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EIMall und Aiycher. Amtsötatt der MW. AmtShailptmaimschast Großenhain, des König!. Amstgerichts and des Sttdttaths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 105. 4t. Zahrg. TovnerSlag, den 6. September 1888. Erscheint in Nieja wöchentlich dreimal: Dten-rag, Donnerstag und Sonnabend- — «vonnemenspreis vierteljährlich 1 Mark 2d Psg. — Bestellungen nehmen alle xaijerl. Postanstalten, Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (1. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem auSgcbreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, erbitten wir uns ins Montag, ,cip. Mittwoch oder Freitag, vormittag- 8 Uir. Jnsertion-prei- die dreigespaltene EorouSMe oder deren Raum 10 Psg. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 5. September 1888. — Nach einer Pause von fünf Jahren sand am letzten Sonntag in unseier Stabt ein allge meines Schulfest statt, das im Stadipark abze halten wurde.' Mittags 1 Uhr setzte sich der lange, bunte Zug unter den Klängen zweier Musikchöre von der oberen Schule an der Kastanienstraße aus in Be wegung, passirte die Kastanienstraße, die Kaiolastiaße, die Wettinerstraße, die Hauptstraße und bog die Park straße nach dem Festplatz: ein. Der Zug inmitten der mit Fahnen und Flaggen reichgcschmücklen Straßen bot einen herrlichen, malerischen Anblick Par: Die Kinder alle festlich gekleidet, die Mädchen weiß ge kleidet, mit Schärpen in den sächsischen und deutschen Farben und in den Ri-saec Stadlsarben, Blumen und K'änze im Haar, Fahnen und Fähnchen und grünum wundene Reisenstäbe in der Hand, die Knaben mit Blumensträußchen an den Mützen und auf der Brust, die geschmückte Armbrust auf der Schulter und eben falls mit Schärpen in den vorgenannten Farben ver sehen, Fähnchen und bunte Stäbe mit Blumenschmuck tragend, dazu die jugendf-ischen, vor Freude strahlenden Gesichter, — in der Thal ein Schauspiel, daß das Herz jedes Kinderfreundes hocherfreut» mußte. Auf dem Festplatze angekommen, begaben sich die einzelnen ? Classen sofort aaf die ihnen zugetherlten eingefriedrgten Plätze, wo sie von ihren Lehrern und den diesen zur Unterstützung beigegebeoen Herren aus der Bürgerschaft ^n angemessener Weise beschäftigt wurden. Während die größeren Knaben zunächst Bügel abschossen, begannen die kleineren Knaben und die Mädchen sogleich mit verschiedenen Spielen, die zumeist mit Gesang begleitet wurden und für welche von dem Festkomitee die er forderlichen Vorkehrungen getroffen und dre nöthigen Geräthe in ausreichender Weise blschofft worden waren. Zwei Carrouflels, das eine für die Knaben, das andere für die Mädchen bestimmt, waren ununterbrochen in Bewegung, um den Kindern auch in dieser Hinsicht Vergnügen und willkommene Zerstreuung zu bieten. Ebenso war für die Bewirlhung der Kinder mit Semmeln und Würstchen und Bier, wie nicht minder für entsplechende Prämien reichlich gesorgt worden. Es war ein buntbewegtes Leben und Treiben, das sich während deS Nachmittags, begünstigt von dem herr lichsten Festwetter, auf dem Platze entfaltete. Ueberall Lust und Leben, Fröhlichkeit und Scherz, gwürzt durch heitere G-savgsweisen, die bald hier, bald da aus den jugendlichen Kehlen laut und prächtig erschallten. Unter den Spielen sei ein Reigen, der von den oberen Classen der höheren Bürgerschule mit Musikbegleitung ausge führt wurde, noch besonders hervorg-hoben. Das nach vielen Hunderten zählende anwesende Publikum folgte den festlichen Veranstaltungen mit größter Aufmerk samkeit und Theilnahme. Dank den umfassenden Vor arbeiten in den Commissionen ging Alles glatt, ohne Unterbrechung und irgendwelcher Störung, von statten. Auf dem Conzertplatze des Parkes conzertirte während deS Festes das hiesige Militärmusikcorps. AbendS '/,7 Uhr rüstete man sich zum Aufbruch. Bei dem Einzuge in die Stadt, der gleich dem AuSzuge mit Musik stattfand und die Partstraße, die Schulstraße, den oberen Theil der Kastanienstraße, die Schützenstraße und die Hauptstraße passirte, erreichte die Festfreude der Kinder ihren Höhepunkt. Lieder und Hochrufe, die fort und fort angestimmt wurden, gaben lauteS Zeugniß davon, daß es der jugendlichen Schaar, die wohl nahezu 1KOO Köpfe zählen mochte, gefallen und daß sie sich vortrefflich amüsirt hatte. Nachdem der Zug auf dem Albertplatze sich im Kreise aufgestellt hatte, hielt Herr Schuldirektor Bach eine Ansprache an die Kinder, in der er sie aufsorderte, für das Freudenfest, daS ihnen bereitet worben, den Lehrern, Eltern und der Stabt sich dankbar zu erweisen. Ei» tausenvstimmiges drei faches Hoch auf die Stabt Riesa erbrauste aus den jugendfrischen Kehlen und im dankbaren Ausblick zu Gott, ber zu dem Feste herrliches Wetter bescherrt, stimmte dre Kinderschaar zum Schluß noch das Lied: „Nun danket Alle Gott!" au. Hierauf löste sich der Zug auf und von den Erlebnissen deS Festtages, die ihnen noch lange Zeit in schöner Erinnerung bleiben werden, begaben sich die Kinder vollbefriedigt an der Hand ihrer Eltern nach Hause. Während des festlichen Actes au! dem Albertplatze hatten die Anwohner in höchst dankenswerlher Weise den Platz mit bengalischem Feuer beleuchtet. Es mag zum Schluffe noch aus drücklich constatirt werben, baß die stäottschen Behörden dem Feste großes Wohlwollen entgegengebracht, daß die Lehrer und die Comrteemitglieber keine Arbeit und Mühe gescheut haben, de» Tag zu verschönen und ihn den Kinsern zu einem wahren Fest- und Freudentage zu machen, wie auch, daß die Einwohnerschaft im Ganzen und Großen dem Kinderfeste gegenüber sich äußerst sympathisch gezeigt Hal. An den Kindern wird es nun sein, dafür dankbar zu sein und solches'Streben durch verdoppelten Fleiß und Lerneifer zu belohnen. Die Mittel sür daS Fest, die sich auf ca. 1500 Mk. beziffern dürften, sind zum Theil durch freiwillige Gabe» aufgebracht worden, zum Theil werden sie aus der Schultasse gedeckt werben. — Infolge in Böhmen niedergegaugenen Wolken bruchs und heftiger Regengüsse wächst der Elbstrom bedeutend und befürchtet man, daß das Wasser auslreten und auch das Elbquai überschwemmen wird; mindestens aber wird das gegenwärtige Hochwasser die Höhe des jenigen vor 4 Wochen erreichen. — Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zelt vom 10. Aug. bis 1. Sept. a. c. im Arganbbrenner bei 5 mm Druck und 150 Litern stündlichen Consum das 15,7 fache dcr Leuchtkraft der deutschen Nocmulkerze von 50 mm Flammenhöhe. — Das Begräbniß des durch stille Verunglückung so plötzlich aus hem Lebe» geschiedenen Küischnermelslers A. Ertel, bewies, wie im Kr«ise der Turner des Schützen-Turn-Vereins, dem der Verblichene angchörte, greuo uftd Leid gemeinschaftlich getragen wirb. Der Verein hatte nicht nur die nöthigen Anordnungen zum Begräbniß getroffen und auch größtentheilS aus Vereinsmttteln bestickten, sondern die Turner und Jungfrauen gaben unter sehr zahlreicher Betherligung dem Dahingegangenen das Geleit zur letzten Ruhestätte, worauf nach der Einsegnung des Tobten durch Herrn Pastor Führer der Turnwart des Vereins folgende Worte sprach: „Wie die Statur im grünen Festgewande Sich jährlich neu mit frischen Blumen schmückt So nabn wir dieses stillen Grabes Rande DaS un« den lhrunn Freund sc früy entrückt. Im rüstgen Jugendaster muht er scheiden, Dcr uns ein Freund, der Turneret ein Hort, Stets srisch und kräftig mußt er vorzu,chrcsten Ein Vorbild allen schter in Thal un» Wort. Wer ihn gekannt, der weiß — mit welcher Liebe, Mit welcher Treue — Freundschaft er gehegt. Wie in der Still' aus edlem Herzenstricbe Hilfreichen Wohlrhüns Tugend er gepflegt. So bitdres Handeln freudig wir bekennen Fromm - kann man nur solch' Thun und Handeln nennen. So seiern wir den Freund, der schlicht im Leben Den Wahlspruch übte: „Frisch, sromm, fröhlich, frei!" Indem wir ihm Geleit zur letzten Ruhe geben. Schlaf ruhig weiter - Freund in stillem Frieden, Auch uns ist ja da« gleiche Loo« beschieben!" — AuS Anlaß der großen Münchener Ausstellungen verkehrt am 15. Sept. d. I. abermals ein Personen extrazug von Reichenbach i. B. nach München zu be deutend ermäßigten Preisen. Abfahrt am 15. Sept. Nachm. 6 Uhr 40 Min. ab Reichenbach, in München am 16. Sept. Bonn. 6 Uhr 35 Min. Die Billet- pceise stellen sich ab Chemnitz 46,40 1., 33,40 2. un 19.20 3. Cl., Leipzig («ayr. Bahnh.) 48,80 l' 35.20 2. und 20,40 3. Cl. Die BilletS, welch« bereits am 13. Sept, gelöst werden können und em« 10 tägige Gültigkeit haben, berechtige» auf der Rück reise zu je einer Fahrtunterbrechung auf den bayrische» und sächsischen Bahnstrecken. — Die ledige A. Müller aus Schönnewitz bei Oschatz, 22 Jahre alt, hat sich am 3. d. M. früh, 7—8 Uhr nach Schmorkau begeben. AIS sie nun an dem in der Nähe letzteren OrtS gelegenen Gehölz vorüber gegangen, ist sie von 3 daselbst postirt ge wesenen unbekannten Männern überfallen in daS Ge hölz gebracht, gemißhandelt und um ihre Baarsch-fl !3 Mark) und 1 Ring beraubt worden. Vpn der Landgendarmerie der köaigl. Amtsh-uptMännschäft Oschatz sind die Recherchen Behufs Ermittelung der ziemlich genau stgnalisi ten Thäter sofort angesteÜt worden, und werden hoffentlich zur Entdeckung der selben führen. — DaS „Dr. I." erinnert heute an die Einführung der Verfassung in Sachsen, indem eS Folgendes schreibt: „Der überall in Sachsen mit hoher Begeisterung be gangene», der Freude über die errungene Einheit deS Reiches gewidmeten Feier des 2. September folgt heute für unser engeres Vaterland ein Gedenktag, der bei seiner Wiederkehr stets von Neuem daS Gefühl der Freude und Genugthuung, deS innigste» DankeS gegen die gnädige Führung der Vorsehung hervorryst. Denn Segen in reichstem Maße hat sich für Sachsen an die Verkündigung der Verfassungsurkunde geknüpft, welche heute vor 57 Jahren durch Sc. Majestät den Köstig Anton Vom Thron herab dem Landtagsmarschall über geben wurde. Daß der Tag der VerfäffungSverkündung als ein Freudentag erscheint, ist ebenso das Verdienst Derer, welche vor Jahren in gemeinsamen Wirken daS Zustandekommen der Verfaffung erreicht haben, als Derjenigen, welche auf dem neugeschaffenen Gxunde fort gebaut und im Rahmen der Verfaffung während der verflossenen 57 Jahre zum Wohle Sachsens weiter- gea,beitetet haben. Wie die Verfaffung selbst das Er- gebniß ernster und gründlicher Erwägungen, gereifter praktischer Erfahrungen und vor Allem eines vollen Einverständnisses zwischen LaNdständen und Negierung war, so haben auch in der Folgezeit treue Arbeit, patriotische Hingabe für daS Wohl der Gesammthejt uc,d ungetrübte» Einvernehmen zwischen Regierung und Ständen jederzeit zusammengewirkt uni) Sachsen zu dem wohlgeordneten, in jeder Beziehung glücklichen Lande gemacht, als welches es sich heute unbestritten tarstellt. Und daß auch unter der Herrschaft det Ver fassung das alte hohe Kleinod des sächsischen ÄolkeS, die Treue und Anhänglichkeit zu dem angestammten erlauchten Henscherhause, von seinem Glanze, nicht verloren hat, daS bedarf heute keiner besonderen Ver sicherung. So schweift unser Mick heute dankbar zu rück und freudig nach vorwärts. Denn wohlbegründet ist die Zuversicht, daß der Segen deS Ereignisses, dessen Gedenken wir heute feiern, noch lange, lange Zeit zum Wohle unseres Vaterlandes fortwirke» wird. — Es dürfte angemessen sein, gegen ein falsche- und gesundheitswidriges Verfahren vieler Mütser einige Worte zu sagen. Jetzt, wo die Tage besonder- am Morgen und Abend wesentlich kühler geworden, sind vnle Mütlter bemüht, ihre Lieblmge dadurch vor Er kältung zu schützen, daß sie diesen ein dicke- wollene- Hals tuch umschlingen, das man nicht selten den ganzen Tag über am Halse der Kinder sieht. Wer nun schon jetzt ein dickes, wollene-Halstuch trägt, wie viele muß der bei großer Kälte tragen? ES ist gewiß, daß gerade durch diese Verzärtelei die Kinder zu Halskrankheiten erst geneigt gemacht werden, was man doch verhüten wollte; darum also fort mit den HalSeinpackungen.