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Sächsische (Mzeitmg. Amts- «O Anzeigeblstt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau nnd den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sachs. Wlb-Zcitliiig" erscheint Mittwoch nnd Sonnabend und ist durch alle Pvstcmstalkm, sonne durch die Expedition dies. Bl. für I Mark uiertelsährl. zn beziehe». — d-S- Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh 8 Uhr, für das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh 9 Uhr erbeten. — Preis für die ge spaltene Cvrpuszcile oder deren Nanni 1V Pf., Inserate unter v Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach llcbereinkunft.) — Inserate für die Elbzcitnng nehme» a» i» Hohnstein Herr Bürgermstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annoncen-Büreans bvn Haasenstcin L Vogler, W. Saalbach, Jnvnlidendank nnd Nnd. Mosse. M:u. Ic^76. Schautau, MitUvvch, den t7. April Politische Wcltscha«. o Der Reichstag hat am vorigen Freitage seine Osterferien angetrclcn. Die Sitzungen nnd damit die eigentliche Kampfzeit werden am 80. April wieder, beginnen. Was das Schicksal der Tabaköstcncrvorlagc betrifft, so geben die Entschließungen der national- liberalen Fraktion hierüber genügende Aufschlüsse: die Fraktiou lehnt die Einführung des Tabakmouopols ab, sowie weiter die Boraussetznng, daß die ander weitig zu wühlende Bcsteucruugöform des Tabaks annähernd so viel cinbringcn müsse, als die NcichS- rcgicrnng vom Tabaksmouopol erwartet. Die Frak tion ist nicht prinzipiell gegen die Bornahmc einer Tabaköcuguüte nnd die Gewährung eines dafür be stimmten Kredits. Dagegen will sie bei Bewilligung der Mittel keinen Zweifel darüber gelassen wissen, daß dieselben nicht zur Borbcrcituug für die Ein führung des Monopols gewährt werden, sondern in der Richtung einer Besteuerung, welche ohne ans den Handel, den Bau und die Industrie des Tabaks zer störend eiuzuwirkcn, eine ansehnliche Mchrcinnahmc zn gewähren geeignet ist., Die Fraktion macht also den Rcformpläncn des Reichskanzlers entschieden Op position. Dafür läuft das Gerücht um, daß Fürst Bismarck dem Freihandel ein Ende machen, d. h. eine Borlagc bctr. die Wiedereinführung der Eisenzöllc cinbringcn wolle. Dic „Natioual-Zlg." bemerkt dazu: „Unseres Erachtens wird dcr Momcut, wo die Lage der Eisenindustrie iu Betracht gezogen werden kann, doch kein anderer sein können, als dcr, wo die augc- ordnctc Eugnvtc in ihren Ergebnissen vorlicgt. An der Hand dieses thatsächlichcu Materials wird cs überhaupt erst möglich werden, der Frage in irgend einer Weise gesetzgeberisch näher zn treten. Wir können znnächst nicht anuchmcn, daß man von einem so durch die Lage dcr Sache vorgczcichuctcu Wege irgend ab- zugchcu gedenkt." In den Kreisen dcr NcichStagsabgcorduetcn war die Ncde von einer abermals ciuznbringcndcn Inter pellation, um iu Erfahrung zn bringen, wie sich zn den Oricntwirrcn daö auswärtige Amt des Reiches in diesem Augenblicke stellt. Dic vereinzelten Versuche zur Zusammenbringung eiucr ansehnlichen Mehrheit, welche die Interpellation zu uutcrstützcu gewillt wäre, stieße» auf so viel Widerspruch, daß der Reichstag wahrscheinlich nicht mehr in eine nochmalige Oricut- dcbatte cintritt. In der DonuerstagSsitznng des Reichs tages machten übrigens dic Rcdncr des Ccntrumö nnd der Fortschrittspartei Andeutungen, daß jene Absicht noch nicht anfgcgcbcn sei. —Zn den Ansprüchen von Innen kommen die Ansprüche, welche von Anßcn au dcu Fürsten Bismarck gestellt werden. Dic „Ti mes" ermuntert Deutschland, das Beste zn thuu, eine Verständigung zwischen Rußland einerseits und Oester reich und England andererseits anzubahnen. Wenn Fürst Bismarck mir Rußland bewegen könnte, dcu gauzcn Vertrag dem Kongresse vorzulcgcu und auf dem Kongresse dcu rückhaltlosen Einwänden anderer Mächte Gehör zu schenken, so werde ein erster Schritt znm Frieden gcthan sein. Ein solcher Schritt sei nicht unmöglich. Endlich haben wir noch die Beziehungen Deutsch lands zum Vatikan zu berühren. Den Brief des Papstes an unsern Kaiser hat ein belgisches Blatt publizirt, allerdings nicht in authentischer Form. Dcr Brief ist dem Sinuc »ach identisch mit jenem Schrei ben, welches Leo XIII. au den Kaiser von Rußland gerichtet hat. Wir dürfen amichmen, daß auch dic Antwort des deutschen Kaisers den Papst darauf hm- wcist, daß dcr Papst jederzeit iu der Lage ist, dcu Kirchenstrcit zu beenden, indem er den gesetzlichen Standpunkt, die bestehende Rechtslage ncccptirt. Wir haben nie etwas Anderes erwartet nnd thcilcu i» dieser Hinsicht völlig dic Anschauung der „Kreuzztg.", welche sagt: „Jedenfalls werden wir wohlthnn, vom Papst Leo kein prinzipielles Anfgcbcn dcr Ansprüche dcö päpstlichen Stuhles zu erwarte», daö wäre etwas i» dcr Geschichte »ie Dagcwcsc»cö — ein A»fgcbc» dcö Papstlhmuö selbst. Waö schon vor 000 Jahren Kaiser Friedrich II. sagte: „Ein Papst kann nicht Gibcllinc sei»!" Daö ist heute noch zntrcffcnd. Daö Höchste, waö wir erhoffen dürfen, ist ein thalsächlichcö Einlcnkcu iu mildere Bahne». Und dies schon wäre ein Großes, dem Papst hoch Anznrcchncndcs. Denn cö wäre lei» bloßes Nachgcbcn gcgcn den modernen Staat. Es wäre ein bedcntsamcö Nbwcichcn von den Bahnen dcö JesnilismnS, wcmi die Enric damit zeigte, daß sie sich dic geistliche Noth dcö katholische» Volkes durch Erledigung zahlloser Pfarreien nnd fast aller Biöthümcr mehr zn Herzen nehme, als daö starre Festhalten an ihrem System." Im ungarischen Abgcorductcuhansc hat die mit Spanunug erwartete Oricntdcbattc einen glimpflicheren Verlauf genommen und schneller ihr Ende erreicht, als nach der Sprache dcr Pester Blättcr zu crwartcu war. Waö dic Ncducr dcr äußerste» Linke» vor- brachtc», war die Wiederholung dcr bckauntcn Klagen über die Politik dcö auswärtigen Amtes nnd dic Haltung der imgarischcn Regierung. Ministerpräsident Tisza verwahrte sich in seiner Entgegnung auf diese Angriffe vor Allem gcgcn dic Annahme, daß er ver pflichtet sei, sich tagtäglich über dic von dcr äußersten Linken abermals auf's Tapct gebrachte Angelegenheit zn äußern. Glcichwohl"gab er eine längere Erklär ung ab, dic im Große» n»d Ganze» eine abermalige Ncchtfcrtignttg dcr bisherige» Oriciitpolitik dcr lcitcu- dc» Kreise enthielt und mit der Versicherung schloß, daß dic ungarische Regierung nach wie vor bemüht sei, dic Interessen der Monarchie dnrch friedliche Mittel zn wahren; so aber sich dies als unmöglich erweisen sollte, mit Vertrauen au die Machtmittel der Monarchie appcllircn werde. Er hob hervor, daß Rumänien und Ungarn kraft dcr Gcmcinsamkcit ge wichtiger Interessen auf einander angewiesen seien und daß mau dies da wie dort mehr und mehr cin- zuschcn beginne. Sodann bezeichnete er die Gerüchte von panslavistischcn Agitationen in Ungarn mit dem Zusatz als übertriebe», daß zwar Spare» solcher Agitationen vorhanden seien, die Negierung aber auch nöthigenfalls die geeigneten Vorkehrungen treffen werde. In Frankreich haben sich bereits dic Kammern bis nach Ostern vertagt. Aus dem Budget pro 187!), welches dic Negierung ihnen kurz vorher vorlegtc, ist für Deutschland am bemerkenöwerthesten, daß sich un ter den 2718 Mill. Franks Anögabc», welche cö aufweist, nicht weniger alö 954 Millionen, 17 Mil lionen mehr alö im laufenden Jahre, für Kriegs zwecke ausgesetzt finden. Bei so starken Anforderun gen au die Opfcrwilligkcit der Bevölkerung ist cs be greiflich, daß dic Negierung sich die Gunst der letz teren nm jeden Preis zn erhalten sticht und diesem Zweck »cucstcnü sogar den bisherigen Komuumbautcu von Paris, General Gcölic, der sich in einem Tages befehl beleidigender Ausdrücke über die Pariser Wäh ler bedient halte, zum Opfer gebracht hat. Das Land hat seine Sympathien für die gegenwärtige Verfassung von Neuem in cclatautcr Weise dadurch kundgegebeu, daß cs bei alle» 15 Ersatzwahlen zur Deputirtcn- kammcr mit Ausnahme eines einzigen Falles, in dem eine Stichwahl erforderlich ist, die republikanischen Kandidaten gewählt hat. Die klerikale Partei wurde iu gewaltigen Zorn versetzt durch ciueu Aufsatz deö Prinzen Napoleon über die Allianzen dcö Kaiserreiches in den Jahren 1869 und 70, dessen Quintessenz iu dem Satze besteht, daß jene Partei das Kaiserreich ,u Grunde gerichtet habe und alle Negierungen zu Grunde richten werde, welche sich von ihr beherrschen lassen. England und Rußland sind jetzt in jenem Sta dium des diplomatischen Meinungsaustausches, wel ches dem Eintreten des „Kriegsfalles" dicht vorhcr- zugchcn Pflegt. Beide Negierungen thcilcn die Acten- stückc, dic sie unter einander auöwechscln, gleichzeitig den anderen Mächten mit, indem sic ihren diploma tischen Vertreter durch Nnndschrcibc» von ihrer Auf fassung der Lage nud von ihre» Fvrdermigc» i» Kcnnl- »iß setze», mid diese Rimdschreibc» si»den da»» auch alsbald ihre» Weg i» die Ocffcntlichkcit. Dcr Zweck dieses beschlcttiiigtc» öffcullichc» Verfahrens ist auf beide» Seite» kein »»derer, als Emropa vo» der Ae rechtiginig dcö cigc»c» Standpunktes und von dem Mangel dieser Berechtigung beim Gegner zn über zeugen. Die Kriege nehmen freilich nicht immer den Verlauf, welchen die vorherrschende Rcchtöüberzcngnng dcö lebenden Geschlechtes als den dcr Gerechtigkeit entsprechenden ihncn anwcist; darum wird aber keine ihre Sache der Entscheidung dnrch das Kricgsglück anhcimgcbcnde Negierung verabsäumen, au die Ge rechtigkeit dieses Gottesurthcils zu appcllireu. Es schadet das auf keinen Fall. Schüttelt Mars aus sciucm ehernen Helme daö Glücksloos, so „hat die gerechte Sache gesiegt"; fallen die schwarzen Loose, so „ist das Nechl der brutalen Gewalt unterlegen". In zwischen füllen derartige Wechsclreden die Zeit bis znm Eintreten des Kriegsfalles angemessen ans. Für diesen sind ja nicht bloü zeitraubende Rüstungen zn machen, sondern cs gilt auch Alliauzcu zu werben oder den Abschluß solcher zu vereiteln. Der in Betreff letzterer geführte Dcpcschenwcchsel pflegt freilich oft erst nach Menschenaltern dcr Ocffcnllichkcit übergeben zn werden, wenn nicht dnrch irgend eine Jndiscrction mißvcrgnügtcr Staatsmänner vor der Zeit „ein we nig mchr Licht" sich darüber auögießt. Der neue Staatssekretär im auswärtigen Amt, Earl Salisbury hat am I. April iu einem an stimmt lichc Vertreter Englands im Anülande gerichteten Rundschreiben die Auffassung dcr englischen Negierung über die durch dcu Frieden von San Stefano ge schaffene Lage dargclcgt. Es wurde darin dic Noth- wcudigkeit, daß dieser Vertrag seinem gesammtcu In halte nach einem Kongresse der Signatnrmächte der Vertrüge von 1856 nud 1871 vorgclcgt werden müsse, scharf betont. Auf russischer Seite hat mau die Lage insofern richtig erkannt, daß man cinsah, cs ließe sich dieselbe durch daö Hinauözögcru dcr Erwiderung auf das Salisbury'sche Nnudschrcibcu für Rußland nicht verbessern. Bereits nntcrm 7. April ist ein Rund schreiben des Fürsten Gortschakoff in Form eines Promcmoria au dic Mächte ergangen, welches sich gegen die einzelnen Punkte des Salisbnry'schcn Nnnd- chrcibcnö wendet. In einem au das englische Kabi- cet besonders gerichteten Begleitschreiben wird daö ctztcrc anfgcfordert, seine Vorschläge zu formulircu. Dic Forderung Englands, daß der gesammtc Vertrag von Sau Stefano dcr Erörterung dcr Signatnr- müchte aus dem Kongresse nutcrbrcitct werde, wird gar nicht berührt; sic wird nicht zngestandcu, aber auch nicht formell abgclchnt. Die Entscheidung darüber blcibt also bis dahin Vorbehalten, wo das englische Kabinct die an dasselbe gerichtete» Fragen beantwor tet hat. Lange kann natürlich dieses „Frage- und Autwortspicl" nicht fortdaucrn. Da England bereits in Kricgörüstmigen begriffen ist nnd darin fortfahren wird, so drängt schon dcr schwer ans den Finanzen lastende Kostenpunkt England dazu, die letzte Entscheid ung mit Beschleunigung hcrbciznführen. England kann vorläufig erwidern, daß cs die Fragen des Gort- schakoff'schcn Antwortschreibens auf dem Kongresse zu erörtern gedenke, den Rußland dnrch seine noch immer ausstehende Zusicherung, ihm den gcsammteu Vertrag vorznlegen, vereitle. Nicht zwischen Rußland und England, sondern in Gemeinsamkeit aller Signatnr- müchte seien die Veränderungen dcr Verträge von 1856 und 1871 zu erörtern. Je nachdem die Ans icht auf eine englisch-österreichische Allianz sich cröff- ict oder verschließt, wird England seine Dnplik gcgcn Rußland cinrichtcu.