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Nummer 35 — 24. Jahrgang limal wöchtl. BczugSprciS: für Februar 2.35euuckl Bestellgeld, «nze g «preise: Tie tgesp. Pctstieile 30 Slelleugeiuche 20 H- Tie Petit-Reklamezeile 89 Millimeter breit, 1 .tL. Ossertengebühr für Selbst abholer 20 bei Uebersendung durch die Post austerdeut Portozuschlag. Einzel-Nr. 10. Sonntags-Nr. 15 Leschästltcher Letl: Josef stohmann. Dresden. <s»tchas«sft»u« »er Sächsisch«« >v»lr»«et«nua und Truck und Vrrlaa, Laxonia-Buchdruckerei WmbH- Dr--sk»>».A. lk Holbeinstrahe es. steruriu 82722 Poil- e»»<fso>»oDreS»'»'> ><?!>' SMlWe Donnerstag. 12. Februar 1926 Im Falle Küher«, Gewalt erlischt l«t>e Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung ». «nz.-Luftrügen » Leistung v. Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernlvr. übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt etngesanvte u. mit Rückports nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion v bi» S Uhr nachmittags. SeE.ußjchriftletter: Dr.IosesAlKert.Dr, »den. Kür ckristlioke Politik unü Kultur «»dakltoa dr« Sächsisch»« >l>i>lk«,riiuna Dresden. n. IS Holbcmmake es gerur» M72 u„d S85N> Ministerpräsident Marx Preußen hat nun endlich seinen Ministerpräsidenten erhalten. Im gestrigen Wahlgang ist der frühere Reichs kanzler Marx gewählt worden. Damit wäre man wenig- stens-um einen bedeutenden Schritt in Preußen voran gekommen. Noch vor kurzem drohte die preußische Krise sich zu einer Staatskrise zu erweitern, bis dann schließ lich mit dem Apftauchen des Namens Marx ein Lichtblick in die ganze dunkle Angelegenheit geworfen wurde. Besonders in preußischen Zentrumskreisen, vor allem in Westfalen und im Rheinland verfolgte man die Dinge mit der größten Sorgfalt. Man wußte, um was es sich handelte. Nach Ausbruch der Krise im Reich hatte die Deutsche Volkspartei, weil sie sich auf Gnade uns Ungnade den Deutschnationalen verschrieb (weshalb ist schon früher dargelegt worden), auch in Preußen ihre Minister aus dem Kabinett zurückgezogen und dann schließlich im Verein mit der äußersten Rechten und den Kommunisten die Regierung Braun gestürzt. Sie hatte sich außerdem in anderen Dingen so widerspruchsvoll und „sonderlich" erwiesen, daß kein Zweifel mehr über ihren zukünftigen Kurs bestand. Und so bildete sich jene Situation heraus, in der die Volkspartei all das sabo tirren zu können glaubte, was sie Jahre hindurch im Ver ein mit dem Zentrum, den Demokraten und den Sozial demokraten befürwortete. Dazu kam noch der Umstand, daß die Wähler bei den Wahlen im Dezember ihren un zweifelhaften Willen nach Fortführung der alten Politik der Mitte, das hieß in Preußen nach Aufrechterhaltung der großen Koalition zum Ausdruck gebracht hatten. Die durch die Volkspartei veränderte Sachlage erweckte des halb in den preußischen Wählerkreisen, vor allem in den Zentrumswählermassen die denkbar ungünstigste Stim mung. Schon die Konzessionen des Zentrums an die Rechtsparteien im Reich stellten ein Höchstmaß dar, das nicht mehr überschritten werden dürfte. Diese Stim mung wurde noch um so gereizter, als ein ganz wider wärtiger Kampf der Rechtspresse gegen das Zentrum an allen Enden einsetzte. Hatte man vorher mit Hilfe der Kommunisten das Ministerium Braun gestürzt, so ge dachte man jetzt, durch Zermürbung des preußischen Zen trums eine neue Rechtsregierung aufrichten zu können. Man nahm an, daß auch das Zentrum all das sabotieren würde, wofür es zuvor eingetreten war. Geführt wurde dieser Kampf gegen das Zentrum in der Hauptsache mit Hilfe der bekannten Skandalgeschichten. Aber man täuschte sich allzu schwer. Das Zentrum hat nie daran gedacht, seine Grundsätze aufzugeben, und alles Gerede von dem Auseinanderfallen in einen rechten und linken Flügel blieb leerer Wahn. Ja, es wird in der nächsten Zeit noch manches anders kommen, als man es sich geträumt hat. Man wird auch einmal die Skandalgeschichten einstellen müssen, denn die jetzigen Ankläger im preußischen Untersuchungsausschuß werden sehr bald betrübliche Gesichter machen, wenn die Affäre der Preußischen Staatsbank einmal an die Reihe kommt. Die Rollen werden wechseln, und das Bild wird sich nach der umgekehrten Seite hin entwickeln. Wir werden dann freilich diese Dinge in der Rechtspresse weniger ausführ lich behandelt finden. Aber diese Verhüllungen der jetzigen Enthllllungspresse werden an dem Tatbestand selbst nichts ändern können. Praktisch läuft das Ganze darauf hinaus, daß sich die einzelnen Parteien sowohl aus der rechten wie auf der linken Seite erst bis zum Er schöpfen müde enthüllt haben müssen und jede einzelne Partei soviel Stöße erhalten hat. daß sie erkennt, wie unsinnig sie gehandelt hat. Daß sie aber auch gleich zeitig erkennt, ein wie überaus unwürdiges Schauspiel man dem eigenen Volk und vor allem dem Ausland gibt, wenn man mit Wohlbehagen die Fehler und Schwä chen der eigenen Volksgenossen in derartig skandalöser Weise darbietet. Wir wollen darüber heute kein weiteres Wort verlieren, aber wenn das Ansehen des deutschen Volkes heute einmal wieder bis auf den tiefsten Grad herabaesunken ist, so ist das ein „Verdienst" nicht lediglich der Männer, die in der Nachkriegszeit zum Opfer ihrer Eeschäftsleidenschaft oder ihrer persönlichen Vorteilssucht geworden sind, sondern zum mindesten in genau demselben Maße ein „Verdienst" jener, die diese Einzel vorkommnisse ohne Ehrgefühl vor aller Welt, an jeder Litfaßsäule und in jeder Spalte ihrer Zeitungen auf das schamloseste verbreiten zu müssen glauben, und zwar aus schließlich in parteisüchtiger Verblendung unter Außer achtlassung jeden Wahrheitsbeweises. Marx wird nun versuchen, für Preußen eine der artige Regierung zustande zu bringen, daß sie einerseits den Grundlinien des Zentrums entspricht, zum andern Mal auch eine genügend große parlamentarische Mehr heit hinter sich hat. Eine endgültige Annahme des Mini sterpräsidentenpostens erfolgt von ihm erst dann, wenn er sein Kabinett mit Bestimmtheit bilden kann. Da die beiden Rechtsparteien eine scharfe Oppositionsstellung WeW M er me NWIW! London. 11. Februar. „Daily News" berichtet, es bestätige sich, das; bezüglich der V e r ö f f e n t l i ch u n g des Berichtes der interalliierten Militärkontrollkommission bisher keine Ent scheidung erzielt wurde. Die Bekanntgabe des Dokuments, von dem soviel abhünge, erleide weiterhin eine überaschende und unerwartete Verzögerung. Die letzte zuverlässige Information sei, das; der Bericht nächste Woche bei den Alliierten eingehcn, und daß ervielleichtnie veröffentlicht werden wird, lieber die Frage der Publikation herrsche nämlich eine seltsame Ver schiedenheit der Ansicht. Es scheine, das; die Verzögerung auf die Haltung Großbritanniens zuriickzuführen ist. Man sollte jedoch bedenken, daß britische Staatsmänner die sehr naheliegen den Schlüsse voraussehen müßten, die in Washington und anders wo gezogen werden würden, wenn der Bericht entweder voll kommen unterdrückt oder nur in der Gestalt einer Zusammen setzung veröffentlicht werden wird. Frankreich« Wunsch und Englands „Erfinde" Paris, 11. Februar. Die bevorstehende Erstattung des Schlußberichtes der Kontrollkommission veranlaßt die gesamte Morgenpresse, sich eingehend mit der Sichcrungsfrage zu be fassen. Alle Blätter unterstreichen die Feststellung, daß die Kölner Zone auf Grund ungünstiger Schlußfoigcrungen des Be richtes der Kontrollkommission nicht geräumt werden könne. London, 11. Februar. Die englische Morgenpresse betont noch einmal, das; die Kölner Frage unter keinen Umständen mit irgendeinem anderen politischen Problem in Verbindung ge bracht werden dürfe. Entgegen der französischen Auffassung müsse darauf hingewiesen werden, sagt die Times, daß die bri tische Regierung bei der Aufschiebung der Räumung Kölns lediglich vom juristischen Standpunkt geleitet worden sei. Es sei aller Grund vorhanden, zu glauben, daß Deutschland seine Verpflichtungen in der Entwaffnungssrage nicht erfüllt habe. Aus diesem Grunde einzig und allein sei die Räumung Kölns aufgeschoben worden. Der diplomatische Korrespondent des M IMll WiWlMle Berlin, 11. Februar. Im Steuerausschuß des Reichstages gab gestern Dr. Pspitz einen ausführlichen Bericht über die Absicht der Regierung zur bevorstehenden Steuerreform. Im einzelnen wies er auf den engen untrennbaren Zusammenhang der drei großen, zurzeit schwebenden Fragen, der Aufwer tung, des Finanzausg eiches und der Steuergesetz gebung hin, deren gemeinsame beschleunigte Lösung erstrebt werden müsse. Was insbesondere die Auswertung betrifft, so könne darüber keinesfalls ohne sorgsame Beachtung der Ein nahmen entschieden werden. Die Gesetzentwürfe seien in erster Linie ein Steuer überleitungsgesetz, das sich mit der Frage befasse, was aus den Vorauszahlungen des Jahres 1924 wird, und wie die Barauszahlungen für das Jahr 1925 gestaltet sein sollen. Des weiteren komme zur Behandlung ein neues Einkommen steuergesetz, ein neues Körperschaft st euergesetz, ein Gesetz über Vermögens- und Erbschaftssteuer und endlich ein Gesetz über das Besteurungsrecht von Reich, Ländern und Ge meinden. Ueber ein neues Verbrauchsabgabegesetz sind die Be ratungen noch nicht abgeschlossen. An der Einheitlichkeit der Reichssinanzorganisation wird sestgehalten werden müssen. Dagegen soll in höherem Maße den Behörden der Länder und Gemeinden am Veranlagungs geschäft Beteiligung gewährt werden. Für die wichtige und chwierige Veranlagungsarbeit seien besondere Bewertungsaus chüsse vorgesehen, in denen Reich. Länder und Gemeinden zu- ammenwirken sollen. Weiter werde in dem Gesetz vorgesehen, das; die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer nicht mehr monatlich zu leisten sikid, sondern vierteljährlich. Die Landwirtschaft solle nur dreimal im Jahre Steuern zahlen und zwar am 15. Februar, am 15. Mai und am 15. November. Bei der Einkommensteuer müsse man sobald als möglich wieder zu einer Besteuerung nach dem Ertrag und bei der Vermögenssteuer zu einer Besteuerung nach dem Er- auch gegen Marx einnehmen, so dürfte, wie wir schon vor einigen Tagen bemerkten, zunächst nur ein in der Hauptsache vom Zentrum und von den Demokraten ge stütztes Kabinett zustande kommen. Damit wäre der Kern gebildet, um den die übrigen sich zu sammeln haben. Die Sozialdemokraten haben eine Menge von Konzes sionen an eine solche Regierung gemacht und sogar trotz der Ausschaltung von sozialdemokratischen Ministern ihre volle Unterstützung zugesagt. Man rechnet nur noch mit der Möglichkeit, daß Severing als Fachminister. also nicht als Beauftragter der Sozialdemokratischen Partei ver bleibt. Es handelt sich also bei dieser Entwicklung durch aus nicht um eine Neuauflage der Weimarer Koalition. Marx wird nun die Erweiterung nach rechts ver suchen müssen. Die Unterstützung der Wirtschaftspartei würde bereits „für alle Fälle" eine Mehrheit ergeben. „Daily Telegraph" berichtet, daß nach Vorlegung des Berichles der Kommission Deutschland aufgesordert werden solle, alle Un terlassungen und Verfehlungen wett zu machen, und sobald cs seine Verpflichtungen erfüllt habe, sollte die Räumung der ersten Zone automatisch erfolgen Was das allgemeine Problem der Sicherheit anbelange, so sei der Meinungsaustausch Uber das Genfer Protokoll zwischen London und den Regierungen der Dominions im Gange. Die Meinung in Regierungskreisen gehe dahin, daß den Verhandlungen mit Deutschland interalliierte Verhandlungen vorauszugehen hätten. Ser delM-MrilMMe «elMlm Neuyork, 11. Februar. Der Senat hat gestern am Spät nachmittag den deutsch-amerikanischen Handelsvertrag ange nommen. Gleichzeitig wurden zwei Vo r b e h a l 1 s k l a Il se l n, in denen Amerika sich das Recht Vorbehalt, die Einwan derung so zu regeln, wie cs von der Negierung der Vereinigten Staaten für richtig gehalten wird. Auch Deutschland wird in seinem Recht, die Einwanderung nach den Vereinigten Staaten zu regeln, in keiner Weise beschränkt. Zu der Frage der Gleich berechtigung der deutschen und amerikanischen Schisse in den amerikanischen Gewässern wurde beschlossen, daß die betrestcu- den Bestimmungen für 12 Monate vom Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Krast bleiben sollen. Wenn die betreffenden Bestimmungen nicht 90 Tage vor Ablauf dieser Frist gekündigt werden, bleiben sie weiter in Kraft, und zwar solange, bis der Kongreß beschließt, daß die Bestimmungen außer Kraft treten sollen. Die Regelung -er Reparattonsabgabe London, 11. Februar. Parker Gilbert, der Generalagent für die Reparationszahlungen, setzte gestern seine Verhandlungen mit dem britischen Schatzamt über die 26prozentige Neparations- abgabe fort. Man glaubt, das; man im Prinzip zu einer Eini gung gelangt sei. Das Abkommen solle dem Transferkomitee in seiner Sitzung am 18. Februar vorgelegt werden. tragswert kommen. Das Maximum der Einkommen belastung werde nicht über 33,3 Zrozent hinaus gehen dürfen. Für den Tarif werde man wie bisher von 10 Prozent ausgehen müssen. Wenn der Reichsrat nichts wesentliches ändere, werden künftig bei 24 000 Mark Einkommen 15 Prozent, bei 48 000 Mark 20 Prozent, kurz vor 100 000 Mark 25 Prozent weg gesteuert, die 33,3 Prozent werden kurz vor 600 000 Mark er reicht. Bei der Vermögenssteuer muß man an den ver hältnismäßig hohen Satz von 0,5 Prozent feslhalte». Aus dem Gebiete der Kapitalverkehrssteuer werden gewisse Aenderungen der Steuergesetze vorgeschlagen. Dagegen wird man aus dem Gebiete der K v r p e r s ch a s t s st e u e r nicht bei den bisherigen Sätzen bleiben können. Was das Problem des steuersreien Lohnbetrages betrisst, so sei eine Heraussetzung nicht er träglich. Bedeute doch die von einer Partei vorgeschlagene HeraufsetzMg auf 100 Mark monatstch einen jährlichen Ausfall von mehr als 700 Millionen Mark. Die Fraktion der Bayrischen Volkspartei. Leicht und Ge nossen. hat dem Reichstag einen Antrag unterbreitet: Der Reichstag wolle beschließen: die Reichsregierung zu er suchen, die S t e u e r v e rz u g s z i n s e n in der Höhe des je weiligen Reichsbankdiskontes sestzusetzen. Das ist ein durchaus zeitgemäßer Antrag, denn nachgerade wirkt die Höhe der Zinsen, die sür Steuerverzug gefordert werden, direkt konsiskatorisch. Damit entsteht eine Belastung, die oft die empfindlichsten Rückwirkungen für die Steuerzahler hat, möge cs sich nun um Private oder um Geschäfte handeln. Bei der Fülle der Steuern — hat man doch ausgerechnet, daß ein Geschäftsmann an 67 Tagen des Jahres nicht anderes zu tun hat. als sich mit steuerlichen Dingen zu beschäftigen und Steuer zahlungen zu leisten — ist es sehr leicht möglich, das; ein Sleucr- termin übergangen wird, und schon eine Verzögerung der Frist zieht Zuschläge von ganz ungeheurer Höhe nach sich. In der Zeit der Inflation und des schwindenden Geldwertes mochte eine solche Maßnahme berechtigt sein, heute ist sic es nicht mehr. Wir müssen auch in diesem Punkte wieder zu geordneten Verhält nissen kommen. Man ist aber noch nicht ganz im klaren, ob diese Partei geschlossen mitmacht. Ebenso kämen als kleinere Partei die Hannoveraner in Frage, von denen man annimmt, daß sie nicht abgeneigt sind. Aber Marx wird auch er neut heute mit der Volkspartei in Verbindung treten, um auch sie zu einer realen Politik zu bewegen. Wesent- lich ist heute folgendes: Die Rechtsparteien haben keinen Grund mehr, sich von der Anteilnahme am Kabinett Marx auszuschalten. Denn erstens sind die Sozialdemokraten aus der Führung in Preußen ausgeschieden und zweitens haben sie keinen entscheidenden Ein fluß mehr im Kabinett Marx. Man müßte also nun erwarten, daß die Rechtsparteien dem neuen Kabinett mindestens -dieselbe Duldung und Unterstützung zukom men ließen, wie sie von der Sozialdemokratie zugesagt ist. Geschieht das nicht, so würde sich von neuem all Die kommende Sleuerresorm