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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111123024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-23
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Be^vg»-Preis für L«>vt»a and 1«»»»»»» durch «"1«r» ilroari »ob 6o»bi>»«r» '<!»»! lL»Iich tn» Paa» »ediaivl » VI m»aa«U Liv Vtk. »ierleyohrl. «»> »n>»r» czuialea » Na» «admesteliea odacdoll 7S M. »ronatt» L»«It. oieneltätzrü Varch »«« v»ttr timerdasb Vrunchcand» and der deutschen Nolanien vierrrliädrs 3.8U Stt.. inanotl. t^id SIt aa»>ihc PolidrfteUaeld ferner in Belgien, danemarl den doaautlooren. Irolien. üuzemdaig. Niederlande Nor wegen L'esierreich - Unaorn. Stuftland, Schweden^ Schwele a Eoanien. In ollen udligen vlaalrn nur diiekt vurch dt» lbeichalloilell» de» Blaltr» «rdatclich. Da» llerpriaer TagedloN »Ncheinr Lmal täglich Bonn- «. ^eierlog» na« morgen». üidonnem«ni».tlnnal>me I»da,ai»,»ss« 8, bei unierrn Tragern, giliaten. Loevilenrea «nü Ütnnahmeliellen, lowie Pogamlern and Brteilragern. Etnz«lv«rkaal»»l»t» 10 Ps. Adend-Aus^abe. KipMerTaMM s 14 992 <»I.chta»Il»l»»r achch " «92 lAachtddlchlnv rei.-Ä»lchl.!'E «NÜNVeisZkttUNg. rt!.-Ä»schi^.M Amtsblatt -es Rates «n- -cs Nolizeiamtes Ser Ltadt Leipzig. Anzeige« Preis flr Snteraw «»» U»e»ttn and Um,,»««« dt« lloalllgeveNttell« »Bf dtoXeNam». »etl» I UN. von a»»wLn» » Pt. SleNamen UV UN. Inlerat« »on VehSrdea »m amt» llche» T»U dt» Bettt.ell, « Pf «»lchäft»ant»tg«n mtt Pladvorlchrtste» »m Brett» «rhSht. Rabatt nach Tarti, «eilagegebühr Selamt» aattag« L Mk. o lautend erkl. Poftgeoü-r. Telldetlag, bgyer. Fekettetlt» Butträa« können nicht «nrüL- a»t»g«n werden, »llr da» Erscheinen an befttmmten Taqen and Plätzen wird kein« Eargntt« übernommen. «n,eig»n»«nnabm,: S«d,,M»g«If» 8, bet tomliichen »Ztlialen o. allen Annoncen» Erpedittone» de» In» and <lu»lande». Lrart and Verla, »«» Fitch«» ck NRrfte« Inhad«r: Paal ttlirite». Nedatti», and tS«IchIft»ft«L»: I»danni»galt» 8. Haiiot-Filiale »»«»den: keeltraß» < t tTelr-tzon 1821). Nr. 325 Donnerstag, Sen 23. November lSll. los. Jahrgang. UM" Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 12 Seiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 21» Leiten. Oie OargelüMle ües Klsrokkv-Ädklimmens. Der umfangreiche Bericht, den die Reichsreaierung über die vom Staatsiciretor von Kioerlen-Wöchter in der Buogettommiffion abgegebenen Erklärungen bezüglich der Voigeschichte der Verständigung mit Frankreich veröffentlichen läßt, verstärkt den Ein druck, daß es unseren leitenocn Kreisen darum zu tun ist, ihr Verhallen nicht nur im engen Rahmen der Parlainentskommissioii, sondern auch vor dem Forum der großen Oeffentlichleit zu rechtfertigen. Das must Vertrauen erwecken, wenn sich auch trotz dem viele noch nicht von der Opportunität des deutschen Vorgehens üöerzeugen lassen werden. Es ist aber ans dem amtlichen Exposö deutlich zu erkennen, wie schwierig die Stellung der deut chen Regierung war und wie diese durch die Hartnäckig keit, mit der sich Frankreich den zugesogten Verstän- dieungsverhandlungen mit Deutschland entzog, ge zwungen wurde, Lurch Entsendung des „Panther" bzw. „Berlin" die Lache ihrer Lösung cntgegenzu- lüyren. Der amtliche Bericht geht bis aus die Madrider Konferenz von 18dO zurück. Es ist besonders inter essant, Last schon 1899 Ehamberiain Teilungsavsichten in Le ug auf Marokko gehabr da , wobei Deutsch.and ein Hasen am Atlantischen Ozean zugedacht war. Ferner, dast das Won „Kongo" bereits fiel, als Kaffer Wilhelm serne Tangersahrt gemacht hatte, indem der damalige französffche Kabinettsckef Rou- vier dem Wunsche nach einer Verständigung Ausdruck gegeben hatte. Damals sei es zur Algecrrasatte gekommen, die aber nicht verhindern konnte, daß der franzosi che Einflust in Marokko ständig stieg. Es ist völlig klar, wie in der oifiziö,en Darstellung aus- ge.ührt wird, dast Deutschland unmöglich wegen ein zelner Ue. ergriffe Frankreichs gegen die Algecirasalte einen Krieg Herausbeichören kannte, zumal von Paris immer wieder betont worden sei» > aß die französischen Aktionen in Marokko, auch der Zug nach Fez, vor übergehender Ratur seien. Dazu kam, dast Deutsch land mit seinem Widenpruch allein gestanden habe und dast die anderen Mächte, namentlich England, geneigt gewesen seien, oer tranzüji chen Auffassung zuzusummen. Wenn man jetzt die deutsche Darstellung liest, dast Frank reich, das immer ungenierter in Marokko ausgetreten lei, sich der deutschen Auf- sorl erring, zur Herbeiführung einer Verständigung positive Vorschläge zu machen, immer wieder ent zogen hat. dann findet man, wie schon oben ge agt, die Entsendung des „Panther" nach Agadir nicht mehr absolut unbegreiflich. Die Re gierung gibt offen zu, dast es sich dabei nicht allein um den schütz der Deutschen im Susgebiete, sondern auch um einen symptomatischen Akt gehandelt habe, dem französischen Vorgehen gegenüber das deutsche Recht zu wahren und zu zeigen, Last Frankreich nicht der .' andatar Europas sei. Von grostem Interesse ist die Wiedergabe der Verhandlungen zwischen Berlin und Lon don, die in dem Expvsd einen breiten Raum ein nehmen und bestätigen, dast England durchaus mit von der Partie ein wollte, um seine eigenen Interessen, in Wahrheit aber die franzö sischen, zu vertreten. Die Entschiedenheit ber deutschen Ablehnung ist anerkannt worden, und sie war auch nötig, denn bei Englands Einmischung wäre es wohl kaum u einer friedlichen Verständi gung zwischen Deutschland und Frankreich gekommen. Tie Auseinandersetzungen mit der britischen Negie rung nahmen zeitweise einen sehr scharfen Ton an, und man wird zugeben müssen, dast England, das immer zu glauben vorgao, wir wollten uns in Marokko sestietzen, ganz gehörig die Meinung gesagt worden ist. Den Gründen, welche Staatssekretär v. Kider- len-Wächter gegen erne deutsche Gebiets erwerbung in Marokko anführte, wird man die Berechtigung ebenfalls nicht versagen können. Es wird ja auch künftig weite Kreise geben, die der deutschen Regierung die Preis abe Marokkos nickt verzeihen wollen, aber da Deutichland nie die Ab sicht gehabt, sich in Marokko sestzu>etzen, jo müssen wir uns mit der Bestätigung unserer wirtschaftlichen Interessen zufriedengeben. Alle Vorwürfe, die sich gegen die Negierung richten könnten, haben ja über dies keinen Zweck mehr, und unsere nationale Würde verlangt es, dast vorläufig mit dem Kapitel „Marokko" Schlug gemacht wird. Deutschland hat bei aller Entschiedenheit sich bei den Ver handlungen mit Frankreich äußerst friedfertig und nachgiebig gezeigt, «eine ihm aufs neue ver brieften wirt.chastUchen Interessen in MaroUo würde es aber erforderlichenfalls mit allen ihm zu Gebote stehenden Machtmitteln zu ver teidigen wissen. Oss treue Motu proprio. Das neue ^lotu proprio des Papstes, das allen Privatpersonen, Laien und Ordensleuten bei Strafe sofortiger Exkommunikation verbie tet. ohne Eenehigvng der kirchlichen Behörde katholische Pfarrer und son stige Kleriker, wenn sie sich vergangen haben, vor die staatlichen Gerichte zu ziehen, beginnt die öffentliche Meinung mit Recht aufs lebhafteste zu beschäftigen. Was will der Papst? Nachdem er durch den Modernistcncid und das Ab setz u n g s d e k r e t die gesamte katholische Geistlich keit im Gewissen wie im Amt ihren kirchlichen Vor gesetzten gegenüber willen- und rechtlos gemacht hat, soll nun auch die katholische Laien weit in der Ausübung eines der wichtigsten Staats bürgerrechte von der Kirche abhängig ge macht werden. Der katholische Geschäfts mann, der Schulden bei einem katholischen Geistlichen einzuklagen hat, der Bürger, der im Wahlkampf und sonst schnöde Beleidigungen und Ehrenkränkungen von einem Kleriker erfahren hat, das junge Mädchen, das nicht allein tragen mag, was mit ihm ein Priester verschuldet hat, ihnen allen droht Verlust ihres Seelenheils, wenn sie nicht erst zum Bischof und dann zum Gericht gehen. Und mehr noch: gehorchen sie dem päpstlichen Gebot, und der Bischof, besten Amt es ist. die Kirche und ihren Ruf zu schonen, weigert sich, der Gerechtig keit freien Lauf zu lassen, wie das ungetrübte Rechtsempfinden fordert und die Gesetze cs unter Umständen zur Pflicht des Staatsbürgers machen, was dann? Nach dem päpstlichen Gebot ist es möglich, dast böswillige Schuldner, Beleidiger, Verführer straffrei ausgehen oder dast das Unge heuerliche geschieht und der Schuldlose, der sein Recht gegen den Schuldigen sucht, der schwersten Kirchcnstrafe verfällt. Der Staat kann sich demgegen über unmöglich passiv verhalten. Es ist das gute Recht und in allermeisten Fällen die Pflicht des Staatsbürgers, Vergehen und Verbrechen, gleichviel wer sie begangen hat. zur Anzeige zu bringen; niemand darf ihn darum strafen und eine Zwischen instanz, die über die Auzcigepflicht entscheidet, kann sich der Staat nicht gefallen lasten; wo sie aber gar zugunsten eines bestimmten Standes ein geführt wird, hebt sie die Gleichheit aller vor dem Gesetz, also einen unvcräusterlichen Grund satz der modernen Rechtspflege, auf. Der Staat kann die Rechtshoheit mit niemand teilen; die Grenzüber schreitung, die sich der Papst hier leistet, indem er einseitig, von sich ans. ohne den Staat zu fragen, für den Stand der katholischen Geistlichen einen Ausnahmezustand schafft, ist unerträglich. Um eine innerkirckliche Angelegenheit, auf die die Zentrumspresse alle päpstlichen Dekrete hinaus- zusvielen pflegt, handelt es sich hier schon darum nicht, weil das Recht Dritter und die Interessen der Gesamtheit in Frage kommen. Zum Beispiel: Ein Geistlicher hat Behauptungen aufgestellt, deren Rich tigstellung im Interesse ganzer Parteien liegt; da alle anderen Mittel versagen, must die Klarstellung vor Gericht erfolgen, ist das nun eine reinkirchliche Sache, wenn da erst die Genehmigung des Bischofs eingcholt werden must? Und weiter, der Fall Mün sterer, in dem durch Unterschlagung von Genosten- schaftsgeldcrn, die dieser Geistliche verwaltete, Tau sende geschädigt wurden wie kommen Bischof und Papst dazu, bei solchen Fällen in die Anzei ge rechte der Geschädigten einzugreifen? Wird der Staat zu einem derartigen Angriff auf seine Nechtshohcit schweigen können? Wir meinen um so weniger, als cs sich um eine Erweiterung der Oonsstitutio ^.postolieLü Lockis von 18-46 handelt, und die dort getroffene Bestimmung, dast „Gesetz geber und öffentliche Personen" (also Richter und Staatsanwälte), wenn sie Geistliche vor das weltliche Gericht ziehen, in kirchliche Strafe fallen, bestehen bleibt. Oie Revolution in Lhius. Puanschitai und die Lage. Paris, 23. November. Der Korrespondent des „Tcmps" telegraphiert. Puanschikai habe ihm in einer Unterredung auf feine Frage, welche Maß nahmen er zur Unterdrückung des Auf st an- des zu ergreiien gedenke, die Antwort erteilt, er werde Verhandlungen antnüpfen, und wenn diese nicht zum Ziele führien, die Sache der National versammlung zur Entscheidung anheimstellen. Dem Willen der Mehrheit werde er sich fügen müssen. Die noch Pekin-r entsandte Armee solle dazu dienen, die Aufständischen in Schach zu halten. Peking, 23. November. tNcuterbureau.) Ein heute erlassenes Editt befreit den Premie minister von der Notwendigkeit einer täglichen Audienz und gibt damit Puanjchikai größere Freiheit, während es den Regenten nock mehr in den Hinter grund treten läßt. — Nach Berichten aus chinesischer Quelle ist am 20. November auf Puanschilai ein Mordanjchlag unter nommen worden. Stellungnahme der japanischen Regierung zu den chinesischen Wirren. Tokio, 23. November. lE. D.) Seit dem Beginn der chinesischen Revolution trat das japanische Kabinett mehrere Male zu längeren Sitzungen zusammen, um zu den Vorgängen in China S ellung zu nehmen. Es wurden folgende Beschlüsse ge faßt: 1. Die Revolte von Wutchang-Hankau wird lediglich als eine innere Angelegenheit betrachtet, bei der Japan zu einer Intervention weder Veranlassung noch ein Recht hat. Nichtsdesto weniger wird Japan in die Wirren ein greisen. sobald es der chinesischen Regierung nicht gelingt, Les Aufruhrs Herr zu werden und wenn durch die Vorgänge die Jntereiien der in den aufrührerischen Gebieten lebenden japanischen Staats angehörigen gefährdet werden. 2. Wenn die chine sische Regierung die Hilfe der Großmächte in An spruch nehmen würde, wird sich Japan mit den fremden Mäch en in Verbindung setzen und sich ihnen anschliesten. 3. Falls die Revolutionäre nicht das Leben und das Eigentum der Ausländer schützen, eine provisorische Regierung einjetzen und ein politisches Programm entwickeln, so wird Japan sie als Kriegssührcndc betrachten. 1. Die japanische Regierung halt es für ihre Pflicht, für den Schutz ihrer Staatsangehörigen in China nach jeder Rich tung hin zu sorgen und eine strenge Neutralität zu bewahren. Dieses Eingreifen Japans und der europäischen Mächte dürfte sich sehr bald notwendig machen, wenn die Nachrichten, die über die Bedrückung und Ermordung von Ausländern aus China eintrcffen, sich bewahrheiten. Und man kann daran wohl kaum noch zweifeln. Ueber deutsche Opfer in China geht uns zunächst folgender allgemein unterrichten« der Bericht unseres Korrespondenten zu: Die Meldung, daß in Siantu Reichsdeutsche vom chinesischen Pövel ermordet worden sind, vernichtet die Hoffnung: daß die revolutionäre Bewegung in China ohne Gefahr lür die Ausländer voriibergehen werde. Mit dieser Gefahr mußte von vornherein gerechnet werden, denn bisher hat sich noch fast immer eine Gärung unter der chinesischen Bevöl kerung in der Betätigung des Fremdenhasses kund gegeben. Beionoers sind die Missionare die Leid tragenden gewesen, aber diese fielen auch häufig nur bloßen Räubern zum Opfer, wie z. B. im Sommer 1903 der Missionar Homcyer von der Berliner Mis sion von Seeräubern au, dem Nordflusse unweit Namhnng überfallen und schwer verwundet wurde. Um einen Raubmord handelte es sich auch bei der Ermordung eines Deutschen, des in Hainburg geborenen Sekretärs des österreichischen Konsulats in Tientsin, Emil Thiele, im Sommer 1906 auf dem Hasenplatz von Schanghai. Auf Fremoenhast war der Angriff des chinesischen Pöbels gegen die Missionsstation Limohou zurück zuführen, wobei die Station zerstört, das Personal aber gerettet wurde. Gleichen Motiven fielen im Herbst 1909 die Kölner Forschungsreiscnden Schmitz und Dr. Brunhubsr zum Opfer, die an der Grenze von Birma durch chinesische Eingeborene getötet wurden. In allen diesen und früheren Fällen hat die deutsche Negierung für Genugtuung und eventuell Entschädigung gesorgt. Auch diese neue Bluttat wird sie zu rächen tuchen, jedoch liegt die Sache bei den heutigen Verhältnissen im Reiche der Mitte, wo man nicht weiß wer die Verantwortung trägt, weit schwieriger. Jedenfalls sollten die Ausländer dem Nate ihrer Konsuln, die gefährdeten Bezirke zu ver lassen. nach Möglichkeit folgen. Neue Greuelszenen der chinesischen Revolutionäre. London, 23. Nov. Die Gesellschaft baptistischer Missionare empfing heute ein Telegramm aus Tientsin, demzufolge die Stadt Tai-Puon-Fu aus« geplündert und verwüstet worden ist. Die Revo lutionäre schändeten die Frauen der Mandschus, legten an verschiedenen Stellen Feuer an, und die ganze Stadt wurde ein Raub der Flammen. Zahl lose Men.chen sind in dem Feuer umgelommen. Die Schrcckensszenen, die sich bei der Feuersbrunst ab spielten, sind nicht zu beschreiben. Der größte Teil der Europäer tonnte sich in Sicherheit brrngen. Die Missionare der Vaptistengesellschaft sind wohlbehalten in Tienlsin angeiommen. Frankfurt a. M., 23. November Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Peking: Tie Ermoroung von Europäern in Schensi dauert an. Auch 20000 Man- dschus wurden hingcmordet Tie zweitägige heiße Echlach: bei Hankau hatte für keine der beiden kämp.enden Seiten ein Resultat. 5000 Tote liegen auf dem Schlachtfelde ven Hanlau unbeerdigt. Die Mächte beraten über eingreifende Mittel mit Puan schikai und gaben dem Throne ihre Unterstützung zur Wiederherstellung der monarchischen Gewalt kund. Wieder bringt der Telegraph eine Nachricht, dast die Revolutionäre sich anichickcn, Nanking anzugreifen. Es heißt, daß endlich der Angriff auf Nanking er folgen müsse, da mit der Eroberung dieser Stadt durch die Revolutionäre diesen wieder ein neuer Stein zu: Errichtung der Republik in China gegeben ist. Auch die Soldaten Hsu-Ko-Chings brennen darauf, endlich gegen Nanking zu marschieren, und sie sollen bereit lein, auf alle Fälle morgen den Angriff zu beginnen, wenn ihnen auch andere Befehle zuerteilt werden würden. Kämpfe in Schantung. Peking, 23. November. (Eig. Trahtmeldung.) 50 Europäer, die sich in Tsinansu befanden, haben nach einem heftigen Kampfe, der sich zwischen den Kaiserlichen und den Revolutionären in der Haupt stadt von Schantung entspannen hat, die Stadt ver lassen und sich in Sicherheit gebracht. Aus üer Lahn seMeuüert. 21j Roman von Carola o. Eynatten. lNachdruck verboten.) „Du, ^arolta — du bist die vielversprechende Künstlerin, der das Skizzenbuch gehört?!" rief Horn« bostel in einer Aufregung, die keiner von der Tisch« geiellschaft jemals an ihm beobachtet hatte. Gertrud Franke war von allen am wenigsten über rascht gewesen, als Szarolta sich als die Eigentümerin des Slizzenbuches entpuppt«, denn sie hatte schon längst vermutet, dast ihre junge Freundin im ge heimen zeichne. „Ktndcrl, daß ich an dir auch noch diese Freud' erlebe, das ist grogartig!" rief Hornbostel immer noch in voller Aufregung. „Und aus aller Not sind wir auch! Der Weg, den du zu gehen hast, liegt jetzt klar und deutlich vor uns, Lu bildest dich als Malerin aus —" „Und ich bin es, der sie ausbildet, ich, ihr Ent- dccker!" rief Mayer dazwischen. „Selbstverständlich!" stimmte Hornbostel zu. Es war ein fröhlicher, seliger Abend für alle, besonders für Szarolta und ihren Pflegevater, dessen Lieblingswunich aus Jugendtagen sich an ihr erfüllt«. Obgleich man schon das erste Septemberviertel hinter sich hatte, war der Abend so schön und warm, w>e mitten im Hochsommer, und gegen zehn Uhr schlug Hornbostel noch einen Gang nach dem See vor. Ter folgende Tag sollte der Erholung gehören, und so kam wenig darauf an, ob man etwas früher öder später die Ruhe suchte. Szarolta war an KerlheHi« Seit« aeratrn. Am Seeb lieb sie steb«n, und ihr Begleiter, eoenso schweig, sam und ins Schauen der herrlichen Natur oersunken, wie sie selbst, stellt« sich neben sie. „Das ist etwas für uns, für Sie und für mich", sagte er nach einer Weile so plötzlich, daH Szarolta «in wenig zusammenfuhr, „und wenn sie einmal allen technischen Schwierigkeiten unserer Kunst ge wachsen sind, müssen Sie hierher zurückkehren und «inen solchen Augenblick zu erhaschen suchen zur Wie dergabe im Bild." Szarolta erbebte vor Freude bei diesem Beweis großen Vertrauens, das der ernste, spröde Künstler in sie und ihre Fähigkeiten setzte. Und sortsahrend sprach er in anerkennenden Wor- ten von Mayer. „Er wird Sie keine Wege führen, sondern Sie Ihre eigenen gehen lassen, und nur auf passen, dast Sie nicht auf Abwege geraten!" „Natürlich auf künstlerische Abwege!" tönte ihnen plötzlich aus dem Dunkel Mayers Stimme entgegen. Er gesellte sich zu ihnen und sagte heiter: „Ich bin ausgesandt, um nach den verlorenen Schäflein Um schau zu halten!" Neuntes Kapitel. Dr. Csallovary galt für den geschicktesten, erfolg reichsten Verteidiger in Pest, der dre unmöglichsten Prozeße zu gewinnen verstünde, sich für seine Be mühungen aber auch wie kein zweiter bezahlen lasse. Dieser Ruf tat natürlich das Seinigc, und seit Jahren schon war er der wectaus meistbeschäftigte von sämtlichen Advokaten der Hauptstadt. Seine Praxis war noch immer im Wachsen begriffen. Er verstand es, den ganzen Apparat mit Aeußerlich- keiten zu umgeben, geeignet, denen, die seinen Rechts beistand in Anspruch nahmen, einen sehr hohen Be griff von seiner Bedeutung beizubringen. Seine elegante Kanzlei lag im Erdgeschoß eines Hauses des Waizener Ringes und zeigte vornehm ausgestattete Räume mit allem Komfort und einem Livreediener. Die Klienten wurden nach Nummern vorgelassen. In der Kanzlei waren stets sechs bis acht Schrei ber beschäftigt. Durch das Kabinett des Kanzlei vorstandes kam man in das Arbeitszimmer des Dr. Csallovary, das mit ernster, gediegener Eleganz aus gestattet war. Nur von sehr hochgestellten oder sehr reichen Leuten liest sich der Doktor selbst sprechen. Er kannte seine Landsleute und ihr« Schwächen gründlich, wußte also auch ganz genau, was er tat, als er eine Art chine sische Mauer um seine Person zog und es Leuten unterhalb einer gewißen Rang- und Steuerstufe schwer machte, bis zu ihm zu dringen. Dr. Csallovary stand vor dem Pfeilerspicgcl in seinem Arbeitszimmer und drehte die dünnen Spitzen seines Schurrbarles scharf zu. Dabei prüfte er auch die Wirkung des prächtigen Solitärs, den er an dünnem Goldreif am kleinen Finger der Linken trug. Csallovary war trotz seiner achtundvierzig Jahre noch immer das, was man einen schönen Mann nennt. Er versäumte nichts, was dazu diente, seine persönlichen Vorzüge scharf ins Licht zu rücken. Er trug den schwarzen, verschnürten Rock des Vollblut- Madjaren. Nicht weit von ihm, die elegant chauffier ten Beine übereinander gelegt und eine Zigarette im Munde, lehnte in einem Armstuhl von braun violettem Seidendamast sein Schwiegersohn, seit einem Jahr« der Gatte des ältesten Fräulein Csallovary. Imre von Erdely mochte höchstens dreißig Jahre zählen, sah aber schon etwas mitgenommen aus von den Vergnügungen der großen Welt. Er war Land wirt und besaß zurzeit zwei große Güter, um die er sich nicht allzuviel kümmerte. „Ich sage dir, Papa, es wäre sowohl für dich als auch für mich von unschätzbarem Wert, wenn du mich für die Deputiertenkammer durchbrächtest! Und in Teczö" — so hieß das «ine Gut —„würde dir das leicht möglich sein. Es war lange genug dein, um dir großen persönlichen Einfluß auf die Bauern zu sichern. Bedenke, wie sehr ich dir von Nutzen zu sein vermöchte, sobald ich Deputierter wäre!" sagte der jung« Mann eindringlich. Csallovary hob di« Schultern und erwidert«, immer an seinem Schnurrbart drehend: ..Mein lieber Imre, ich kann diesen großen Nutzen nicht einsehen, und zwar weder für dick, noch für mich. Wie du weißt, sitz« ich selbst im Parlament, bin also in der glücklichen Lage, persönlich durchzusetzen, was sich durchsetzen läßt! Der Spaß wird mir zu teuer, denn er würde mir ein Sündengeld kosten." „Höchstens zwanzigtausend Kronen. — Unsere Bauern sind nickt onGrucksvoll bei ihnen tun es ein paar tüchtige Branntweinräusche! Was aber sind zwanzigtauscnd Kronen für dich?" „Mehr als du denkst, mein Lieber! — Last dir den Deputierten von deinem Vater bezahlen; er hat nur an dich zu denken: ich habe allster deines Mauritia noch vier Kinder, für die ich sorgen must." „Meinem Vater darf ich mit so etwas nicht kom men, denn er ist ein Mann der alten Schule und war nie Politiker." „Und vor allem ist er nicht der Mann, sein Geld an die Eitelkeitslaunen seines Sohnes zu hängen; er hält es für praktischer, es für sein« eigenen Passio nen auszugeben. Als du dich^erheiratetest, hätte er wenigstens eins seiner Güter cU dich abtreten müßen; er dachte aber nicht daran, so wenig, wie er daran denkt, sich persönlich nur ein klein wenig in seinen Ausgaben zu beschränken im Jntereße einer Ent lastung seines Besitzes!" Erdely nagte die ganz« Zeit an seiner Unterlippe und sagte leise: „Daran ist etwas Wahres: aber was hilst's — er ist wie er ist! — du willst mir also nicht helfen, Papa?" „Nein, aber einen Rat will ich dir geben. Zieh' dich auf deine Güter zurück, anstatt dich jahraus, jahr ein in Pest und Paris herumzutreiben, und erwirb dir durch Tüchtigkeit, Solidität und streng nationale Gesinnung das Vertrauen der Wähler; dann wirst du früher oder später auch ohne Wein und Brairnt- ' wein ein Mandat erhalten. Du bist jung und kannst ohne jeden Schaden noch zehn Jahr« warten." „Darüber wollen wir uns lieber nicht streiten, Papa; was aber das Leben auf unser» Gütern an betrifft — so bedankt sich Mauritia dafür", versetzte Erdely mißlaunig. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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