammenhang mit dem 7. März (der Wiederbe- setzung der Rheinlands durch deutsche Truppen) habe man von Frankreich eine militärische Antwort erwartet. Frank reich habe sich, statt zu mobilisieren, an die Garantiemächtc und an den Völkerbund gewandt. Wenn Frankreich zu den Waffen des Rechts znrückgegrifscn habe, so sei das kein Zeichen der Schwäche. Frankreichs Boden sei un berührt geblieben. Niemand dürfe sich jedoch täuschen, daß Frankreich zu allem bereit sei, wenn Frankreichs Grenzen angegriffen würden, oder wenn Grenzen von den Staaten angegriffen würden, denen Frankreich Sicherheit versprochen habe. Frankreich wolle unbedingt den Frieden, und zwar den Frieden mit all e n. Frankreich trete für den unteilbaren Frieden in Europa und in der Welt ein. Augenblicklich sehe man aber keine Welt in Frieden. 1914 habe man die Katastrophe der ewigen Angst vorge zogen. Frankreich verteidige heute mit allen Mitteln die internationale Organisation und die internationale Ge meinschaft im Interesse des Friedens. Frankreich habe die Absicht, mit allen Mitteln einen Krieg zu verhüten. Dafür komme nur die Anwendung des Paktes in Betracht, und wenn der Pakt zeitweilig bei seiner Anwendung Schwie rigkeiten bereitet habe, so sei das nicht die Schuld des Paktes. Es sei deshalb nichr eine Milderung, sondern eine Verschärfung der Völkcrbundssatzungcn nötig. Leon Blum glaubte dann aus den Erfahrungen mit dem Genfer Protokoll von 1924, das gescheitert ist, aus der Einberufung der Abrüstungskonferenz im Jahre 1932, die nichts geleistet hat, und ans der Erklärung gegen den Angreifer vom Oktober 1935, die der Völkerbund jetzt auf heben will, die Folgerungen ziehen zu können, daß man besonderes Vertrauen zur internationalen Organisation des Völkerbundes haben könne. Aus den bisherigen Ge sprächen habe er eine genaue Uebereinstimmung, wie Löon Blum ausdrücklich betonte, mit den „meisten der Mächte" festgestellt, mit denen Frankreich durch Paktverträge ver bunden sei. Leon Blum beschäftigte sich weiter mit der Rüstungsfrage und wandte sich gegen ein uferloses Wettrüsten. Heute, wo man die Möglichkeit eines Krieges hinnehme, müsse man alles tun, um den Frieden zu retten. Deshalb müsse man die K o l l e k t i v s i ch e r h e i t mit der AK rüstung verbinden und müsse statt des Wettrüstens ein: Wettabrüstuna zustande bringen. Man müsse entgegengebracht werden, es ließ sich nicht leugnen, daß die Fahne des Reiches von neuem entrollt war mit dem fanatischen Willen, sie nicht eher einzuholen, als bis der Sieg erfochten war. Das war sieben Jahre nach der Nationalversammlung, in der man sich bemüht hatte, den begangenen Verrat zu bemänteln, und wiederum sieben Jahre später wehte das Hakenkreuzbanner über dem neuen Reich. Erfüllt hatte sich das Wort des Führers, das er in der Verteidigungsrede vor dem Volksgerichtshof 1924 — die eine Anklage gegen das System und den falschen Geist von Weimar gewesen war — gesagt hatte: „Die Armee, die wir herangebildet haben, wächst von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde schneller. Ich habe die stolze Hoff nung, daß einmal die Stunde kommt, daß diese wilden Scharen zu Bataillonen, die Bataillone zu Regimentern, die Regimenter zu Divisionen werden und die alten Fahnen wieder voranflattern." Dieses Wort, gesprochen in der Stunde des scheinbaren Endes, fand seine erste Ver heißung auf dem Reichsparteitag Weimar 1926, um sieben Jahre später seine machtvolle Erfüllung zu finden. mit der Möglichkeit des Krieges rechnen, um den Frieden zu retten. Die Satzung des Völkerbundes lege diese Möglichkeit allen Mächten ohne Unterschied auf. Die Kollektivsicherhcit sei die Bedingung dafür, daß man mit friedlichen Mitteln die Sanktionen durchführen könne. Löon Blum kam schließlich noch kurz auf Deutschland zu sprechen und betonte, daß Deutschland durch eine Antwort zur Organisierung des Friedens beitragen werde. Vielleicht sei seine Rede von einem übertriebenen Idealis mus getragen, aber dieser sei zur Ueberwindung der Ge fahr notwendig. Er könne nicht glauben, daß irgendeine Nation sich der Probe, die für den Frieden sei, entziehen werde. Man müsse erreichen, daß die Völker beruhigt schlafen können. Anschließend sprach sich der Vertreter Panamas im Sinne des kolumbischen Delegierten aus. Die Neutralen forvern Dölkerburrdsreform. Die Vertreter von Dänemark, Spanien, Finnland, Norwegen, der Niederlande, Schweden und der Schweiz im Völkerbund haben in einer Erklärung zur Frage der Völkcrbundsreform Stellung genommen. Sie werfen die Frage auf, ob die Sicherheitsbe ft immun- gen noch gasreichen, und verweisen aut das Scheitern aller Äbrüstungsbestimmnngcn. Sic fordern Reform deS Völkerbundes, verweisen aber gleichzeitig auf die Schwie rigkeiten. Südafrika für die SaMonen. Der südafrikanische Delegierte Te Water machte in einer sehr formal gehaltenen Rede die Völkerbunds versammlung darauf aufmerksam, daß fünfzig Nationen unter Führung von drei Großmächten soeben dabei seien, einen Schritt zu tun, der den Völkerbund erheb lich zu gefährden geeignet sei und den Völkerbund auf absehbare Zeit diskriminieren würde. Seine Negie rung sei jedenfalls nicht bereit, irgendeine Erklärung dieser Art zu unterschreiben. Er habe vielmehr den Auf trag, mitzuteilen, daß seine Regierung nach wie vor bereit sei, die im Oktober festgesetzten Maßnahmen, also die Sanktionen, durch zu führen, und zwar weil nur dadurch der Völkerbund gerettet werden könnte. Eden: Keirib*Sanktionen, aber auch keine Anerkennung der Annexion. Nach dem Vertreter Kanadas, der für die Aufhebung der Sanktionen sprach, gab der englische Außenminister Eden die erste offizielle Erklärung in dieser Verhandlung des Völkerbundes ab über die Aufhebung der Sanktionen. Es liege im Interesse des Völkerbundes, über die An gelegenheit offen zu sprechen. Eden fuhr fort: Wir sind jetzt alle davon überzeugt, daß die von uns getroffenen Maßnahmen das von uns gesteckte Ziel nicht erreicht haben. Es ist nicht so, daß die Maßnahmen selbst ohne Erfolg ge wesen wären, aber die Bedingungen, unter denen wir zu arbeiten erwartet hatten, haben sich nicht eingestellt. Der Verlauf der militärischen Ereignisse und die be sondere Lage in Abessinien haben uns zu einem Punkt gebracht, an welchem die Sanktionen nicht mehr den Gang der Ereignisse in Abessinien ändern können. Wenn die englische Regierung irgendeinen Anlaß hätte, anzunehmen, daß die Aufrechterhaltung der Sanktionen oder daß die Verschärfung der wirtschaftlichen Maßnah men die ursprüngliche Lage in Abessinien wicderherstellen würden, dann würden wir unsererseits eine solche Politik betreiben. Angesichts der tatsächlichen Lage in Abessinien hält es aber die englische Regierung für unmöglich, der gleichen zu unternehmen. Nach unserer Ansicht könnte nur noch eine militärische Aktion dieses Ziel erreichen. Ich glaube nicht, daß unter der gegenwärtigen Lage in der Welt solche militärische Aktion als möglich angesehen werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich nur wiederholen, und zwar mit nochmaliger Betonung die Meinung wiederholen, die ich bereits im Namen der eng lischen Regierung ausgesprochen habe, nämlich, daß unter den bestehenden Umständen die Fortsetzung der Sank tionen keinen Erfolg haben kann. Gleichzeitig ist es die Ansicht der englischen Regie rung, daß diese Versammlung nicht in irgendeiner Weise die Eroberung Abessiniens durch Italien an erkennen kann.