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Dresdner Journal : 14.06.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188706140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-06
- Tag 1887-06-14
-
Monat
1887-06
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 14.06.1887
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V134 Dienstag, den 14. Juni, abends. 1887. I» ss»»« - dLdrlick: .... 1, ^^»NrlieN: 4 L0 kk. Lio»«Io« HiULm«r»: 1V kt. L»>—rk»ld a« ä«v1*et>8v LsLoU« tritt?o«t- und 8t»wp«I,u«:NI»K Nuiru. ^»UNoälruox»L»dNI»r»a, kür 6«n k»uw emsr 2«il« Usiusr 8ehrit1 10?f. Vvttr , LlQ^«»u6t" Nie 2«U« bü?k. Lei 1'»bsll«ll- Qo6 2iN«ri»»»tt «ottpr. Auk»ckl»^ tLr»«N»1i»«o r Ulliel» mit Aa«uü»w« <ier 8oao- a»ü kaisrtt^» »dssd,. ksru»xreeN-^i>,oUIll»»r Ur. 11SL DM-nerAonmal. Für die Gesamtlettung verantwortlich: Dtto r^anck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. A»»»»»« r», »»rnttrtt, ^>. Lro—ittetter, Oommi»iovLr ä« vreeä-oe ^oor»»1»i L»md«i, - Usrltt-Mt« - 1->r»«Um-rr«LL1vrr ». Ilaaien-t«» <4 I«rUL-Vt«»-L»»dmU rr»A-l^tp«tU kr»»tlart », R»»d Ato««,' k»rt, L»»4o».L«rU»-kr»»ttue ». N -It-ttUit: Da«t« ct Oo.Z«rU». VVrUt»: (t. AtM«r, ^SL?t/olA«r,' S»QL0vr: o. L<^s«1«r,' u»u« »- I: /. Larct <4 LV. ll»r»i»»r«dvr r Lüm»I. Lrpodiüov de« Drexiaer doaro»!», vrextsQ, LHNoseretr. 10. ksri»»pr«oU ^L»<rt»tu«r Ur. ttSb. Amtlicher Leit N«kaimtmachung. Die Eröffnung des Betriebes auf der normal spurigen Secundär-Eisenbahn Schönberg-Schleiz betreffend. Das Finanz-Ministerium hat im Einverständniß mit bei Fürstlich Reußischen j. L. Landesregierung beschlossen, die von Schönberg (Station der StaatS- eisenbahnlinie Plauen-Hof) nach Schleiz erbaute nor malspurige Secundäreisenbahn am 20. Juni laufenden JahreS dem allgemeinen Verkehre zu übergeben. An dieser Eisenbahnlinie befinden sich außer dem Anschlußbahnhof Schönberg der Bahnhof Schleiz, ferner die Haltestelle für Personen- und Güterverkehr Mühltroff, Vie Haltestelle für Personen- und beschränk ten Güterverkehr (Holz in Wagenladungen) Langen buch, sowie der Haltepunkt für Personenverkehr Lösfau. Die Leitung de- Betriebe- der gedachten Staats eisenbahnlinie erfolgt durch die Generaldirection der StaalSeisenbahnen, welche die Tarife und Fahrpläne veröffentlichen wird; derselben verbleibt auch die Er ledigung der auf Bauangelegenheiten und die Regelung der auf Besitzverhältnisfe sich beziehenden Geschäfte im Bereiche der genannten StaatSeifenbahnlinie. Dresden, am 13. Juni 1887. Finanz-Ministerium. Frhr. vou Könueritz. Müller. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Leipzig, 14. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Hochverrat-vrozeß. Nachdem die Verhandlung wieder aufgenommeu worden, fand eine eingehende Beruehmuug der Angeklagten statt. Köchlin gesteht ein, die Jahrgänge des „Drapeau " von 1882 bi- 1886 gehalten und seine Aufnahme als Mitglied der Liga in Paris auf dem Bureau der Liga persönlich bewirkt zu haben. 1884 habe er in Mülhausen eine Fabrik etabliert. Bezüglich des Zweckes der Liga bleibt Köchlin bei seiner gestrigen Angabe. Der Präsident machte ihm zahlreiche Vor halte wegen Abweichungen von seinen früheren Aus sagen. Köchlin erklärt, wenn die Liga die Wieder gewinnung des Elsaß mit Waffengewalt bezwecke, so billige er dies nicht. Es sei dies auch nur die An sicht einzelner Mitglieder der Liga. Zahlreiche Schriften wurden dem Angeklagten vorgehalten, wo nach das Gegenteil nicht zweifelhaft sein kann. Der Angeklagte bestreitet dies. Blech behauptet ebenso wie früher, daß die Liga nur Propaganda für den Patriotismus mache. In zweiter Linie erst wolle sie die Wiedergewinnung deS Elsaß, aber auf friedlichem, vielleicht diplomatischem Wege, auch mit der Verringerung der StaatsauSgaben und nebenbei mit der Stellung den Anarchisten gegen über beschäftige sich die Liga. Die Artikel des „Dra- peau" seien nur Ergüsse extremer Schreiber. Daß er sich bei dem Organ Gambettas, der „Republique franyaise" mit 30000 Fres, beteiligt habe, weil dies Feuilleton. Ein treue- Herz. Eine Geschichte au« dem wendischen Bolte von Heinrich Penn. (Fortsetzung.) Am Jahrestage de- Todes seiner Schwester, der Mutier TineS und des zweiten WcibeS Kolodeys, kam der geistliche Herr zu diesem aus Besuch. Er nahm den zweijährigen Valentin auf die Knie und der hübfche Knabe lachte ihn so freundlich an, spielte so zutraulich mit der Uhrkette des alten Herrn, daß derselbe seine Helle Freude an dem Neffen hatte, und da er in dessen Kindergesichtchen die Züge feiner Schwester, welche er sehr lieb gehabt hatte, wiederfand, traten ihm die Hellen Thränen in die Augen vor Wehmut und doch wieder vor Freude an dem Kinde, welches er fest in sein Herz einschloß. Nachdem er sich die nassen Augen getrocknet und da» Knäblein ein Mal über das andere geküßt hatte, trat er zu feinem Schwäher. .Mein lieber Luka*, fagte er zu diesem, .daß ich einige Kreuzer besitze, da» weißt Du. Mit mir kann ich sie nicht nehmen, wenn Gott mich zu sich ruft. Wenn Du willst, daß sie nach meinem Tode Dir ge- hören, so verheirate Dich nicht mehr, gieb dem armen Büblein keine Stiefmutter." .Ich werde mich nicht mehr verheiraten", entgeg nete Luka kurz, ohne sich auch nur einen Augenblick zu bedenken. Wenn er auch ein durchaus achtungS- werter Mann war, hatte jene große Truhe voll Du- rentabel sei, und ebenso an der „Petit Republique sranyaife" mit 10000 Frc- sei richtig Auch habe er ein Komitee für die Errichtung eines Gambetta- Denkmals gebildet. Er habe Gambetta als Freund verehrt. ES folgt die Vorlesung zahlreicher Schriften. Die Fortsetzung der Vernehmung der anderen An geklagten ergiebt in der Hauptsache eine Wieder holung ihrer gestrigen Aussagen. Berlin, 15. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser befindet sich wohl und hat die Nacht gut geschlafen. Potsdam, 13. Juni. «W. T. B.) Der Kron prinz und die Krau Kronprinzessin haben sich mit den Prinzessinnen Töchtern um 8 Uhr 5V Min. abendS vom Neuen PalaiS zu Wagen nach Spandau begeben, von wo Höchstdieselben per Bahn Weiter reisen. In der Begleitung befanden sich der Graf Seckendorf, Major v. Kessel und Fräulein v. Per pignan. In Spandau schließen sich Rittmeister v. Bietinghoff und Idie Ärzte vr. Wegner und I)r. Landgraf dem Gefolge an. London, 14. Juni, früh. (W. T B.) DaS Unterhaus nahm mit 22V gegen 117 Stimmen den Artikel 5 der irischen StrafrechtSnovelle, wonach das Gesetz nur in den Distrikten zur Anwendung gelangt, für welche e« vom Lizekönig proklamiert worden, mit einigen Amendements an. DaS Oberhaus nahm bei der Einzelberatung der irischen Landbill sämtliche Artikel der Vorlage mit einigen Amendements an. DaS einzige wich tigere Amendement, welches mit Zustimmung der Regierung genehmigt wurde, ist die Streichuna der Bestimmung, welche eine Revision und Reduktion deS Pachtzinses gestattet. Rom, 13. Juni. (W. T. B.) Die Abgeord- netenkammer nahm daS Einuahmebudget in ge heimer Ab immung mit 130 gegen 89 Stimmen an. London, 14. Juni. (Tel. d. DreSdn Journ.) Nach dem offiziellen Programme finden am Tage der Jubiläumsfeier drei Auffahrten zur West- ministerabtei statt. An de» zwei ersten Auffahrten nehmen die Königlichen und Fürstlichen Gäste teil. Der Aufzug der Königin und der Königlichen Familie erfolgt in elf Galawagen. Im elften Wagen werden die Königin, die Kronprinzessin deS Deutschen Reiches und die Prinzessin v. Wale fitzen. Der Kronprinz deS Deutschen Reiche-, der Prinz v. Wale-, die Herzöge v. Eounaught und Edinburgh, Prinz Christian und der Großherzog von Hessen reiten vor dem Wagen der Königin. Dir übrigen englischen Prinzen sowie der Groß fürst SergiuS von Rußland, die Prinzen Wilhelm und Heinrich von Preußen, der Erbprinz von Sachsen-Meiningen und der Erbgroßherzog von Hessen reiten hinter dem Wagen. Wie die „TimeS" erfahren, beschloß die fran zösische Regierung, demnächst die von Frankreich garantierte tonkinesische Anleihe behufs der Deckung der durch die Ausgaben in Tonkin entstandenen Budgetdefizite zu emittieren. Belgrad, 13. Juni. (W. T. B.) General Boitschewitsch ist provisorisch biS zur Ernennung eines KriegSministers mit der Leitung deS Kriegs- Ministerium« betraut worden. Als Programm deS neuen Kabinetts wird im wesentlichen bezeichnet: Revision der Verfassung, Aufrechterhaltung der besten Beziehungen mit allen fremden Staaten, Sparsamkeit in Kinanzangelegenheiten und ge wissenhafte Erfüllung der vom Staate eingegange nen Verbindlichkeiten. Dresden, 14. Juni. Irischer Fanatismus. Im englischen Parlamente haben sich die Verhand lungen über die Verbrecherbill, welche man noch vor de» Jubiläum Ihrer Majestät der Königin zu be endigen wünschte, langsam dahin geschleppt. Der Krie-Smmister, Mr. Smith, brachte daher im namen de» Kabinetts den Antrag ein, daß alle bis zum 17. Juni abends zur StrafrechtSbill eingebrachten unerledigten Anträge ohne Debatte zur Abstimmung gebracht werden sollen. Der Kriegsminister kündigte zugleich an, „er werde es möglicherweise für nötig er achten, Maßregeln zur rascheren Erledigung der Ge schäfte zu ergreifen". Er schloß mit der Hoffnung, daß sich diese» nicht als notwendig erweisen werde. Diese Hoffnung war auf eine vorausgegangene Abmachung zwischen Parnell, John Morley (in Ab wesenheit Gladstone») gegründet. In der That soll Gladstone den Rat erteilt haben mit der Obstruktions taktik ein wenig einzuhalten, beziehungsweise „abzn- drehen." Bei allem systematischen Streben, Englands Reichs und Parlamentsmacht den Boden abzugraben, schreibt man dem „Hamburgischen Correspondent" auS London vom 4. Juni, muß nämlich Hr. Gladstone doch auf eine ihm nur mit innerem Widerstreben folgende Gruppe seiner Partei Rücksicht nehmen. Aus diesem Kreise aber ist, wie unlängst erwähnt worden, ihm selbst eine leise, aber doch sehr verständliche Vor stellung gemacht worden Entscheidend war die ins Parnell - Gladstonesche Lager gedrungene Nachricht von dem Entschlusse der Regierung. Wirkliche Festigkeit macht auf die groß- prahlerische „irische Partei" und auf den sonderbünd- lerisch geneigten, ultramontanen Teil des Jrenvolkes immer Eindruck. Schon die Einbringung der jetzigen Gesetzesvorlage hat die Folge gehabt, daß die Zahl der Verbrechen m den letzten drei Monaten sich auf fällig verminderte. Gleichzeitig nahm die Auswander ung in dem von der Behmbündelei am meisten heim gesuchten Bezirken in einer Weise zu, wie es noch kaum je dagewesen. Die Erscheinung erinnert an die Zeit der „Phönix"-Verschwörung vor etwa 20 Jahren. Einzelne hitzköpfige Führer, wie Davitt, mögen wohl noch von „bewaffnetem Aufstande" schwadronieren und „Mitchels Rat" empfehlen. Dieser befürwortete bekanntlich die Anwendung von Vitriol gegen die eng lischen Truppen. Seine Freiheitsliebe war so groß, daß er sich später für die amerikanischen Sklavenhalter begeisterte, ganz cynifch eine „Farm von fetten, wolligen Niggern" für sich herbeiwünschte und auf die Seite der südstaatlichen Rebellion trat. Solcher Frei heitskämpfer giebt es genug in der irischen Sonder bundspartei. Indessen werden die Leute von Davitts Schlag, die Nachfolger Mitchels, in dem Maße ihren Einfluß verlieren, wie die Regierung und das Parlament Ernst zeigen. Sogar die irische Unterhauspartei hat sich bereits mit der Frage beschäftigt, ob Hr. Davitt (der Gründer der Landliga I) nicht aus taktischen Gründen zu verleugnen sei. Hr. Parnell, dem durch die jüngste Veröffentlichung der „Times" das Herz vollends an eine ganz andere Stelle geraten ist, weiß nicht mehr, wo ein noch auS; er versteckt sich jetzt abwechselnd unter den Mänteln Gladstones, Morleys und Har courts. Auf die niederschmetternden Darstellungen der „Times" vermag er kein Wort zu sagen, obwohl die selben unter allen nicht völlig von der Parteisucht Verblendete» im ganzen Lande den tiefsten Eindruck machen. Die „Times" werden, wie man zu wissen glaubt, demnächst zu einem weiteren Angriff vorrücken. In katen, von der ihm schon fein gottseliges Weib er zählte, daß sie selbe bei dem Bruder Pfarrer gesehen, doch noch mehr Wert für ihn, als jedes Frauenzim mer, welches den doch schon etwas gealterten, dop pelten Witwer noch genommen hätte. Und sie blieb es auch, Luka nahm kein drittes Weib. Als nun der Pfarrer starb, erbte Koledey von ihm ein ansehnliches Kapital, wofür er zu feinem schon bedeutenden Besitztum? noch die große Mühle und Brettsäge, sowie weite Wiesen und ausgedehnte Waldungen kaufte. Ein Teil des Kapital- jedoch mußte reserviert bleiben, weil in dem Testamente des verstorbenen Schwähers die Bestimmung enthalten' war, daß diese Summe für den Neffen Tine zu dem Zwecke bestimmt sei, daß sich derselbe, wenn er er wachsen sei, damit für den Beruf, welchen er sich selbst erwählen werde, vollständig ausbilden könne, wenn er eS nicht vorziehe, daheim zu bleiben, aber auch dann sei eS der Wunsch de« Erblasser-, daß sich Tine für den landwirtschaftlichen Beruf an einer diesbezüglichen Hochschule ausbilde. DaS also war die Ursache, weshalb der junge Kolodey eine ganz andere Schulbildung und Erzieh ung genoß, als sie seinem Vater zu Teil geworden war. Ohne diese Verfügung hätte ihn der Alte sicher nicht in die Schule gegeben, um dort zu lernen, ein richtiger Bauer zu sein, denn wie alle eingefleischten Landleute hatte er von solchen Studien nach seinem eigenen harten Kopfe eine gar üble Meinung, da er steif und fest behauptete, daß den Bauer nur die Arbeit und die eigene Erfahrung mache, alle- andere aber leere- und dumme» Zeug fei; daß e» für jeden Menschen notwendig wäre, schreiben und lesen zu können, das fühlte er allerdings wohl selbst. Besonders freute es den Alten, daß sein Sohn kein Verlangen nach einem andern als dem landwirt schaftlichen Studium trug, denn Juristen, Ärzte, sowie alle städtischen Leute achtete Luka gering. Als christ licher und frommer Mann hatte er jedoch für den geistlichen Stand große Vorliebe und Verehrung. Und doch hätte er es nicht gern gesehen, wenn sich fein Sohn diesen Stand erwählt, da er ja sein einziger Sprosse und der Nachfolger in dem schönen, großen Besitztum war Der Alte hatte als echter Bauer, der einen Hof fo hoch hielt wie irgend ein Edelmann sein ideikommissarischeS Gut, den heißesten Wunsch, daß ich fein Bauerngut und sein Name darauf erhalten und fein Stamm nicht auSsterben möge mit ihm, denn „Gott sei Dank"', pflegte er selbstbewußt zu sagen, „das Brot wird keinem Kolodey jemals fehlen, der ein tüchtiger Bauer ist und das Gut seiner Väter fleißig bewirtschaftet." Und deshalb freute eS den Alten so sehr, daß sein einziger Sohn auch in seine Fußstapfen treten wollte. * , * E» war schon ganz dunkel, al» Tine bei seinem väterlichen Hause anlangte. Die zwei großen Hofhunde sprangen empor und fchlugen heftig an, als sie einen Fremden aus dem ihnen wohlbekannten Wagen steigen sahen. In der Mitte de» FlurS aber stand der alte Kolodey, nahm die Pfeife aus dem Munde und fragte Meta, die alte Magd, welche ebenfalls aus der Stube getreten war: ,Lst der unsere gekommen?" „Wer sonst?" entgegnete sie, „geht doch zu ihm, ich schäme mich. Ich habe ihn freilich auf den Armen gewiegt, aber seht nur, wie er jetzt ist!" Damit sprang sie von der Schwelle zurück und eilte in die Küche. „Da kommt er schon selbst", sagte der Alte, un gewöhnlich gerötet im Gesichte, fei eS vor Erwartung oder Freude. Jetzt trat Tine in den Flur. „Guten Abend, Vater", rief er und streckte dem Alten die Rechte ent gegen. Dieser jedoch hielt ruhig seine Hände auf dem Rücken gefaltet, und dem Sohne fiel es sofort ein, daß das Händereichen wie alle Liebesbezeugungen nicht seines Vaters Sache seien. „Lange seid Ihr gefahren", so begann der alte Luka die erste Begrüßung an seinen Sohn. „Die Stute ist nicht auSgeruht, Thomas fuhrwerkte die ganze vergangene Woche mit ihr, ich fagte ihm, er möge den Grauen anspannen, der ist sonst viel flinker und hätte Euch um eine halbe Stunde früher ge bracht, aber der Alte meinte, dem Grauen fehle auf dem rechten Vorderfuße etwas am Befchlage. Ich habe mit Fleiß nachgefehen und das Tier hin- und hergeführt, habe aber nicht- bemerkt." „Aber was schwatzt Ihr denn da, waS alle» zu sammen nichts wert ist?" rief jetzt die alte Meta aus der Küche dem Hausherrn zu. „Ach, Meta, guten Abend," begrüßte der An kömmling die Magd, als er die bekannte Stimme hörte. Feuerrot, wie ein verschämtes junge- Mädchen, kam die Alte aus der Küche, reichte ihm die Hand ihrem gestrigen haben sie sich nicht einmal aller Vor teile ihrer Stellung bedient. Sie erwähnen allerdings des berüchtigten, unter dem Pseudonym „Transatlantic" schreibenden Gesellen, welcher nach dem Zeugnisse des Ligaführers und UnterhauSmitgliedeS T. P O'Connor einer der Ersten war, der für die „Verfassungsbestre bungen" der irischen Partei Geldbeiträge lieferte, gleichzeitig aber in der New - Korker. „Irish World" die scheußlichsten Aufforderungen erließ. Dieser hoch herzige Freund der Liga forderte zur „Zerstörung des britischen Reiches" durch Mord und Brand, zur „Niederzerrung der englischen Piratenflagge", zur „An wendung irischer Frauen für Ausspritzung von Vitriol auf die schurkische Söldnerschaft Englands" und zur allgemeinen „Verbreitung des Lichtes" auf. Letzteres Wort bedeutet in der Sprache der Vehmbündler die Massenbrandstiftung. Die „Times", welche erst neuerdings das Trecben der Liga und ihrer Verbündeten genauer kennen ge- lernt haben, erwähnen von all dem nichts. Es mögen daher aus den mehrfachen bereits bekannten Äuße rungen des Hrn. TranSatlantic wenigstens zwei ange führt werden. Sie sind alle in der „Irish World" erschienen, welche die 342000 Dollars für Parnell zusammenbrachte, zugleich für O'Donovan Rossa, die Familien der Phönix-Park-Verschworenen, für die „Scharmützelei", für die „Verbreitung des Lichtes" u. s. w. Geld sammelte und dafür öffentlich quittierte. So schrieb Hr. Transatlantic, der Genosse deS Hrn. T. P. O'Connor, welch' letzterer neben Hrn. Dillon als Parnells Lieutenant amtiert, wörtlich: „London, welches von 4 Millionen der wohlhabendsten Bevölkerung der Welt bewohnt wird, ist der Gnade seiner Verbrecherklassen anheimgegeben, die eine Viertel million zählen. ES ist nur von 2500 Mann Linien truppen, 10000 Polizeibeamten und 10000 Frei willigen bewacht; die Freiwilligen sind bloße Feier tagssoldaten. Merkt Euch das! Verbreitet das Licht! o verbreitet das Licht!" In einem andern Schreiben an die ,Lrish World" deren Herausgeber als Pfleger des „Scharmützelfond-" selbst das Dynamit für die Großstädte Englands und Schottlands empfahl, will Hr. Transatlantic ver mittelst Sprengungen „die 186000 gefangenen eng lischen Verbrecher und die halbe Million nnabgefaßter Verbrecher in England" durch den ,BolkSpropheten" verwenden kaffen, der „irgendwo in der Menge sich be finden muß, und den man heute noch nicht kennt. Möge er zur Rettung hervortreten! Verbreitet daS Licht in ganz England!" Dem Blatte, welches diese Ratschläge erteilte, schrieb Hr. Parnell einst: „ Dank der „Irish World" und ihren Lesern für ihre stetige Mitwirkung und ihre thatkräftige Unterstützung unserer großen Sache! An dem schließ- lichen Erfolge brauchen sie nicht zu zweifeln." Es ist jetzt Hrn. Gladstones tägliches Bemühen, diesen seinen früheren Gefangenen weiß zu waschen. Dem Versuche, Irland vom Reich zu trennen, läßt er nunmehr den anderen folgen, die Walisen zusammen mit den Schotten und Iren gegen England aufzuhetzen und auch sie fonderbündlerisch herzurichten. Er ver gleicht dabei das Vereinigte Königreich mit dem türkischen Reich! Um seine Zuhörer völlig zu miß leiten, behauptet er keck: „in der ganzen zivilisierten Welt gebe es nicht eine einzige Stimme, keine fran zösische, keine deutsche, keine russische, keine schweizerische u. s. w., welche sich für die Regierung und die Parla mentsmehrheit erhoben habe." Diese Behauptung stellte er gestern mehrmals unter der Angabe auf: „er habe die deutsche Presse genau verfolgt." Ist es möglich, die Unwahrhaftigkeit, die Schamlosigkeit so weit zu treiben? Im ganzen bildet dieser irische Gladstonesche Un fug einen trüben Mißklang zu dem von aller Welt freudig begrüßten Jubiläum Ihrer Majestät der Kö-
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