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M. LSI. «lster Jahr«. <Frschei«t: TL,«ich früh 7 Uhr. Inserate werdrn angrnommen: »is AbendS V.Tonn- tag» bis Mittag» 12 Uhr- Marienstraße 18. Anzeig. in dies. Blatte staden eine erfolgreich« Verbreitung. Auflage: 13,000 Exemplare. Sreitaq, 11. «ai 188». Tageblatt für Untcrhaltnng und Gcschästsverkchr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. BierteljLhrlich A> N>r. »ei uaentgeldlicher-ie« seruug in'« Hau». Durch die Klingt. Past vierteljährlich SS Ngr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: l Ngr. Ui>ter„Siage« sankt" die Zeile 2 Ngr. Druck nnd Eigenthum der Herausgeber: 1,'icpslh Reichardt. — Verantwortlicher Nedactcur: JultUS Nkichardt» ! ff Gehorsam; die Aufregung war, wie gesagt, lediglich dadurch/,' ' hcrvsrgerusen, daß die Mannschaften glaubten, das tzägerdetache» mmt sei ihretwegen, nicht des Publikums wegen da. — Wie wir hören, wird heute und morgen (Freitag und,, Sonnabend) in der Umgegend von Dresden mehrfacher Kanou/ nendonner zu höre" sein! Es soll damit aber keineswegs / angedeutet werden, daß der „Kr eg" beginne, sondern diese Ka nonenschüße haben lediglich den Zweck, die bei der sächsische» ^ Artillerie eingestellten neuen Pferde an das Feuern zu i gewöhnen. — Das Vismarck'sche Attentat. In einem Bericht , der „B. u. H. Z." über das Attentat heißt es: Nicht uner->'.!,' heblich verwundet wurde der Buchbinder Barnewitz (Friedrichs» - straße 122), der von einem der abgefeuerten Schüsse getroste» ^) wurde und außerdem bei der Verhaftung des Mörders durch , einen der betheiligten Soldaten einen Bayonnetstich erhalten' i hat. Auch eine Frau, die sich in der Nähe befand, soll ein» , Streifschuß erhalten haben. Der Revolver war nicht mü K»-> : : aeln, sondern mit gehacktem Blei geladen (nach einer and«»'/: Version mit Rehposten). Wmn wir schon gestern angezweiM haben, ob der nun todte Verbrecher wirklich Blind heißt und' . ein Sohn Carl Blind's in London ist; wenn daraus, sehr j natürlich, weitere Zweifel sich ergeben, ob man es in ihm «it. einem politischen Fanatiker, oder etwa mit einem gedungen» Mörder — verrückt war er nicht, das haben seine Handlung» ^ j' und seine Worte gezeigt — zu thun hat, so wurden gestsr»' , selbst weitere Zweifel darüber laut, ob er überhaupt aus Lon< >' don, wie er angab, hierher gekommen war. Es wird uns sogar, > vermutungsweise mitgetheilt, er sei direct von Dresden ge» ! kommen, jedoch fehlt uns jede Andeutung, worauf diese Ver-' ' muthung sich stützt. Auf dem Wege zum Polizeibureau vev»' < suchte er einen Gegenstand von sich zu werfen, dieser Gegenstand' war eine Photographie des Grafen Bismarck. Papiere, die de»! Namen, welchen er sich beilegt, documentirten, über seine per»' sönlichen, Familien- und Hchmathsverhältnisse Auskunft gäba^' scheinen nicht, weder bei ihm, noch in seinem Quartier, gesund» ! zu sein. Daß er mit dem kältesten Bewußtsein und mit der' ausgiebigsten Ueberlegung an seine That gegangen ist, das er-' giebt sich evident aus seinem ganzen Gebühren und schließlich j , aus seinem Ende. Er hatte abgeschlossen. Man ist geneigt,' dafür zu halten, daß die Messerklinge, mit der er sich di« >' Halswunde beigebracht hatte, vergiftet war, weil der Tod so i schnell und unerwartet kam. Die Obduction wird die Begrün- , ! detheit oder Unbegründetheit dieser Annahme darzuthun Hab».' : Ueber den Versteck des Messers heißt es jetzt, Blind habe S' > in dem Futter seines Schnallgurtes bei sich getragen und hier i sei es der Entdeckung entgangm. Der Ueberzieher des Graf« > Bismarck, sowie die von Blut triefende Kleidung des Oeconom» , Blind und dessen sämmtliche Sachen, Reisetasche, Koffer, Ci- : garrenkiste, Revolver nebst Patronenkästchen, mit Patronen an gefüllt , wurden gestern Morgen dem Depositorium der Stadt- ' > voigtei eingeliefert. Der Ueberzieher des Grafen ist von violett« Farbe, mit Seide gefüttert. Die Brustseste des Rockes ist voll- ! ständig verbrannt und an drei Stellen durchlöchert. Die Waffe, ! mit der Blind geschossen, ist von ausgezeichneter Arbeit, mit elfenbeinernem Griff und scheint englisches Fabrikat zu sein. > Zwei Läufe desselben sind noch nicht entladen. Das Patronen kästchen, welches ganz neu zu sein scheint, ist bis auf 6 — 8 Patronen vollständig gefüllt. Die Spitzkugel ist etwa so groß wie eine Bohne, hat auch beinahe die Form derselben. D«e Kleidung Blind's ist äußerst fein, ebenfalls seine Wäsche. Auch > befindet sich das Messer, mit dem Blind sich die drei Stiche zugefügt, im Depositorium. Dasselbe hat vier Kling» und ist der Griff mit Schildpatt und Silber ausgelegt. > — Sonderbar ist, daß „gutunterrichtete" Berliner Blätter > vier sächsische Kriegspläne zugleich bringen: 1) d» Riesa«; 2) Aufstellung vor Dresden als österreichische Avantgarde; 3) Feste Stellung im oberen Erzgebirge; 4) Rückzug nach : Baiern. > , — Aus dem gelobten Hessenlande ging dieser Tage bei« hiesigen Bezirksgericht ein amtliches Schreiben vom Landg Offenbach ein, welches die Adresse trug: „An das k. preußisi Kreisgericht Dresden." Muß wohl ein richtig« blind« geschrieben haben! Dresden, d» 11. Mai. -— Tor uns liegt d« Bericht über die communliche Ar menpflege der Stadt Dresden, mit Einschluß d« Wohlthätig- keitsanstalten und Stiftung», in den Jahr» 1862, 1863 und 1864. Wirft man ein» Blick auf die 31 Seiten in Groß- Quart, in dieses Album der Wohlthätigkeit, wie man cs nennen könnte, so muß sich das Herz eines jedm Menschenfrcundcs mit Danlbarkeit und hoher Achtung für eine städtische Verwaltung erfüllen, die mit Mühe und Aufopferung einer Pflicht obliegt, deren Ausführung jedenfalls mit zu den schwierigsten Amts geschäften gehört. Es würde dm Raum dieses Blattes über schreiten, wenn wir auf alle die einzelnen, mit groß« Genauig keit ausgesührtm Zusammenstellungen, speciellm Mittheilungen, tabellarisch» Uebersichten rc. näh« eingeh» wollten. D« Gesammtaufwand für die durch die communliche Behörde ver mittelte Armenpflege stellte sich in den drei Jahren wie folgt heraus: 1862: 163,455 Thlr. 6 Ngr. 6 Pf. 1863: 165,244 - 24 - 9 -- 1864: 170,181 - 13 - 9 - Im letztgenannten Jahre wurden aus der Armenkasse 1027 Person» mit laufenden Geldunterstützungen versehen. Sodann 6730 «ft außerordentlichen Geldunterstützungen, und zwar 840 Personen aus der Armenkasse, 2339 - aus den herrschaftlichen Fonds, 696 - von Geschenken, 2855 - von Legaten und StiftungSzinsm. Mit Deputat-Korn, Holz und Kohl» wurden versehen 101, «ft Bekleidung 1250, mit Armmkur 1445, mit Armenbegräb- niß 362. Ferner haben 27 Lehrlinge durch Gewährung von Bett-Aeguivalenten rc. Beihilfe «halten. Endlich wurdm 111 Person» mit Paxbrod (Friedensbrod) und 124 Personen mit dem Ehrlichschm Stiftsbrod betheiligt. Mithin 11,177 Unter stützte mit Ausschluß derjenigen, welche bei besonder» Gelegen heit», sowie von Geschenk» mit Speise- und Brodmarken be dacht word» sind, und ausschließlich sowohl der Empfänger d« in 19,969 Portionen Holz s 3 Gebund, 20,050 - Kohlen a 14 Scheffel, 556 Mandeln Holz, und 1,150 Scheffeln Steinkohlen verabreicht» Brennmaterialien. Was die Verpflegten anbelangt, Mann«, Frauen, Knaben und Mädchen, welche sich theilweis im Findel- und Waisenhause, in d« Mädchenpfleganstalt, in den Kindercolonieen zu Max», Kötzschenbroda, Dohna und Glashütte, in verschieden» Familien, in der KinderbefserungS- Anstalt, im städtischen Versorgungshaus, in den Landesanstalt», im Stadtkrankmhaus, im Bürgerhospital, in der städtisch» Ar- beitsanstalt rc. vorsind», so «gab der Bestand im Jahre 184t Männer 365, Frauen 435, Knaben 181, Mädchen 110. Total summe der Verpflegten 1082. Nimmt man eine Vertheilung der Gesammtausgabe des Jahres 1864 vor (mit Hinweglassung des Militärs) auf 139,545 Civileinwohner gerechnet, so kommt bei der Summe von 170,184 Thlr. 13 Ngr. 9 Pf. auf dm Kopf d« gmannten Bevölkerung 1 Thlr. 6 Ngr. 6 Pf. Wmn auch, wie aus dem trefflich ausgearbeitetm Bericht zu «sehm, der Gesammtaufwand für die Armenpflege fortschreitend von Jahr zu Jahr gestiegen, so ist dies dennoch nicht in dem Maße geschehen, in welchem die Bevölkerungszahl zugmommen hat. Der auf dm einzelnen Kopf der Bevölkerung ausfallende Be trag hat sich vielmehr verringert, wie sich denn auch das er freuliche Resultat «wies», daß zu Dresden mit der Zahl der Bevölkerung d« Wohlstand der Einwohner zugmommen hat. — Wer sich an der in nächster Zeit nach Hamburg pro- jectirten Extrafahrt d« drohenden Kriegsgefahr weg» nicht be iheilig» will, dem bietet sich dafür rin herrlicher Ersatz, diese interessante Handelsstadt mit ihrem Hafm, ihr» Prachtgcbäu- dm und freien Platz» in all« Ruhe betracht» zu können. Ei« vom Architekten Hinz« aus Hamburg in einem Zeitraum von 12 Jahr» angefertigtes Reliefmodell, das uns diese große Stadt mit minutiös« Genauigkeit plastisch darstellt, wird von nächstem Sonntag an im Doubletlensaale d« Brühl'schm Ter rasse ausgestellt werden. Für den Werth dieser Riesenarbeit bürgt der Beifall, den sich dieselbe »Hamburg selbst allgemein «worben hat. — Ein« Nachricht des Nürnberg« Correspondenten gegen üb«, daß der König von Sachsen nächstens in München ein- treffen werde, «klärt das officielle Dresdner Journal: „Es bedürfe wohl keiner Versicherung, daß Se. Majestät nicht daran denke, bei der gegenwärtigen Lage das Land zu verlassen. Gleichzeitig bringt das officielle Blatt eine ausführliche Darlegung über die Haltung, welche die sächsische Regierung in dem Conflicte zwischen den deutschen Großmächten bisher beobachtet hat und auch fernerhin innezuhalten gedenkt. Ts heißt in derselben unter Anderen: In Verbindung mit dem bereitwilligen Entgegenkommen der Negierung gegen die Wünsche und Bedürfnisse des Landes, ja zum Theil mit ihrem freiwillig Voranschreiten, habe sich in Sachs» ein Zustand herausgebildet, den man nicht mit Unrecht als einen Zustand gegenseitigen Vertrauens zwischen Volk und Negierung und wenigstms rela tiver Befriedigung bezeichn» darf. Der praktische Werth dieser sächsischen Errungenschaft der letzt» Jahre muß sich ab« frei lich durch die That bewähren, und es wäre nicht gmug zu be klagen, wenn sie schon bei der erst», ernstem Trübung des politischen Horizonts ihren Dienst versagen, wohl gar sofort in ihr Gegentheil Umschlag» wollte. Dies zu befürchten, ist die Negierung indessen weit entfernt, und die bisherige Haltung d« Bevölkerung fast in all» Theil» des Landes berechtigt zu dem Vertrauen, daß deren Treue und Opferwilligkeit auch in der eingetretenen und möglicher Weise noch bevorstehend» kritischen Periode die Probe besteh» werde. Nur in einer Stadt des Landes sind in jüngster Zeit einige Symptome entgegengesetzter Art hervorgetreten, aber zum Glücke auch nur Symptome, die vor einer besonnenem und unbefangnem Auffassung der Verhält nisse, wie sie nicht ausbleiben kann, nicht Stich halten werden. — Cs sei allerdings nichts Geringeres, als eine Politik des Klein- muths und der Feigheit, in die man und zwar mit eiligst« Hast und ohne sich nur die Zeit zu besonn»« Erwägung zu gönnen, ja selbst noch ohne Kenntniß der neuesten, einschlagen- dm diplomatischen Aktenstücke, von dort die Regierung hinein zudrängen suche. Eine solche Politik kennzeichne sich selbst als eine unmögliche. Sie wäre aber auch unter allen, die man wählen könnte, die für das Land unheilvollste. Denn sie würde ihm gerade die Stütze rauben, durch welche auch kleine Staat» in Zeiten politischer Stürme stark und einflußreich sein können: die Achtung der öffentlichen Meinung. Zum Schluffe heißt es: „Die Negiemng ist sich, um es nochmals zu sagen, ihr« Pflicht» und ihr« Verantwortlichkeit gegen das Land klar bewußt. Um ihr gerecht zu werden, muß sie vor all» Dingen die Zügel in fester Hand behalten und darf sich nicht durch jeden Wind der Tagesmeinung in entgegengesetzt« Richtung hin und her bewegen lassen. Sie kennt ab« auch die Rechte, welche das Gesetz zur Behauptung dieser ihr« Stellung ihr in die Hand gelegt hat. Man darf versichert sein, daß sie diese erforderlichen Falles zu gebrauchen wissen, und vor ihr« Anwendung, wmn es sein müßte, auch im aus gedehntesten Sinne nicht zurückschreck» werde." — Ueber den schon erwähnten Exceß in Görlitz bericht» Berlin« Blätter: Görlitz, 7. Mai. Heute Vormittags 10 Uhr traten die im Bataillonsbezirk des 1. Bataillons 1. Nieder schlesischen Landwehr-Regiments Nr. 6 einberufencn Infanterie- Reserven und Landwehrmänn« zusammen. Es hatten sich auf der Elisabethstraße gegen 2000 Mann eingefunden. Da hier jedoch der Andrang des Publikums zu groß war, als daß sich eine Ordnung hätte ermöglich» lassen, so wurden die Mann schaften nach dem kleinen Exercirplatze berufen. Da jedoch auch hi« noch ein bedeutender Andrang theils von Angehörigen des Militärs, theils von Neugierigen fattfand, so ergriff man die leider sehr unglückliche Maßregel, ein Detachement Jäger zur Säuberung des Platzes zu requiriren. Denn diese Maßregel gab den Anlaß zu einem bedauerlichen Konflikt. Schon das Erscheinen des Detachements erregte bei einem groß» Theil der Einberuf»», von denen wohl viele dm Abschiedstrunk noch nicht vollständig verdaut hattm, Unzufriedenheit, die in Hellen Flammen aufschluz, als ein Jäg« aus Versehen den Sohn eines Wehrmannes, der seinen Vater auf d» Platz begleitet hatte, etwas unsanft bei Seite schob. Sogleich nahm eine große Anzahl für den Knaben und gegen den Jäger Partei und die theilweise begonnme Aufstellung ging im Augenblick in einem ungeheurm Tumult unter, der noch dadurch erhöht wurde, daß der commandirende Jägeroffizier die Hirschfänger aufpflanzen und Carrö formiren ließ. Erst als das Jägerdetachement den Platz verlassen, kehrte die Ruhe wieder. Da jedoch die große Anzahl und die aufgeregte Stiminung das Verlesen d« Mann schaften erschwert», so wurden die Landwehrmannschasten bis um 1 Uhr beurlaubt. Inzwischen war jedoch auf die Meldung des qu. Vorfalles das Jägerbataillon alarmirt word», und rückte, eben als die Landwehrmannschaften auseinandergingen, compagnieweise von drei verschiedenen Seiten auf den Platz. Dies war das Signal zu einem neuen Tumult, d« sich erst legte, als die amvesenden Landwehr- und Linien-Infanterie- Offiziere die Reservisten aus dem wirren Haufen truppmweise formirten und nach dem Neumarkt dirigirten, um dort das Ver lesen sortzusetzen. Gänzlich wurde die Ruhe «st hergestellt, nach dem die Jäger die Hirschfänger von den Büchsen abgenommm und Herr Lberstlieutenaut von Well« eine begütigende An sprache gehalten hatte. Gegm 1 Uhr zog» die letzt» zwei Compagnie» des Jägerbataillons (die erst» zwei Compagnie» waren bald nach ihrem Eintreffen entlassen word») ab, wonach das Ordnen d« Mannschaften ohne weiteren Anstand vor sich ging. Von Renitenz war selbst während des größt» Tumults nicht die Rede, die Jnfanterieoffiziere fanden stets und überall Königliches Hoftheater. k. L. In einer so ernsten Zeit, wo man dem 50 Jahr verschlossenen Janustempel wieder zu öffnen droht, findet der CultuS im Musentempel natürlich nicht mehr die gebührende Berücksichtigung. Das Theater war gestern fall ganz le«; auch wir werden in Bettacht der ernsten Zeit die Rubrik des Thea ters etwas kürzer behandeln müssen. Man gab zum 1. Mal: „Auf der Grenze", Schauspiel in 3 Acten von Herrmann Weiß. Der Gegenstand giebt eine Anekdote aus dem Leb» des por tugiesischen Dichters CamöenS ab, d« auf d« Grenze nach Spanien mit dem spanischen Dichter Cervantes zusammentrifft.