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Mittwoch Nr. 262. 18. September 1841. ZWZ Deutsche UVgemeiue Zeitung* «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueberblick. Deutfehland. "Pom Taunus- Deutschland und Polen. "pon der bai rischen Grenze. Pfarrer Redenbacher. * Leipzig. Ankunft veS Königs von Sachsen, s f von der Leine. Die Versammlung in Göttingen. — Die angeblichen Unruhen im Harze. * Hamburg. Die große Deputation. Preußen. **Von der Oder- Schnccr'ß Bericht über die schlesischen Zu stände. * Stettin. Handwcrkerbeschwcrde- Hr- v. Bonin. Manoeuvre. Erweiterung der Stadt. — Die Vereine gegen das Hutabnehmcn. — Ed gar Bauer. Oefterreich. ^Wien. Das Paßwesen. Portugal. * Lissabon. Protestationen. Entsetzungen. Dom Miguel. Emi- grirtc. Marokko. Der Hof. Spanien. * Paris. Die Wahlen. Portugal. Großbritannien. O'Connell. Zur Bevölkerungsstatistik. Ein meuteri sches Regiment in Ostindien. Frankreich. Der Prinz von Joinville. Die Gesandtschaft nach China, ß Paris. Die-Reife des Königs. Otahciti. Mogador. ""Paris- Die Freisprechung O'Connell's. Dänemark. Anträge in Betreff der Handelszünfte. Rußland und Polen. HÄUS Norddeutschtand. Die Leibeigenschaft. Perfonalnachrichten. Wissenschaft und Kunst. "München. Die deutschen Forst- und Landwirthe- — Die landwirthschaftliche Schule in Schleißheinl. Handel und Industrie. * Frankfurt a. M Die Fricdrich-Wilhclm's- Nordbahn- Messe. Französische Anleihe. "Hamburg. Die Elbschif- fahrtsverträge. Turin. Der Handelsvertrag zwischen Frankreich und Sar dinien. "Kiel. Die Kiel-Altonaer Eisenbahn. — Atmosphärische Eisen bahn. — Berlin. Neueste Nachrichten. Paris. Otahciti- Revue der Nationalgarde. Ankündigungen. Deutschland. * Hom Taunus, 14. Sept. Wir ehren hoch den ritterlichen Cha rakter des polnischen Abels, die glühende Vaterlandsliebe seiner Männer und Frauen, wir stimmen von ganzem Herzen in das Bedauern unserer ersten und edelsten Staatsmänner über die völkerrechtswidrige Thcilung Polens ein; aber wir glauben zugleich, daß wir bei diesen Klagen nicht stehen bleiben dürfen. Wer auch die Theilung ersonnen, wir müßten ein Stück davon nehmen, damit nicht Alles in fremde Hände gerieth. So wie die Verhältnisse jetzt stehen, wird kein Einsichtiger glauben, daß Polen wieder hergestcllt werden könne. Unsere Vorfahren haben die schwere Schuld auf sich genommen. Ob und wie sie hätte vermieden werden können, lassen wir dahingestellt sein. Wir, die Enkel, können bei dem besten Willen die Sache nicht ändern, sondern müssen sie nur, so viel an uns ist, zum Bessern wenden. Es ist gegen eine Nationalität gefehlt worden, und die sich forterbcnde Schuld wird das europäische Staatensy- stcm noch lange zu tragen haben. Aber die Vorsehung läßt oft aus den Sünden der Menschen Saaten des Bessern hervorgehen, ohne daß darum dem Einzelnen sein Vergehen verziehen sei. So kann auch der Unter gang Polens zum Fortschritte der Menschheit gewendet werden. Polen ist nicht weniger durch feine eigene Schuld gefallen. Die Selbstsucht seiner Großen, welche nicht einen freien tüchtigen Bürgcrstand wollte, welche die durch deutsche Einwanderung aufblühcndcn Städte durch jüdi sche Elemente nicderzuhaltcn suchte, hat Polen dem Verderben zuge führt. Was die Blindheit der polnischen Magnaten zu verhindern suchte, müssen wir jetzt ausführcn: deutsche Einwanderung muß das polnische Volk einer höher» Kulturstufe zuführcn. Noch findet sich viel Raum für Ackerbau und Gewerbe, welche letztere den Germanen noch lange Vorbe halten bleiben werden. Anstatt so viele tüchtige deutsche Männer, wie wieder neuerdings geschehen, nach Rußland ziehen zu lassen, sollte die preußische Regierung Alles aufbictcn, ihnen die Ansiedelung in den pol nischen Provinzen angenehm zu machen. So fände die rechte germanische Rückströmung nach den Gegenden statt, in denen einst unsere Gothen mächtig walteten. Oder sind wir so viel untüchtiger als unsere Vor fahren, welche unter weit ungünstiger» Verhältnissen blühende Städte im Slawenlande angelegt haben? So wie Oesterreich die Donau, soll Preu ßen die Weichsel germanisiren. Nur indem wir auf freie geistige Weise die Polen in einen höhcrn Volksgeist, eine höhere Kulturstufe aufnchmen, vollziehen wir einen wohlthätiqen welthistorischen Proceß. Der germani sche Geist soll weiter nach Osten vorrücken. Darum nur kann Polen in unsere Hände gegeben sein. Auf diese Weise sichern wir auch unsere kö nigliche Kolonie auf den sieben Hügeln vor der Gefahr, einem die Weich sel herunterrückenden Slawcnthum zu verfallen. *Von der bairischen Grenze, 13. Sept. Die Angelegenheit des Pfarrers Rcdcnbacher, der wegen seiner gedruckten Synodalrcdc: „Simon von Kana", suspcndirt worden ist, steht günstiger, als man au ßerhalb Baierns ziemlich allgemein denkt. Bekanntlich äußerte er sich in s derselben über die Kniebeugung der Protestanten vor dem römisch-katholi- l schcn Vcncrabile freimüthig, über streng nach der Lehre und den Grund sätzen der evangelischen Kirche, und man darf nur die Landtagsmittheilungcn der ersten sächsischen Kammer vergleichen, um die Uebcreinstimmung eines v. Ammon, Großmann und der Mehrzahl der Kammcrmitgliedcr mit den Aeußerunqcn Nedenbacher's zu erkennen. Dieser wurde anfangs Octobcr 1843 in Specialuntcrsuchung gezogen und von seinem Pfarramte suspcn dirt. Ohne in seiner Freiheit beschränkt zu sein, lebt er in Nürnberg, bezieht einstweilen zwei Drittheile seines Gehalts fort und kann seine Muße zu einigem Erwerbe benutzen, biß das Urtel erster Instanz in sei nem Proceß erfolgt ist. Sollte dieses ungünstig ausfallcn, was man kaum bcsürchtet, so hat das königl. Obcrappellationsgcricht den letzten Spruch. Nedenbachcr trägt darum auch zartes Bedenken, jetzt schon die Unter stützung thcilnchmender Glaubensgenossen anzunehmcn, ohne deren warme Sympathie, wie sie sich besonders in Chemnitz am 8. Aug. offen aus sprach, zu verkennen und dem edcln Sinne,treuer Liebe, der sich dort in einer Sammlung von 78Thlr. 7 Ngr. bethätigt hatte, seinen besten Dank zu versagen. Nicht mit Unrecht sah man übrigens in dem lauten An klang und schönen Erfolg, welchen im Sachscnlandc die Anregung eines Frankfurters, des Pfarrers Ile. Kalb, für den bairischen Amtsbrudcr ge funden hat, einen kräftigen Pulsschlag in dem von seiner Lethargie immer mehr zu lebendiger Einheit und Persönlichkeit erwachende» Körper der deutschen evangelischen Kirche, die cs in allen ihren Gliedern mitempfin- dct, wenn ein Glied leidet. Die Sache Rcdcn'oacher's Hal aber auch eine politische Wichtigkeit, welche man dort nicht in Anschlag gebracht hat, und die Freunde des constitutionellen Lebens und öffentlichen Rechts sehen eben so erwartungsvoll dem Ausspruche der Behörden entgegen wie die Freunde kirchlicher Parität, protestantischer Freiheit und evangelischen Lebens. Denn Rcdcnbacher hat vor dem juridischen Forum durchaus kein Staatsgesetz verletzt, zu welchem ja die Zustimmung der Stände gehört, welche der hier in Frage kommenden Kricgsministcnalordre fehlt. Garantirt nun das Staatsgrundgcseh konfessionelle Freiheit und Gleichheit, so ist der Eifer eines Simon von Cana weder einer gegen das Gesetz noch einer mit Un verstand. Möchten die schon berufenen Gencralsynodcn auch diesen Punkt ins Auge fassen, wenn sic Männiglich daß Recht ihrer Kirche wahren wollen. "Leipzig, 17. Sept. Heute Morgen um 10 Uhr trafen der König, Prinz Johann, dessen Sohn der Prinz Albert, die verwitwete Großherzo gin von Toscana und die Prinzessin Amalie mit großem Gefolge hier ein und nahmen ihr Absteigequartier im Gasthause zum Großen Blumenberg. der keine, 14. Sept. Das Wichtigste, was bei derGustav- Adolf-Versammlung in Göttingen vorgckommcn, beschlossen, erreicht worden, ist ohne Frage der Anschluß, die Aufnahme der preußischen Ver eine. Alles Ucbrigc verschwindet fast ganz dagegen. Das hiernächst Wich tigste möchte man dann in etwas Negativem, in einem Nichtthun, zu suchen haben, darin, daß man sich gehütet, gewissen nichtwohlwollcnden Wün- fchcn und Erwartungen zu entsprechen. Es überraschte, daß die preußi- fchcn Abgeordneten kamen, und die freudigste Ucbcrraschuna lag darin. Wären sie nicht gekommen, so blieb der ganze evangelische Verein fort während etwas Unfertiges, Halbes, Ungenügendes. Sie stellten leichte Bedingungen ihres Zutritts, und cs scheint, man hätte auf die schwer sten, wenn nur irgend annehmbaren, cingchen müssen, um den Anschluß der preußischen Vereine zu bewirken. Und dennoch hat er am zweiten Tage der Versammlung, ja hat vielleicht das Fortbestehen des evangelischen Ver eins, wie er bis dahin war, in Frage gestanden. Wie das'? Von drei Seiten her wird eine Acnderung des tz. 2 der frankfurter Statuten be antragt. Pastor Flügge aus Hannover will: Unterstützungen sollen nur Dencü werden, die sich zum auqsburgischcn oder helvetischen Bekenntnisse halten. Oberappellationsrath Elvers aus Kassel stellt einen Antrag, der, nur scheinbar unverfänglich, gleichfalls darauf hinausläuft, Manche von der Anerkennung als Evangelische auszuschlicßcn, oder aber das kirchliche Bewußtsein zu verengen, Schranken gegen den Fortschritt, die Freiheit zu errichten. Der Äorstand endlich beantragt eine Acnderung, die nicht auf eine dogmatische, sondern auf eine kirchenrcchtlichc Bestimmung hin- ausgcht und namentlich an dem Fehler zu großer Weitschweifigkeit leidet. Die nun ihrerseits überraschten preußischen Abgeordneten erklären einstim mig, ihr Auftrag verbiete, in irgend eine Acnderung des fraglichen Pa ragraphen zu willigen. Werde eine solche beliebt, so könne ihr Zutritt nicht erfolgen. Offenbar aber hat sich nun ein eigentlich praktisches Be- dürfniß einer solchen Acnderung bisher nicht gezeigt. Man ist mit §- 2, wie er ist, sehr wohl fertig geworden. ES liegen Fälle nicht vor, bei de ren Beschaffenheit man fürchten müßte, mit ihm nicht ausrcichcn zu kön nen. Offenbar wird und würde es sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein und gewesen sein, eine Bestimmung statt der im §. 2 enthalte nen zu erdenken, von welcher anzunehmcn, daß Alle darin sich ver einigten. In jedem Falle stand für den Augenblick das Bestehen, die Vollendung des Ganzen auf dem Spiele. Kehr einfach scheint es zu