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vr,u,»t>r»tS> «»Saab» T mU » BeUaaen VIerteltLbrNch Dresden und «am Deutlchland frei in Oesierreich L «»»gab, » nur mit Feierabend diertelj Dresden und ga», Oesterreich 4,07 ' Feierabend vierteiiLbritch 1,80 In I inz Deutschland frei Hau« ».»» in L — «inzcl-Rummer IO ^ > ersch stund- eini die Zeituni >oim> . in den ersten I erscheint spSter. I Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit UnteVhatt«ng»beil«rse Die illuftvievte Zeit «nd Ssnntagsbeilage Feievabend «imahme don »eschLstSanje anjeigcn ^ " alp An»«ig,»i :Iac» bis dt« SV Uhr, von FLintlien-1 _ ^ i» II Uhr. re>» für die Petit-S-attzette 20 Im SieUameieil »0 I.I ür undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus- gegebene »in,eigen können wir die Verantwortlichkeit sür die! Richtigkeit des Textes nicht übernehmen. Redaktions-Sprechstunde: 10 bis II Uhr vormittags. kr Rückgabe-in ...... nicht verbind»:» gestigt tst. Brief, Nr. 146 Geschäftsstelle und Redaktton Dresden'A. 16, Holbeinstrahe 46 Freitag den 27. Juni 1913 Fernsprecher 1366 12. Jahrg Wochenrundschau Nach uferlosen Debatten ist im Reichstage am Dienstag dieser Woche endlich die zweite Lesung der Wehrvorlage beendigt worden. Die Sozialdemokraten haben vergeblich versucht, durch endloses Reden der Verabschiedung der Militärvorlage ernste Schwierigkeiten zu bereiten; die bürgerlichen Parteien durchschauten die Taktik der roten Volksvertreter, und so kam es, daß in den letzten Tagen der zweiten Beratung der Wehrvorlage fast ausschließlich sozial- demokratische Abgeordnete zu Worte kamen. Die stärkste Partei im Reichstage hat durch ihre gescheiterte Obstruktion gezeigt, daß sie wohl in der Lage ist, Gesetzesvorlagen zu verschleppen, aber nicht fähig ist, ohne fremde Hilfe die Oberhand zu gewinnen. Die Sozialdemokratie hat sich wieder einmal als vaterlandsfeindlich erwiesen und dadurch nur erreicht, daß sich die übrigen Parteien enger zusammen- fanden und ihrer Interessengemeinschaft sich bewußt wur den. Das zeigt vor allem der Ausgang der Kompromiß verhandlungen über die Deckungsfrage und die Verhand- lungen in der Budgetkomniission überhaupt. Schneller als man erwarten durfte, sind die Beratungen der Kommission zu einem guten Ende gediehen. Natürlich kann man das Ergebnis der Verhandlungen nicht als ideal bezeichnen; das ist ausgeschlossen, wenn die Grundlage von Verhandlungen ein Kompromiß bildet, das notgedrungen seine Licht- und Schattenseiten hat. Nichtsdestoweniger kann man im großen und ganzen mit der zustandegekommenen Lösung der Deckungsfrage zufrieden fein, und der Umstand, daß schon in der Kommission alle bürgerlichen Parteien mit Aus nahme der Konservativen sich auf den Boden des Kompro misses gestellt haben, gibt der Hoffnung Berechtigung, daß auch im Lande die Einigung in der Deckungsfrage eine wenn nicht gerade freundliche, so doch rirhige Aufnahme finden wird. Im Plenum wird an dem Krompromiß ge- wiß hier und da noch eine Aenderung vorgenommcn wer den, im großen und ganzen wird es aber bei dem bleiben müssen, was die Kommission geschaffen hat, wenn nicht das ganze Werk wieder gefährdet werden soll. In der französischen Kammer werden die Debatten über die Wiedereinführung der dreijährigen Dienstzeit fortgesetzt. Natürlich müssen aufreizende Reden gegen Deutschland die Argumentationen der Regierung unterstützen. Die aphoristischen Knallerbsen Etiennes, des streitbaren französischen Kriegsgewaltigen, und der merk würdig grotesk aggressive Ton seiner Stegrcifreden zeigen deutlich, daß die Ausführungen des Herrn Etienne durch keine übergroße Sachkenntnis getrübt sind. In einer der letzten Sitzungen in der französischen Kammer sorgte der französische Liebknecht, Herr Iaurds, dadurch für eine große Sensation, als er den Negicrungskommissar durch eine direkte Apostrophierung zwang, zuzugcben, daß der Gene ralstab bei der Berechnung der Mannschaftsvermehrung einen Rechenfehler begangen habe. Jauräs hatte ausge rechnet, daß die Vermehrung des Mannschaftsbestandes nur 70 000 Mann betrage, während nach den Berechnungen des Originelles aus alten Reisebüchern Von Franz Wich mann H (Nachdnick nicht gestattet) Aber auch damit war die Fülle des Gepäcks noch keines wegs erschöpft. Wohl versehen mußte man mit Waffen sein, einen guten Stock zum Bergsteigen und Ucberspringen von Gräben, ein Fernglas, des weitern einen Spiegel. Kamm, Kreide, Näucher- und Wachskerzen, Beifuß zum Einlegen in die Schuhe, um die Müdigkeit zu vertreiben, so wie einen ausgiebigen Proviant bei sich haben, der vor wiegend aus Schinken, gebratenem Fleisch, Brot, Käse, Butter, Knoblauch und Vrannttvein bestand. Was das mitzunehmende Geld betraf, so wurde dessen Verwahrung ganz besondere Sorgfalt zuteil. An kleinem Gelde trug man nur den täglichen Bedarf, die Hauptsumme aber in Gold bei sich, und diese wurde aufs peinlichste ver- steckt. Tie Truhe und das Felleisen erschienen dafür nicht sicher genug. Man verbarg das Geld in Büchern, in Wachs tafeln, steckte es in ausgchöhltes Brot, in das Innere von Stöcken, in die Schuhe oder barg es an nicht näher zu be zeichnenden unsauberen Orten. Nachtreisen empfahlen die Reisebücher, wenn irgend möglich, zu vermeiden, wegen allerhand Ungelcgenheiten pnd der „Irrwisch oder Nachtlichtlein wegen, die manchen verführet". Auch sollte man in Wäldern wegen der wilden ^«re. Räuber und Gespenster nicht über Nacht bleiben. Nicht weniger als die Nacht aber scheute man die Kälte. Um sich vor ihr zu schützen, zog man Mh«i8WÄDen an, wusch di« Füße mit Branntwein, legte Sa »horsten und warme Kleie in die Schuhe, trank Glühwein und würzte die Fleisch brühe mit Kalmus, Knoblauch, Ingwer und Muskatnuß. Ä^gen Frostbeulen versah man sich mit einer Salbe von Generalstabes diese Vermehrung auf 184 000 Mann ange geben wurde. Man braucht übrigens nicht daran zu zwei feln, daß trotz der fortdauernden Opposition der Sozial demokraten Herr Barthou die dreijährige Dienstzeit durch setzen wird. Jedenfalls ist die Position des Herrn Barthon dadurch etwas gefestigt, daß er in instinktiver Erkenntnis der politschen Lage sein Kabinett nicht der Gefahr aussetzen will, durch ein bestimmtes Eintreten für die Wahlreform sich irgendwie festzulcgen. Herr Poincarck ist in London mit allen ihm gebührenden Ehren empfangen worden und hat die kurze Zeit seines englischen Besuches benutzt, uni eifrig für eine innigere Gestaltung der Entente rordiale Stim- mung zu machen. Es ist bezeichnend für die französische Presse, daß sie in der doch eigentlich selbstverständlichen Höflichkeit der englischen Gastfreundschaft eine ausge- sprochene Spitze gegen Deutschland zu erblicken vermag. Marokko ,nacht sowohl Frankreich als Spanien aufs neue zu schaffen. Die netten Kämpfe, die die Spanier und Franzosen in Marokko auszutragen haben, haben auf eine derartige Beunruhigung der Eingeborenen schließen lassen, daß eine umfassende Offensivbewegung nötig erscheinen muß. Wenn auch Graf Romanones auf seinen Versuch, Frankreich zu einer Kooperation in Marokko zu bewegen, einen abschlägigen Bescheid bekommen hatte, so scheint man doch jetzt in Frankreich einer Verständigung mit Spanien nicht ganz abgeneigt zu sein. In Madrid zirkuliert zurzeit das Gerücht, daß Tctuan gefallen sei, eine amtliche Bestäti gung jedoch ist darüber noch nicht erfolgt. Der ungarische Ministerpräsident, Graf Tisza, verwahrte sich in einer sehr bedeutsamen Rede über die österreichisch-ungarische Balkanpolitik in sehr deutlicher Form dagegen, daß von russischer Seite eine Vormacht stellung gegenüber dem Balkanbund angestrebt wird und daß versucht wird, dem Balkanbuud eine gegen den Drei bund gerichtete Spitze zu geben. Es ist zweifellos, daß man gegen solche russischen Absichten nicht früh genug Protest einlegen kann, da mit einer derartigen Politik Rußland die Bahnen friedlichen Zusammenwirkens aller europäischen Mächte verlassen würde. Eine solche Veränderung der russi schen Politik müßte nicht nur Oesterreich-Ungarn, sondern auch alle anderen Mächte, insbesondere Deutschland und Italien berühren. Die neue Balkankrise hat sich ziemlich uner warteterweise trotz des mahnenden und warnenden Tele gramms des Zaren keineswegs gebessert, sondern eher zuge spitzt. Die Petersburger Konferenz, durch welche die vier Könige ihren Streit der Entscheidung des Haren überlassen sollten, ist nicht zusammengekommen rMV'lnan kann heute kaum daran zweifeln, daß sämtlichen Balkanstaaten die Entscheidung die liebste wäre, welche ein Krieg bringen müßte. Bulgarien ist nicht gesonnen, den festen Boden des Bündnisvertrages zu verlassen und verlangt nach wie vor von Serbien, daß es seine Forderung einer Revision des Bündnis- und Tcilungsvertwges aufgebe. Allerdings scheint nach den neuesten Meldungen Serbien sich eines besseren besinnen zu wollen, so daß die Annahme, daß der Ocl, Salz und Nesseln, waren die Glieder erstarrt, so sollte man sie nickt mit Feuer oder warmem, sondern nur mit kaltem Wasser behandeln, gebratene Rüben oder Aepfel darauf legen und sie mit Asche von verbrannten Hasen bälgen bestreuen. Unterwegs zu erkranken erschien den alten Neisebückern als das allerschlimmste, und auf allerlei hygienische Vorschriften wurde deshalb großes Gewicht ge legt. So richtig es war, besonders die Mäßigkeit zu be tonen, klingen uns doch die zur Erhaltung der Gesundheit empfohlenen Mittel heutzutage sehr komisch. Da soll man bei heißem Wetter möglichst wenig sprechen, um nicht den Durst zu pcrmchren und hernach kaltes oder schmutziges Wasser hineinzutriicken. Vor dem Genüsse eines solchen aber erscheint es ratsam, wenigstens Tberiak oder Knoblauch hineinzutun, lehmiges Wasser mit Salz und trübes mit Alaun zu re.inigcn. Die schädlichen Wirkungen eine? kalten Trunkes mildert man durch Beimischung von Zucker und Brosamen, oder nimmt Salz, Pfefferkörner, einen Stein und ähnliches unter die Zunge. Besser indessen als kaltes Wasser zu trinken, ist es, Obst zu essen, Süßholzwurzcln oder Feigen zu kauen, Brot in Wasser aufzuweichcn und cs, mit Wein begossen, zu sich zu nehmen. Gefährlicher aber noch als Trank und Speise erweisen sich dem Reisenden Bären und Wölfe, und kommen solche in Sicht, so gibt der biedere „getreue Reisgefert" den Rat, sich auf die Erde zu legen und den Atem stark an sich zu halten, als ob man tot wäre. Auch Anstandsregeln nach Art eines Knigge w"rden in den damaligen Reiseführern nicht vergessen. Vornehmen Leuten muß man auch in der Fremde ausweichen, vor ihnen vom Pferde oder aus den« Wagen steigen und die „Ehre antun", jedem Begegnenden einen freundlichen Gruß bieten und Glück wünschen, den Hut tief abziehen, gegen Bettler serbisch-bulgarische Konflikt noch unblutig gelöst werden könne, durch die in den letzten Tagen häufiger gewordenen serbischen Nückzugskanono.den wieder etwas mehr festen Boden gewinnt. Die Lage ist natürlich nach wie vor sehr ernst. Besonders bedauerlich ist cs auch, daß gerade in dieser kritischen Zeit der russische Minister des Aeußern, SasanoW, erkrankt ist und seinen persönlichen Einfluß nickit so geltend machen kann, wie es im Interesse des europäischen Gleich gewichtes zu wünschen wäre. In jeder Verschleppung des Konfliktes liegt die große Gefahr, daß konzentrierte kriegs bereite und natürlich auch sehr gereizte Armeen jeden Augenblick aneinander geraten können. Zu einigen blu tigen Köpfen ist es ja schon mehrfach gekommen. Der ser bische Ministerpräsident Paschitsch hat seine Demission zu- rückgenommen, und Optimisten glauben, daß durch den Ver- bleib des Kabinetts Paschitschs die Kriegsgefahr geschwunden sei und in einigen Tagen die Demobilisierung der Balkan- armcen erfolgen werde. knlenlk eonliialk Herr Poincarä ist in London eingetroffen und mit all den Ehren, die dem Staatsoberhaupt einer Großmacht ge bühren, empfangen worden. Die nie versagende englisckie Gastfreundschaft läßt cs sich natürlich nicht nehmen, .Herrn Poincarä die Londoner Tage möglichst angenehm zu ge stalten, zumal der Wunsch in England allgemein verbreitet ist, mit Frankreich in freundschaftlichem Verhältnis zu stehen. Herr Poinearck, der sich mit so großer Klugheit zum Haupte Frankreichs cmporgearbcitet hat, ist zweifellos ein geeigneter Repräsentant seines an Aeußerlichkeitcn haften den Volkes und schon sein ganzes Exterieur unterscheidet sich vorteilhaft von dem seines Vorgängers Fallidrcs, welcher auch auf dem Präsidentenstuhl die biedere Maske des fran zösischen Spießbürgers Vicht oblegen konnte. Aber Herr Poincarck hat zweifellos während seiner kurzen Regiernngs- zeit hauptsächlich auch bei denen an Prestige verloren, die ihm über den Kopf seiner Nebenbuhler hinweg die Präsi dentschaft Frankreichs in den Schoß legten. Man glaubte in dem neuen Präsidenten einen Mann gefunden zu haben, der sich dadurch von seinen Vorgängern unterscheidet, daß er in die aktuelle Politik tätig eingriff, selbstverständlich im Sinne der Politik seiner Wähler. Es war vielleicht nicht unklug von Herrn Voinearck, daß er auf diese Inten tionen nicht einging und sich lieber wieder zum Eß- und Trinkpräsidcnten degradierte. Herr Poincarä blieb nach wie vor der „Eumtator", der große Zauderer, von dem man einstens in der Kämmet das Wort geprägt hatte: II eanrt «'npktanir, das heißt aus gut Deutsch: er läuft davon, um nicht Farbe bekennen zu müssen. Zweifellos eignet dieser Mangel an Originalität und an offener Impulsivität Herrn Poinearv gerade des wegen besser zum Haupte Frankreichs, wo die Kabinette wie Pilze aus der Erde hervorschießen und die Minister und die öffentliche Meinung wie ein Hemd gewechselt werde». Herr Poincarck ist nicht kalt und nicht heiß, e: ist weder Milita'ist noch Chauvinist, er ist höchstens Zyniker und Opportunist. wohltätig sich zeigen, beim Essen in der Herberge nicht viel reden, schamhaft und geziemend gegen den Wirt und dessen Töchter sein, sowie strengstens jede Religionsdisputation vermeiden. Das Geben von Trinkgelder» finden wir nicht weiter erwähnt, dagegen wird den Reisenden geraten, sobald ihnen an den Stadttoren Schwierigkeiten wegen des Ein lasses gemacht werden, die getreuen Wächter mit einem in die Hand gedrückten Stück Geld umziislimmen. Die Fürsorge der einstigen Neisebücher gebt so weit, daß sie sich um das Wohlergehen de? Reisende» auch noch naeb der glücklichen Heimkehr bekümmern und ilm vor allem anleiten, den rechten Nutzen aus seiner Reise zu ziehen. Was die Heimfahrt selbst betrisst, so wird ganz richtig empfohlen, für diese eine andere Route als den Herweg zu wählen, uni desto mehr zu sehen, auch soll man nicht ebne teure und seltene Dinge für die Seinen nach Haute kommen und andere alS Andenken für sich selbst behalte». Von seinen Reiseerlebnissen große und viele Worte zu machen, erscheint als unziemlich, dagegen soll man mit den in der Fremde ge- wonnenen Freunden und Bekannten in Briefwechsel bleiben, die eigenen Erfahrungen mit den Erzählungen und Schrit ten anderer vergleiche» und dann erst alles in eine ordent liche Beschreibung bringen. Alles gute und vernünftige Ratschläge, von denen der letzte, den der wackere Martin Zeiller gibt, gewiß auch noch heute die vollste Anerkennung verdient. Gegen den Schluß seines „Fidus Achates" näm lich ermahnt er den heimgckehrten Reisenden, sich nun auch wieder in seines Vaterlandes ehrliche, löbliche und zulässige Sitten und Gewohnheiten zu schicken, dagegen die fremden, den Seinigen ungewohnten Gebärden, die seltsame fremd- ländisck-e Haartracht abzutun und sich seine Muttersprache wieder anzuaewöbncn.