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Dresdner Journal : 23.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930123
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-23
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 23.01.1893
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Montag, den 23. Januar, abends. 1803 v»»ux»prei»r vr»,äaa visttolAürltcll I 5l»r^ ü« kk, <tt» L»»,»rl. deuttclioo vieitit- z 5l»rtc; »u,»ert»»Ib «le, «louttclle» keiettM tritt ko,t- uad 8temp«I,u,cdI»8 diu»«. Limelns Nummern: 10 kf. tlnIrUackixunxsxodüürear Bür ««» lt»um eiosr ^««pLlteveo 2eile Klei»» Ickrikt LV kk. Onter ,,kil>j?e^oät" «lie 2«il« SO kk. 1t« 1»t>«Ueo- uvd 2>ts«ro»Ltr euttpr. Xus-eüt»^. Lrselielue»: mit Xu,»»kiu« äor Loua- u. ?oiert»^e »deutle keroiprecit-XQiotilu,»: Ur. 128». Zi eMmMnmal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Dtto Vanck, Professor der (itteratur- und Kunstgeschichte. Lxoiikme vou Xnkü»itls>!i>8?u!»U!>,<iv<»i 8owmid,ioiiLr «to, Or,n«l»«!r 1vurn»I»; L»iod»rx viril» V««» l.«ip»>js L»»«l 8r«»I»» vr»»I«t»rt ». N. t //a^rrutern t'üAler, v«ri>»-VVi«»-U»wdurx- vr^s !.«jp»>ss-kr»okk»rr It. Hüllcd«»: .^«-»«e,- r»r>» l,o»<io» L»ril» ^r»okk»rt ». H.-Sraiis»^: Da»tt« F L.'< , viril»: /nraiiltenitant, vr»«I»u: Lmit U»»»oi»r: 6. ^L/lurrirr, U»Nu 8.: Iturct <1 Ilervurxederr Lüoixl. Lrpeältioa 6e, Uresüoer 1our»»ti. Urs,«le», /Mla^eritr. 20. k«»n»pr«cll-Ao«clltu»»: Ar. 1285. Amtlicher Teil. Die vielfachen Beweise treuer Liede und An hänglichkeit, die Mir und Meinem Hause au- Anlaß der Geburt Meine- Großneffen de- Prinzen „Georg" von Behörden und Corporation«» deS Lande-, sowie au- allen Ständen Meine- Volke- zugegangen find, haben Mich wahrhaft erfreut und Meinem lande-väterlichen Herzen überaus «ohlgethan. Ich fühle Mich daher gedrungen, dies noch öffentlich auSzusprechen und Allen, die Mir und Meinem Hause in diesen Tagen der Freude ihre Theilnahme bezeigt haben, dafür Meinen herzlichsten Dank zu sagen. Möge Gott den dargrbrachten Wünschen und den ausgesprochenen Hoffnungen Seinen Segen verleihen. Dresden, am 22. Januar 1893. lgrz.) Mert. Dresden, 23. Januar. Se. Majestät der König sind heute Bormittag 10 Uhr 35 Min. noch Berlin ger. ist. Wulletin. Dresden, 22. Januar, früh 8 Uhr. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit Frau Prinzessin Friedrich August, sowie der durchlauchtigste kleine Prinz er stellen sich dauernden Wohlbefindens. l)r. Leopold, vr. Fiedler. WuHetin. Dresden, 23. Januar, früh 8 Uhr. Das Be finden Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich August und des durchlauch tigsten Prinzen Georg ist andauernd gut. l)r. Leo pold. vr. Fiedler. Wrtl7etin. Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albert ist ein sehr gutes. Der Masern- auSschlag ist fast verschwunden. Dresden, 23. Januar 1893. vr. Jacobi. Nichtamtlicher Teil. telegraphische und telephonische Aachrichten. Berlin, 23. Januar. (Tel. d. DreSdn Journ.) Ec. Majestät der König von Sachsen sind kurz nach ^2 Uhr hier eingetroffcn und wurden auf dem Bahnhofc von Sr. Majestät dem Kaiser em pfangen und im Galawagen nach dem Schlosse ge leitet. Berlin, 22. Januar. (W T. B.) Die König!. Eisenbahndirektion macht bekannt: Seit dem 21. Januar 1893 abends ist infolge von Schnee- Verwebung der Personen- und Güterverkehr auf ter Strecke Pyritz-Lippehnr der Bahnlinie Star- gard-Cüstrin Vorstadt unterbrochen. Die Sper rung wird unbestimmte Leit dauern. Die Züge fahren zwischen Stargard und Pyritz bez. zwischen Cüstrin Vorstadt-Lippehne und Berlinchen. Halle a. d. S., 23. Januar. (Tel. d. Dresdn. ourn) Der KrcitphysikuS giebt bekannt, daß in — Luust nud Wissenschaft. K. Hofthcater. — Altstadt. — Am 22. J inuar: „Der Bajazzo". Drama in zwei Akten und einem Prolog. Dichtung und Musik von Leoncavallo. Deutsch von Ludwig Hartmann. — Vorher: „Loreley" (Bruchstück) von Mendelssohn-Bartholdy. Die neue Oper hat bei der gestrigen ersten Dar stellung einen schönen listig gehabt und ihren Ver fasser als den im musikalischen Können bedeutendsten Vertreter des jungltalienischen Realismus gezeigt. Die Frage nach dem Verhältnis des Komponisten zu Mascagni läßt sich nicht sicher beantworten, da ge naue Taten über die Entstehung seines Werkes fehlen: die geistigen Beziehungen zwischen den einzelnen Schützlingen Les Hrn. Sonzogno müssen überhaupt sehr verwickelter Art sein, da auch Mascagnis Stellung als Haupt der Schule nicht unangefochten geblieben und als Vorbild dieses erfolgreichsten Autors Puccini namhaft gemacht worden ist, dem sich der jüngere Tonsctzer der „OarmIIo»!»" über bloße Anregungen hinaus selbst im melodischen Element ziemlich eng angeschlossen haben soll. Jedenfalls bekundet „Der Bajazzo" Ähnlichkeiten in der Musik und im Texte mit der „Bauernehre", im Libretto allerdings auch mit den übrigen bekannten Hervorbringungen der so genannten Veristen, denn hier wie in der „Cavalieri»", „Santa Lucia", „blal» vita" sind Eifersucht und Eh:» brach die treibenden Momente der Handlung, ist die Dorfgasse der Schauplatz, da» niedere Volksleben der der Irrenanstalt Nietleben vom 22. Januar mitternachts bi- heute Mitternacht 12 Erkrankun gen an Cholera und 4 Todesfälle erfolgten. Im ganzen sind 84 Personen erkrankt und 30 gestorben. Magdeburg, 22. Januar. (W. T. B) Die König!. Eisenbahndirektion macht bekannt: Die Strecken Wegeleben-Quedlinburg und Heudeber- Wernigerode sind durch Schneeverwehungen unter brochen. Da der Schneesturm andauert, ist eine LerkehrSunterdrechuna von mindestens 12 Stunden zu erwarten. Der Verkehr Wegeleben-Quedlin burg wird über Frose-Ballenstedt geleitet, Hildesheim, 22. Januar. (W. T. B.) In einer heute abgehaltenen nationalliberalen Ver- sammlung, die von zahlreichen Wählern deS 10. hannoverschen Reichstags- und 16. Landtag-Wahl- kreiseS besucht war, wurde einstimmig eine Reso lution beschlossen, berzufolge die Versammlung in Anbetracht der politischen Lage eine ausreichende Verstärkung deS militärischen Materials für not wendig erachtet und sich den Vorschlägen Bennig sens in der Militärkommission unter gleichzeitige: Festlegung deS Prinzips der zweijährigen Dienst zeit anschließt. Wien, 22. Januar. (W. T. B.) Der König von Württemberg stattete heute mittag den hier anwesenden Erzhrrzögen und fürstlichen Persön lichkeiten Besuche ab und empfing die Gegenbesuche derselben. — An dem Diner bei dem Erzherzog Carl Ludwig nahmen teil: Der Kaffer Franz Joseph, der König und die Königin von Württrmberg, kaS Brautpaar, die Mitglieder des Kaiserhauses und die hier anwesenden Fürstlichkeiten. Rom, 23. Januar. (Tel d. Dresdn Journ.) Der dcs D'ebstablS von 2tz Millionen beschuldigte, flüchtige Direktor der „Banka di Napoli", Cuci- niello, ist gestern abend hier verhaftet worden. Derselbe trug daS Gewand eines Priesters. Rom, 23. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern abend explodierten zwei Petarden, von denen eine vor dem Hotel „d'Angleterre" vlatzte und die Fcnsterscheiben sowie verschiedene Möbel eines Zimmers zerstörten. Personen sind nicht verletzt. Kopenhagen, 22 Januar. (W. T. B ) Der südöstliche Teil deS Kattegats ist infolge von Nordwind völlig durch EiS gesperrt Heute war auch die überfahrt dcr Eisbrecher zwischen Hel- singborg und Helsingör unmöglich, dagegen ist die übrrfahrt der Eisbrecher zwischen Nydorg und Korsör heute vormittag gelungen. Athen, 22. Januar. (W. T B) In ganz Griechenland herrscht strenger Winter. Zahlreiche Schiffbrüche werden gemeldet. Konstantinopel, 22 Januar. (W.T.B.) Der Patriarch Azarian wird sich zum Jubiläum des Papstes nach Rom begeben, um dem Papste den AuStruck der freundschaftlichen Gefühle deS Sul tans zu übermitteln und alü Geschenk eine goldene, reich mit Brillanten besetzte Tabatidre zu über bringen. New York, 22. Januar. (W T. B.) Die „New Port Times" bringt einen Bericht über eine Unterredung ihres Korrespondenten in Syra- cuse mit dem neugewählten Präsidenten Cleveland. Danach hätte Cleveland geäußert, er hoffe auf die Annahme deS Gesetzentwurfs, wodurch die Sherman-Bill bezüglich deS Ankaufs von Silber- metall aufgehobcn werde. Auf die Frage, ob der Mac Kinley-Tarif abgeschafft werden würde, habe Cleveland erwidert, er möchte doch wissen, ob man ihm denn zu einem anderen Zwecke die Macht an vertraut habe. lebendige Rahmen der Aktion, ist die kurze Dauer des Vorganges, die rasche Folge der Geschehnisse das temperamentvoll angestrebte Ziel und Merkmal der textlichen Arbeit. In drei Punkten jedoch machte sich eine Verschiedenheck und relative Selbständigkeit geltend. Einmal hält Leoncavallo, der Dichtung und Musik verfaßt hat, noch mehr auf die „Wirklichkeit" als die Textdichter seiner Mitstrebenden und giebt mit der Zuverlässigkeit eines Polizeiberichtes Zeit und Ort der wnhrenBegebenheit an, die er unsdramatisch voiführt. Sodann bietet er in dem Prolog des Hanswurst, der vor gesenkter Gardine den dramatischen Konflikt des Stücke- andeutet, eine originelle und stimmungsvoll gelungene Einleitung der Oper und übertrumpft seine Genossen zuletzt mit der cfsektreichen Jnsccnierung einer Komödie in der Komödie, deren glückliche musika- lischt Darstellung den Hauptwert und Erfolg des Ganzen bestimmt. Auf die musikalischen Parallelen zur „Cavalleria" speziell einzugehen, sei uns Vorbehalten Zweifellos ist Leoncavallo an musikalischem Können Mascagni erheblich überlegen. Seine Harmonik tritt uns un gleich reicher und interessanter entgegen, seine Instru mentierung verrät, obwohl an manchen Stellen zu dick und geräuschvoll, ein weitaus feineres koloristische» Talent, sein Fmmensinn ist entwickelter und weist auf eine stärkere geistige Bildung zurück. Leoncavallo vermeidet es, die Gesetze deS Harmoniesystems mutwillig, aus Lust am Besondern zu ignorieren und zu durchbrechen; wo er sie antastet und dehnt, geschieht es maßvoll und meist au» einer begeistigten Intention heraus ohne äußerlich efflktuierende Absicht. Auch er thut ein Übriges im Dissonanzenverbrauch, im raschen Takt- und Tempowechsel, in kühnen Modulationen, aber er geht Washington, 23. Januar. (Tel d Dresdn. Journ) Das Repräsentantenhaus beriet den Ge setzentwurf betreffend die Einwanderung. Ein Amendement, nach welchem europäische Eingänge einer Quarantäne unterliegen sollen, wurde ver worfen. St. LouiS, 23.Januar. (Tel.d.Dresdn.Journ.) Ein von der Gesellschaft Carondrlet gemieteter Kornspeicher ist abgebrannt; der Schaden am Ge bäude wird auf eine halbe Million, der an Ge treide auf eine Million Dollar» geschätzt. Dresden, 23. Januar. Zur Militärvorlage. In der Sonnabendnummer der „Köln. Ztg." ver öffentlicht der Königl. preußische Generalmajor z. D. rhr. v. d. Goltz, dessen kürzlich in der „Deutschen undschau" veröffentlichter Aufsatz an dieser Stelle berücksichtigt worden ist, eine zweite Darlegung zur Militärvorlage. Wir lassen dieselbe als eine sachlich wertvolle Ergänzung zu jenem früheren Aufsatz nach stehend folgen: „Wer die Erörterungen in Parlament unv Presse ver folgt hat, wird sich der Empfindung nicht entschlagen können, daß die ganze Bedeutung der Militärvorlage bisher vielfach nicht die genügende Würdigung gefunden hat. Meist stellt sich die Beurteilung auf einen Standpunkt, als handle es sich nur um einen aus mehr oder minver guten Gründen von der Negierung beliebten Wechsel in dem System der Ergänzung und Ausbildung des Heeres. Geht man einmal davon aus, so bieten alle von der Vor- lage berührten Einrichtungen ein ergiebiges Feld für den Meinungsstreit; denn in jevem einzelnen Punkte sind be greiflicherweise, je nach persönlicher und ost zufälliger Er- tahrunz, die individuellen Anschauungen verschieden. Da kann es denn nicht ausbleiben, daß am Ende jede höhere Auffassung unter einem mit Eiser herbeigeschleppten Berge von Kleinigkeiten begraben wird. Bringt man aber die große Frage des Tages unter einen einfachen Gesichtspunkt, so muß man sie in folgendem zusammenfassen: Wir sind durch die rastlose Arbeit Frankreichs und Rußlands in der kriegerischen Machtentfaltung von beiden Staaten überholt worden Unsere Hoffnung auf den Sieg im künftigen Kriege, der über Deutschlands Schicksal entscheiden soll, kann sich nur noch daraus gründen, daß der Himmel uns glücklichere Feldherr n beschere als unseren Feinden und daß unsere Soldaten tapferer und gewandter sein werden als die ihrigen Dies ist ein unserem Gefühl sehr srmpathtscher Ankergrund, der jedoch die kritische Untersuchung auf seine Sicherheit nicht zu ertragen ver mag. Die Zukunft und Selbständigkeit des Vaterlandes sind daher in Gefahr und, was dös Schlimmste ist, sie sind insofern durch unsere Schuld in Gefahr, als wir es verschmähten, jährlich an 100 000 junge deutsche Männer, welche Waffen tragen können, für den Waffendienst aus zubilden, so daß wir sür die Größe und den Bestand des ueuen deutschen Reiches nicht einmal die volle Wehrkraft einzusetzen vermögen. Demgegenüber sollen nach der Militärvorlage jährlich 60 000 von jenen 100 000 Mann mehr ins Heer ein- treten, d. h. Jahr für Jahr die volle Streiterzahl von ,wei Armeecorps Um dies möglich zu machen, ist für alle Fußtruppen eine Dienstzeit angenommen worden, welche kürzer ist als jetzt die des kleineren Teiles der Mannschaft, aber länger als die, welche der größere Teil bisher unter den Waffen zubrachte. Durch sorgfältig über legte Vorkehrungen ist dabei gewährleistet, daß die Aus bildung sich intensiver gestalten könne und daß die mit so kostbaren Mitteln geschaffene Truppe nicht im Mobil machungssalle in der Art wie bisher zerrißen und zer splittert werde. Die künftige Feldarmee nimmt mehr von der Gleichartigkeit, der Festigkeit und dem inneren Zu sammenhang« des Friedensstande» in den Krieg mit hin über als brs jetzt; sie wird jünger und stärker. An Streiterzahl werden wir demjenigen unserer Gegner wieder überlegen sein, dem wir es nach dem Verhältnisse der natürlichen Kräfte sein können und also auch sein müßen. Damit ist uns ein wichtiger und materieller Faktor für die Aussicht auf den Sieg wiedergegeben, und jedenfalls werden wir alles gethan haben, was in unseren Kräften steht, um die Größe und den Glanz des Reich«, die auf uns von ruhmgekrönten Vätern überkommen find, auch in Zukunft unversehrt zu erhalten Wer den Inhalt der Regierungsvorschläge so in ihrem Kern zusammenfaßt, kann notwendigerweise nur zu dem Schlüße kommen: „Die Vorlage in ihrer vollen Aus dehnung muß erhalten bleiben, nur die einzelnen Teile können, insofern das Ganze nicht dadurch beeinträchtigt wird, der Umwandlung unterliegen " Denn die Erklärung: „Wir wollen die Vorlage im ganzen Umfange nicht, sind aber zur Verständigung über einzelnes bereit", beruht auf gänzlicher Verkennung der eigentümlichen Stärken de» neuen Gesetzentwurfs, die gerade in seiner umfaßenden Anlage zu suchen sind. Streicht man, wie es der am meisten laut gewordene Wunsch außerhalb des Heeres verlangt, die Erhöhung der Friedensstärke, um nur soviel Mannschaften all jährlich mehr einzureihen, als Stellen durch Ent lastung der dreizährigen bei den Fußtruppen frei werden, so würde dies einen höchst bedenklichen Zustand schaffen Eine Vermehrung der Streiterzahl träte freilich immer noch ein, aber nur in geringem Umfange Die Zerreißung der Linicntruppen im Kriegsfälle bliebe bestehen; dies würde sich verhängnisvoll sühlbar machen, wenn eine Mobilmachung in die Zeit nach der Rekruteneinstellung fiele, wo nur ein einziger schon ausgebildeter Jahrgang bei der Fahne wäre, aber sofort zum großen Teil ver schwände, da er kaum hiareichte, olle Entsendungen zu liefern, welche die Überführung der gesamten Armee auf den Kriegsfuß nötig macht Während somit auf der einen Seite die Liniensußtruppen ihren inneren Halt verlören, sich im kritischen Augenblick nahezu auslösten, um sich erst wieder aus den einberufenen Mannschaften zusammenzu setzen, erhielten die neu zu bildenden Neservetruppen, für die jeder Stamm im Frieden fehlte, dennoch keinen festen Halt Der Kern, an den sie sich schließen sollen, entstände selbst eben erst im nämlichen Augenblick aus Leuten, die von verschiedenen Seiten her zusamn.engezogen werden. Wer La glaubt, mit dem Verlangen, die alte Friedens stärke nicht zu überschreiten, aber die verkürzte Dienstzeit anzunehmen, lasse sich das Gute der Vorlage retten und das Bedenkliche beseitigen, der wirkt unbewußt gerade in entgegengesetzter Richtung, nämlich dahin, ihre besten Eigen schaften zu entfernen und den dadurch bedenklich gewordenen Nest zu behalten. Aus den Reihen des Heeres wird vornehmlich di: Be sorgnis vor dcr Einbuße an innerm Halte geltend gemacht, der durch das Fehlen der jetzt drei Jahre Dienenden ent stehen soll. Die Verfechter dieses Gedankens haben aber wieder nur den Verlust vor Augen; dem Ersatz, der da für geboten wird, verschließen sie den Blick. Sie über setzen, daß die Dienstzeit sich nicht nur für den größeren Teil um einiges verlängert, sondern auch, daß sie weit vollständiger als bisher, der eigentlichen Ausbildung und Vorbereitung der Truppe für den Krieg gewidmet sein soll, da Zeit und Kräfte zersplitternde Nebendienstleistungen ihr künftig abgenommen werden können Die Mängel der verstümmelten dreijährigen Dienstzeit, wie sie jei-t besteht, sind in unsern Tagen melsach erörtert worden. Man vergegenwärtige sich, wie sich der dritte Jahrgang einer Infanteriekompanie zusammensetzt. Einige Leute von guten Anlagen und tadelloser Führung, die unter andern Umständen entlasten worden wä en, dl iben zurück, weil ihr Compagniechef ihnen Lie Beförderung zum Unteroffizier im Laufe des dritten Tiensljahies in Aus sicht stellt. Halb freiwillig, halb Lem Zureden eines von ihnen verehrten Vorgesetzten folgend, bleiben sie und leisten bis auf wenig Ausnahmen gute Dienste. Doch ihre Zahl ist gering. Es kann sich um drei oder vier Leute handeln. Ein zweiter Bruchteil sind Schreiber, Handwerker u s. w, Mannschaften, die um ihrer besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten willen bis dahm kleine Vorteile und Berücksichtigungen genosten haben und die man, ohne eine Härte zu begehen, noch im dritten Dienstjahre fest halten kann. Alle übrigen sind Mannschasten, die wegen mangelhafter Führung oder wegen besonderer Unbeholfen heit im militärischen Dienst nicht entlasten werden können. Ist es im Ernst möglich, diesen Elementen eine derartige Bedeutung beizumessen, daß man um ihretwillen einen Plan verwerfen könnte, der uns die Aussicht bietet, unsere darin nicht so brutal und naiv vor wie Mascagni und kann neben vieles Gewagte oder weniger Sympatische wesentlich mehr Schönes, Neues und Anziehendes stellen. In der sorgsameren Durchbildung und Kombination der Motive, in der nobleren Stimmführung und in der liebevollen Behandlung der Chöre steht er Mas cagni ein gut teil voran: mit einem Worte, er über ragt ihn an musikalischer Bildung um ein Beden tendeS. Ebenbürtig ist er dem Jüngeren im dramatischen Temperament, das auch seine Musik wie glühender Atem durchströmt; ja in der rythmischen Empfindung, wie er sie namentlich für die prächtigen Volksscenen aufgewendct, scheint uns wiederum Leoncavallo das Übergewicht zu behaupten. Dagegen fließt der melo dische Strom bei Mascagni leichter und breiter. Die Melodik im „Bajazzo" ist edler und freundlicher als beispielsweise in der „Bauernehre", aber sie birgt doch nicht die gleiche Fülle unmittelbar packender, sich ins Ohr drängender, beschschwingter Tonreihen. Die einschmeichelndste Weise begegnet uns im Prolog nach dem wohllautend:» kurzen Hörnersotz als Liebes motiv Sie lehrt gleich dem Motiv des Bajazzo, welches das Orchesternachspiel im ersten Finale wirkungsvoll bestreitet, an den verschiedensten Stellen der Oper wieder — eine mäßige Verwendung deS Leitmotivs, welche mitsamt der glitzernden Jnstrumentalschilderung im „Vogellicde" dem Autor den Vorwurf der Wagner nachahmung eingetragen hat. Der Prolog selbst — sein meikantestes Vorbild haben wir in der Choreinleitung zu Gounodsl„Romeo und Julia" — ist ein ansdrucktvolles, zwischen weicher Kantilene und kerniger Deklamation wechselndes Musikstück, dem Hr. Perron in meister haftem Vortrag zu einer enthusiastischen Aufnahme beim Publikum verhalf. Der erste Akt beginnt mit einem von den tieferen Blechbläsern gestützten kecken Bauernchor, welcher schon die rylhmische Kraft des Komponisten zeigt. Das Arioso des Bajazzo zCanio) klingt etwas gespreizt, dagegen wirkt der folgende melodiöse Glockenchor sehr gefällig und auch das Vogel lied gewinnt uns durch den Reiz der glänzenden Situationsschilderung des Orchesters. Bereits in der Scene Neddas erscheinen einige charaktervolle Ausdruckstellen,die sich in dem ersten Tuetl d s hübschenBa- jazzoweibes mit dem tölpelhaften Tonio mehren und im Fi nale. in den Leidenschaftsausbrüchen des betrogenen Canio, in seinem rührenden Liede und in dem ergreifenden instrumentalen Ausklange zu fesselnder dramatischer Wirkung steigern. Das Liedesduo des ersten Aktes enthält Phrasen von auserlesener Zartheit und Innig keit,wirktaber, ohnevollenmelodischenSchwungundstraffe Gliederung, auch im Stile nicht einheitlich, da neben Mascagni noch einige ältere Italiener am Schlüsse Hineinreden. Tie Schwäche des ersten Aktes ist die allzu aus gedehnte Exposition, welche den ganzen Aufzug in ein dramatisch ungünstiges Verhältnis zu dem folgenden bringt In diesem zweiten vollzieht sich die Komödie in der Komödie; die expulsiven Vorgänge des Textes wiederholen sich im MaSkcnspiel de» Abends, die Komödie der Colombine geht gleichen Wegs mit dem grausigen Ernst der Wirklichkeit, der betrogene Bajazzo wickelt sich langsam aus dem Scheinleben der Bühne und verwandelt im Moment der wildesten Leidenschaft die Bretter seiner Theaterbude zum Tribunal, zur Stätte blutiger Rache an semem treulo,en Weibe und dessen Verführer. Daß die musika'ische Darstellung dieser hastig wechselnden Affekte, die Überleitung vom Schein zur Wirklichkeit
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