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7. März L8S7 «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!« Zu bezieht« durch alle Postämter des IN- und Auslände», sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8) Preis für da« Bierteljahr l >/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Znsertionsgebuhr für den Raum einer Zeile > 2 Ngr. sress. Dtlltscht Mgcintlilt Ztitllng gestellt hat, .bereits einverstanden erklärt haben dürfte. Ist dies aber der Fall, so wird man mit Rücksicht auf den Umstand, daß der Kai ser der Franzosen seit dem Verschwinden der kriegerischen Chancen zwischen Preußen und der Schweiz eine mehr vermittelnde Stellung zwischen beiden Theilen eingenommen hat, auch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wciterschlie ßcn dürfen, daß die Conscrcnzen nicht längs dauern werden und daß der schweizerische Bundesralh sich mit den Präpositionen, welche der Kaiser ihm als das Resultat der Confercnzbcrathungen übermachen wird, einverstanden erklären dürfte. — Die gestrige Abstimmung im Hause der Abgeordneten j über das Ehcscheidungsgese tz hat Das vollkommen bestätigt, was wir j über diesen Punkt zu wiederholten malen vorausgesagl haben. Eins aber ist zur bessern Würdigung dieser Abstimmung und ihres Resultats noch > hcrvorzuhcben. Man sagt, daß die Katholiken das Fallen des Gesetze- her- ! bcigeführt hätten; das aber verdreht die eigentliche Sachlage durchaus. Die j Katholiken haben allerdings das Ihrige dazu beigetrage«; aber die Katho liken stimmen auch sonst mit der Linken, und beide Theile blieben, verei nigt, dennoch immer bedeutend in der Minorität. Darum ist das Fallen des Gesetzes umsoweniger auf das Votum der Katholiken zurückzuführen, als aus dem Centrum, welches sonst doch auch seinerseits immer nüt her Linken und den Katholiken zu stimmen pflegt, mehre Abgeordnete, nämlich die Bethmann-Hollwcgianer, mit der äußersten Rechten für das Gesetz, ge- stimmt haben. Das Fallen des Gesetzes ist lediglich auf die Unterstützung zurückzuführe», welche die Linke gegen alle sonstige Gewohnheit im rechten Centrum gefunden. Und hierin liegt die. große moralische Bedeutung der I gestrigen Abstimmung. Das rechte Centrum bildet den reinministeriellen Theil i des Hauses; da sitzen Landräthe, Staatsanwälte rc., lauter Leute der con- ! servativsten Art, die sonst nichts weniger als opponiren. Das Ehescheidunge- ! gesctz aber rüttelte sie auf, und ihr patriotischer Sinn und ihr evangelisches Gewissen sträubten sich dagegen, daß Das Gesetz werden sollte, was Biele lediglich als einen Ausfluß der von einer gewissen Partei verfolgten religiö sen Richtung betrachteten. Es zeigte sich hier deutlich, daß es denn doch noch eine scharfe und sehr bestimmte Grenze gibt, welche die wahrhaft Con servativen von den Gerlach, Wagener rc. scheidet, und daß das große Ge- ! schrei, welches die gute Krcuzzeitung täglich erhebt, keinen Widerhall hat im Lande und keinen Boden findet als eben bei ihrer kleinen Partei. Die Krcuzzeitung würde wohlthun, wenn sie diesen Umstand, welcher die Quint essenz der gestrigen Abstimmung bildet, sich zu Herzen nähme. t Berlin, 5. März. Das hiesige Cabinet dürfte, wie »ran andeuten hort, in Betreff der Antwort Dänemarks, welche gegen 30Bogey um fassen soll, keinen Beschluß fassen, bevor es sich mit dem wiener Cabinet darüber in das vollste Einvernehmen gesetzt hat. Nur ein inniges. Zusam mengehen der beiden deutschen Großmächte kann in dieser Angelegenheit den Erfolg verbürgen, welchen die gestimmte deutsche Nation mit gespannter Erwartung hofft. Rußland und England sollen die dänische Auffassung keineswegs in den, Maße begünstigen, wie «S theilweise in der Presst dar gestellt worden ist. Zn Bezug auf dir Stellung Frankreichs in dieser Sache weiß man noch nichts Genaueres. Da Dänemark ausdrücklich in der De pesche vom 6. Dec. 1881 an das wiener Cabinet erklärt hat, „daß die Competenz des Bundes nach dem Art. 5li der Wieuer-Schlußacte begrün det sei, wenn Se. Maj. der König die Verfassung des Herzogthums Hol stein anders ass auf verfassungsmäßigem Wege verändern wollten", so ist kaum anjunehmen, daß das kopcnhagnier Cabinet in seinem gegenwärtigen, auch den völkerrechtlichen Verpflichtungen zuwiderlaufenden Vorschreiten vom Kaiser der Franzosen unterstützt werden sollte. Dem dänischen Cabinet sind seine eigenen Worte in derselben Depesche entgegeuzuhalten, welche lauten: „Es wird ferner die diesseitige Erklärung, daß Veränderungen iu der Ver fassung Holsteins nur ip; Wege der Berathung mit den Provinzialständen dieses Herzogthums «ingeführt werden sollen, als eine sehr bezeichnende Wendung zum Bessern bezeichnet, als ob die königliche Negftnmg jemals die Absicht ausgesprochen oder angcheutet hätte, in einem andern Sinn in Holstein verfahren zu wollen." Man ist hier fest überzeugt, daß die ge wagten DeMngsversuche Dänemarks, welche Hr. v. Bülow noch zu er läutern beMtragt j„ Wien in gleicher Weise wie hier völlig scheitern werden. Ein« Verletzung des Art. 5si der Wieuer-Schlußqete und der Ver pflichtungen, welche das kopmhagener Cahinet den deutschen Großmächten gegenüber übernommen hat, liegt vor. Die Letzter» im Verein mit den übri gen deutschen Mächten dürften nunmehr den Beweis liefern, inwieweit der. dänische Apsspruch gerechtfertigt ist, daß -die Verpflichtung, den Art. üll der Wiener-Schlußpcte zu beobachten, nichts Leiter als „leere, nichtsbedeu- t«nde Forni." sei. Man hegt hier die Hqffmmg, daß der Deutsche Bund, fM alle andern Schritte ohne Erfolg bleiben sollten, durch eine bewaffnet: Einschreilung mid durch Besetzung der deutsche» Herzogchümer Dänemark eine andere Auffassung in dieser Beziehung schließlich beibringen werde, da Deutschland. Kpankfmt a. M., 28. Febr. Ein in den Beilagen der hiesigen Zeitung «Deutschland« vom 25. und 26. Febr, erschienener Aufsatz über „BwyheSreform und Bundesgericht" scheint, weilamSitz derBun- deSpersammlung gednrckt, Erwähnung zu verdienen. „Diejenigen", wird unter Anderm darin gesagt, „dürsten sich sehr irren, welch« dje Kehler und Sünden des v«rufen«n und von den nachmärzlichen Regierungen selbst preißgegebcneu *) vosmärzljchen Bundestags nur dem letzter» selbst und den vormärzlichön Megierrmgen schuldgeben, oder von der jetzigen Bun desversammlung soviel Ersprießliches qls sie leisten kann, erwarten woll ten, wenn di« öffentliche Meinung, deren Selbstüberschätzung vor und in 18^8 wchr mH, den Erfolgen und Folgen kennengelernt, sich feindselig zu jener verhielt, sich hochmüthig über sie erhöbe.... Es ist fortwährend hoch- mchtig,^ daß die Stellen der VttNdestagsgisaMen mit Männern von Keuntmffen, erprobte»« Charakter mW Geschäftserfahrung besetzt werden. Bevgkicht man in dieser Hinsicht dj« Zusammensetzung der heutige« Bun- -t-versiWMlutrg mit der, ihrer nächsten vormärzliehen Vorgängerin, so scheint sie bßeftr jedenfalls vorzuziehen zu sein. Planmäßig scheinen besonders auch di«! Negierungen der Mittlern und einiger kleinen Staaten Männer zu Bun- drswgsgesavdwn zu ernenne», welche zu Hause ihre Laufbahn unter Arbeit und. in den wichtigsten Landesbehörden machten. Daher soll auch, wie wc- nigstoys in den unterrichteten frankfurter Kreisen behauptet wird, gegenwär tig in der BundeSreclamations- wie in den besondern Bundescommissionen mit weit größerer Gründlichkeit gearbeitet werden als zur vörmärzlichen Zeil, und schon der Fall vorgekommcn sein, daß oberflächliche Arbeiten beiseite gelegt und durch gründliche ersetzt wurden rc." Preußen, ^Berlin, 5. März, Man hat IN der letzten Zeit weit mehr über die Neuenburger Frage geschrieben, als darüber zu schreiben war. Man hat von einem unbestimmten Hinausschiebcn der zur Ordnung der Neuenbürger Angelegenheit bestimmten Conferenzen gesprochen, während in Wirklichkeit gar kein Grund zu einer solchen Unterstellung vorhanden war. Man hat ferner von der Wahrscheinlichkeit direkter Verhandlungen zwischen Preußen und der Schweiz gesprochen, hat aber dabei zwei Punkte i vergessen, nÄnlich erstens, daß Preußens diplomatische Verbindungen mit der Schweiz noch Nicht wieder ängeknüpft sind, welcher Umstand das Statt finden directer Verhandlungen schon von selbst ausschließen mußte, und so dann, daß, wenn dies Verhältnlß auch nicht zwischen Preußen und der Schweiz obwaltete, die Neuenburger Angelegenheit glcichwol nicht auf di- «Mn Wege erledigt werde« könnte, weil es sich hier um eine Abände- ffmg der Verträge handelt, behufs deren endgültiger Feststellung die Groß mächte mitz»wirken haben. Ist dies der Fall bei allen Abänderungen der- jemgen Derträge, welche die Basis des allgemeinen europäischen Rechts kW«, so tritt dies in dem vorliegenden Fall noch in gesteigertem Grade «'m wegen der wiederholten Erklärungen, welche die Großmächte über das territoriale Rechtsverhältniß in Betreff Neuenburgs in deu letzten Jahren, auf Betreiben Preußens abgegeben haben. Deshalb erledigt sich auch so fort die Angabe über sine Behelligung der Schweiz an den zur Ordnung der Neuenburger Angelegenheit in Aussicht genommenen Conferenzen. Die Schweiz hat keinerlei Rechtsfodcrung an Preußen, und wenn Preußen, im allgemeinen europäischen Interesse, nun glsichwol zu einem Act der Groß- mM bereit ist, so ist es zeuchst eben seine und der Großmächte Sache, zhMtmentulreten, um sich scher den Modus, unter welchem dieser Act ge- fchEe« so«, zu verständigen. Wir meinen dies im ausschließlichen Sinne; denn «s handelt sich hier, wie auch bereits angedeutet, um eine freiwillige Abänderung der Verträge, des europäische» Rechts, was nur durch die Großmächte geschehen kann, und darum hat die Schweiz, welche außerdem auch nur empfange» und nicht geben soll, bei den Berathungcn über diese Abänderung auch nicht mitzureden. Es erfolgt darum auch keine Bethci- ligung des Di-. Kern oder eines andern schweizerischen Bevollmächtigten an den Conserenzon. In diesem Sinne werden die Conferenzen, nachdem in der vorigrn Woche di« letzten Instructionen an den diesseitigen Gesandten am französische Hofe, Grafen Hatzfeld, von hier aus abgegangen und in zwischen auch die noch fehlende« Vollmachten für einzelne der übrigen an de« Conferenzen theilnehmenden Gesandten in Paris eingetroffen sind, nun demnächst beginnen. Im Uebrigen entspringen aus dem angedeutc- ten Verhältnlß keinerlei Rachlheile für die Schweiz. Von hier aus werden keine neuen Schwierigkeiten erhoben, und wir glauben annch- men zu dürfen, daß der Kaiser der Franzosen sich mit dem Modus, den Wan diesseits zu einer Reguttrung der Neuenburger Angelegenheit auf- *) Hierzu wird die Heußerung v. Radowitz' als RcgicrunMommiffurS in der neunte» Sitzung d«r II- preußischen Kammer an, 25. Aua, 181ss über „die nutz- unb würdelose Beschäftigung des Bundestags, zumal in seinen letzten Jahren", an geführt.