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Nr. S» — LO. Jahrgang TonnerSraft den Z6. Februar 1V11 Srschkiiit täglich nach». mii Ausnahme der Sonn- und Festtage. L»4a«b« 1 mit .Die Zeit in Wort und Vild- dierteljäbrlich M.I« In Dresden durch Boten 2 4« In ganz Deutschland frei Hau» 2,82 in Oesterreich 4,4» IO »atz,« ab« » ohne Mniirierte Beilage vierteliübrlich 1,8« Dresden durch Boten 2.1« X In ganz Deutschland frei US 2,22 in Oesterreich 4,«7^ - Tiuzel-Nr. 1« 4. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die Ngelpaltene Petttzetle oder deren Nanu! gnt 15 4- Reklamen mit 5« 4 die Zeile derechnel, bei «»sprechenden Rabatt, iyuchdriickrrei, Redaktion und weschäftSstellr: DreSdeu, Ptllui-cr Ltrahe 4». — Fernsprecher 1»«« gür Rückgabe unverlangt. 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Die Vertrauensmänner wählen die Beisitzer für den Vcrwaltungsrat, die Renten- ausschüsse, ebenso für die Schiedsgerichte und das O r- schiedsgericht. Der Verwaltungsrat wählt aus seiner M.lte wiederum den Verwaltungsausschuß. Die Rentenausschüsse, die in größeren Bezirken errichtet worden, sollen über die Nentenansprüche als erste Instanz entscheiden, auch Renten wieder entziehen dürfen; sie sollen Anträge auf Einleitung des Heilverfahrens entgegennehmen (aber nicht darüber entscheiden), und sie sollen endlich in Sachen der Angestell tenversicherung Auskunft erteilen. Die Hauptbemängelung, die diesen Vorschlägen gegen über eingesetzt hat, knüpft an die Tatsache an, daß in diesem System eine eigentliche Selbstverwaltung fast vollständig fehlt. Alle wichtigen Posten bis auf die Vorsitzenden der NentenauSschüsse, sogar bis auf deren Hilfsbeamtc herunter werden von obenhor ernannt; den direkt Beteiligten, welche die ganze Bcitragslast aufzubringen haben ohne irgend welchen Zuschuß des Reiches, werden nur begutachtende Funktionen zuerkannt. In diesem Punkto ist zweifelsohne die Verwaltung der österreichischen Allgemeinen Pensions anstalt eine wesentlich freiheitlichere. Hier haben die Ver treter der Versicherten nicht nur beratende, sondern entschei dende Stimme, die Anstalt ist ein unabhängiger Organis mus, der der Selbstverwaltung der Beteiligten untersteht. Sache der Beteiligten wird es ferner sein, zu prüfen, ob wegen der hohen Kosten, welche die neue Organisation verursacht, nicht etwa ein engerer A n s ch l u ß an dieVer - waltung der bereits bestehenden, gut funktionierenden Einrichtungen der allgemeinen Invalidenversiche rung möglich ist. Die Begründung bringt sechs ver schiedene Gründe dagegen vor. Der wichtigste liegt in dem Hinweise darauf, daß bei der neueu Standesversicherung die Berufsinvalidität, bei der allgemeinen Versicherung aber die Erwerbsinvalidität die Hauptgrundlagen der Versiche rung seien. Beides müsse auch, wenn keine Verwischung ein- treten solle, in der Verwaltung streng getrennt gehalten werden. Außerdem wird besonders betont, daß die Arbeits last der Landesversicherungsanstalten schon jetzt so groß sei, daß eine Erweiterung kaum angängig erscheine. Für das sichere Arbeiten der neuen Anstalt und für das Ausreicheu oder Nichtausreichen der Beiträge ist die Frage der Anlage der K a p i ta I b e st ä n d e von größter Be deutung. Die soeben erschienene Schrift Nr. 6 der „Rhei nischen Arbeitszentrale" (16 Pf. postfrei): Was bringt der „Entwurf eines Versicherungsgesetzes für Angestellte?", Darstellung und Kritik äußert sich hierzu wie folgt: Da fällt zunächst die Bestimmung auf, daß der Gesetz entwurf die neue Neichsanstalt zwingen will, mindestens ein Viertel ihrer Kapitalbestände stets in Reichs- und Staats anleihen anzulegen. Die übrigeil drei Viertel der Bestände sollen im allgemeinen in mündelsichercn ersten Hypotheken angelegt werden. Im übrigen wird dem Direktorium, vor- behältlich der Genehmigung des Reichskanzler, auch er laubt, bis zu einem Viertel des Vermögens auch ander weitig anzulegen, und zwar soll dies, wie das Gesetz sagt, „für Unternehmungen zulässig sein, die ausschließlich oder doch vorwiegend den Versicherten zugute kommen". Was damit praktisch gemeint ist, sagt die Begründung mit den Worten: „Hierzu würden u. a. auch Darlehen an Bau vereine gehören, die sich mit der H e r st e l l u n g b i l l i g e r und gesunder Wohnungen für Angestellte be schäftigen." Diese Absicht ist durchaus zu begrüßen, nur würde es wertvoller sein, wenn sie anstatt in der Begrün dung. im Gesetze selber stände; dann würden gegebenenfalls solche Bauvereine, wie sie z. B. für Lehrer und manche Arten non Staats- und Kommunalbeaiutcn bereits sehr gut wir ken. infolge dieser gesetzlich zur Verfügung stehenden Kapitalien weit zahlreicher als bisher bestehen. — Ist also diese Absicht zu begrüßen, so muß es doch Verwunderung er- »egen, daß man einen so großen Teil des Versichernngsver- mögenS der Angestellten für die Staatsanleihen mit Be schlag belegen will. Die Begründung muß selbst zugeben, daß es durch diese Vorschrift erschwert wird, den Zinsfuß von 3>/s- Prozent dauernd zu erreichen, den man den Berech nungen zugrunde gelegt hat. Sollte aber dieser Zinsfuß nicht erreicht tverden, so müßte eine entsprechende erhebliche Erhöhung der Beiträge eintreten. Die Begründung ver weist darauf, daß man neuerdings in der Reichsvcrsiche- rungsordnung auch die Träger der allgemeinen Invaliden versicherung zu einer solchen Anlage zu verpflichten sucht. Aber dort konnte das Reich sich noch darauf stützen, daß es alljährlich über 50 Millionen Mark an Zuschüssen zahlt. Bei der Angestelltenversicherung will es nicht den geringsten Zuschuß gewähren: es will weitgehende Aufsichtsrechte aus üben, und nun will es noch obendrein die Kapitalien der Angestellten dazu benutzen, den Kurs der Reichs- und Staatsanleihen zu stärken, die Zinserträge der neuen Reichsanstalt aber zu schwächen. Die Angestellten und ihre Arbeitgeber werden es sich wohl noch sehr überlegen müssen, ob sic Anlaß haben, diesem Versuche zuzustimmen. Die Frage der E r s a tz i n st i t u t e soll in einem Sonderartikel behandelt werden! Indiskretionen aus Reichstagskommissionen. In der Sitzung der Schiffahrtsabgabenkommission am Freitag hat der Staatssekretär v. Kiderlen Mitteilungen gegeben, die ausdrücklich als vertraulich bezeichnet wurden. Trotzdem waren schon Freitag mittag in der „B. Z. am Mittag" und Freitag abend im „Berk. Tagebl." Mit teilungen über die Rede zu lesen. Der Vorsitzende stellte in der Kommission fest, daß kein Mitglied der Kommission der Vorwurf der Indiskretion trifft. Der Abgeordnete, auf den die Veröffentlichung zurückznführen ist, hat sich unmittel bar nach der Sitzung bei ihm gemeldet. Dieser Abgeordnete hat als Zuhörer vorübergehend der Sitzung beigewohnt und ohne Kenntnis des vertraulichen Charakters der Er klärung darüber einein Journalisten auf dessen Frage Mit teilung gemacht. Nachdem er von der Vertraulichkeit der Erklärung Kenntnis erhalten hatte, habe er versucht, dis Benutzung seiner Mitteilung zu verhindern. So erkläre sich die Möglichkeit des peinlichen Vorkommnisses, für das die Mitglieder der Kommission nicht verantwortlich seien. Nun wird eine neue Indiskretion bekannt. Ein fran zösisches Blatt konnte sich damit groß tun, daß es Mit teilungen aus der Budgetkommission machte. Wie der Vor sitzende der Bndgetkommission am Dienstag feststellte, ist an diesen Mitteilungen an l, nicht ein Wort wahr, aber es bleibt doch bedauerlich, das; es Abgeordnete gibt, die den Mund nicht halten können. Zunächst muß es als sehr bedauerlich bezeichnet werden, daß ausdrücklich als vertraulich bezcichnete Mitteilungen über die auswärtige Politik den Weg in die Oeffentlichkeit finden können. Während e^ einem alten Branche entspricht, daß Abgeordnete siefreundete Zeitungen über Kommissions- Verhandlungen auf dem Laufenden halten, sind hiervon immer vertrauliche Mitteilungen ausgeschlossen gewesen. Ein einziges Mal wurde aegen diese Regel gefehlt, und zwar durch den sozialdemokratischen Abgeordneten Noske, der Mitteilungen über die auswärtige Politik einem Blatte mitgeteilt hatte. Sein Verfahren fand damals allgemeine Mißbilligung und wurde auch von der sozialdemokratischen Fraktion aufs schärfste verurteilt. Unsere Staatssekretäre haben die sehr lobenswerte Ge wohnheit, in den Kommissionen unter dem Siegel der Ver- lraulichkeit mit großer Offenheit auch über solche Dinge zu reden, die geheim gehalten werden müssen und deren Be kanntwerden das Reich schädigen könnte. Der große Vor teil solcher Mitteilungen liegt darin, daß die Abgeordneten dadurch in ganz anderer Weise in die Lage versetzt werden, sich über politische und militärische Vorgänge ein richtiges Bild zu machen, als es nach den öffentlichen, durch manche Rücksichten gebundene Reden im Plenum der Fall sein kann. Tic Voraussetzung für solche vertraulichen Mitteilungen ist natürlich, daß die Minister sich unbedingt auf Wahrung der Geheimhaltung verlassen können. Trifft diese Voraus setzung nicht mehr zu — wie sie im Falle NoSke und jetzt wieder nicht zutraf — so würde den Vertretern der Ne gierung nichts anderes übrig bleiben, als auf vertrauliche Mitteilungen zu verzichten. Am Reichstage wird es fein, dafür Sorge zu tragen, daß ähnliche Indiskretionen sich nicht mehr ereignen können. In einem Berliner Blatt wird gefordert, daß man alles versuchen müsse um diejenigen Abgeordneten zu entdecken, welche sich an das Gebot der Vertraulichkeit nicht gehalten hätten. Diese Abgeordneten müßten von den Kommissionen fcrngehalten und den betreffenden Parteien müsse ge gebenenfalls auf Zeit das Recht entzogen werden. Mitglieder in die Kommission zu entsenden. Der Vorschlag ist gewiß gut gemeint aber nicht durchführbar, sagt die „Deutsche Tageszeitung". Sehr oft sickert aus solchen vertraulichen Beratungen und Mitteilungen etwas durch, ohne daß irgendwie böser Wille bestimmend gewesen ist. An den Kommissionsverhandlungen nehmen bisweilen als Gäste auch Abgeordnete teil. In den Wandelgängen des Reichs- tageS wird manches Vertrauliche „vertraulich" weiter- gcplaudert, bis es schließlich auf Umwegen in die Presse und in die Oeffentlichkeit gelangt. Dennoch muß der Reichstag alles daran setze», um zu erfahren, von welcher Partei und welchen Personen die Indiskretionen begangen worden find. Hier kann und darf es keine Schonung geben. * Was den vorliegenden Fall betrifft, so behauptet der Korrespondent des französischen Blattes, daß ihm seine Mitteilungen von einem deutschen Journalisten gegeben worden seien und daß ein bekannter für liberale ZeitungS- bureaus schreibender Abgeordneter dabei gestanden habe; er habe gar nicht gewußt, daß es sich um eine vertrauliche Mit teilung gehandelt habe. Die Wandelhalle des Reichstage» scheint die größte Klatschhalle im Deutschen Reiche zu sein, Deutscher Landwirtschaftsrat. (Nachdruck verbot«,.» 0I?0. Berlin, den >4. F.-lnunr 1911 Am Tienstagvormittag trat zu Berlin im Herrenhause der Deutsche Landwirtschaftsrat zu seiner diesjährigen Tagung zusammen. Präsident Graf Schwerin eröffnet» die Versammlung mit einem Hoch auf den Kaiser und teilte mit, daß der Kaiser zwar am Mittwoch wegen eines leichten Unwohlseins der Verhandlung noch nicht beiwohnen werde, dagegen sei die Teilnahme des Kaisers für Freitag vor mittag in bestimmte Aussicht genommen. Mit dem Hoch verband der Präsident den Ausdruck der Dankbarkeit dafür, daß der Kaiser erneut sein Interesse für den Landwirt schaftsrat und damit für die Landwirtschaft bekundet habe. Im Anschluß hieran begrüßte er die Vertreter der Reichs und Staatsbehörden, namentlich den Staatssekretär v. Del brück und den preußischen Landwirtschaftsminister v. Scho» lcmer-Lieser. Staatssekretär v. Delbrück entschuldigte den Reichs kanzler, der am Erscheinen verhindert sei, und wünscht, datz die diesjährigen Verhandlungen zum Segen des ganzen deutschen Vaterlandes gereichen werden. Ans den Beschlüssen des ständigen Ausschusses sei er wähnt, daß dieser den bayerischen Gesetzentwurf über die G ü t e rz c r t r ü m m e r u n g in der Fassung der Abge- ordneteukammer für geeignet hält, den Auswüchsen der ge werbsmäßigen Güterzertrnnimerilng erfolgreich entgegen- zutreten. F r a ch t v e r g ü t u n g für geringwertige Ab fälle, die vorzugsweise zur Fälschung von Futtermitteln Verwendung finden, sollen energisch bekämpft werden. Mit Rücksicht auf die Handclsvertragsverhandlungen mit Däne mark hält es der Ausschuß für dringend geboten, erneut bei dem Reichskanzler zu beantragen, daß dem Butterzall ent sprechende Zölle auf Rahm und Milch in den Zolltarif ausgenommen werden. Ferner soll beim Reichskanzler be antragt werden, di? Volkszählung statt am 1. Dezember an« 15. Januar vornehmen zu lassen, falls hierdurch die Wohn bevölkerung des platten Landes genauer ermittelt werden würde. Aus dem Geschäftsbericht geht hervor, daß sich die F ü t t e r u n g s v e r s u che mit Preßkartoffeln an Schweinen und mit Palmkernknchcnniehl bei Milchkühen vortrefflich bewährt haben. Zum ersten Male ist der Ver such gemacht worden, die G e t r e i d e v o r r ä t e in erster Hand, also in der Hand der Landwirte, schätzungsweise zi« erinilteln. Das Resultat ist bis jetzt noch nicht veröffent licht worden. Die S a a t e n st a n d s s ch ä tz u n g wird künftig statt monatlich wöchentlich erfolgen. Sodann erfolgte das Referat des Geh. Oekonomierates! A » drä - Vrannsdors über die Fleischversorgung der Be völkerung. Hebung der Viehzucht, Verwertung des Schlacht viehes ans genossenscliaftlichem Wege, Aufklärung der Be- l ölkerung, Ausbreitung der Kreditgenossenschaften, Schlach tung des Viehes durch die Gemeinden und direkter Verkauf an den Konsumenten, niedrigere Verzinsung der Schlacht- hofanlagcn sind die Mittel, die der Referent empfiehlt, um die Fleischpreise in ein angemessenes Verhältnis zu den Verkaufspreisen auf dem platten Lande zu bringen. — In der Diskussion wurde ansgeführt, daß die Fleisck)er mit 75—85 Pf. für Rindfleisch ganz gut auskommeii könnten, da sie im Durchschnitt bei einem Stück Vieh bei diesem Preise noch über 100 Mark verdienten. Wichtig sei es, daß das Volk i» der Tagespressc über diese Sachlage aufgeklärt werde. Daher müßte» entsprechende Artikel in die Presse gebracht werden, namentlich in die liberale (Heiterkeit), und wenn diese sich weigere, eventuell in Form bezahlter Annoncen. Eine diesbezügliche Resolution wurde ange nommen. Mit Rücksicht auf den Herzogregenten von Braun schweig wurde jetzt das Referat über die Kolonien durch! Geh. Rat W o h l t m a n n - Halle n. S. erstattet. Der leitende Gedanke seiner Ausführungen war die Auffassung, daß unser Ziel in den Kolonien eine Agrarkolonial- Politik sei» müsse, die denselben Weg gehen »lüsse, den sie in der Heimat gegangen sei. Zu diesem Zwecke empfahl er, folgende Resolution für notwendig zu erklären: daß Pro fessuren für koloniale und tropische Landwirtschaft an den höhere» landwirtsckiaftlicheii Lehranstalten Deutschland baldigst errichtet werden, daß mit möglichster Beschleu nigung eine landwirtschaftliche Abteilung im Reichs- kolonialamtc geschaffen werde, daß in unseren Kolonien die Verwaltung mehr als bisher landwirtschaftlich auSge- staltet werde, indem bei jedem Gouvernement nicht mnj t