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Nr. 244. Leipzig. Preis 7». tvPf. Je»« «i»>«I»k ttu»»»«r »Vf. Dcutschc MgtMim Zeitung. bommdtvd, 18. Ottoß« 187». Zierate ft»» »» Vie Erpetitt»» t» »i tt»»«- I»s« It„,,«»»tzr «Wahrheit »ud Recht, Freiheit »ad vesetzl» Telegraphische Depeschen. * München, 16. Oct. Abgeordnetenkammer: Der Abg. Krämer referirte über die Regierungsvorlage, den Malraufschlag betreffend. Der Borschlag de« Refe renten, von einer GeneraldiScussion abzusehen, wurde ein- stimmig genehmigt und trat da» Haus demnach sofort in die Specraldrbatte über das Gesetz ein. Art. 1 desselben, welcher für die Verwendung de- zur Erzeugung von Brannt wein und sonstigen Spirituosen declarirten Malzes zur Birr- Lereitung verbietet, wurde, nahezu einstimmig angenommen. Ueber Art. 2 dagegen, welcher die Erhöhung des Malzauf- schlag« von 4 auf 6 M. ausspricht, entspann sich eine leb hafte Debatte. Vom Referenten Krämer wurde der Antrag des Ausschüsse-, die Beschlußfassung über den Aufschlag bi« zur Erledigung de« Budget« hinau«zuschi«ben, empfohlen. Der Finanzminister motivirte in einstündiger Rede die Vor lage und betonte die Nothwendigkeit, den Aufschlag auf 6 M. heraufzusetzen, weil sonst eine Erhöhung der directen Steuern um 60—80 Proc. unvermeidlich fein würde. Be züglich de« Einführungstermin- erklärte der Minister, daß, wenn der Aufschlag nicht mit dem 1. Nov. in Wirksamkeit trete, sich ein Ausfall von 8 Mill. M. ergeben würde. Der Abg. Vaillant stellte den Antrag, die geforderte Er höhung nur ki« zum I. Jan. 1882 zu bewilligen. Abg. Ruppert besprach die Borlage vom volkswirthschaftlicheu Standpunkte und empfahl den Ausschußantrag, während Frickhinger kür die Vorlage eintrat. Der Abg. Daller plai- dirte sür die Einführung einer Wein- und Branntwein- consumsteuer und sprach sich auch für eine Besteuerung d«« Kapitals au«. Der Abg. Freytag, welcher anfänglich für den Aulschußantrag gestimmt hatte, erklärt«, da die Vor lage der Regierung viele Freunde im Hause gefunden habe, werde er für den Entwurf stimmen^ Der Finanzminister bezeichnete den Antrag de« Abg. Vaillant für unpraktisch, würde jedoch nicht gegen denselben sein, wenn der Termin der Gültigkeit de« Aufschlag« bi« zum 1. Juli 1882 hin- ansgesetzt würde; di« Steuerreform werde in kürzester Zeit abgeschlossen sün; ein Branntweinsteuergesetzentwurf sei in der Ausarbeitung begriffen; eine Weinsteurr würde höchsten« S Mill. M. abwerfen; der Ertrag einer Eouponsteuer werde überschätzt. Dieselbe würde höchsten« 6 Mill. M. ergebt«. Hieraus wird die Sitzung auf morgen vertagt. * Straßburg i L-, 16. Oct. Der Schriftsteller vr. Ludwig Spach, Archivdirector und Honorar professor der hiesigen Universität, ist heute im 80. LebruHchtt.gestochen. ,. /- Ser»z 1L Oet. Marittey, der Bischof -vmr Lausanne, hat in Rom seine Entlastung eingereicht. (Köln. Z.) * Paris, 15. Oct. abends. Die in der deutschen Presse angeregte Idee einer Zollunion zwischen Deutschland, Oesterreich und Frankreich findet hier eine durchaus ungünstige und ablehnende Auf nahme in der Presst, soweit sich dieselbe bereits da mit beschäftigt. Die Blätter spielen die Frage auf das politische Gebiet über und meinen, wie der Mo niteur, daß eine ökonomische und Zollunion nie ge nügen werden, Frankreich den Verlust Elsaß-Lothrin gens vergessen zu machen, oder sagen, wie der Soir, Frankreichs Ehre und Würde verbieten ihm, in eine Zollunion mit Deutschland cinzutreten. — Dem TempS - zufolge hat Waddington im Ministerrathe betreffs der griechischen Frage gute Nachrichten mittheilen kön- nen, welche einen baldigen günstigen Abschluß der letz ter» erwarten lassen. * Bukarest, 16. Oct. vormittags. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer ergriff Blarem berg nochmal» daS Wort und betonte, daß die Oppo sition in der gegenwärtig verhandelten Frage keinen Feldzug gegen da- Cabinet unternehme. Wenn die Opposition nach der Regierungsgewalt gestrebt hätte, so hätte sie dieselbe bei der letzten Ministerkrisis er greifen können, bei welcher die Mission, ein neue» Cabinet zu bilden, mehrer» ihrer Führer angeboten worden sei. Schließlich machte der Redner dem Ministerpräsidenten Bratiano den Borwurf, die Inter essen Rumäniens auf dem Berliner Congreß schlecht vertheidigt zu haben. Der Ministerpräsident erwiderte darauf, er habe keine Kenntniß vorher davon gehabt, daß die Iudenfrage auf dem Congreß zur Verhand lung kommen würde. Im übrigen sei er überzeugt, daß da» Ergreifen der Initiative zu dieser Frage von feiten der rumänischen Regierung gefährliche Eonse quenzen für da- Land gehabt haben würde. Chitzu trat sodann für die Regierung ein. — Im weitern Verlaufe der Sitzung wurde von dem Minister de- Innern, Cogalniceanu, ein Gesetzentwurf betreffend die Unterstützung der durch die schlechte Maisernte subsistenzlo- gewordenen und von der HungerSnoth be drohten Individuen eingebracht. «Bukarest, 16. Oct. Die Deputirtenkammer versammelte sich auf den Wunsch der Regierung heute in den Sektionen, um die gestern eingebrachte Vorlage über die Unterstützung der nothleidenden Landbevölke rung in dringliche Berathung zu ziehen. Minister Cogalniceanu erklärt«, daß diejenigen Gemeinden uoter- stützt werden sollten, in welchrn kein Korn Mai- mehr vorhanden sei, da der Mai- die ausschließliche Nah rung der bäuerlichen Bevölkerung bilde. « Vien, 16. Oct. abend-. Meldungen der Politi schen Correspondenz. Au- Konstantinopel: „Da neueste Project einer Anleihe von 5^/,o Mill, ist in folge des Rücktritt« der O-m»nisch«n Bank von dieser .Ennchfimtioir gescharrt« — ALK Cettinj«: „Die montenegrinische Regierung laßt ununterbrochen Pro viant an die albanesische Grenze befördern." «Neugork, 16. Oct. Wie verlautet, hat der frühere Präsident Grant sich mit Genugthuung darüber geäußert, daß diejenigen, welche falschen und gefährlichen Finanztheorien huldigten, in Ohio eine Niederlage erlitten hätte». Da» Land habe viele Jahre hindurch bereits danach gerungen, gesunde finanzielle Grundlagen zu erlangen, eS sei daher ganz unverant wortlich, eine Herabsetzung des MünzwertheS anzu streben und den öffentlichen Credit zu beeinträchtigen. «Neuxork, 16. Oct. Nach weitern Wahlbe richten vermehrt sich die republikanische Majorität in Iowa um circa 5000 Stimmen, während sich die selbe in Ohio um etwa die gleiche Anzahl Stimmen verringert. Der sechste Berbaudstag deutscher Gewerk vereine zu Nürnberg. In der Hauptversammlung am 14. Ort. kam mau zu dem dritten Gegenstände der Tagesordnung: „Woher kommt es, daß die Gewerkverein-bewegung in Süd deutschland bisher zurückgeblieben und wa- ist dagegen zu thun?" Nachdem sich hierüber die Referenten, Herren Bey-Berlin und Rüssel-Nürnberg, geäußert, gelangte die folgende Resolution zur Annahme: Der sechste VerbandStag erklärt, daß zur schneller» Ent wickelung der Gewerkvereine in Süddeutschlaud die Agita tion stärker al« di«her, besonder« von den süddeutschen Mit gliedern zu betreiben und die noch so unklar« Auffassung über die Zweck« und den Nutzen der Gewerkvereiur nament lich zu beseitigen zu suchen ist: 1) durch Htrvorhebung dessen, daß tue Unterstützungskaffen allein durchaus unge nügend sind, um die gedrückte Lage der Arbeiter zu ver bessern, hierzu vielmehr in erster R«ihe die GewrrkvereiuS- organisation behufs Regelung und Schutz der ArVeit«v«r- hältniffe (Rechtsschutz, Arbeitsnachweis, HülfSgelder) noth wendig ist; 2) durch eifrige Dorlheile de» Berband-organ« und der Flugschriften, durch Gewinnung der Tage-Presse sowie durch thunliche Berücksichtigung der süddeutschen Ge wohnheiten. Sodann referirte Verband-revisor Bahlke über dea Stand der verschiedenen Kaffen, wonach in sämmt- lichen ein nicht unbeträchtliches Vermögen vorhanden. Hieran schloß sich da- Gutachten des Versicherungs- Sachverständigen Direktor» vr. Hillmer über die Ber- bandsinvalidenkaffe pro 1878. Die Berathung hier über wurde bis zur Erörterung der die Invaliden- kaffen betreffenden Anträge vertagt. In der NachmittagSsttzung wurde zunächst die fol gende, bisher zurückgestellte Resolution angenommen: Der VerbandStag erklärt sich ganz entschieden gegen alle auf Wiedereinführung de« alten Zunft- und Jnnnng-wesm« gerichteten Bestrebungen, wie solche in den geplant«» neu« Hamburg-berliner Innungen Ausdruck finden, während «r andererseits solche Jnnuog«verbäude, beziehungsweise Ge- werbevereine mit Genugthuung begrüßt, welche auf hi« Rechte uud Interessen der Arbeiter achten und da« Ein« vrrständniß Mit denselben erstreben. Der Berband-tag «r- blickt in den auf Stlbsthüls« beruhend«» Beruf«- und W«th- schasUgmofftnschastt» da« «uerlaßktch» Mittel zur FSrdt- rung und Hebung de« Handwerkerstände«. : Nunmehr schritt der VerbandStag zur Berathung de» wol wichtigsten Gegenstandes: Vorlage der prak tischen Commission und deS Anwalt» betreffend Vor kehrungen gegen Arbeitslosigkeit. Die Vorlage zerfällt in drei Theile: ») Arbeitsstatistik und Arbeitsnachweis, b) Beitragsversicherungskasse, v) Verbandskasse für Reisende und Arbeitslose. In der GeneraldiScussion stellte vr. Max Hirsch historisch fest, daß der Gedanke in dem jetzt vorgelegteu Plane bereits vor dem letzten Berbandstagc gefaßt, damals aber aus technischen Gründen zurückgest«llt worden ist. Inzwischen wurden Fragebogen an sämmt- liche Ortsgewerkvereine versandt, um eine Arbeits losigkeitsstatistik festzustellen. Diese Statistik ist die erste derartige in Deutschland, da bisher nur nach Leipziger Stadttheater. -«Leipzig, 15. Oct. Der gestrige Theaterabend brachte uns zwei Novitäten: eine solche können wir Cimarosa's komische Oper „Die heimliche Ehe" nen nen, die seit mehrer» Jahrzehnten hier nicht wieder gegeben war und mit ihrer Musik uns noch heute frisch anmuthet, und eine einaktige phantastisch-ko mische Oper unserS Kapellmeisters Mühldorfer: „Prin zessin Rebenblüthe", Text von Robert JonaS. Cima rosa's „Heimliche Ehe", das Hauptwerk de« überaus fruchtbaren, seinerzeit einen europäischen Ruf genießen den Componisten, welches 1792 zum ersten mal in Wien, und zwar 53 mal hintereinander, zur Auffüh rung gelangte, ist in neuerer Zeit wiederholt von ver schiedenen Bühnen wieder ausgenommen worden. Wenn eS nirgend» ständige Repertoireoper geblieben ist, so hat dies ohne Zweifel seinen Grund in dem an Unwahr scheinlichkeiten, ja Unmöglichkeiten (zu welchen die sckließliche Verehelichung de- Grafen mit der ihm durchaus unsympathischen Lisette gehört) reichen, viel fach läppischen, ungesalzenen Stoffe. Als musikalische Schöpfung ist die Oper ein Meisterwerk voll Leben, Geist und sprudelnder Laune, voll natürlicher Anmuth in den Melodien, in der Charakteristik oft voll schla gender Komik. Besonders wirksam sind die trefflich gebauten Ensemblescenen. Der Instrumentation ist trotz der beschränkten Besetzung des Orchesters ein überraschender Wohllaut nachzurühmen. Da» Ganze ist so natürlich lebensvoll, so schlank, daß man da» von Moritz Hauptmann in Bezug auf Rossini'« „Barbier" ausgesprochene Wort: man merke dabei die Tinte nicht, auch auf dieses Werk anwenden kann. In all den bezeichneten Vorzügen erscheint Cimarosa Mozart verwandt. Der Unterschied von diesem möchte haupt sächlich darin bestehen, daß Mozart'» Charakteristik allgemein menschlich vertieft ist, das allgemeine Mensch liche zum Hintergründe hat, während Cimarosa's Auf fassung spcciell den (in einem guten Sinne) leichtsin niger» Italiener kundgibt. Die Aufführung bot ein im ganzen lebendiges, gut ineinandergreifendcS Ensemble. Die sympathischste der drei Frauenrollen, die Karoline, fand durch Frl. Schreiber eine entsprechend edle, musikalisch fein gestaltete Darstellung. Die hochmüthige, boshafte Lisette und die altjüngferliche Fidalma wurden von Frl. Mon- haupt und Frl. Löwy in Spiel und Gesang gewandt und — abgesehen von dem von der Darstellerin schwer zu verbergenden, zuweilen zu jugendlichen äußern W-sen des Frl. Löwy — angemessen charakteristisch gegeben. Mit behaglicher Laune führte Hr. Wiegand die Rolle des Hieronymus Roms durch. Hr. Kästner als Paul Sander spielte gewandt und entledigte sich auch seiner musikalischen Aufgabe, die freilich noch mehr Tonfülle des Organs verlangt, in anerkennenSwerther Weise. Im Grafen deS vr. Basch hätte der Aristokrat mehr zur Geltung kommen können. In musikalischer Be ziehung bot er eine correcte Leistung. Nicht zu über gehen ist die lebensvolle, fein ausgearbeitete Leistung deS Orchesters, an dessen Spitze Kapellmeister Mühl dorfer stand. Die neue Oper „Prinzessin Rebenblüthe" hat mit der alten, die ihr vorherging, die Werthlosigkeit deS Textbuches gemein; aber während das Textbuch der letzter» wenigstens mit Geschick verfaßt ist, kann man auch nicht einmal diese Eigenschaft dem Sujet der neuen zuerkennen. ES handelt sich um eine kleinliche, irgendwelcher interessanten Pointe entbehrende Liebes geschichte, in welcher die Geister des Wein», an deren Spitze die Prinzessin Rebenblüthe, ein« vermittelnde Rolle spielen. Der Vorwurf des Ungeschicks trifft namentlich die Art der Verbindung der Geisterwelt, de- phantastischen Elements mit der Wirklichkeit. Mühldorfer'» Musik bietet einige gut klingende Lieder, ein ansprechendes Ballet und auch manche charakteri stisch wirksame Momente. Im ganzen vermißt man jedoch die rechte Ursprünglichkeit der musikalischen Em pfindung, an ihre Stelle tritt oft ein bloße» geschickte» Hantieren mit an sich für da» Gefühl interesselosem Material. Auch erscheint der Stil oft zu gewichtig, zu pathetisch für den allgemeinen Charakter des Stoffe». Auch scenisch am anziehendsten ist das Ballet der Wein- geister, dessen glänzendes Arrangement lebhaften Bei fall fand. Die dankbarste Partie hat die Prinzessin Rebenblüthe, welche Frl. Löwy mit vieler Anmuth gab; aber auch die übrigen Darsteller: Frl. Stürmer (Gretchen) und die Herren Wiegand (Wirth), Pielke (Fritz) und Schubert (Peter) setzten ihre besten Kräfte ein, um ihre Rollen zu möglichster Geltung zu bringen. Musikalisches auS Leipzig. """Leipzig, 17. Oct. Moderne Geistesströmung in klassischer Formvollendung ist einer jener Haupt- factoren der Beethoven'schen Werke, wodurch sie so mächtig ergreifend auf uns zu wirken vermögen. Da»