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MsdmfferNgeblati Fernsprecher Wilsdruff Nr. « Wvchenbla^ fÜs Wll^dNlfs UNd ^MgLgeNd posts^eckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts z« Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. «erleaer »nd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter.- Hermann Lässig, sür de» Inseratenteil: «rttz»r Asch«»»«, »eid« bl Wllddr»^ 82 Jahrgang. Nr. 87 Sonnabend / Sonntag 28. / 29. Juli 1923 Amtlicher Teil der Bekanntmachung vom 20. 10. 1920 anzumelden ist. en, 24. Juli 1923. Ter Bezirlsverband der Amtshauptmannschast Meißen. Kreishauptmannschafr Dresden hat die Zngtiersteuerorduuug für den - hinzugekommene Zugtier binnen 14 Tngev bei d-r Gemeindebehörde zur Vermeidung -veztrssvervan oer Amtsyauptmannschaft Meitze» vom 11. Juni 1923 mit I einer Bestrafung nach den Strafbestimmungen deS Gemeindesteuergesetzes in der Fassung dem dre,'achen Betrage der gesetz ich zulasstgen Steuersätze genehmigt. ! d„ B " " ' ' " Di> Sreuerordnung kann bei den Siadl- und Gewrindeb Hörden eingesehen werden, t Es wird nochmals darauf hingennesen, daß jedes im Laufe des Slemrjahres neu l r?«» Vt I ^Ilx. 69 Kleine Leitung für eilige Leser. * Der Reichstag wird voraussichtlich tn der nächsten Woche bereits wieder einberusen werden. * Die Nciatsrcgierung veröffentlicht zwei neue Protestnoten, in denen sie gegen die widerrechtliche Besetzung Barmens und den letzten Erlaß der Rheinlandkommission Einspruch erhebt. * Die Verkehrssperre über das besetzte Gebiet ist in der Nacht zum Donnerstag wieder aufgehoben worden. * Die belgisch-französischen Verhandlungen wegen einer ge meinsamen Antwort an England sind ergebnislos verlausen. Beide Regierungen werden gesondert antworten. * Die Opposition im englischen Unterhause verlangt wegen der Verschleppungspolitik Poincarss die Veröffentlichung der englischen Note. Das Gebot -er Stunde. „Deutschlands Finanzen haben einen Tiefstand erreicht, bei dem keine deutsche Regierung in der Lage sein dürfte, die Maßnahmen durchzuführen, die notwendig sind, um Änderungen zu tresfen. Während die Ruhr von einer fremden Macht besetzt ist, ist dies auch tatsächlich unmöglich. Aber sobald die Reparationssrage geregelt ist, wird die Reform der deutschen Finanzen unter ausländischer Auf sicht durchgesührt werden. Dies wird übrigens in Deutsch land von allen Seiten zugegeben. Alles, was zurzeit in Deutschland geschieht, bestätigt die Ansicht führender Ge schäftsleute, daß, wenn Europa von den Folgen eines schweren finanziellen Zusammenbruchs bewahrt bleiben soll, die Reparationsfrage sobald wie möglich gelöst werden müsse." Die Londoner „Times", die das schreiben, haben un gefähr den Kernpunkt unserer heutigen wirtschaftlich finan ziellen Situation getroffen. Deutschland kann nicht atmen, solange Frankreich die Hand an unserer Gurgel hat. Das wird aber gerade in Deutschsand ost genug vergessen, werden doch der Negierung die Vorwürfe gemacht, die sich grund sätzlich gegen Frankreich richten. War man in Deutsch land entschlossen, den Franzosen Widerstand zu leisten und damit das Risiko der Ruhrbesetzung auf sich zu nehmen — und dazu sind alle Parteien entschlossen gewesen —, so mußte man auch die wirtschaftlichen Folgen, die die Nuhrdesctznng mit sich bringen mußte, restlos aus sich nehnien. Das einzige, was wir tun können, ist, mit allen Mitteln zu versuchen, den deutschen Widerstand solange auf- rechtzuerhalten, bis eine politische Lösung des wirtschaft lichen Kampfes erfolgt. Aber man muß sich dabei immer vor Augen halten, daß mit allen diesen Mitteln eine wirk liche Änderung nicht herbeigeführt werden kann, daß es alles eben nur Mittel sind, die uns notdürftig aufrechterhalten. Die Frage der wirtschaftlichen Finanzie- rungdesRuhrkampfes ist ein solches Mittel, dessen Anwendung bereits in die Wege geleitet worden ist, und das nun wohl bald ganz außerordentlich verstärkt werden wird. Die für den Ruhrkampf aufgewenveten Billionen sind ja nur zu ganz geringem Teil durch die der Geldent wertung folgenden Steuern aufgebracht worden; zahl lose Steuern aber gibt es, deren Mechanismus sich dieser Geldentwertung nicht anpassen kann. Rücksichtslos muß der Staat, und zwar baldigst, gegen jeden Privatego ismus vorgehen und die Anpassung aller Steuern an die Geldentwertung mit größter Schnelligkeit durchführen. Durchgesührt ist diese ja bei der Einkommensteuer, soweit sie durch Abzug von Lohn und Gehalt hereingebracht wird. Die kürzlich vom Reichstag beschlossene Verviel fachung der Einkommensteuer bei Sclbsteinschätzung und bei der Körperschastssteuer entspricht schon längst nicht mehr den durch die Geldentwertung geschaffenen Verhältnissen. Wenn man schon bei Beamtengehältern, bei den Ver- kehrstarifcn und vielfach auch bei den Arbeiterlöhnen von Staats wegen vor der Mark flieht, so muß versucht werden, den Grundsatz der Wertbcständigkeit auch auf die Steuer zahlung auszudchnen. Das bedeutet natürlich die letzte Schaufel Erde auf den Sarg der Papiermark, bedeutet aber auch nur einen konsequenten Fortschritt auf dem nun einmal eingeschlagcnen Wege. Vielfach hat ja auch der Klein handel den Schritt zur Goldwährung bereits getan, und es ist nicht einzusehen, warum der Staat der einzig Leidtragende sein soll. Die Rückkehr zu der Wert beständigkeit auf allen Gebieten, also die Abschaffung, wenigstens die tatsächliche Abschaffung der Papiermark, auch offiziell, hat aber auch gewisse außenpolitische Wirkungen, die nicht unterschätzt werden sollen. Die Forderung des uns wohl- „oder wenigstens nicht übelwollenden" Auslandes «i es ja immer gewesen, daß wir unsere Währung in Ord nung bringen sollen, überflüssig zu sagen, daß das nicht möglich ist, ohne daß die Reparationsfrage vernünftig ge regelt, vor allem aber das Ruhrgebiet befreit wird. Auf die Einwände unsererseits hat man aber im Auslande bisher so gut wie gar nicht gehört; darum ist es uns wertvoll, daß die „Times" jetzt endlich selbst zugeben müssen, eine wirkliche Reform der deutschen Währung sei nicht möglich, solange das Ruhrgebiet nicht in unseren Händen ist. Trotzdem ist der Versuch, die deutsche Währung durch Umstellung auf die Goldmark zu reformieren, immerhin als Dokumentierung unseres guten Willens zu bewerten. Wir überschätzen diese Bezeugung hinsichtlich ihrer außenpolitischen Wirkung keineswegs, aber nicht bloß das Ausland, sondern vor allem das Inland verlangt, daß überhaupt etwas geschieht. Das Chaos, in dem wir uns zurzeit befinden, wirkt auch innerpolitisch verheerend, weil es den Blick ablenkt von dem stärksten Hilfsmittel, von der Notwendigkeit, durch Steigerung der Produk tion die Währung wieder hochzubringen, wie es das dringende Gebot der Stunde ist. Tic Sorgen des All tags sind zu stark, sind stärker als die ruhige Überlegung, und werden überwältigend, wenn — nichts geschieht. Wir sind nun einmal aus dem Wege zur Umstellung unserer Währung auf die Goldmark ein ganzes Stück vor wärts gegangen; wir verhehlen uns nicht, daß ein Fort schreiten auf diesem Wege zu großen, noch größeren Er- .schütteruugen als bisher, führen wird; aber besser als das Sichtreibenlassen ist immer das Handeln gewesen. Dieses Handeln hat seine Berechtigung, wenn es uns hilft, über die Zeit hinwegzukommen, bis die ganze Reparationsfrage ge regelt ist. * Eine Warnung des Hamburger Handels. Der Hamburger Ausschuß für Freiheit des Außenhandels veröffentlicht eine Kundgebung, in der er erneut die Beseiti gung der Devisenverordnungcn und der Außenhandelskontrolle fordert und weiterhin sagt: Die Regierung hat den ihr von ihren Vorgängern vorgezeichneten Weg bis zu einem Punkt gehen müssen, wo bereits der nächste vorwärts offenen Bolschewismus und damit die Besiegelung der deutschen Kreditunfähigkeit bringen muß. Denn es beweist nicht mehr und nicht weniger als die Untergrabung des letzten Kredits, wenn eine finanziell aus ungedeckter Notenausgabe beruhende Regierung bei ihren produktiv arbeitenden Bürgern durch moralischen und materiellen Druck Goldkredite zu erzwingen sucht, deren Erlös zugestandenermaßen dazu bestimmt ist, ohne Erzeugung von Gegenwerten, verpulvert zu werden, um den Anschein einer in Wirklichkeit nicht vorhan denen Stabilität auf Kosten des Arbeitsergebnisses der eigenen Bürger vorübergehend vorzutäuschen. Zum Schluß wir- in dieser Kundgebung davon gesprochen, daß an uns jetzt vielleicht ein letztes Mal Vie Schicksalsfrage gestellt ist, ob wir als lebens-, d. h. arbeitsfähiges Volk Freiheit und eigenes Dasein uns erkämpfen wollen, oder ob wir vorziehen, unter dem läh menden Einstuß der Mächte vom November 1918 endgültig in völkische und wirtschaftliche Whängigkeit zu geraten. Markvernichiung in London. Pfundaufkäufe durch Deutsche? Die Londoner Mittwochbörse zeigte große Unlust und Unsicherheit. Vor allem gab ihr die weitere Abschwächung der deutschen Mark eine eigentümliche Note; ihre Bewer tung sank von 1 Million 750 000, zu denen sie am Vor tage notiert wurde, auf 2 Millionen 750 000 für das Pfund, also um eine ganze Million. Auch die französische, belgische und italienische Währung schwächten sich ab. Auf eine Anfrage im Unterhaus erklärte der englische Minister im Schatzamt, die deutsche Regierung verfüge in englischen industriellen Unternehmungen über keine dis poniblen Kredite. Wenn deutsche Privatpersonen bei eng lischen industriellen Unternehmungen über Kredite ver fügen, so handele es sich um Kredite für die Beschaffung von Waren oder Rohstoffen. Die englische Regierung könne nicht nach diesen Guthaben greifen, um sie den Re parationen zuzuführen. Der deutschen Regierung würde es zustehen, Guthaben deutscher Staatsangehöriger bei ausländischen Banken zu mobilisieren, um sie den Repara tionen dienstbar zu machen. Ein Abgeordneter behauptete, die deutschen Bankguthaben in England bezifferten sich aus viele Millionen Pfund Sterling. Der Schatzkanzler er klärte, davon keine Kenntnis zu haben. Die „Times" beschäftigen sich ausführlich mit dcn sensatio nellen Vorgängen an -er Londoner Börse, Lie zu dem neuen Lieniano oer Marr gefuyn yaven. ' Das Bla« teilt mir, vag Mark lieferbar in drei Monaten, also per Ultimo Oktober, mit 6 Millionen für das Pfund, lieferbar per Ultimo Sep tember mit 5 200 000 und lieferbar Per Ultimo August mit 4 Millionen verkauft worden sind. Londoner Bankiers er klären, daß diese Markverkäufe von kleinen Londoner Maklern im Auftrage Amsterdamer Agenten deutscher Kohlen importeure vorgenommen worden sind, um koste es, was es wolle, sich jetzt bereits mit Pfunden einzudeckcn, die zur Be zahlung der im Herbst erforderlichen Kohleneinfuhr aus Eng- laud dienen sollen. Das Ende der Verkehrssperre. Der Zugverkehr wieder im Gange. Am Donnerstag, früh 4 Uhr, ist die Verkehrssperre an der Grenze des besetzten Gebietes an den verschiedensten Orten aufgehoben worden. Die Anordnung der Aufhebung ist offenbar noch nicht bei allen lokalen Behörden einge- troffen, doch nimmt man an, daß der normale Zustand bald in vollem Umfang wieder eingesetzt haben wird. Der Eisen bahnverkehr an den Grenzen des Ruhrgebiets, in Ludwigs- Hasen, Maxau, Offenburg usw. ist bereits fahrplanmäßig im Gange. Die Stempel auf dcn Ausweisen der Bewohner für den Grenzverkehr behalten ihre Gültigkeit, dagegen sind die Geleitscheine zur Einreise, die vor dem 2. Juli ausge stellt waren, für ungültig erklärt worden. Nach einer Verfügung des belgischen Kreisdelegier ten wird der Stempel für die Ausreise in das unbesetzte Deutschland bis zum 15. August nur erteilt, wenn ernste Gründe vorliegen, die die Anwesenheit des Antragstellers im unbesetzten Gebiet in Handels-, Industrie- oder pri vaten Angelegenheiten erfordern. Damit ist praktisch die am 26. Juli abgelausene Grenzsperre, wenigstens für den Aachener Bezirk, bis znm 15. August verlängert. * Lebenslängliche Zwangsarbeit. Das belgische Kriegsgericht in Aachen verhandelte in der Berufungsinstanz gegen vier Deutsche, und zwar den Grafen Keller, Ludwig, Schultze, Egon Ringenberg und Kurt Lorbeer, von denen die drei ersteren wegen Sabotageversuchs zum Tode, Lorbeer zu lebens länglicher Zwangsarbeit verurteilt worden waren. In der Verhandlung wurde das Urteil gegen die drei ersteren in lebenslängliche Zwangsarbeit und gegen Lorbeer in 20jährige Zwangsarbeit umgewandelt. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der RcichSjnstizminister zur Flucht Ehrhardts. Reichsjustizminister Dr. Heinze hat jetzt zu den An griffen, die die sächsische Regierung und der Vorwärts gegen ihn und den Präsidenten des Staatsgerichtshofes Dr. Schmidt wegen der Flucht Ehrhardts gerichtet hatten, Stellung genommen. Er stellte fest, daß die Reichsregierung sich in gewissenhafter Achtung der Gesetze jeglichen Ein greifens in das schwebende gerichtliche Verfahren gegen Ehrhardt enthalten hat. Der in der Presse mehrfach ge nannte Vetter Ehrhardts, der Kaufmann Karl Ehrhardt in Hamburg, ist sowohl dem Reichskanzler wie dem Neichs- justizminister persönlich unbekannt. Jedenfalls aber hätte die sächsische Negierung der Überwachung des Gefangenen die nötige Aufmerksamkeit widmen müssen. Das ist nicht geschehen, und nur so konnte die Flucht Ehrhardts gelingen, übrigens haben die bisherigen Ermittlungen keine Anhalts punkte dafür ergeben, daß Karl Ehrhardt mit der Flucht fernes Vetters im Zusammenhang steht. Kleine?- Anteile bei der Goldanleihe. An die Bestimmungen für die Neichsgoldanleihe wird die letzte Hand angelegt. Um möglichst weiten Kreisen der Bevölkerung die Möglichkeit zur Zeichnung auf diese wert beständige Neichsanleihe zu geben, wird man vermutlich unter den bisher vorgeschlagenen Mindestsatz von fünf Dollar Gegenwert heruntergehen und den kleinsten Anteil wesentlich niedriger anfetzcn. Die Vorlage wird sofort dem Kabinett zugehen und die Anleihe nach der Genehmi gung bald aufgelegt werden. Eine Beratung im Reichs tage wird nicht erfolgen. Baldige Einberufung des Reichstages. Nach den Besprechungen, die der Neichstagspräsident mit der Regierung und den Parteiführern hatte, wird der Reichst«« im Laufe des Monats August einberufen