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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raum,eile LV Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bel-anntmachungen 4g Reichs, psennig, die Sgespalteue Rcklamezcile im tcrtlichen Teile l Reichsmark. Nachwciiungsgebiihr 20 Acichspsennige. «or. geschriebene Erscheinung-- ,, tage und Platzv-rschrrsl-n werden nach Möglichkeit AskN sp UL ch Lk l Amt Wtlsdrusf Nr. 6 de'uckilchtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. — — ! — ; die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. ^V-derRabat-ansprrc! er ticht, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen uUeVcrmntlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung- für die Landwirtschaft, D« .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittagskUhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2«M. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern ISApfg.AllePoftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsereAus- trägerundGeschäftsstellen -- - " nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilie-t. Nr. 149 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 30. Juni 1930 Was uns das Rheinland lehrt. Von Prof. Dr. Paul Nuhlnrann-Verlin, Oberregierungsral im Ministerium für Vie besetzten Gebiete. Die Bedeutung ver Rhetnlanvräumnng erhäl! erst ihren vollen Glanz, wenn man Vie Absichten kenm, sie Vie französischen Väter des Besetzungsgedankens mit ihm ver- knüpften. Wir wissen heute durch die letzten Veröffemlichungen Clomenceaus und Poincarös genau, daß die offizielle „Psand- lheorie", die Sicherung der Kriegslastenbezahlung durch die Okkupation lebenswichtiger Gebiete des Schuldnerstaates, nur ein völkerrechtlicher Vorwand für die letzten Absichten Frank reichs war. Man wollte sich in den fünfzehn Jahren Zeit und Gelegenheit "verschaffen, die in Versailles nicht erreichten alten, volksmätzigen Ziele der französischen Außenpolitik, die Ab trennung des linken Rheinufers und die Zer störung der wirtschaftlichen und staatlichen Reichseinheil, unter zu guter Stunde herbeigeführlen Vorwänden, doch noch zu erreichen. Es erscheint uns heute fast als ein Wunder, daß die Franzosen ihre Ziele nicht erreicht haben. Wie geschah dies Wunder? Das Entscheidende liegt bei ver rheinischen Bevölkerung selbst; es gilt Vas hohe Liev Ver Rheinlanvlreue zu singen. Wie diese zwölf Jahre unvergleichlichen volkhaften Heldentums im einzelnen möglich wurden, trotz diplomatischer, militärischer und wirtschaftlicher Übermacht, trotz klug aus gesonnener, weit angelegter Pläne der Gegner, trotz der Zauberwirkungcn des reichlich rollenden Frank, trotz härtester Eingriffe in Freiheit und Eigentum — das ist die Schicksalsfrage für alle deutschen Grenzgebiete, besonders aber für den Osten. Vor allem mutz in diesem Zusammenhänge genannt werden die seelische Biegsamkeit und Vie geistige Elastizität, die den waffenlosen Widerstand erst ermöglichte, die überlegene Sicherheit, die an sich fein ausgedachten Pläne soso« zu erkennen und sie dann sogar mit überlegenem Lächeln zu durchkreuzen, der persönliche Mut im Angesichte der Feinde, die mannhatte Energie im Durchhatlcn, Vas Richtunterkriegen- lassen, nicht zuletzt der alles, auch das Niederziehende der Fremdherrschaft vergoldende rheinische Humor. Die Rhein- frankcn gelten nicht ohne Grund als einer der begabtesten deutschen Stämme, auch in allem Organisatorischen. Im rheinischen Abwehrkampfe ist nun dieses Frankenerbe überall zu spüren. Das schnelle, spontane Zusammenstehen an den Stellen der gemeinsamen Gefahr, das Hervorbringen von verantwortungsfreudigen, zum Teil auch verschlagenen Füh rern aus den Volkstiesen, das geschickte Schassen einer ein heitlichen Abwehrstimmung, Vas stolze und doch tröstende Besinnen auf Größe und Werl der eigenen Vergangenheit sowie die Schönheit ver Heimat, die ge schickte Bewertung der Abwehrkräfte im einzelnen und danach das richtige Einsetzen der Befähigten unv Bewährten, all das ist stolze rheinische Eigenart. Wie schnell verstanden die Rhein länder sich in der Abwehr einheitlich zusammenzufinden. Alle die Seele zermürbenden kleinen und täglichen Quälereien der Haus- und Herdgemcinschaft mit den fremden Eroberer truppen ertrug man mit einer scheinbaren Leichtigkeit und Unbefangenheit, im ganzen gesehen natürlich mit einem unvergleichlichen Heroismus; hier besonders ist auch das Hohe Lied der rheinischen Hausfrauen zu singen. Eine wertvolle Hilfstruppe in ihrem Abwehrkampfe fan den die Rheinländer in den landsmannschaftlichen Organisa- tionen ihrer Landsleute im unbesetzten Deutschland. Von Beginn der Besetzung an haben die Rheinländer im Reich ihren Brüdern und Schwestern am Rhein treue geistige Waffenhilfe geleistet. Den Höhepunkt dieser treuen landsmannschaftlichen Verbundenheit bildete die rheinische Jahrtausend- feier 19 2 5. Vor allem der rührigen Mitarbeit der rheinischen Landsmannschaften war es zu danken, daß die ursprünglich sehr schmale und unsichere, vielleicht sogar separatistisch ge dachte, historische Basis der Feier zu einem Treuebekenntnis des gesamten Deutschtums zu dem rheinischen Leid wurde. Allen unvergessen, die die Tage miterleben durften, ist die Herzstärkung, Vie vem vamals besonders schwer ringenden Saargebiel wurve durch die vollkommen spontane, aus ven Tiefen des volkhaften Mitempfindens herauskommende Aus gestaltung der Jahrlausendfeier an der Saar selbst. Bis hin auf nach Danzig, Königsberg und Riga, bis südostwärts hin nach Wie» flammte durch diese volksmäßigen Feiern Vas Ge fühl der Schicksals- und Leidgemeinschaft aller Stämme mit den rheinischen Brüdern auf. Von dieser in der Tal aus den letzten Tiefen des Volkstums kommenden, von behördlichen Beeinflussungen vollkommen freien Jahrlausendfeier 1925 ab haben die französischen Rheinpolitiker ihre unmittelbaren Losreißungspläne endgültig begraben. Und dieser seelischen Haltung entsprach auch die Orga nisation der Abwehr. Das Entscheidende bleibt Vas spontane Handeln einzelner Persönlichkeiten und einzelner Gruppen im Dienste der Heimat, sei es in Abwehr französischer Propaganda oder ver separatistischen Loslösungsbestrebungen. Es fehlt in den ersten Jahren fast vollkommen die obrigkeitliche oder be hördliche Leitung; man handelt kraft eigener Initiative und auf eigene Verantwortlichkeit. Nicht umsonst hatten ja die Franzosen planmäßig in den kritischen Wochen die Behörden organisation stillzulegen versucht, um jede amtliche Initiative und Führung lahmzulegen, vor allem aber, um die großen Rückverbindungen mir dem unbesetzten Gebiet abzuschneiden. Aber diese klare Absicht der Franzosen, dem Rheinland alle amtlichen und sonst berufenen Führer zu nehmen, verfehlte überall ihren Zweck, da stets 'n ven kritischen Stunden aus Nun laßt die GlMeil m Turin zu Turm Cade des Sesatznogsregimrs. Am 30. Juni um Mitternacht. Die interalliierte Rheinlandkommission hat dem Neichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete mit geteilt, daß das Besatzungsregime am 30. Juni 1930 um 24 Uhr erlöschen wird. Aus Anlaß der Befreiung der rheinischen Lande flaggen am 1. Juli im ganzen Reich alle Behörden und Stellen des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Außerdem werden von 12 bis 1 Uhr mittags die Kirchen sämtlicher Konfessionen ein feierliches Geläut veranstalten. Am 1. Juli um 11.30 Uhr wird im Lustgarten in Berlin die Batterie der Wachttruppe Berlin einen Salut von 21 Schuß abgeben. Dank den Rheinländern! Befreiungskundgebung des Hessischen Landtages. Im Hessischen Landtag verlas der Abg. Hofmann eine von dem Hause stehend angehöne Kundgebung zur Rheinlandräumung, deren Hauptsätze lauteten: „Wenn zur Mitternachsstunde des letzten Junitages in allen Dörfern und Städten unseres besetzten Gebietes die Glocken die endliche Befreiung einläuten, dann löst sich ein schwerer Druck von der deutschen Seele und alle Herzen schlagen höher in gemeinsamer Freude. Mehr als elf Jahre haben unsere Brüder und Schwestern im besetzten Gebiet Unsagbares ertragen müssen. Aber all das hat nicht vermocht, die Treugesinnung der Bevölkerung ins Wanken zu bringen, ihren Helden- und Leidensmut zu erschüttern und das enge Band zwischen links- und rechtsrheinischer Bevölkerung zu lockern. Deshalb gilt in dieser Stunde der erste Dank der Bevölkerung des besetzten Gebietes. Der Dank gilt auch weiterhin all den Staatsmännern, durch deren kluge und zähe Verständigungspolitik diese große Stunde der Befreiung heraufgeführt wurde. Wir erleben diese hehre Stunde in einer Zeit größter wirtschaftlicher Not. Das wird die laute Freude dämpfen, aber sie dafür vertiefen und zugleich die Mahnung in uns Wecken, den Frieden, den wir mit unseren ehemaligen Gegnern erstreben, vor allem durch den Frieden im eigenen Volke vorzubereiten, die Mahnung zur Selbstbesinnung und Einigkeit." Die Schicksalsverbundenheit des Saargebiets. Die Saarbrückener Blätter bringen anläßlich der Befreiung der besetzten Gebiete mehrere Seiten starke Sonderbeilagen, um so die Schicksalsverbunden- heil des Saargebietes mit dem befreiten Deutschland aufs neue zu bekunden. Wenn auch das deutsche Volk an der Saar noch gewaltsam vom Mutterland ferngehalten wird, so freut sich doch die Saarbevölkerung mit den Brüdern am Rhein über die Erlösung von fremder Herrschaft. Baden von der Besatzung frei. Nachdem die letzten Vorbereitungen zum Abzug der französischen Truppen aus dem besetzten Hanauer Gebiet getrosseu waren, vollzog sich die feierliche Einholung der letztenTrikoloreauf den Staatsgebäuden unter den Klängen der Marseillaise und Ehrenbezeugung der Offiziere und Truppen. Der letzte französische Soldat hat das badische Gebiet verlassen. Paradeaufmarsch der Schupo. La General Guillaumat erklärt hat, daß am Mon tag nachmittag 3 Uhr kein französischer Soldat mehr in Mainz sein werde, werden die für Mainz bestimmten Schupohundertschaften sich Montag mittag in Mainz- Kastel versammeln, nachmittags im Paradeaufmarsch mit Musik über die Rheinbrücke in Mainz einziehen und durch die Hauptstraßen der Stadt marschieren. Unmittel bar darauf werden an den öffentlichen Gebäuden der Stadt die deutschen Fahnen hochgezogen werden. Die Wünsche des Obcrkommissars. Der Generalsekretär der Nheinlandkommission, Eveil- lard, und Oberstleutnant Tardy statteten im Regierungs präsidium in Trier ihren Abschiedsbesuch ab. Sie drückten das Bedauern des Oberkommissars Tirard aus, daß er nicht persönlich nach Trier habe kommen können. Der Oberkommissar, so erklärten die Herren, lasse jedoch den Wunsch übermitteln, daß die so verheißungs voll begonnene Annäherungspolitik fortgesetzt nnd weiter reiche Früchte tragen werde. Der Vertreter des Regierungspräsidenten betonte, daß man auch auf deutscher Seite die Hoffnung hege, die veramwortungs- schwere Politik möge Früchte zum Besten der Völker tragen. Die politische Bedeutung der Memlandräumung. Französische P r e s s e st i m m e n. Eine Anzahl Pariser Blätter hat Sonderbericht erstatter nach dem Rheinland entsandt, die ihre Eindrücke zu schildern beginnen. Im großen und ganzen müssen die Berichterstatter zugeben, daß eine aufrichtige Freude über sie Befreiung des Rheins festzustellen ist. Einige Blätter würdigen auch die politifche Be - aeutung der Rheinlandräumung. So schreibt „Ere Nouvelle": Den Rhein fünf Jahre vor dem durch die Ver träge festgesetzten Datum verlassen und die europäischen Staaten gleichzeitig ausfordern, sich zu einer föderativen Union zusammenzuschließen, das heißt nicht vom Frieden träumen, das heißt ihn lebendig machen, das ist eine Tat. „Oeuvre" sührt aus: Die Rheinlandräumung ist der normale Abschluß der Bemühungen Stresemanns. Wenn sie Nachfolger dieses großen Staatsmannes von seinem Werk lediglich den nationalen Charakter zurückbehielten und vergäßen, was er an realistischem Geist, an wirklich europäischem Geist besaß, dann würden sie sein Werk nicht nur verstümmeln, sie würden es vernichten. Das Blatt tritt im übrigen lebhaft für eine deutsch-französische Ver ständigung ein. Einen Mißton in die Betrachtungen bringt das Coty blatt „Le Figaro", indem es sein Bedauern ausdrückt, daß man nach dem Siege Preußen am Rhein gelassen habe. den Tiefen des Volkstums neue, durchaus ihrer Mission oe- wußte Führer emporwuchsen, die es sehr bald verstandcu. Abwehrausschüsse zu bilden. Diese Abwehrausschüsse traten rasch miteinander in Ver bindung und so entstanden damals, ebenfalls aus wilder Wurzel, eine Art Behelfsstellen für den zerschnittenen Behörden apparat. Diese übernahmen in jenen Tagen, als die Zeniraleu in Berlin und München vollkommen ausgeschaltet waren, die Führung und Leitung der Massen; sie sammelten die Kräfte zu geschlossener und entschlossener Abwehr. Wenn das Rheinland mit berechtigtem Stolz auf die Leistungen der letzten zwölf Jahre zurückblickt und die ent scheidenden Punkte der erfolgreichen Abwehr zusammenstellt, so wird es gerade von den Männern des Ostens und des Südostens aufmerksam gehört werden. Es sind vor allem verantwortungs freudiger Stolz auf die große Mission des Westens für Ge samtdeutschland, ferner Besinnen auf die hohen Werle der rheinischen Kultur in der gesamtdeutschen geschichtlichen Ent wicklung, Einmütigkeit in der Betonung des gemeinsamen deutschen Standpunktes und Zurücktretenlassen der regionalen und parteilichen Sonderinteressen in der Gefahrenstunde. Richtunggebend uno im höchsten Sinne volkserziehend wird die dunkle Zeit der rheinischen Besetzung für unser gesamtes Volk bleiben. Rüstungen durch Umsatzsteuer. Italien erhöht den Wehretat um eine halbe Milliarde. Der italienische Ministerrat hat eine weitere Vermeh rung der Rüstungen beschlossen. Auf einen Vorschlag Mussolinis wird die Umsatzsteuer vom 1. Juli an einheit lich auf 1^ Prozent festgesetzt, mit der Begründung, da durch der Landesverteidigung das unentbehrliche Mindest maß von Mitteln zu sichern. Mit dem Mehrertrag wird es möglich sein, die Militärbudgets vom Rechnungsjahr 1930/31 an um eine halbe Milliarde zu vermehren und um eine im Budget uoch zu bestimmende Summe im folgenden Jahr. Pom Rechnungsjahr 1930/31 an werden somit -200 Millionen mehr dem Kriegsbudget zugewiescn, 100 Millionen der Marine, 80 Millionen der Luftschiffahrt und 20 Millionen ver Ausrüstung der freiwilligen Miliz. Außerdem werden 100 Millionen für öffentliche Arbeiten zur Bekämpfung ver Erwerbslosigkeit und weitere 85 Millionen für andere öffentliche Arbeiten verwandt. » — Der KLrcheniag gegen die Christenversolgung. Ein Gruß an die befreiten Gebiete. Der in Nürnberg stattfindende Kirchentag beschäftigte sich mit der religiösen Lage in Rußland. Prof. Dr. Teiß- mann-Berlin nannte es eine Tatsache von kirchengeschicht licher Bedeutung, daß der religiöse Notstand im Osten im Westen eine christliche Gesamtfront habe erstehen lassen. Der Kirchentag nahm eine Kundgebung an, die davon ausgeht, daß der Kirchentag sich auf Grund zuver lässiger Tatsachenberichte mit der religiösen Lage in Ruß land beichäftiat babe. Weit davon entkernt, in die voliti-