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WHentz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Donnerstag, den 5. November 1903. Bestellungen an. Amtsblatt fir die Königliche Umtshauptmannschast. das Königliche Amtsgericht nnd den St-dkat zu Mppoldiswalde. Die »Meißeritz-Zettung^ erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen. drnAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Me Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Inserate, welch« bei d« bedeutenden Auflage d« Blatte« 'ine sehr wirk same Berbre'tuna finden, werden mit 12 Ph., solch« aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg die Spaltzelle oder deren Raum berechnet. — Ta- bellarische und iompll- zierte Inserate mit ent- ftrechendem Aufschlag.— Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 2V Pfg. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in DippoldiMmtde. Mit achts-itig-m „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit l-nd. und hau-mirtsch-stlich-r M-u-t-Beil-ge. Nr. 130. Donnerstag, den 5. November 1903. 69. Jahrgang. Auktion. Freitag, den 6. November 1903, nachmittags 1 Uhr, soll in VUmsckork ein Pianino gegen Barzahlung öffentlich versteigert werden. Zusammenkunft der Bieter: Gasthof zu Wilmsdorf. Dippoldiswalde, am 3. November 1903. y. 7l l/03. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Die Reform -es Reichsgerichts. Wie von Berlin und Leipzig aus gleichzeitig be richtet wird, steht es fest, datz dein Reichstage ein Gesetz entwurf über die Reform des Reichsgerichts unterbreitet werden wird. Die Notwendigkeit dieser Reform ist in erster Linie von dem Präsidenten des Reichsgerichts vr. Gutbrod und von dem Oberreichsanwalt Or. Ölshausen in Leipzig erkannt und gefordert worden, und hat der Präsident vr. Gutbrod unter Beratung mit dem Ober reichsanwalt und den Senatspräsidenten des Reichsgerichts den betreffenden Gesetzentwurf bereits fertig gestellt. Haupt sächlich ist die große Überlastung des Reichsgerichts der Grund für die Resorm desselben. Der Oberreichsanwalt Vr. Ölshausen hat in der deutschen „Juristen - Zeitung" über die Überlastung des Reichsgerichts ein sehr umfang reiches statistisches Material veröffentlicht, aus welchem auch der Nichtjurist erkennen kann, datz die bisherigen Leistungen des Reichsgerichts so autzerordentlich in den letzten Jahren infolge des grotzen Andranges von Pro zessen und Revisionen gesteigert werden mutzten, datz das Reichsgericht in seiner jetzigen Organisation die ihm zu strömende grotze Arbeitslast eben nicht mehr bewältigen kann. Ja, es ist trotz der wesentlich gesteigerten Sitzungen sämtlicher Abteilungen des Reichsgerichtes schon dahin ge kommen, datz eine verhältnismätzig große Anzahl bei dem Reichsgericht anhängig gemachter Rechtssachen, nämlich 1325 bei dem Schlüsse des Jahres 1902 in der Ent scheidung rückständig geblieben sind. Rechnet man, daß von dem übriggebliebenen Reste von 1325 Sachen etwa IO Prozent anderweit durch Urteil erledigt werden, so würden auf die überjährigen Sachen 1200 Urteile fallen, die im ganzen achtzig, also durchfchnittlich für jeden Senat 20 Sitzungen erfordern. Da die Strafsenate an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gelangt sind, so muß notwendig, falls der Eingang neuer Revisionssachen im laufenden Jahre dem des Borjahres gleich bleibt, der am Schlüsse dieses Jahres verbleibende Rest mindestens um dieselbe Zeit sich vermehren, wie die Zunahme von 1001 auf 1902 betrug, d. h. also um 480 Sachen, sodaß beim Ab kaufe dieses Jahres ein Rest von 1800 unerledigten Sachen verbleiben würde. Bei anhaltendem, gleichstarken Eingänge in den weiteren Jahren würde der Rest sich jährlich in gleicher Weise vermehren, also Ende 1906 schon erheblich über 3000 Sachen betragen! Dieser so vorgezeichneten Entwickelung hinsichtlich der Erledigung der Strafsachen beim Reichsgerichte kann man nicht ruhig zusehen. Es ist daher gut, daß das Reichsjustizamt unter Mitwirkung der ersten Vertreter des Reichsgerichts schon jetzt für eine Reform desselben eintritt und den betreffen den Gesetzentwurf für den Reickstag fertig gestellt hat. Dieser Entwurf ist seinem Wortlaute nach noch nicht be kannt, und kann man sich deshalb auch noch kein Urteil über dessen Inhalt und Zweckmäßigkeit bilden. Wie man aber hört, soll die Reform des Reichsgerichts hauptsächlich eine Entlastung seiner Arbeiten in der Weise bezwecken, daß eine ganze Anzahl von Zivil- und Strafsachen weit mehr als bisher ihre Erledigung in den Vorinstanzen finden sollen. Vom Standpunkte des idealen Rechtsuchens kann man allerdings mit einer solchen Resorm, die dann vielen Prozessen die höchste Instanz verschließen würde, nicht einverstanden sein, aber in rechtspraktischer Hinsicht ist es sicher gut, wenn eine Anzahl verhältnismäßig unter geordneter Rechtsstreitigkeiten nicht bis an das Reichs gericht gebracht werden können, sondern von den Ober- landesgerichten entgültig entschieden werden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 2. Nov. Heute mittags 12 Uhr fand im Berhandlungssaale der königl. Amtshauptmann schaft hier durch Herrn Kreishauptmann Schmiedel aus Dresden die feierliche Einweisung desVorstandes der hiesigen Amtshauptmannschaft, des Herrn Amtshauptmann vr. Mehnert, in Gegenwart der Vertreter der königl. Be- ! Hörden und der Herren Mitglieder des Bezirksausschusses, sowie in Anwesenheit der Beamten der Amtshauptmann- schast, des Gendarmeriekorps und der Amtsstraßenmeister des Bezirks statt. — Herr Kreishauptmann Schmiedel gedachte in seiner Ansprache des Amtsvorgängers, Amts hauptmanns Lossow, der sich der Sympathie des Bezirks in seltener Weise zu erfreuen gehabt habe, mit anerkennen den Worten, gab sodann der Hoffnung Ausdruck, daß auch dem Nachfolger Vertrauen entgegengebracht werden möchte, und wies hierauf Herrn Amtshauptmann vr. Mehnert unter Bezugnahme auf dessen kurz vorher erfolgte Ver pflichtung in sein neues Amt ein. — Letzterer gab seiner Freude Ausdruck, an die Spitze des hiesigen Bezirkes be rufen worden zu sein, und führte hierauf des Näheren aus, von welchen Grundsätzen er bei seiner Amtsführung auszugehen gedächte. — Gegenwärtig liegt die Liste der bei der dies jährigen Stadtverordnetenwahl stimmberechtigten Bürger im Rathause aus, und wollen wir nicht unterlassen, auch an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, datz Ein sprüche gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit derselben nur bis zum 9. November angebracht werden können. Die Stadtverordneten-Ergänzungswahl soll am 26. November stattfinden. — Am 5. November wird, auf einem Übungsritt befindlich, der Kommandeur der 45. Infanterie-Brigade, Herr Generalmajor v. Schweinitz, mit 7 Stabs- und an deren Offizieren nebst den dazu gehörigen Ordonnanzen, Burschen und Pferden in der Stadt Dippoldiswalde Quar tier nehmen. — Wie alljährlich, so rüstet sich auch Heuer wieder der Männergesangverein zu einem Konzert für den Kirmessonntag. Dasselbe, das ja immer den Sammel punkt der Dippoldiswalder Bürger und ihrer Gäste bildete, wird diesmal wie früher im Schützenyaussaale stattsinden und in seinem Programm markige Männerchöre und zarte Lieder für gemischten Chor, sowie liebliche Solis aufweisen. Auch werden humoristische Vorträge der Kirmesstimmung Rechnung tragen, so datz sowohl ein edler, musikalischer Genuß, als auch ein fröhlicher Abend zu erwarten ist, dessen Schluß der tanzenden Jugend vorbehalten bleibt. — Unter Leitung des Herrrn Bezirksschulinspektor Bang werden im laufenden Monate Distrikskonferenzen mit den Herren Lehrern des Bezirks abgchalten werden, und zwar Mittwoch, den II. d. M., in der Schule zu Dippoldiswalde, Sonnabend, den21.d. M., in der Schule zu Burkersdorf und Mittwoch, den 25. d. M., in der Schule zu Lauenstein. In diesen Konferenzen wird das Thema: „Was kann die Fortbildungsschule zur Bekämpfung des Alkoholmißbrauches tun?" in Lektionen und Vorträgen unterrichtlich in den betreffenden Fortbildungsschulen ver wertet werden. — Am Dienstag war St. Hubertustag. Das ist der Tag des heiligen Hubertus, des Schutzpatrons des edlen Waidwerkes, der seiner Jagdleidenschaft so eifrig diente, datz er darüber Gott und das Gotteshaus vergatz, bis er durch den sagenhaften Hirsch, der ein strahlendes Kreuz im Geweih trug, bekehrt wurde. St. Hubertus ist schon seit 1200 Jahren tot, ober eifrige Jünger des Nim rod, von denen eben St. Hubertus der gefeiertste ist, gibt es noch heute. Und sür sie ist nun die schönste Zeit ge kommen. Nun frischauf zu lustigen Jagdabenteuern! Das köstlichste Jägerlatein wird nun wieder im Schwange gehen, und Wildbratendüfte werden aus den Küchen strömen. Wie mancher Sonntagsjäger wird wieder einen Ackerpflug statt eines Hirsches anblitzen oder einer armen Botenfrau das Schrot in den Tragkorb jagen. Wie viele Treiber werden wieder Pflastergeld erhalten und wie viele treue „Dächsel" wieder die angeschossenen Schwänze jammernd zwischen die Hinterbeine nehmen. Sicher wird auch der oder jener Feinschmecker bei Tafel wieder darüber zu klagen haben, datz der ihm vorgesetzte Braten nicht von einem zarten Hasenjüngling, sondern von dessen alter Großmutter oder gar von der Tante Mieze stammt. Trotzalledem bilden die Hubertusjagden doch den fröhlichsten Sport der Nimrodjünger in der beginnenden Winterszeit. Gepriesen sei das edle Waidwerk und hochgelobet ein zarter Wild braten ! Schmiedeberg. Bei hiesiger Gemeindeverbands- Sparkasse wurden im Monat Oktober d. I. 118 Ein zahlungen im Betrage von 10173 Mk. 57 Pfg. geleistet, dagegen erfolgten 38 Rückzahlungen im Betrage von 2650 Mark 32 Pfg. Liebstadt. Mit dem 1. November kitt die seinerzeit vom Vorstand vr. Zimmler gegründete Speiseanstalt für das Winterhalbjahr wieder in Kraft. 12 unbemittelte Männer und Frauen erhalten jeden Tag und 3 Personen die Woche über an 3 bis 4 Tagen je eine Portton Essen unentgeltlich, während jeder andere Einwohner ohne Unter schied gegen Bezahlung von 10 Pfg. (Sonntags 25 Pfg.) seine Portion Essen bekommen kann. Posfendorf. Das am Kirmes-Montage (2. Nov.) von Rich. Eilers Künstler-Kapelle im hiesigen Hartmann- schen Gasthose veranstaltete Konzert war gut besucht und bot den Zuhörern einen seltenen Genuß. Sämtliche Konzertnummern wurden meisterhaft vorgetragen und von den Konzertteilnehmern mit großem Beifall belohnt. Dresden. Anläßlich der Einberufung der Land- stände wird, am 12. November abends 6 Uhr im Bankett saale des Residenzschlosses zu Dresden eine große Tafel stattfinden. An ihr werden der König, der Kronprinz, der Prinz Johann Georg, die Staatsminister, die Ab teilungsdirektoren der Ministerien, die obersten Hofchargen und die Mitglieder der beiden Ständekammern teilnehmen. — Der Gastwirtoerein zu Pirna hat beschlossen, in den Schank- rc. Räumlichkeiten seiner Mitglieder alles Betteln und Hausieren mit Eßwaren zu untersagen. Pulsnitz. In begreislicher und gewaltiger Ausregung besindet sich seit Mittwoch die Gemeinde Niedersteina. War doch seit Montag den 26. Oktober nachts die lahme und gebrechliche 28 Jahre alte, bei der Gutsbesitzerin Schäfer in Niedersteina bedienstete Magd Josepha Schne- lenska aus Kempten verschwunden und am 30. Oktober in einem der Schäfer gehörigen, wenn auch nicht tiefen, jedoch sehr schlammigen Teich tot aufgesunden worden. Es war sofort einleuchtend, datz an der Schnelenska ein Mord begangen worden war. Durch die vom Ober gendarm Krautz in Kamenz und Gendarmerie-Brigadier Grellmann in Großröhrsdorf gehaltenen eifrigen und um sichtigen Recherchen wurde noch am 30. Oktober abends der Täter in der Person des 18 Jahre alten Maurer lehrlings Mar Garten aus Niedersteina festgestellt, ver haftet und an das königl. Amtsgericht Pulsnitz eingelieferl. Öbgleich die Schnelenska kein öffentliches Vergnügen be suchte, hat sich Garten ihr doch zu nähern gewußt und mit ihr intimen Verkehr gepflogen, der nicht ohne Folgen geblieben war. Dieses Vorkommnis und daß Garten oft von seinen Jugendfreunden gehänselt wurde, mögen der Beweggrund zu der Tat gewesen sein. Garten hatte am 26. Oktober abends 10 Uhr sein Opfer aus dem Gehöft herausgelockt, um das Mädchen angeblich nach einem in der Nähe gelegenen Ort zu einer Hebamme zu führen. In dem etwa 2000 Schritte vom Gute entfernt liegenden Teich ist dann die Tat ausgeführt worden. Der Täter hat dann den Regenschirm seines Opfers wieder mit zurückgenommen und ihn im Gehöfte Schäfers niedergelegt. Geradezu empört war die Bewohnerschaft, als G. bei Gegenüberstellung der Leiche die Frechheit besatz, die Er mordete nicht zu kennen. Wenn sich auch Garten von Haus aus aufs Leugnen legte, so hat er sich doch eines Besseren besonnen und die Tat unter gewissen Umständen eingestanden. Crimmitschau. Der hiesige Tertilarbeiterausstand kostete bis jetzt dem deutschen Tertilarbeiterverband 600000 Mark. An freiwilligen Beihilfen sind 180000 M. er- langt worden.