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KL. Jahrgang. LSI. Frettag, IL. Oktober 1SI7. OrahtansHrtst! Sltuhrkthten Amrsprocher-Sammelimimner: «»«41. «ur str NachtgelprSch«: LV0U. t b, Dr»^«» «>» «er«««, »et Zutr»Vlu, <«> Sean-«» vlmt»«» Imt« »et etnmali»« Zultelm, dm» dt, Post ,lch»e »chellgüd» ».«a M.. menetlt» l.» M- »n^iam-Pretle. vte«bii»«Ut^ 3«U« t^«a «Sll»«i>»Pf. ««pi^pirtze u. «n«l^n I, N»«m«ni «ach Gann-a. Feiertagen lt. Lartf. ««/»Tmnmgqrlchla,. — Nu»». Anstr. ^g, «onmrd^Lhl. — Veit,1,1. 10 pst Schrkslleüung und Lauptgeschüft-strll«: «arienstrahe »8/4«. Drua «. Balag von Stepsch » «eicharbt ln Drerde». Mt «tl de,»ich« Onrlemn^d« <.Dre»dn» «achr.1 pUW». — UnDerkm^e SchrittlNlck« wer»«, nicht austkwLhrst Kostüms Slactistsin Rfilsönitssr 8tnsÜo IS, /ilsunstravs 1, lidssolstjorior 8tr»üo 5 »llliitvillMklMiia IeaN»til»»»n»»ech, normet un<1 kert »rdoitenä, IO» 8t. U. soo St. 8. I«X> SI. ». ««,«>. g«o>tungsn In» steig gegen Vereinten«»»,, rurügl. I'orto. (8^1 "ön>3>- u.?rlnü>. 0r«r«>sn ttokliekersnt V-«»g»r. LS. Konkelck.-Xdtell. sserckinanckplatr. I^Isnitr Leickendsu» prsxer 8trrbe 14. IstMNI« Ikl^IM» nm-X«IoU dlütsi- TLliTL!'? Der Reichstag and die Regiernng über zensursragen. Berta«»«, de» Reichst»«« bi» ,«« S. Dezember. — Sie krllSrungen de» Staat,seiretSr» b. Kapelle. — Ser Mabrulk i» a»il«»b. — Starter Milia«« der e»ilischen kiusuhr. — Sie Mfische Zweite Kammer über die Resarm der Ersten Kammer. Ser bentiche «benbbericht. Verl in. II. Okt.. abends. l«mtlich. W. T. v.) Seine gröberen Kampshandlnnge«. SeNerreichlsch-mtsmischrr Kriearbericht. Wie«, 11. Okt. Amtlich wird verlantdnrt: Auf keinem Kriegsschauplatz größere Kampfhandlungen. sW. TB.) Der Chef deSGeneralstabS. Senat! fragt und als er keine befriedigende Auskunft gab. weil er als Notar nicht ganz saubere Geschäfte zu machen pflegte, war der Beweis, daß er ebenfalls ein Verräter sei. für die öffentliche Meinung fix und fertig. Er wurde mitsamt seiner Frau hinter Schloß und Riegel genommen und harrt nun der Aburteilung wegen Hochverrats, den er durch Be günstigung deutscher „Friedensnmtricbc" begangen haben soll. I Turmel ist aber auch noch nicht der richtige Verräter eomms ^ il kaut. Er steht kaum ein ivcnig höher als Almerenda und wird ebenfalls nur als ein „mauvais sujvt" bewertet,! der sich durch lumpige Tausende bestechen läßt. Da ist doch! der Bolo-Pascha ein ganz anderer Kerl. Der tut cs Go hallt jetzt der Ruf in Frankreich auf allen Gassen, in der Presse und im Parlament. Damit ist die von hyste- rischen Krampfanfällen zerrissene öffentliche Meinung der dritten Republik bei dem Stadium angelangt, das er fahrungsgemäß der völligen Erschlaffung vorherzugehcn pflegt, der Erschlaffung und Erschöpfung, von der Präsident Poincars, der Verderber des Landes, schon das erste An zeichen gegeben hat. indem er in einer Rede die bezeich nende Aeußerung fallen ließ, die französische Nation werde! sich zur Not mit dem Siege ihrer zivilisatorischen Ideen begnügen, falls nicht alle anderen Kriegsziele erreicht wer den könnten. Die psychologische Stufenleiter, auf der die Franzosen hinabgleiten, wird gekennzeichnet durch die vier Sprossen: Annexion, Desanncxion, Verrat, Obsieg der fran zösischen Ideen. Als noch alle Welt, Paris sowohl wie die Provinz, Journalisten und Parlamentarier, Minister und Beamte an dem Dogma der Annexion von Elsaß-Lothringen hingen und iede Möglichkeit, daß es auch anders kommen könnte, von der Schwelle aus zurückwiesen. befand sich Frankreich im höchsten Taumel der kriegerischen Ekstase. Dann trat langsam, aber sicher, unter der Wirkung unserer Waffenerfolge und insbesondere unter dem Drucke Ser durch de» Unterseeboot-Krieg verschlechterten wirtschaftlichen Lage eine Abspannung ein; man suchte nach einer Ueberleitung de» nationalen Empfindens auf die russische Formel des Friedens ohne Annexionen und Entschädigungen und fand st« in dem Schlagwort der Desannexion. Die Rückforde rung Elsaß-Lothringens von seinem allein rechtmäßigen Be sitzer Deutschland sollte danach keine Annexion sein, sondern lediglich die Rückgängigmachung einer zu Unrecht voll zogenen deutschen Annexion. Ein echter Advokatcnkntff, würdig der Nation, bei deren schicksalsvollen Entscheidungen immer redegewandte und intrigante Advokaten eine Haupt rolle gespielt haben. Als es aber auch mit der DcSannexion nicht gehe» wollte, kam der unvermeidliche Verrat an die Reihe. Frankreich, das glorreiche, ruhmgckrönte, an der Spitze der Zivilisation marschierende Frankreich kann auf natürliche Weise überhaupt nicht besiegt werden. DaS ist der unerschütterliche Glaube, der jedem waschechten Fran zosen von der Gloire-Fee in die Wiege gelegt wirb. Folg lich muß, wenn die Sache schief geht, ein« finstere, dämonische, rm Dunkeln schltichende Gewalt ihren unheilvollen Einfluß auSüben. und diese Gewalt, diese fürchterliche Macht, gegen die Frankreich mit aller Tapferkeit, allem Heroismus nicht aufkommen kan«, ist — -er Verrat. So war es 1870. als man Bazaine als Verräter ans Messer lieferte, und genau so ist eS heute, wo die Affären Almerevba, Turmel und Bolo-Pascha spielen und die allgemeine Aufmerksamkeit so sehr beschäftigen, >aß darüber das Interesse der Bevölke rung für den Krieg, wie die Zeitungen mit bitteren Be merkungen feststellen, fast ganz in den Hintergrund tritt. Mtt Almereyda fing es an. DaS war aber nur eine untergeordnete Persönlichkeit, ein ins Anarchistische schillernder Sozialist, der im „Bonnet Rouge" tn deutschem Solde Friedensartikel schrieb, wie die auf der Verräter fährte pirschende Meute behauptete. Almereyda wurde als erstes Opfer geschlachtet und starb im Gefängnis etüeS rätselhaften, bi» heute unaufgeklärten Todes. Dann warfen sich Lt« Spürhunde auf den Abgeordneten Turmel. Der N4LL» SWOLLLSW kaff««, wurde wegen der Herkunst des Geldes peinlich be» nicht unter Millionen, und seine Aufgabe als Verräter ist ungeheuerlich, auspcitschend, ganz Frankreich alarmierend. Er ist nämlich von seinen deutschen Geldgebern dazu aus ersehen, nicht bloß Frankreich in den Frieden hinein zubugsieren, svndern — schon der bloße Gedanke macht jeden Franlzosen schaudern — den französische» Geist zu töten und die gesamte Nation mit Hilfe einer fortschreitenden l planmäßigen Beeinflussung durch eine gekaufte Presse und durch ebenfalls gekaufte Minister und Parlamentarier zu germanisieren". Frankreich soll auf diesem Wege seiner zivilisatorischen und nationale» Eigenart ciitsremdct, mit dem Geiste des „preußischen Militarismus" erfüllt und io für ein Bündnis mit Deutschland reif gemacht werden. Das glaubt das französische Publikum alles anss Haar und ist so überzeugt von dem krassen Unsinn, daß die Wut der Menge den „Verräter" umhcultc, als er ins Gefängnis geschasst würde. Bolo-Pascha ist plötzlich der Mann des Tages geworden. Er ist in aller Munde, seine Lcbcns- gcschichie und seine „verräterischen" Pläne bilden fast den ausschließlichen Untcrhaltungsstoff, und ganz Frankreich schwelgt in dem Bewußtsein, daß es endlich den „Richtigen" erwischt hat. Dieser Bolo-Pascha ist ein Tausendsasa. Er kam als Rctrelknabc aus der Levante nach Paris, war nacheinander Wcchsclagent, F-riscurgehiisc, Scifenhändler und Winkeladvokat, machte dann sein Glück durch eine reiche Heirat und ging zuletzt daran, Frankreich zu „ver raten". Ausgerechnet sechs Millionen Mark soll er von der Deutschen Bank für seine Ziele zur Verfügung gestellt erhalten haben, und zwar, um die Sache weniger auffällig zu machen, aus dem Umwege über amerikanische und schwei zerische Banken- Turmel wird beschuldigt, sein Hclscrs- helscr gewesen zu sein: er soll auch auf Bolos Veranlassung den Wortlaut des berüchtigten französisch-russischen Ge- heimvcrtragcs über Elsaß-Lothringen, das Saarbcckcn und Syrien, von dem Ribot in geheimer Kammersitzung Kunde gab. nach Berlin nntgcteilt und cs dadurch dem Reichs kanzler Dr. Michaelis ermöglicht haben, diese ungeheure Hinterhältigkeit der französisch-russischen Gchcimdiplomatic in das Helle Licht der Oesfentlichkcit zu rücken. Alle diese Anschuldigungen werden frischweg hinausposaunt und von den Franzosen ohne weiteres als bare Münze genommen, ohne daß sich das betörte und verblendete Publikum die Mühe gibt, der Sache auf den Grund zu gehen und nach den Beweisen zu fragen. Die Verwirrung aller sittlichen und rechtlichen Begriffe hat heute in Frankreich bereits einen so hohen Grad erlangt, baß der bloße Ruf: „Spion! Verräter!" schon genügt, um einen Menschen zu verderben, ohne daß es Überzeugender Beweise bedarf. Zahlreiche Justizmorde werden fortgesetzt aus solchem Anlaß verübt, und das Hebel ist so groß geworden, das, einige Abgeord nete, die noch über ein gewisses Verantwortungsgefühl ver fügen, cs in der Kammer zur Sprache gebracht haben, doch umsonst. Die Gerechtigkeit wird tn Frankreich erstickt durch die alles beherrschende nationale Leidenschaft, durch den infernalischen Haß gegen alles Deutsche. Darum ist auch nicht zu erwarten, daß die im Gange befindliche Unter suchung gegen die „Verräter" wirklich von dem Bestreben geleitet sein wird, die Wahrheit zu finden. Es ist nur eine Komödie des Rechtes, dazu bestimmt, den Sinn der Oefsent- lichkeit zu umnebeln, um den Eintritt der allgemeinen Er schöpfung des Kriegofanatismus und damit die Abrechnung mit de» wahren Verrätern an den Lebensinteressen der französisch«« «chttv« «vch^vm eine «altzenfrtst Hinan«» hnschteLerir ^, Leutscher Reichstag. Drahtmcldung unsrer Berliner Schristlettuug. (Fortsetzung aus dem Vorabend-Blatt.) Berlin. 11. Okt. Mg. Dr. Müller. Meiningen sfort- sahrend): Es fehlt die Homogenität in der NeichSlcitung und in der Obersten Heeresleitung. Die beim Hilfsdienst gesetz gegebenen Zusagen sind nicht eingehakten worden. Der oberste NcichSbcamte hat Dinge, die bisher das tiefste Geheimnis deckte» unter Formen und Umständen mitgeteilt, die Len größten Schaden für das Deutsche Reich bringen und geradezu verhängnisvoll wirken. Ein Skandal ist cs, wie man die pazifistischen Führer rechtlos macht tn einer Zeit, mo man dem Pazifismus von der Regierung große Zugeständinssc macht. So züchtet man Märtyrer. Das Krregspreffeamt soll jetzt einige Hundert Offiziere beschäf tigen. Es scheint der Mittelpunkt, einer Reptilienmache schlimmster Art zu sein. Unter unerhörtem Druck auf di« Presse übt das Amt eine unselige journalistische Tätigkeit aus. Dadurch stört es den Burgfrieden tn der unerhörtesten Weise. Man verdächtigt den Reichstag immer, als ob er nicht die genügenden Mittel bewilligt habe. Herr v. Olüerg habe bas in seinem Schützeugrabcnbricf offen ausgesprochen. Das ist geradezu eine Verleumdung des Parlaments. (Zn- stimmung.) Nicht Mangel an Mannschaften, sondern an Ausrüstung war an der Marne-Schlacht schuld. Es sicht so aus, als gäbe cs in Deutschland Elemente, die aus einen offenen Konflikt zwischen Regierung und Parla ment hinarbeiten. Nur der feste Bund von Reichsleiiung, Heeresleitung undVvlksvertretuiig kann das Vaterland retten. Wer diesen Bund zu stören sucht, versündigt sich sträflich gegen das deutsche Vaterland. (Lebhafter Beifall links.) Staatssekretär I>r. Helfserich: Sowohl der Reichskanzler wie auch der Kricgsministcr haben hier und im Ausschuß leinen Zweifel darüber ge lassen, daß sie eine a m t l i ch e V c g ü ii st i g n n g irgend einer Agitation nicht billigen und daß sic da gegen entschreiten werden. Die Herren können sich darauf verlassen, daß beide ihre Worte wahr mache» werden. Da mit wird ein großer Teil des hier vorgebrachten Materials seine Erledigung finden. Die Vorwürfe gegen den Reichs tag nach der Richtung hin, als habe er vor Ausbruch des Krieges nicht seine Schuldigkeit getan, als habe sein Ver halten zu der ungenügenden Ausrüstung und Stärke unse res Heeres bcigetragen, entbehren jeder Berechtigung. Ter Reichstag hat den Militürvorlagcn volle Zustimmung ge geben. Ein Vorwurf gegen den Reichstag nach dieser Richtung hin i st überhaupt nicht mög lich. (Beifall.) UnterstaatSsekretär Wallraf: Die politischen Rechte, deren zeitweise Außer kraftsetzung die Rcichsveifassiing und durch sic das preußische Bclagcriingsgcsetz Vorsicht, bilden den Gr und kern st o f f der st a a t s b ü r g e r l i ch c n Freiheit. Mit der Dauer der Zeit muß diese Beengung immer drückende» werden. Unsere Feinde Huben versucht, das deutsche Volk ctiizukreisen wie ein gehetztes Wild. Es ist ihnen aber nicht gelungen. In solcher Zeit ist das oberste Gesetz die Gesund erhaltung des Reichskörpers. Ihm müssen sich alle Wünsche unterordneii. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Unsere Verhandlungen sollen dazu angetan sein, die Meinungen durch Rede und Gegenrede aliöziigleichen. Dem diene ich am besten, wenn ich auf Zurufe nicht eingehe, um nicht die Temperatur in diesem Saale zu erhöhen. (Beifall.) Es handelt sich um die Frage, ob in unserer gegenwärtigen Lage die Bestimmungen über die Zensur oder das B e l a g c r u n g s r c ch t einer Abschmächung, einer Milderung, bedürfen. Solange die Kanonen sprechen, muß ich die Frage verneinen. Wie steht eS denn tn den feindlichen Ländern? England kannte vor dem Kriege keinerlei Zensur. Es war ja noch niemals in einen Daseinskampf verwickelt gewesen. Beim Kriegsausbruch wurde das NcichSvertcidigungsgcsev ge schaffen, wonach der König mit seinen Räten Vorschriften zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und der Verteidigung des Reiches erlassen kann. Von dieser Er mächtigung wurde in weitestem Umfange Gebrauch gemacht. Die Zahl der Verordnungen ist groß. Verboten sind Be richte und Nachrichten, die geeignet sind. Mißstimmung gegen den König zu erregen, den Erfolg der Strcitkräfte zu beeinträchtigen oder die Beziehungen zu auswärtigen Mäch ten zu schädigen oder die Ergänzung von Streitkräftcn zu hemmen. In Frankreich bestand ein Gesetz, das das Vorbild unseres Velagerungs« aesctzes von 1840 ist. Die Militärgcwalt hat danach das Reckt, Veröffentlichungen und Versammlungen zu unter sagen, die geeignet sind, Unordnüng zu erwecke«. Dazu kommt noch ein Pressegesetz, das jede Angabe verbietet, ytz