Volltext Seite (XML)
WwmfferAgÄati Wilsdruss-Dresden Montag, den 8. Dezember 1930 Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Nr. 285 — 89. Jahrgang Nie MemiWU WklMM Demnach bleibt die Notverordnung bestehen. Abgelehnte Mißtrauensanträge. Wulm 8! A Ml» WU Reichs- Kommn- Abg. Graf Westarp betont, daß die wirtschaftlichen und finan lehuuug. Schließlich wurde in einer weiteren Abstimmung der kam munistische Antrag auf Aufhebung der Juli-Notverordnung mit 307 gegen 235 Stimmen be> einer Stimmenthaltung abgclehnt Für die Aufrechterhaltung dieser Verordnung, die bekanntlich die Osthilfematznahmen enthält, hat auch die Landvolkpartei gestimmt. Die weiteren noch sehr zahlreichen Abstimmungen werden auf Dienstag vertagt. reform und ein wirksamer Schutz deutscher und christliche Kultur zur Seite tritt. In letzter Stunde richte er die ernst Mahnung an das Kabinett, außenpolitisch auf der heule ge wounenen Grundlage mit größter Entschlossenheit vorwärts zuschreiten. Darüber müsse volle Klarheit geschaffen werden: da- deutsche Volk in seiner Gesamtheit wolle nnd könne nicht länger darauf warten, datz die ungerechte Tributlast von ihm gc nommen werde. Nur dann werde anch das innenpolitisch Programm zum Segen Deutschlands werden. Reichsfinanzminister Dr. Dietrich. Der Minister glaubt nicht, daß die Tabakstcuerregelung den, Gewerbe großen Schaden zusügen werde, wie hier gesagt wor den ist — Zur Reparationsfrage erklärt Dr. Dietrich, nur geordnete Finanzen Deutschlands könnten die Freiheit des Handelns in der Außenpolitik Deutschlands wiederherstellen. Der Reichskanzler und de: Außenminister hätten das gleiche schon wiederholt sestgestelll » Ausland werde die Ausführungen des Ministers richti» verstanden haben. " Antrag^a»^"^* begründet den deutschnationalen Sperrung der Polizeikostenzuschüsse für Preußen. Preußen sei der lebendige Beweis dafür, datz kein Staai reaktionärer und unduldsamer sei als der marxistische. Kei» Über die drei Mißtrauensanträge gegen die regierung, die von feiten der Deutschnationalen, der nisten und der Wirtschaftspartei eingebracht worden waren, wurde sodann in einem gemeinsamen namentlichen Wahlgang abgestimmt. Die Mißtrauensanträge verfielen mit 291 gegen 255 Stimmen bei einer Stimmenthaltung ebenfalls der Äb- Gchiffsuntergang in China. über 300 Tote. Aus dein Tungtingsce sank in einem Sturm ... unpfer „Sicn Tao". 300 Fahrgäste und die Schiffs befatzung sind ertrunken. Nur fünf Personen konnten gc "ettet werden. (Konservativer) , ... zielten Reformen Wert und Bedeutung erhalten, wenn ihnen eine durchgreifende Verwaltungs- und Verfassungs listen, die Notverordnung des Reichspräsidenten aufzuheben, stimmten 253 Abgeordnete mit Ja und 293 mit Nein. Klärung. Nicht eigentlich nur um Für oder Wider das Not- proqramm der Regierung ging es bei der Abstimmung des Reichstages am 6. Dezember, sondern der Drehpunkt war das Schicksal des Kabinetts selbst. Wenn auch zunächst darüber abgestimmt wurde, ob die Notver ordnung vom 1. Dezember autzer Kraft gesetzt werden sollte oder nicht, so wußte man doch im Reichstag von rechts vis links, datz die Entscheidung über diesen Punkt gleichzeitig den Kern traf: Für oder Wider das Kabinett Brüning. Formell handelte davon allerdings erst rue zweite Reihe der Anträge, jene nämlich, die verlangten, daß dem Kabinett das Mißtrauen des Reichstages ausgesprochen würde, so daß im Falle der Annahme dieser Anträge das Kabinett hätte zurücktreten müssen. Das gleiche bezweckte ein von den Nationalsozialisten gestellter Antrag, dem Kabinett das B e r t r a u e n zu votieren, — wobei natür lich die Hoffnung maßgebend war, daß dieser Antrag nicht angenommen und damit dem Kabinett das Ver trauen versagt, also das Mißtrauen ausgesprochen würde. Die Antragsteller hätten also gegen ihren eigenen Antrag gestimmt. Die Frage aber, ob nun ein solcher Antrag überhaupt zulässig, überhaupt zur Abstimmung zu stellen sei oder nicht, ist im Reichstag auch zur Kraftprobe für oder wider Brüning geworden. Wenn man sich nun einmal abseits jeder partei politischen Auseinandersetzung nur an den Wortlaut des hier in Frage kommenden Artikels 54 der Reichsver fassung hält, so steht man dabei auf einem überaus u n - sicheren Boden. Es gibt wohl kaum eine Regierung seit 1919, der formal und ausdrücklich das Vertrauen des Reichstages ausgesprochen worden ist. Andererseits gibt es bisher auch keinen Reichskanzler und keinen Reichs minister, der zurücktreten mußte, weil „ihm der Reichstag durch ausdrücklichen Beschluß sein Vertrauen entzogen" hat. Ablehnung eines Mißtrauensantrages wurde ge wohnheitsrechtlich als Vertrauensvotum betrachtet und nun ist auch der aus dem französischen Parlament stam mende Gebrauch bei uns eingeführt worden, daß die Re gierung z. B. den „Übergang zur Tagesordnung" als „Kabinettssrage" verlangt. Möglicherweise kommen wir auch noch dazu, daß eine Regierung in Zeiten einer poli tischen Krise an irgendeinen Antrag die „Vertrauensfrage knüpft und dann mit der Annahme oder Ablehnung dieses Antrages steht oder fällt. Entscheidend ist in diesen Dingen also weniger der reichlich unbestimmte Wortlaut des Artikels 54, der nur einen Grundsatz — nämlich das Prinzip der parlamentarischen Regierungsform — zum Ausdruck bringen will, sondern das parlamentarische Gewohnheitsrecht. Und diesem zufolge steht ein Miß trauensantrag an erster Stelle, vor einem Vertrauens antrag, wobei vorläufig auch noch keine Entschließung des Reichstages besteht darüber, ob ein „nicht ernsthaft ge meinter" Vertrauensantrag zur Abstimmung zuzulassen ist oder nicht. Das „Vorrecht" des Mißtrauensantrages isi übrigens 1924 von einem politisch rechts stehenden Reichs- tagspräsidemen als „usancengemäß" erklärt worden. Aber zu einer Abstimmung über den „Vertrauens"antrag der Nationalsozialisten ist es gar nicht gekommen, weil die Mißtrauensanträge gegen das Kabinett Brüning ab gelehnt worden sind, ihm damit also das im Artikel 54 zu seiner Amtsführung notwendige Vertrauen zum Ausdruck gebracht wurde. Wenn man die drei wesentlichen Beschlüsse des Reichstages zusammenfaßt, also die Ablehnung einerseits des Mißtrauensvotums, andererseits der Anträge auf. Aufhebung der beiden Notverordnungen vom 26. Juli und vom 1. Dezember, so ist das Wesentliche, das Ent scheidende dabei, daß Dr. Brüning durch gesetzt Hut, was er vom Reichstag verlangte. Die endgültige Inkraftsetzung der Notverordnung ist sogar noch schneller vor sich gegangen, als es Dr. Brüning ge fordert hat. Durchgesetzt hat der Reichskanzler auch, daß die. 'fu, ^ieue>> und Finanzprogramm umfassende Not zur Beratung dem Haushaltsaus- w wurde. Die Mehrheit, e wän-f würde U V ' Narlamenkcii-is<4,-n" M,°eriucht, sein Programm auf ^ »nen d^ Weae durchzubringen und mußte erkennen, daß er damit nicht zum Ziele gekommen wäre Infolgedessen hat er den „außerpaAamcntar sichen" Wea den der Notverordnung, eingeschlagen. Die Ovvosition die sich ihm entgegenstellte, hat nicht über a?n aend Truppen verfugt, ihm diesen Weg zu versperren ist noch längst nicht der letzte Kampf, den das Kabine« um seine Existenz zu fuhren hat. Parlamentarisch iwt Dr. Brüning sein Ziel erreicht, aber jetzt wird es darau' ankommen, ob sein Reformprogramm nun wirklich auch den eigentlichen Zweck, nämlich die Ordnung der öffcnt lichen Finanzen, erzwingt. Protest und keine Anklagen seien scharf genug gegen ^as Ver halten des Reiches gegenüber Thüringen. Mit der An wendung des Artikels 48 wolle die Rcichsregierung eine starke Führung nur vortäuschen. Tatsächlich liege die Führung bei der Sozialdemokratie. Braun in Preußen und Brüning im Reiche hätten gleichsam eine politische Unfallversicherung aus Gegeenseitigkeit abgeschlossen. Diese Herrschaften zu beseitigen, sei das Ziel der Teutschnationalen Partei Vizepräsident Stöhr ruft den Redner zur Ordnung, als er die Regierung Brüning als eine Karikatur der politischen Führung bezeichnet. Reichsinnenminister Dr. Wirth, der von ziemlichem Lärm der Rechten empfangen wird, stell: fest, daß er jederzeit bereit sei, die Fragen zu beantworten welche die Innenpolitik und das Land Thüringen betreffen Der Abg. Berndt habe Einzelheiten bemängelt, die den Rundfunk betreffen, so daß keine Langcmarkfeicrn stattgefunden hätten. Das Ministerium sei von keiner Seite wegen der Einrichtung solcher Feiern angegangen worden; es hätte sonst diese Anträge im positiven Sinne erledigt. Weiter verweist der Minister aus Anwürse gegen die Aus führung des Films „Im Westen nichts Neues". Nochmals sei die Notwendigkeit zu betonen, daß der Reichstag baldigst ein neues Lichtspielgesetz verabschiede. Abg. Dr. Frank II (Nat.-Soz.). Der Redner gebraucht die Anrede: „Liebe deutsche Volksgenossen!" Er wird von der Linken mit Widerspruch unterbrochen. Dr. Frank redet dann die Linke mit der Anrede: „Asiaten!" - an. Präsident Löbe bezeichnet diese Anrede als unzulässig Der Redner kritisiert weiter die Notverordnung. Abg. Vutz (Komm.-: Die Nationalsozialisten haben noch am 15. Februar 1930 durch ihre Führer die Aufforderung er lassen, polnische Wanderarbeiter einzustellen und Deutsche zu entlassen (von rechts ertönt der Rus: Lüge!). Abg. Dr. Jörrisscn (Wirtschastspartci) erklärt, namentlich die weite Hinausschiebung des Termins des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft sei unannehmbar. Abg. Abel lVolksnatl.) erklärte, der geyäjstge Parteistreit, den besonders die Nationalsozialisten entfachen, habe das deutsche Parlament gehindert, einmütig und energisch gegen den polnischen Terror zu protestieren. Der Minister habe viel zu milde in bezug aus die Polen geantwortet. Abg. Torgler (Komm.): Die Frage der nationalen Minder heiten wird nicht durch kapitalistische Staaten gelöst, sondern nur durch die polnischen und die deutschen kommunistischen Arbeiter. Die Nationalsozialisten haben deutlich genug erklärt, daß sie aus dem kapitalistischen Boden stehen. (Die Nationalsozialisten verlassen den Saal.) Abg Schneider-Berlin (D. StP.): Die Notlage der arbeits losen Angestellten wird durch die Notverordnung noch verschalst. Abg. Freybe (Wp.): Die Steuerpolitik der Regierung ist zu bekämpfen, da sie die freie Wirtschaft immer mehr zurück drängt Abg. Haag (Landvolk): Die neue Belastung des deutschen Weinbaues und die Getränke st euer sind verderblich Abg. Jänicke (Staalsp.): Leider konnte die Regierung vor einem Eingriff in die Rechte der Beamtenschaft nicht zurück schrecken. Jetzt ist ein schneller Preisabbau er forderlich. Abg. Frau Müller-Otfried (Dtn.): Das Augenmerk ist aus die Notlage der Kleinrentner zu richten. Ein Renten versorgungsgesetz mutz bald kommen Nach einigen Bemerkungen des Reichsernährungsministers Schiele und des Bayerischen Volksparteiführers Leicht be ginnt die Abstimmung. Notverordnung bleibt bestehen. Der Reichshaushaltsplan für 1931 wird an den Ausschuß verwiesen. Bei der Abstimmung über die gleichlautenden Anträge der Deutschnationalen, der Kommunisten und der Nationalsozia für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. V*r» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 LM'W annahmebisvorm.loUhr. Für di« RichligdM »«- durch Fernruf übermittelten Anzeige» übern, vir keine Garantie. Jeder Nobattanspruch erlischt, wen» der Betrag d»MH Klage eingezogen werden mutz oder drr Allftraggebrr in Non Kur» gerät. Anz. nehmen alleDermiMung,stellen entgeh«. Ser Entscheidungskamps im Reichstag. Sitzungsbericht. (10. Sitzung.) OL. Berlin, 6. Dezember. Zu Anfang der Sitzung verliest Präsident Löbe die Mit teilung vom Rücktritt des bisherigen Reichsjustizministers Bredt. Dann wird die allgemeine Aussprache über den Haushalt 1931 und die Notverordnungen sortgesetzt. Ver bunden damit sind die M i tz t r a u c n s a n t r ä g e der Deutschnationalen, der Wirtschaftspartei und der Kommunisten gegen die Regierung sowie der „Vertrauensantrag" der Nationalsozialisten. Abg. Domsch (Landvolk): Die Wünsche der Landwirtschaft sind in den Notverordnungen nicht erfüllt worden. Die Länder müßten das Recht erhalten haben, das Wohnungsmangelgesetz sofort aufzuheben Abg. Eisenberger (Bayer. Bauernbund) setzt sich für den Antrag auf Kontingentierung der russischen Holzeinfuhr ein. Abg. Biener (Wirtschaftspartei) kritisierte die Politik des Ministers Schiele in den Fragen der Roggenstützung und des Weizenzolls. Wir brauchten die Weizeneinfuhr. Das Brot gesetz erfüllt nicht seinen Zweck, es ruiniert nur große Bäckerei betriebe und macht viele Bäckergesellen arbeitslos. Abg. Dr. Kleiner (Dtn.): Dr. Brüning hat gestern seinen sachlichen Zwischenruf über die Tribuifrage in durchaus un angebrachter persönlicher und gehässiger Form beanstandet. Der Reichsautzenminister Dr. Curtius hat gestern die Kundgebungen gegen Polen gewissermaßen als Agitation bezeichnet. Wenn in einem anderen Lande einem Volkstum derartige Bedrückungen auferlegt worden wären, dann wäre das ganze Volk in Empörung aufgesiandcn und die Minister hätten sich an die Spitze der Bewegung gestellt. Unser Auswärtiges Amt sei nicht einmal durch das Blutbad von Hohenbirken aus seinem Schlummer gerüttelt worden. Der Redner warf zum Schluß die Frage auf, warum die Regierung nicht sofort den deutschen Gesandten in Warschau abberufeu habe. (Lebhafter Beifall rechts.) Ein Zwischenfall. Während der Schilderung der polnischen Terrorakte, bei der die Regierungsbank zunächst leer ist, rusen die Deutsch- nationalen und Nationalsozialisten: „Wo ist Curtius? — Das interessiert ihn nicht!" Die Sozialdemokraten antworten mit Gelächter. Die Kommunisten rufen: „Ihr macht es genau so mit den deutscheu Erwerbslosen!" — Es entsteht ein un geheurer Lärm. Während dieser Tumultszcnen betritt unter dem Hallo der Rechten Reichsaußenminister Dr. Curtius den Saal. Als Dr. Kleiner Einzelheiten schildert, ruft der sozial demokratische Abg. Crispien: Das sind ja Latrinen parolen! Aus der Rechten entsteht darauf ein ungeheurer Tumult. Verschiedene Nationalsozialisten. Deutschnationale und Landvolkabgeordnete stürmen mit drohend erhobenen Fäusten gegen die Mitte zu mit dem Ruf: Verbrecher! — Die Sozialdemokraten, die ebenfalls nach vorn drängen, antworte» mit lauten Gegenrufen. Vizepräsident Stöhr stellt mühsam die Ruhe wieder her, indeni er die Abgeordneten auffordcrt, ihre Plätze einzunehmen. Er fordert den Nufer des Wortes „Verbrecher" aus, sich zu melden. Ein Landvolkabgeordneter erhebt die Hand. In dem allgemeinen Tumult wird das aber nicht bemerkt. Als der Lärm sich gelegt Hal, sagt der Redner, die Regierung müsse von ihrem Throne gestürzt werden. Da nationale Deutschland wolle ein Reich im Sinne Hugenberg und Hitlers für die Freiheit aller Deutschen erkämpfen. Abg. Schumann-Thüringen (Komm.) kritisiert die Be stimmungen über Wohnungsbau und Mieterschutz in der Not Verordnung. Abg. Schneider-Breslau (Nat-Soz.) erklärt, mit der heutigen Wirtschaftspolitik sei der Landwirtschaft und den Landarbeitern nicht gedient. Wer heute für den Lohnabbau eintretc, sei ein Verräter der Arbeiterschaft und am deutschen Volke. (Beifallklatschen bei den Nat.-Soz.) Abg. Trotzmann (Bayer. Vp.) begrüßt die in der neuen Notverordnung vorgenommenen Milderungen der sozialen Bestimmungen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, WWLu-°n Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend ME Wilsdruffer Taaeblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amts. Nchk und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Farstrentamts Tharandt und des Finanzamts Raffen behördlicherseits bestimmte Blatt.