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Keiblatt zur „Sächsischen Elb-Ieituitg". VeranUvortlichcr Redakteur und Verlegert Ludwig Donath iu S ch a n d a n. Motto; Sorge nicht für den Morgen; ein feglicher Tag der trage Seine eigene Last; -auf' ihm nicht mehr als er hat. v. Knebel, Der Verworfene. , Novelle. (Fortsetzung.) Theobaldus trat an der Seite eines hohen, bleichen Mannes in die Kammer. „Hier begrüße Deinen langvcrsprochenen Bräutigam, der jetzt heim lehrt aus fremden Landen, um Dich glücklich zu machen," sprach er, als ihm Nitta vom Angst ge- hrückt, entgegen trat. ' „„Nicht diese erröthindcScham auf dem lieb lichen Angesichte!"" begann der Fremde, und er griff, die düsteren Augen auf chre blühende Gestalt geheftet, dcö Mädchens Hand, um sie zu küssen. Äber Nitta entzog ihm scknell ihre Rechte, und «rat unmuthig zurück; denn das ganze Wesen des Gastes hatte sie unangenehm verletzt. Zwar prunkte die hohe Gestalt in einen stattlichen Wammse vem fein sten flandrischen Gewebe, und ein breiter, goldge stickter Günel schlang sich um die Hüften, aber mehr als verzeihliche Nachlässigkeit sprach sich >n der ganzen Anordnung des kostbaren Anzuges aus — das blasse, eingefallene Gesicht mit den tief lie genden Augen und dem falschen Zuge um die zu- ammcn geklemmten kippen hatte etwas so Unhenn- iches sür das Mädchen, der blitzende Rubin an einer blendend weißen Hand sah auS uieeinBluts- ropfcn— daß Nitta, von Grauen überwältigt, niedersank auf einen Stuhl. Und dieser Mann, dessen Anblick so erschüt ternd äuf sie eingcwirlt, sollte sie heimführen als sein Weib, über ihn sollte sie das Bild des armen verkannten, verfolgten Ottmar vergessen, der ihr so thcucr geworden war, an den sie eine uncrllärbarc Neigung knüpfte. „Kindisches Mädchen," schalt Theobald, „kennst Du Deinen Jugcndgespielen nicht wieder? Siele, wie stattlich Bruno/des armen Gerbers Cohn, jetzt hcimkehrt, mit Gold und Gut gesegnet, und glänzend wie der beste Junker. Ihr habt Euch doch sonst wohl gerne geheckt als Kinder >- oder erschreckt Dich der Bräutigam? „ „Laßt daS, Vater," " siel Bruno in die Rede. „DaS holde Töchterlein ist zu sehr über rascht von der plötzlichen Kunde ihres Brautstandes und was Ihr für Unmuth haltet, ist wohl nichts Anderes als jungfräuliche Scham. Wir werden uns schon wieder' kennen und lieben lernen, wenn die Erinnerungen an unsere Kinderfreuden wieder auskcben, gleich den Blumen des Frühlings." Mit diesen Worten faßte er vertraulich den Alten, und traf, ohne Nilta's Zusammenschrccken zu bemerken, dem Fenster näher, um ihn leise et was in das Ohr zu flüßcrn. „Wer ist die Gestalt da unten?" rief er ha stig, als er einen Blick in die Nacht hinaus ge worfen, und fuhr erschrocken zurück. „Oltma.!" stöhnteNittamit gcbrcchenerStimmo in der Angst ihr süßis Geheimniß verrathend. Theobald aber eilte 'zornglühend hinab, und stand in winig Augenblicken mit einigen Knechten im Garten. „Laßt mich in Frieden ziehen I" bat der Ver folgte, und trat mit ruhigen Ernste dem Zürnen den entgegen. „Ich will Euch Gutes tbun; darum verfolgt mich nicht" „Du mir Gutes?" fragte Theobald, und wirkte seinen Knechten, den ungebetenen Gas» anzu« greifen. „Ich will mir den rothen Hahn von mei nen Dache fern halten. Kann der noch Guttö tbun an dessen Händen das Blut der Aeliern llept?" „Meister?" erwicderte Oi>mar, u»d rang müh sam, seine Fassung zu behalten. „Meister nicht fer ner mehr diejen Vorwurf, diesen gräßlichen Ver dacht bis ihr beschwören könnt, ich sei dir Mörder, Ihr seid Nathsmann, reich angesehen und mächtig! Ihr dürft befehlen, und zwanzig Schützen flehen Euch zu Gebote, um mich auszugreifen. Ich bin arm, gchast, verfolgt — aber seid klug, Meister Schwarz, und laßt mich ziehen Ihr könnt schon morgen einer treuen Hand hetürsen, Vie Unheil ad- wendct von Euch und Eurem Kinde." „Wahnsinniger Thor!" versetzte der NES« Herr, und «rat, von Zorn überwältigt, dem jungen