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WHerih-Zeitullg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Soi> nabend, den 9. November 1907. Nr. 132. Amtsblatt für die Königliche Wntshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Aedakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. 73. Jahrgang. l SSSS-W«»,», Inserat« werden mit 1!» Pfg., solche aus unserer Ämtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pfg. Die .Wtiheritz-Ztitung" erscheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsereAusträger nehmen Bestellungen an. Stadtverordnetcii-Ergänzmigswahl vetr. Die Liste der bei der diesjährigen Stadtverordneten - Ergänzungswahl stimmberech tigten bez. wählbaren Bürger liegt vom 12. bis mit 28 November dfs. Jhs. während der Wochentage an Erpeditionssteile — Nr 8 — zur Einsichtnahme aus, was hierdurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird, daß etwaige Ein sprachen gegen dieselbe, sie mögen die Ausnahme darin weggelassener oder die Aus- schließung darin aufgeführter Personen oder eine Abänderung der Klassifikation bezwecken, bis mit 19. November dfs. Jhs. bei dem unterzeichneten Stadlrate anzubringen sind. Dippoldiswalde, am 7. November 1907. Der Stadttat. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. An den am Miitwoch vormittag stattgesundeuen Urwahlen zur Gewerbekammer be teiligten sich 50 Personen, und zwar 42 Handwerker und S Nichthandwerker. Als Wahlmänner wurden gewählt, von den Handwerkern Herr Schuhmacher meister Hugo Jäckel mit 42 Stimmen, von den Nichihandwerkern Herr Handelsmann Herm. Rothe mit 8 Stimmen. — In einem großen Teile sächsischer Zeitungen findet sich die folgende Notiz: „Dem König-Johann-Aus- sichtsturm bei Dippoldiswalde, den man bei gutem Wetter von vielen Punkten der Gegend jenseits der Wcn- dischcar-dvrfer Heide emporragen sieht und der einen herr lichen Rundblick bietet, droht sür den Beikehr geschis sen zu werden, falls ihn nicht die Stadtgemeinde übernimmt. Er ist mit einem Kostenaufwande von über 4000 M. er richtet worden; sein Besuch hat sich in den letzten Jabren so gehoben, daß sich die auf ihm noch lastcnde Schuld summe von 1500 M. gut verzinste. Da mehrere Mit glieder des Gründungskomitees verstorben sind, ist infolge des erweiterten Kreises der Erben, die zum Teil verzogen sind, die Verwaltung des Turmes schwierig geworden." — Die Befürchtungen, die von vielen Seiten beim Bau beginn ausgesprochen wurden, daß nämlich die Sache nicht rentieren würde, sind zum Schaden des Komitees leider eingetrosfen, und ist man jetzt an die städtischen Kollegien mit der Aufforderung herangetreten, den Turm für die Stadtgemeinde zu erwerben; dieselben haben ober beschlossen, zunächst die Regelung der Frage der eivge- zahiten Anteilscheine abzuwarten, bevor man dem Ankauf näher tritt. — Uns (der Redaktion) will cs scheinen, als ob es das Einfachste wäre, das Komitee verkaufte den Turm nach Regelung der Geldfrage an den Besitzer des den Turm umgebenden Grund und Bodens, zumal für diesen doch die Kontrolle des Turmbesuches ungleich ein facher und dadurch gewinnbringender ist, als für die Stadtgcmcinde. Durch die Lancierung obiger Notiz in die Zeitungen soll nur eine Pression auf die städtischen Kollegien ausgeübt weiden, den Turm für die Stadt gemeinde anzukaufen. Dieselbe hat aber zurzeit dringendere Angelegenheiten, z V die der Schule, zu erledigen. — Die Sächsische Holzwarenfabrik Mar Böhme L Co., Aktiengesellschaft, in Dippoldiswalde hat vorbehältlich dec Genehmigung einer demnächst einzuberufenden außerordent lichen Generalversammlung die unter der Firma „Robert Liebscher" in Dresden betriebene AVgenbau-Anstalt (alleiniger Inhaber: Mar Surmann) mit allen Aktiven und Passiven übernommen. Die Gesellschaft wird das Liebscher'sche Unternehmen unter der bisherigen Firma mit dem Zusatze: „Inhaberin: Sächsische Holzwarenfabrik Mar Böhme L Co, Aktiengesellschaft" in vergrößertem Maß stabe weiter betreiben. Man beabsichtigt insbesondere den weiteren Ausbau der Waggodfabrikation, der sich nach der seitherigen Entwicklung der Wagenbau-Anstalt als not wendig erwiesen hat. — Durch Urteil des Reichsgerichts ist nunmehr end gültig entschieden, daß es verboten ist, in öffentlichen Be kanntmachungen, an Türschildern, In Mitteilungen u. s. w. die Bezeichnung „Amerikanischer Zahnarzt", „in Amerika staatlich approbierter Zahnarzt" und gleichbedeutende Titel zu führen. Damit hoben die deutschen Zahnärzte den Schutz des ihnen gebührenden Titels Zahnarzt erreicht. — Die Martinsgans. Die Saison der Gänse ist angebrochen, und nicht nur auf den Tischen der Reichen düstet der appetitliche Braten, sondern auch die Minder begüterten wissen wohl, was sie an den Retterinnen des Kapitols haben. Außer dem delikaten Fleisch, das ganz im eigenen Fett schmort und keines noch so geringen Zu satzes von Butler bedarf, was für unsere Hausfrauen sehr ins Gewicht fällt, liefert sie noch das sogenannte „Klein", das eine ganze Miltagsmahlzeit für eine Familie gibt, und eine Masse Fett, dem man aufs Brot geschmiert oder auch zum Braten von Kartosfeln usw. vielfache Verwen dung zumeist. Demnach ist eine Gans immer noch ver hältnismäßig bedeutend billiger wie jeder andere Braten, ganz abgesehen von ihrer Nahrhaftigkeit. Gerade um Martini herum ist die beste Zeit zum Verzehren der Tiere; denn kurz nach Beendigung der Ernte weiden die Bögel Junos noch aus den Stoppeln, und die ersten bringt man schon Anfang September als „Stoppelgänse" auf den Markt. Die jungen aber sind im Oktober ausgewachsen und also jetzt frisch und saftig. Ebenso wie zurzeit Hein richs IV. von Frankreich jeder Bauer am Sonntag sein Huhn im Topfe haben sollte, ist es heute Sitte, daß jeder gute Deutsche Mitte November seine Gans auf dem Tische hat. Feinichmecker lassen sich aus Pommern Gänsebrüste kommen und laben sich an den delikaten Gänseleber pasteten, wie sie namentlich in Straßburg und Kolmar vorzüglich hcrgestellt werden. Neben dem gebratenen Fleisch erfreut sich das gepökelte auch großer Beliebtheit. Der Bürger verzehrt mit Appetit die mit Äpfeln und Pflaumen gefüllte Gans, oder, wie es in Süddeutschland Sitte ist, genießt Maronen dazu. Selbst der Berliner, dem sonst bekanntlich nicht viel imponiert, weiß die Vor- zügs eines solchen Essens zu schätzen; denn „eine jute je- bratene Jans ist eine jute Jabe Jottes", sogt er. Daß der Martimvogel, wenn er seines Lebens noch froh ist, dumm sei, ist eine zoologische Verleumdung, die immer mehr von Beobachtern dieser Tiere widerlegt wird. Viel mehr wissen alle Besitzer solcher nicht genug von der Wachsamkeit und Klugheit zu erzählen, so daß eigentlich niemand die Anrede: „Du Eans" übel zu nehmen braucht. Sadisdorf. Das am Dienstag nachmittag beim Guts besitzer Kaiser hier stattgesundene Schadenfeuer, durch das das ganz- Gehöft eingeäschert wurde, ist von einem 5- jährigen Sohne des Bes tzers verwahrlost worden. Hinter dem Gchösle war während des Manövers ein Biwak aufgeschlagen gewesen und hat der Kleine auch „Biwak gespült". Edle Krone. Wesentlich vervol kommnet ist im ver flossenen Sommer die hiesige Bahnhofsanlage worden. Nach umfänglicher Felsabsprcngung ist der Zugang zur Hallestelle bedeutend verbreitert und Naum zur Errichtung eines halbmajsiven Bahnhofsgebäudes geschaffen worden. Es wird in nächster Zeit dem Versehr übergeben werden. Das ichmucke Gebäude ist im Stil eines Blockhauses er baut. Infolge der noch immer herrschenden Platzbe- schränkung zieht sich das einstöckige Haus, in dessen Milte eine Art Pavillon als Warteraum eingebaut ist, ziemlich lang hin. Er schließt sich an die Pcrronuntersührung an. Die Bahnsteige sind überdacht und liegen in der Milte der beiden Echicnenstränge. Auch die Gütererpedition ist neu gebaut und mit Schutzdächern versehen worden. Hänichen. Hatte mancher anfangs geglaubt, daß sich an unserem Eisenbahnkörper bei seiner Einrichtung für den Personenverkehr nicht viel ändern werde, so sieht er das Falsche dieser Ansicht ganz besonders an unserem zukünf tigen „Bahnhofe". Ein großer Teil der mächtigen Schlackenhalde ist abgetrieben worden und weit hinüber wurde das Gleis verlegt. Der Kommunikationsweg nach dem Poisental muß einen Bogen um das alte Lokomo- tivcnhaus und um das Bahnwärterhaus herum machen, um Platz für die Rangiergleise zu schaffen, wie auch die lichte Höhe einer nördlich dem Bahnkörper kreuzenden Straßenbrücke vergrößert worden ist. Seitens der Ge meinde wurden zwei breite Straßen nach dem „Bahn hofe" gebaut, wo auch schon etwas von der Wartehalle zu sehen ist. (Das Bahnhofsrestaurant ist ebenfalls vor handen.) — Seit längerer Zeit schwebten zwischen den Gemeinden Hänichen und Possendorf Verhandlungen wegen Wasserabnahme seitens der letzteren von unserem Wasser werke, die nunmehr einen Abschluß mit positivem Erfolge gefunden haben. Dresden. Am Mittwoch begann in der Zweiten Kammer die Beratung des Etats. Der Finanzminister Or. Rüger gab Erklärungen über die sinanzielle Lage, die Regelung der Beamtengehälter, die 4. Wagenklasse und den Einkommensteuertarif. Das Haus trat dann in die Debatte ein und setzte dieselbe zunächst am Donnerstag fort. — Staatsminister Graf v. Hohenthal und Bergen beging am Donnerstag die Feier der silbernen Hochzeit. — Der Stadtrat von Pirna hat die Einführung von Heimsparkassen beschlossen. Die Hcimsparkassen sind ge fällig aussehende Blechbüchsen, die verschlossen sind und zu denen der Schlüssel sich lediglich im Besitze der Spar- kalse befindet. Durch eine sinnreiche Einrichtung ist es möglich, ziemlich viel Geldstücke in die Büchse hineinzu- werfen, sie aber nicht wieder aus dieser herauszunehmen ohne Össnung, diese kann aber nur auf der Sparkasse ge schehen. Es so I auf diese Weise das Sparen in kleinsten Beträgen gefördert werden. So mancher Zehnpfenniger kann gespart werden, der jetzt unnütz ausgegeben wird; wenn dieser einmal in der Sparbüchse verschwunden ist, ist er vor weiteren Angriffen seilens des Sparers ge sichert. Es dienen diese Sparbüchsen demnach zur Siche rung des Gesparten gegen Wiederverwendung durch den Sparer. Langebrück, 7. November. Am heutigen Abend spendete das von der Firma Löffler in Freiberg errichtete Caswerk erstmalig sein Licht im schönsten Glanze auf Straßen und Plätzen. Mittweida. Die städtischen Kollegien beschlossen eine nach dem Einkommen zu berechnende Erhöhung des Schulgeldes an den Bürgerschulen. In den nächst jährigen Haushaltplan werden als städlücher Zuschuß zu den Bürgerschulen ,65 000 Mark eingestellt. Grimma, 5. November. Auf dem Gelände der nächst jährigen Grimmaer Ausstellung fanden sich gestern nachmittag 4 Uhr die Mitglieder des Hauptausschusses mit dem Vauausschuß zusammen, um den ersten Spatenstich zu tun und damit die Geländearbeiten zu beginnen. Die Absteckung des Hauptweges und des Platzes für die große Au-stellungshalle war im Lause des Vormittags vorge nommen worden. Das gesamte Gelände, soweit es nicht mit Vaulichteiten besetzt wird, soll umgegraben werden, damit sür den gärtnerischen Schmuck der geeignete Boden geschaffen wird. Kamenz. Ein dreistes Schwindlerstückchen wurde im benachbarten Lückersvorf verübt. Unter dem Vorgeben, ihr am Bau des städtischen Bades in Kamenz arbeitender Mann habe einem Mitarbeiter eine schwere Platte aufs Vein geworfen und sei verhaftet worden, werde aber gegen 100 Mk. Kaution freigelassen, entlockte ein Gauner einer Maurers-Ehesrau einen großen Teilbetrag dieser Summe Die gutgläubige Frau begleitete den Schwindler noch bis ins Rathaus zu Kamenz, woselbst sie aus dem Flur die angebliche Befreiung ihres Mannes erwartete. Als sie die Täuschung inne ward, war der Betrüger ent flohen. Olbernhau. In der jüngsten Sitzung des Stadt- gemeinderates wurde u. a. beschlossen, in neu anzulegen den Straßen die Wasserleitungen auf Kosten der Stadt herzustellen und eine fünfprozentige Verzinsung des ganzen Äufwandes von den Unternehmern zu fordern, bis so viel Häuser gebaut sind, daß die Verzinsung durch das zu zahlende Wassergeld gedeckt wird. — Zur Erbauung einer Flöhatalstraße zwischen Pockau und hier, deren Anlage aus mindestens 300000 Mark veranschlagt ist, wurde eine Beihilfe von 3000 Mark bewilligt. — Der durch Steuern aufzubringende Fehlbetrag stellt sich pro 1908 auf 114370,69 Mark. Zittau. Einen Nachruf widmet der hiesige Stadtrat dem beim Brande der Sonnen-Säle in Ausübung seiner Pflicht tätlich verunglückten Feuerwehrmann Karl Paul Marienberger. Namens der Freiwillige Feuerwehr hatte schon deren Hauptmann, Herr Franz Könitzer, einen Nachruf für den toten Kameraden erlassen. — Das Amts blatt sucht in einem, offenbar vom Stadtcat herrührenden Artikel die Anschuldigungen der „Morgenzeitung" bezüg lich der ungenügenden Vorkehrungen der Behörde bei Feuersgefahr abzuschwächen. Dies gibt der „Morgenztg." Anlaß, auf das Fehlen einer Feuerwache und die unge nügenden Vorkehrungen zu einem schnellen Entleeren des Saales erst recht hinzuweisen. Man kann sich nach den