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— Nr 245. — 20. October 1858. DrnW Mtmim Mmg. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu btjikhrn durch alle Pes!» ämter de« 2n- und Ai,«lande«, sewi, durch die «irpeditiun in Lripsig (Querstraße vtr. kj. Änsertionsgcblihr für de» Raum einer Zeile 2 Ngr. Mittwoch. Leipjig. Die Zeitung er scheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich nachmittag« für den folgenden Tag. Preil» für da» Vierteljahr I'/, Thlr. i jede einzelne Nummer 2 Ngr Deutschland. Hannover, 18. Oct. Ueber die Generalzollconfercnz berichtet die Neue Hannoversche Zeitung: „Der Geh. Oberregierungsrach Delbrück ist wieder hier eingetroffen, und werden daher die biSjetzt noch nicht zum Schluffe gediehenen Vorberathungen wegen Erweiterung des Zoll-und Han delsvertrags mit Oesterreich bei der hier tagenden Gencralzollconferenz ver- mnthlich in kurzem wieder ausgenommen werden. Da nach Nachrichten aus Berlin die daselbst unter dem Borsitze des Unterstaatssecretärs v. Pommer- Esche niedergesetzt gewesene Commission sich zu Gunsten einer gänzlichen Aus hebung der zollvereinsländischen Transitzölle ausgesprochen haben sott, so ist kaum zu bezweifeln, daß die königlich preußische Regierung sich nunmehr gleich falls für diese Maßregel entscheiden wird. *) Tritt aber Preußens gewich tige Stimme in dieser Beziehung auf die Seite der Staaten, welche sich schon früher gegen de» längern Fortbestand jener Zölle erklärt haben, so darf man sich wol mit einigem Grunde der Erwartung überlassen, daß auch die we nigen noch widerstrebenden Regierungen (angeblich nur Baden und Groß- herzogthum Hessen) dem übrigens allseitigen Verlangen nicht ferner entge- gentrcten werden." Preußen. ^Berlin, 17. Oct. Obgleich die Lösung in der besten Weise erfolgt ist, so dauert die Polemik in der hiesigen Presse doch noch immer fort. Wer sich nicht zufrieden geben kann, daS ist die allergetreucste Kreuzzeitung. Sie mäkelt an dem Titel des Prinz-Regenten. Sie will ihn nicht „Prinz-Regent", sondern nur „Regent" heißen' lassen. (Diese Frage ist bekanntlich durch die gestern mitgetheilten Verordnungen des „Prinz- Regenten" definitiv gelöst. D. Red.) Hat sie dieses Thema erschöpft, so springt sie zu der Versammlung des Landtags über und droht mit einer ge waltigen Opposition ihrer lieben Getreuen für den Fall, daß man die Zu stimmung der Landesvertrctung zur Bestätigung des königlichen ActeS, durch welchen dem Prinzen von Preußen die Regentschaft übertragen worden ist, für durchaus nothwendig erklären wolle. Es ist recht ergötzlich, zu sehen, wie daö liebe Blatt sich in seiner allergetreuesten Frömmigkeit also geberdet. Es möchte sich den Anschein geben, als wolle es die königliche Autorität vor der Nothwendigkeit einer zustimmenden Mitwirkung des Landtags ge wahrt wisse». Aber das herzlich erbärmliche Faß, in welchem die fromme und getreue Kreuzzeitung arbeitet, cs hat diverse große Löcher, durch welche man deutlich sieht, was in demselben vorgeht. Die Zustimmung des Land tags ist, vom strengen Standpunkte des monarchischen Rechts aus, aller dings nicht absolut erforderlich. Der Prinz von Preußen hat die Regent schaft angetreten kraft ves ihm von Gottes Gnaden angeborenen Rechts, und dieses Recht kann ihm ein verneinendes Votum der Landesvertretung ebenso wenig nehmen, als ein bejahendes und zustimmendes Votum es ihm geben kann. Das ist schon oft ausgesprochen worden, und es ist das be treffende Verhältniß überhaupt so einfach und klar, daß kein Wort darüber mehr verloren zu werden braucht. Aber auch ein anderes Verhältniß ist ebenso klar. Ist die Zustimmung des Landtags, dem dem Prinzen von Preußen angeborenen Rechte gegenüber, auch nur eine' Form, so hat diese Form doch auch wieder ihren großen und geradezu unschätzba ren Werth in dem Sinne, daß ihre Beobachtung als ein lautes Zeugniß gelten sott vor den; Preußischen Volke und der ganzen Welt: 1) daß das königliche Recht in der Verfassung nicht nur keine Beeinträchtigung, son dern im Gegeutheil noch eine weitere, vom ganzen preußischen Volke ge tragene Stütze findet, und 2) daß in Preußen die Verfassung in Zukunft etwas gelten soll, daß nach ihr, nur nach ihr regiert werden soll und dem strengen Gesetze. Die Majestät des Rechts und des Gesetzes soll in Preu ßen wieder zur Geltung kommen, und das ist der Wurm, welcher der from men und allergetreuesten Kreuzzeitung so sehr am Herzen nagt. Die Ver fassung soll von einer gewissen Partei nicht mehr-mit Füßen getreten, das Recht des Landes nicht mehr unterhöhlt, es soll, mit einem Worte, Lie von gewissen Leuten geschaffene Willkür und die mit dieser Willkür ver bundene Fäulniß für die Zukunst ein für allemal beseitigt und das alte 'ge sunde Rechtsleben in den Preußischen Staatskörper wieder zurückgeführt wer den. Das ist die große Bedeutung des verfassungsmäßigen Wegs, den der Prinz-Regent etngcschlagen, und daö ist der Grund, warum das preußische Volk mit gedoppelter Begeisterung dem geliebten Fürsten entgegcnjubelt. Das preußische Volk ist keine blöde Hce.rdc; eS weiß, daß Festigkeit der öf fentlichen Zustände, Sicherheit der gesetzlichen Freiheit, ungesälschtcs Recht und Gesetz die Grundlagen des preußischen Staats bilden, und es weiß daruür auch, daß, wenn unglücklicherweise diese Hciligthümer mehr oder we niger nicht mehr in ihrer ganzen Festigkeit und Reinheit dastehen, den Be dingungen der vaterländischen Macht und Größe ein großer Schaden droht. Von diesem höchsten patriotischen Gefühle legt das preußische Volk ein gu tes, erhebendes Zeugniß ab in seiner Freude darüber, daß die Lösung nicht in dem von der Kreuzzeitung erstrebten Sinne erfolgt ist. Daß die Kreuz *) Dies ist, wie gestern mitgcthcilt, nach der «Zeit» bereits geschehen. D. Red. zeitung sich hierüber sowie über alles Weiler zur Sache Gehörende ärgert, dazu hat sie, von ihrem Standpunkte, natürlich Ursache genug; aber darauf sollte daS fromme und allergetreueste Blatt doch wenigstens denken, daß eS sich, nachdem die Dinge doch einmal also liegen, nicht noch immer mehr und mehr der öffentlichen Lächerlichkeit Preisgebe. Sollte die Partei so ver blendet sein, die angedrohte Opposition wirklich zu machen, so wird die Kreuzzeitung Gelegenheit haben, sich zu überzeugen, wie hoch der Einfluß der Partei, in der Landesvcrtretung wie anderwärts, noch anzuschlagen ist. Die „Partei" wird sich wohl hüten, sich einer Blamage auszusetzen, die unvertilgbar wäre für ewig. Im übrigen sind die Mitglieder der Partei v. Gerlach bereits zu einer Vorbesprechung cingcladen. Mögen die Herren bei dieser Gelegenheit die Sache wohl überlegen. Mehrere Mitglieder der Linken und des Centrums sind ebenfalls bereits anwesend, wie die Herren v. Auerswald, v. Bardeleben, Gras Schwerin :c. Um übrigens das Bild von dem gegenwärtigen Treiben der genannten Partei, resp. ihrer Organe zu vervollständigen, ist schließlich noch auf einen Artikel der Berliner Re vue, der bekannten Filiale der Kreuzzeitung, hinzuweisen, in welchem es, in furchtbarer Verdächtigung der übrigen Minister, von dem entlassenen Minister des Innern v. Westphalen heißt: ohne Vermögen habe er LaS Ministerium übernommen und ohne Vermögen verlasse er jetzt dasselbe — darin aber unterscheide er sich zu seinem Ruhme von andern Staatsmän nern. Die Revue nennt hierbei die übrigen Minister nicht ausdrücklich, aber das, was sie sagen will, liegt nahe für jedes Kind. Das Preußische Wochenblatt gibt sich natürlich auch keinem Zweifel hin über das, was die Revue hat sagen wollen, und es fragt dann: -,Wer, der dieses liest, faßt sich nicht wie ein Träumender an die Stirn und fragt sich: von welchem Lande denn die Rede sei, ob von jenem Preußen, daö bisher mit Stolz der Integrität seines Beamtenstandes sich zu rühmen gewohnt war, oder etwa von Frankreich in jener vielberufenen Epoche, in der Epoche der Juli monarchie zur Zeit ihrer tiefsten Corruption!?" Die ministerielle «Zeit» fährt wegen dieser Frage furchtbar gegen daS Wochenblatt loS; sie erblickt in derselben eine Wendung, „welche an die cynischen Schamlosigkeiten der radikalen Schandblätter in der Sturmperiode des Jahres 1848 erinnert", und fordert schließlich das Wochenblatt ernstlich aus, „diejenigen preußische» Staatsmänner namhaft zu machen, welche sich während der Dauer ihrer Verivaltung durch unerlaubte Mittel bereichert haben, und diesen Proceß in aller Oeffentlichkeit weiter zu führen". Was uns billig wundern muß, daS ist der Umstand, daß die «Zeit» diese Apostrophe an das Wochenblatt rich tet. Versteht sich die von dem Wochenblatt aufgestellte Frage, nachdem man jene Verdächtigung in der Revue gelesen, nicht gewissermaßen von selbst? Wir geben zu, daß die Frage etwas minder scharf pointirt hätte ausge sprochen werden können; aber darauf kommt es am Ende nicht an, sondern lediglich auf die niedrige Verdächtigung der Revue, welche zu dieser uno ähnlichen Fragen nothwendig Veranlassung sein mußte. Die «Zeit» hätte ihre geharnischte Aufforderung also nicht an daö Preußische Wochenblatt, sondern an die Revue richten müssen. Mag das jedoch zwischen dem Preu ßischen Wochenblatt und der «Zeit» abgemacht werden; unö ist eS für heute nur dgrum zu thun, zu zeigen, welcher Art daö gegenwärtige Treiben in den Organen der allergetreuesten „Partei" ist. Sollte man es für möglich halten, vaß dergleichen in dem Organe der „konservativen" Partei xorr' gedruckt zu lesen sei? Liegt in dieser empörenden Verdächtigung wol etwas, was „an die cynischen Schamlosigkeiten der radikalen Schand blätter in der Sturmperiode des Jahreö 1848 erinnert"? ^Berlin, 18. Oct. Indem der Minister des Innern dem Bureauvor steher des Hauses der Abgeordneten die Bekanntmachung über die Stunde und den Ort der Eröffnung der beiden Häuser deö Landtags (20. Oet., mittags 12 Uhr, im Weißen Saale) sowie über den derselben vorhergehen den Gottesdienst mittheilt, zeigt er mit folgenden Worten zugleich an, daß der Prinz-Regent den Landtag selbst eröffnen werde: „Ferner benachrichtige ich Ew. Hochwohlgeboren, daß Se. königl. Hoh. der Regent, Prinz von Preu ßen die Sitzung des Landtags allerhöchstselbst zu eröffnen geruhen werden. Indem ich Sie beauftrage, auch hiervon die Herren Mitglieder in Kennt- niß zu setzen, veranlasse ich Sie zugleich, dieselben darauf ausmerksam zu machen, daß mit Rücksicht hierauf der Anzug für alle diejenigen Herren, welche Uniform haben, on ßulu, für Militärs der Paradeanzug mit Or densband und Schärpe ist." Im-übrigen sind bis heute Abend bereits ge gen 150 Abgeordnete hier eingetroffen gewesen. Die übrigen werden läng stenö bis morgen früh erwartet. Die Mitglieder des Herrenhauses waren bis heute Abend schon fast vollständig anwesend. Die äußerste Rechte will morgen eine Vorvcrsammlung halten. Die Führer aller übrigen Fraktionen sind über den cinzuschlagenden Geschäftsgang durchaus einig untereinander sowie auch in Bezug auf alle weitern Momente, die in Betracht kommen konnten. Man glaubt, daß die vereinigte Sitzung der beiden Häuser bereits am 21. Oet. stattfinden und daß biö zum 22. oder 23. Oct. die ganze