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Dresdner Journal : 14.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961214
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-14
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 14.12.1896
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vez»,-»ret«: Für Dresden vierteljährlich: 4 Mark 50 Pf, bei den Kaiser» lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer» halb de- Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschlaa Einzelne Nummern: 10 Pf Erscheine»; Täglich mit Au-oahme der Sonn- und Feiertage abend«. Feruspr -Anschluß: Nr. lr»L M29O. Dresdner M Joumal. Montag, den 14. Dezember, abends. Aukünötgungsgebühre»: Fllr den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile 50 Pi. Bei Tabellen- und Zisfernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition de« DreSdner Journal« Dresden, Zwingerstr 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. 12NZ 1890. Amtlicher Teil. Bulletin. Dresden, 13. Dezember, früh 8 Uhr. Auch in der vergangenen Nacht hat Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August gut geschlafen und befindet sich, ebenso wie der Heine Prinz, wohl. I)r. Leopold vr. Fiedler. Dresden, 14. Dezember, früh 8 Uhr Das gute Befinden Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich August und des kleinen Prinzen dauert in erfreulicher Weise fort. vr. Leopold. Ur. Fiedler. HZekannLrnachnng. Auf Grund des 8 24 des Bau-Unfallversicherungs gefetzes vom 11 Juli 1887 (Reichsgesetzblatt Seite 287 fg.) wird hierdurch bekannt gemacht, daß für die Ver- sicherungS-Anstalten der Tiefbau Berufsgenossen schaft und der Sächsischen Bau gewerks-Be- rufsgenossenschaft die jetzt bestehenden Tarife *) über den 1. Januar 18!»7 hinaus bis auf Weiteres in Kraft bleiben. Berlin, den 5. Dezember 189«». Tas Reichs-Bersichcrungsamt. vr Bödiker. Bekanntmachung vom 25 November 189» im „Dresdner Journal" und in der „Leipziger Zeitung" vom 9 Dezember 189» (Nr. 2SS). Ernennungen, Verfetzuvgen re. in» öffentlicher» Dienste. Trpartement der Finanzen. Forstverwaltung Der ehemalige Waldarbeiter Roscher ist zum Waldwärter aus Dittersdorser EtaatSsorstrevier im Forstbezirke Zschopau ernannt worden. Bei der Post-Verwaltung sind ernannt worden: Moracneyer und Starke, zeither Postassistenten, als Ober- PostaMenten im Bezirke der Kaiserlichen Obcr-Postdirection zu Leipzig; Thierselder, zeither Postassistent, als Ober-Post- assistcnl im Bezirke der Kaiserlichen Ober-Postdirection zu Dresden: Querchseld und Rein warbt, zeiiber Postanwärter, als Poltassistenten im Bezirke der Kaiserlichen Ober-Postdirection zu Druden; Rölke, Kausmanu, als Postagent in Räckelwin Nichtamtlicher Teil. Tie ägyptische Frage -soll, wenn es nach Rußlands Willen geht — und das wird wohl der Fall sein — zunächst etwas in den Hintergrund gestellt werden. Dafür aber scheint man in der orientalischen Angelegenheit entscheidende Schritte vorzuhaben. Die Reise des russischen Bot schafters in Konstantinopel, v. Nelidow, nach Wien dürfte im Zusammenhalt mit den russischen Preß- üußerungen der letzten Tage wohl darauf hindeuten, daß die russische Diplomatie mit nei cn Vorschlägen hervorzutreten gedenkt. Auch der Besuch Kaiser Wil helms bei dem russischen Botschafter am letzten Sonn abend dürfte kaum der politischen Bedeutung ent behren. So könnte doch noch möglicherweise vor Weihnachten in die politischen Ereignisse ein lebhafteres Tempo gebracht werden, als man noch vor einigen Tagen anzunehmen berechtigt war. Über die einstweilige Zurückstellung der ägyptischen Luick und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 12. d. Mls: „Odysseus' Heimkehr". Musik-Tragödie in einem Vorspiel und drei Akten Dichtung und Musik von August Bungert. (Zum ersten Male.) Das Dresdner Hoftheater hat fast in jedem der letzten Jahre den Versuch gemacht, ein der neudeutschen Musik richtung entsprossenes Werk für die Bühne zu gewinnen, doch sind diese opferwilligen Vorstöße bisher ohne rechten Lohn geblieben. Erst mit den: vorgestern zur Ausführung gebrachten Werke Bungerts hat sich ein verdienter und Dauer versprechender Erfolg eingestellt, durch welchen der Lebensarbeit eines talentvollen schaßenden Mannes freie Bahn gemacht, die außerordentlichen Anstrengungen unseres Kunstinstituls gerechtfertigt und vergolten und schließlich auch die vielen Herolde der Nachwagnerischen Produktion einmal in die Lage versetzt worden sind, aller Reklamationen für die Zukunft entkoben die Siegesflagge schon in der Gegenwart zu hissen. „Ldysscus Heimkehr" nennt sich der dritte Teil einer auf vier Abende berechneten Musik-Tragödie „Die Odyssee", die mit einer für zwei Abende gedachten „Die Ilias" den Eyklus „Homerische Welt" bildet. In diesem von Bungert nahezu vollendeten Werke, welches die Götter und Heroenwelt in den beiden größten Epen der alt klassischen Litteratur musikalisch-dramatisch darstellt, haben wir also ein im Umfang nach gesteigertes Seiten- stück zu Wagners Nibelungentrilogie Vergleiche mit letzterer drängen sich auf, können aber an der Hand des einen jetzt bekannten Dramas nur ungenügend durchgeführt werden Jedenfalls steckt wie in der germanischen so auch in der griechischen Mythe ein für alle Zeit lebendiger Inhalt von Naturpoesie und zugleich ein Anreiz zu drama tischer Behandlung, dem ja schon die namhaftesten alt klassischen Tragiker, Aeschylos an der Spitze, in ihren Schicksalstragödien nachgegeben haben Letztere sind frei lich kein Vorbild für den Dichter von heute, dessen Haupt augenmerk darauf gerichtet sein muß, das au« der Ver schlingung mit dem Götterwesen herausgelöste rein Mensch- Frage äußert sich der bekannte St. Petersburger Offi ziosuS der „Polit. Correspondenz" heute wie folgt: Die Entscheidung des Appellgerichtes in Alexandrien, durch welche die ägyptische Regierung verurteilt wurde, die Summe, die aus den Reftrvegeldern der Sgyptilchen Staatsschuldenkasse zu Zwecken derExpedition nach Dongola entnommen wurde, zurückzucrstatten, hat bei der öffentlichen Meinung Rußlands große Befriedigung hervorgerufen. Man erblickt hier in dieser Entscheidung eine politische Niederlage Englands und einen Sieg Rußlands und Frankreichs, da die Berechtigung des von den letztgenannten beiden Slaaten seinerzeit gegen die Verwendung des Reservefonds der ägyptischen Dette pudligue sür den erwähnten Zweck erhobenen Einspruches nunmebr erwiesen ist. Ferner faßt man in Rußland den llrteilSspruch des Appcllgerichtes in Alexandrien als eine feierliche Bestätigung dcS Kontrollrechtes aller europäischen Mächte hinsichtlich der Verwaltung ker ägyp tischen Finanzen und der Stellung Englands im Nillande aus Es gehe daraus hervor, wie man hier betont, daß den übrigen Staaten im Bedarfssalle das Recht in die Hand gegeben und die Möglichkeit geboten sei, das Vorgehen Groß britanniens in Ägypten in gewissen Schranken zu halten, und schließlich bezeichnet man die Entscheidung des mehrgenannten Appellgerichtes als einen ersten Schritt zur sriedlichen Regelung ter ägyptischen Frage. Unter diesen Um ständen ist cS begreiflich, daß man in Rußland von der Rasch heit, mit welcher die englische Regierung dem Kabinett in Kairo die behuss Ersetzung der sür die Dongola-Expedition verwendeten Reservegelder nölige Summe zur Bersügung stellte, unangenehm berührt worden ist, da man darin ein Mittel erblickt, um die Vorherrschast Englands in Ägypten zu stärken In der russischen Presse werden im Zusammenhänge mit dieser Angelegenheit Stimmen laut, welche in etwas voreiliger Weise eine rasche endgiltige Regelung der ägyptischen Frage fordern Die russischen Regierungskreise verhalten sich jedoch bei weitem reservierter und sind der Ansicht, daß eS im gegenwärtigen Augenblicke, wo die europäischen Mächte durch die Zustände in der Türkei so sehr in Anspruch genommen sind, inopportun wäre, die ägyptische Frage auszu- werien, um so mehr als dadurch England veranlaßt werden könnte scine Mithilse bei der von allen europäischen Mächten gemeinsam zu unternehmenden Aktion behuss Lesung der türkischen Krise zu versagen Die russische Regierung kann demnach erst nach einer allseitig besriedigenden Lösung der türkischen Angelegenheit daran denken, falls dann dle Umstände hierfür günstig jein sollten, die internationale Lösung der ägyp tischen Frage auf die Tagesordnung zu stellen Die Ent scheidung des Appellg-richtes in Alexandrien kann demnach nur als ein Moment der Vorbereitung für diese Aufgabe angesehen werden, auf welches man feinerzeit zurückgreifen wird Was dem einen seine Eule ist, das ist dem andern seine Nachtigall! Was in Rußland „große Befriedig ung hervorruft", das wird in England „lebhaft be dauert", und was man an der Themse „allgemein billigt", kann an der Newa nur „unangenehm be rühren". Dieses eigenartige, aus der allgemeinen Gegensätzlichkeit der englischen und mfsischen Interest-2 freilich ganz einfach sich erklärende Verhältnis tritt in einer beinahe belustigenden Weife zu Tage, wenn man die offiziöse englische Stimme, die heute zufällig über dieselbe Angelegenheit aus London herübertönt, mit der vorstehenden russischen Auslassung vergleicht. Aus London nämlich wird der offiziösen „Polit. Cor respondenz" geschrieben: Tie Entscheidung des Appellgerichtshoses in Alexandrien in Sachen der sür die Dongola-Expedition verwendeten Reservegelder der ägyptischen Staatc schuldenkaffe wird in eng lischen Regierungskrcisen im Interesse Ägyptens lebhaft be dauert, da hierdurch ein Zustand geschaffen ist, welcher den Interessen dieses Lander offenbar zuwiderläust. Da das Land unter dem bestehenden Regime seiner Finanzvcrwaltung weder eine Anleihe ausnehmen, noch auf die Flüssigmachung seiner in der Staalsschuldenkasse eingcschlossenen Fonds rechnen kann, wäre cs, wie man hervorhebt, nunmehr außer stände, einem unvorhergesehenen Angriffe auf seine Existenz und Sicherheit aus eigenen Mitteln die Spitze zu dielen. Um so mehr müsse die Bejchützerrolle Englands in den Augen der Ägypter selbst sowie aller derer, denen an dem Wohle des Landes und der Stabilftät seiner Finanzen gelegen sei, an Wichtigkeit gewinnen, da Ägypten jetzt mehr denn je anj Unterstützung angewiesen erscheine Lord Salisburys rasches Eingreisen durch Gewährung der von der ägytischcn Regierung benötigten Fonds wird deshalb in den politischen Kreisen Uche zu kräftigen rind zu verliefen Dabei geht ein gutes Stück von antiker Echtheit und Größe verloren, aber die Wirkung des Gegenstandes auf den modernen Zuschauer wird dadurch gefunden. Während die homerische Welt uns eine dem deutschen Gefühl so zugängliche sieghafte Gestalt wie diejenige Siegfrieds versagt, bewegen sich die Götter und die Vorstellungen der Staubgeborencn von ihnen hier vielfach auf einer höheren Stufe wie in der Welt der Edda Trotzdem hat Bungert im Gegensatz zu Wagner, der die Götter und Halbgötter in den „Nibelungen" zu den unvorteilhaftesten Rollen ver urteilte, in „Odysseus' Heimkehr" die Mitwirkung der Unsterblichen auf das geringste Maß zuückgesührt Pallas Athene, welche bei Homer die Gedanken und Herzen der einzelnen, die ganze Aktion lenkt, ist in unserem Drama fast gänzlich aus dem Spiel gelassen und trägt nur mehr zum Glanz der Staffage bei. Odysseus, Penelope, Tclemach handeln nach eigenen Erwägungen und Entschließungen, sie vertrauen den Göttern, aber sie legen auch selbst mit Hand an ihr Schicksal, treten uns dadurch menschlich näher und werden zu dramatischen Personen So schafft sich der Autor einen freieren Spielraum für die Eha- rakteristik und für selbständige Erfindungen, unter denen die Figur und die Episoden des Hyperion die bedeutendsten sind; so gewinnt er die Möglichkeit, seelische Spannungen und Konflikte herbeizusührcn, von denen der nachdrücklichste sich in Penelope abfpielt und diese antreibt, zur Sicher stellung von Telemachs Leben vor den wüsten Freiern das Opfer ihrer Wiedervermählung zu bringen Durch solche größere und kleinere Änderungen und Einschaltungen in Charakteren, Motiven und Vorgängen hat sich Bungert bemüht, seinen der epischen Darstellung enthobenen Stoff den Bedingungen des modernen Dramas anzunähern und ihn gleichzeitig auch nach musikalischen Gesichtspunkten ein- zurichten. Aber völlig hat er die Fesseln der Homerischen Rhapsodie doch nicht obgestreift, in manchen langgedehnten Szenen, in dem gemächlichen Gang der Handlung kommt der Bund mit dem behaglichen Epiker noch stark zur Er scheinung Tie Exposition beansprucht das Vorspiel und den ganzen folgenden Akt, erst mit der Schwurszene Penelopes beginnt der Puls dramatischen LebcnS voller zu schlagen und auch dann noch kommen im letzten Aufzuge Englands allgemein gebilligt, einmal weil hierdurch jede mögliche Erschütterung de- ägyptischen Kredits vermieden wird, sodann weil das neue materielle Opfer neben den vielen bis herigen wertvollen Dienstleistungen sür Ägypten England zu gute zu schreiben ist und die moralischen Ansprüche der Schutzmacht aus Anerkennung ihrer erhöhten Interessen im Nillande be- sestigt. In den parlamentarischen Kreisen herrscht kein Zweifel darüber, baß da- Haus der Gemeinen bei feinem demnächstigen Zusammentritte nicht nur die Darleihung der bisherigen Aut lagen für die Tongola-E. pedition ratifizieren, sondern auch mit überwältigender Major-tät dem Kabinett Sali-bury sreie Hand zur Bersügung über englische Gelder für alle Äuslagen gewähren wird, die im Interesse der Sicherung Ägyptens notwendig werden sollten. Ohne Frage werden die Vertreter der Regierung etwaigen An griffen der Opposition gegenüber ihren Standpunkt mit Bezug auf ihre Sudanprojekte in überzeugender Weise zu vertreten wissen, und bei der im Lande hinsichtlich der Okkupation Ägyp tens hcrrschenden Stimmung ist nicht zu erwarten, daß der britische Steuerzahler die geringe Abgabe, die noch dazu aus einem vorhandenen Revenucnüberfchusje mit Leichtigkeit gedeckt werden kann, im geringsten beanstanden werde. (?) Unter diesen Umständen hält man es noch für sehr fraglich, ob die Opposition überhaupt rn dieser Frage ernsten Widerspruch erheben wird, da durch eine Bekämpfung der ägyptischen Politik in England keine Popularität zu er werben ist. Auch die Behauplnng, daß die Unfähig keit Ägyptens, Darlehen aufzunehmen, ein Hindernis für die Hergabe englischer Fonds bilden müsse, wird in maßgebenden Kreisen als nicht stichhaltig bezeichnet, da die Unsähigteit der Garantierung eines Darlehens nicht verhindere, auf eigene Gefahr hin Ägypttn Geld zu leihen Es j. i Sache der englischen Re gierung allein, ob sie die Anlage der Fonds sür gesichert und gerechtscitigt halte, und wenn Lord Salisburys Entscheidung im bejahenden Sinne ausgefallen fei, fo könne man daraus schließen, daß er sich Garantien zu verschossen wissen werde. Im übrigen werde, so betont man, weder an den gegen wärtigen Projekten Englands im Sudan, noch an der endgiltigen Erfüllung feiner Verpflichtungen mit Bezug ans Ägypten etwas geändert, wie andcrjeäs die Ansprüche Englands, seine überwiegenden Interessen im Nilthale am Tage der einstmaligen militoriichen Räumung vcr- tragSmoßig anerkannt und goraniiert zu erhallen, noch bedeutend verstärkt worden sind. Zur Lagt in Österreich wird uns aus Wien geschrieben: Zwei wichtige Ereignisse auf dem Gebiete der innereu Politik haben die beiden letzten Tage gebracht. Das Abgeordnetenhaus hat am Sonnabend den Dis Positionsfonds dem Ministerium Badeni bewilligt, und am vorhergehende» Tage gelangte in den in Prag erscheinenden deutschen Blättern das nene Programm der am 29. Juni d. I. begründeten, aber erst nach den nächsten Reichsratswahlen in Aktion tretenden „dent sckwn Fortschrittspartei" zur Veröffentlichung. Der Dis Positionsfonds, dessen Genehmigung nach der Erklärung des Ministerpräsidenten nicht das Vertrauen, wohl aber das Nichtvorhandensein eines Mißtrauens der Reichs- ratsmchrheit der Regierung gegenüber bedeuten sollte, wurde dein „außerhalb der Parteien stehenden" Mini sterium bei Abwesenheit von mehr als 100 Mit gliedern mit 163 gegen 82 Stimmen bewilligt. Diesen glänzenden Sieg über ihre Gegner im Ab geordnetenhause verdankte die Regierung in erster Linie allerdings ihren unbedingt ergebenen Freunden im Polenklub, daun aber auch den zwischen der Regierung und der Opposition hin und her- schwankenden Parteien. Für den Dispositionsfonds stunmtcn nämlich sämtliche anwesenden 49 Polen, sodann 33 Konservative, 13 Südslawen, 1l klerikale Deutsche, 7 Mitglieder des Unken Zentrum, 4 Italiener, 3 Ruthenen, je 2 Alttschechen und Wilde und endlich auch 39 Mitglieder der Vereinigten deutschen Linken. Gegen die Bewilligung dieses Budgetpostens stimmten: 22 Deutschböhmen, 14 Mitglieder der Linken, 22 Jungtschechen, 10 Antisemiten, 7 Deutsch nationale, l Ruthene und 6 Wiloe. l7 Mitglieder der Linken enthielten sich der Abstimmung oder fanden verschiedene Stellen vor, die uberstüsuqe Batken :m Bau sind Es fehlt die künstlerische Einteilung, die Konzentration im dramatischen Oiefüge und ebenso in der Sprache, sich namentlich im Ausdruck des Lyrischen nicht immer vor Schwulst hütet, obwohl sie sonst ein Zeugnis sür die Bildung und Belesenheit des Verfassers darstellt und mit ihrem Ton dem Bestreben des Verfassers, die homerischen Gestalten zu idealisieren, aufs beste dient. Zum Schluß bleibt noch die Frage, wie sich der moderne Hörer zu der Verkleidung des Odysseus stellt, den ein bloßes Bettler gewand seiner Gemahlin, dem alten Laertes und dem treuen Eumüos gegenüber unerkennbar machen soll. Homer hatte eS freilich leichter als der Textdichter von heute; er zitiert nach Bedarf die Göttin Athene, die des Helden blühendes Fleisch in runzeliges verwandelt und ebenso bereitwillig das umgekehrte Verfahren anwendet. Bungerts Musik zeigt das Stilprinzip Wagners, die Auslösung der Formen, die vorwiegend ins Orchester ver legte Themenbildung und Eharakterisierung, die zwischen Sprechgesang und Arioso abwechselnde Deklamation, zu gleich auch die dem Vorbild eigentümliche Ungcbundenheit in Takt- und Tempoveränderungen und Modulationen Anderseits unterscheidet sie sich von der Tonsprache Wagners durch eine entschiedene Neigung für den lied müßigen Ausdruck und vor allem und nicht zu ihrem Vorteil durch die meist homophone Behandlung des orchestralen Vortrags. Bungert entwickelt seine Motive fast nur nach der harmonischen und rhythmischen Seite hin, aus Polyphonie, aus kunstvolle Verwebungen und Gegen überstellungen, die in Wagnerschen Partituren Glanzseiten ausmachen, leistet er Verzicht Seine melodische Erfindung ist nicht groß und originell, doch hat sie hingereicht, um der Mehrzahl der Motive Charakter und manchen ein unmittelbar für sie einnehmendes, schönes Gepräge zu geben Zu diesen rechnen wir das durch sein Gleichmaß von melodischer und rhythmischer Kraft hervortretende Leiden schaftsmotiv des Hyperion und das Odysseus und Penelope gemeinsame zweitaktige Sehnsuchtsmotiv Als Hamoniker ist der Komponist, wie er das schon in s-inen Gesangs kompositionen dargethan hat, erfinderisch in interessanten und feinen, selten überladenen Gestaltungen Auch in der Instrumentierung verleugnet er nicht sein musikalisches sich in der Reichsratssitzung nicht ein. Auch einige Antisemiten fehlten, um der von ihnen von Fall zu Fall bekämpften Regierung gegenüber nicht Farbe be kennen oder sich mit ihren Parteigenossen nicht in Widerspruch setzen zu müssen. Das Auffallendste an dieser Abstimmung ist die Zersplitterung der deutschen Volksvertreter, die fast in gleicher Stärke in allen drei Gruppen zu sinken waren — unter den Freunden der Regierung, unter ihren Gegnern und auch unter den Neutralen. Der ungünstige Eindruck dieser im deutschen Lager herrschenden Zerfahrenheit foll offenbar dnrch das erste Lebenszeichen der in Bildung begriffenen neuen deutschen Fortschrittspartei verwischt werden. Das zu diesem Zwecke veröffentlichte Programm der deutschen Fortschrittspartei erweist sich aber inhaltlich durchaus mir als das politische und nationale Glaubensbekenntnis der in Brüche ge gangenen deutschliberalen Partei. Es enthält — wie die „Neue Fr. Presse", das Wiener Hauptorgan der Partei, selbst erklärt — kaum einen wesentlichen Punkt, der nicht mittelbar oder unmittelbar aus den Über lieferungen der deutfchliberalenPartei abzuleiten wäre. Deutschtum, Freiheit — diese beiden leitenden Motive des deutschliberalen Progamms — stehen auch unter den 15 Satzungen des deutschfortschrittlichcn Glaubens bekenntnisscs an erster Stelle. Zn ihnen gesellt sich noch die „wirtschaftliche und soziale Reform" auf allen Gebieten des öffentlichen und staatlichen Lebens. Die neue deutsche Fortschrittspartei soll zielbewußt und geeinigt ihre deutschnationalen, wahrhaft freiheitlichen und fortschrittlichen und reformatorischen Forderungen unabhängig von den jeweilig am Staatsruder stehen den Regierungen vertreten. Die nationalen Inter essen des deutschen Volksstammes in Österreich über Haupt, und insbesondere in Böhmen sollen auf der Basis der freiheitlichen Bestimmungen der Verfassung und im Anlehnen an die Wirkiamkeit der „freien Schule" mit aller Entschiedenheit und Energie ver fochten weiden. Die Einheit des Staates will auch die neue dcutfche Partei gegen die föderalisierenden Bestrebungen der übrigen Reichsratsparteien verteidigen, aber nicht im staatlichen Jnteresfe wie es die deutfchliberale Partei gcthan hat — fondern aus schließlich im Interesse des deutschen Volksstammes, der seine nationale Existenz nicht wirksamer, als auf dem Boden der Zusammengehörigkeit aller Deutschen in Österreich verfechten könne Die Fortschritts Partei wird außerdem auch eine gesunde Agrar Gewerbe- und Sozialpolitik betreiben und sich dabei auch den Schutz des Handels und der Industrie angelegen sein lassen u. s. w. Man sieht, es sind schöne Worte, mit denen die neue Partei aufwartet! Nur schade, daß man schon jetzt mit der größten Bestimmtheit voraussagen kann, daß sich diese schönen Worte nie in Wirklichkeil um setzen werden. Dazu hat die neue Partei nicht im Entferntesten die Macht. Sehr vielen, und nicht gerade den einsichtslosesten Leuten ist es sogar schon zweifelhaft, ob die neue Partei überhaupt den Willen hat, das durch die That zu bekräftigen, was da so schön in den Paragraphen des Parteiprogramms präsentiert wird. Tages geschichte. Dresden, l4 Dezember Ans Anlaß der glück lichen Geburt des Königlichen Prinzen Ernst Heinrich fand am gestrigen Sonntage vormittags in sämtlichen Kirchen des Landes Dankgottesdienst Talent, obwohl er einen größeren Tonapparal in Bewegung setzt, als es die herauskommenden Wirkungen begründen, und obwohl er in der Behandlung des Lrchcsterkolorits noch etwas befangen und einseitig verfahren ist. Daß Bungerts Musik nicht nur in der Methode — die wir nun einmal wohl oder übel für die zeitgemäße, dem herrschenden Kunstgeschmack entsprechende Form dra matischer Musik annehmen müssen —, sondern auch mehrfach in direkten Abfärbungen, in bestimmten Tonfolgen, Akkord verbindungen, rhythmischen Bildungen und Klangmischungen sich an WagnerS Tonsprache anlchnt, bedeutet gegenwärtig, wo sich kaum ein dramatischer Tonsetzer ihrem dämonischen Einfluß zu entziehen vermag, keinen entscheidenden Vorwurf sür den Komponisten, dessen Partitur im übrigen genug selbständige und von Wagnerschcr Kunst ganz und gar abweichende Züge ausweist. Seme Musik rst, um es für heute nach einmaligem Anhörcn des Werkes bei allgemeinen Betrachtungen zu belassen, durchweg charakteristisch, vielfach von warmer Empfindung getragen, im Ausdruck des Lyrischen bisweilen etwas zu schwelgerisch aber immer zutreffend gleichwie in dem des Dramatischen und in letzterem ost viel sicherer gesteigert, als man es bei einem Neuling aus diesem Gebiet voraussetzt Wie textlich stehen auch musikalisch der zweite und dritte Akt erheblich über dem Vorhergehenden Sie werden die Wirkung der Musik-Tragödie — Tragödie im antiken Sinne — noch sicherer tragen, wenn durch Zusammen legung und Kürzung des Vorspiels und des ersten Aktes einer frühzeitigen Ermüdung des Hörers vorgebeugt wird. Die Ausführung unter Hrn Schuch war eine glanz voller, der Erfolg ein außerordentlich großer und ehrlicher Der anwesende Komponist wurde nach jedem Alte viele Male hcrvorgerusen und dankte am Schluß dem Publikum, dessen Enthusiasmus sich gar nicht legen wollte, mit herzlichen Worten H. Poppe K. Hoftheater. — Neustadt — Am 12. Dezember: Zur Erinnerung an die erste Aufführung des Werkes am lll. Dezember 1846: „Uriel Acosta" Trauerspiel in fünf Akten von Karl Gutzkow. (Neu einstudiert) Das Hoftheater verdient entschieden Dank dafür, daß
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