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Dresdner Journal : 11.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-11
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 11.12.1896
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Für Dresden vierteljährlich: L Mark SO Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb de- Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fernste Anschluß: Rr12S5 Dresdner M Itwrnal. AntuudtgungSgebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile so Pf. Bei Tabellen- und Ziffcrusatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de- Dresdner Journal- Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr12L5 M288 18S6 Freitag, den 11. Dezember, abends. Ankündigungen für Lie Weihnachtszeit finden im Dresdner Journal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, daraus aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfcstes Handel- und Gewerb- treibendrn bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. König!. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Bulletin. Dresden, l 1. Dezember, früh 8 Uhr. Das Befinden Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich August und des kleinen Prinzen ist fortdauernd ein gutes. vr. Leopold. vr. Fiedler. Dresden, 11. Dezember. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheiten die Erzherzöge Leopold Ferdinand, Joseph Ferdinand und Peter Ferdinand von Oesterreich sind heute Vormittag 7 Uhr 7 Min. von Dresden wieder abgereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem praktischen Arzte I)r. meä. Roßberg, vormals in Burkhardtswalde, jetzt in Naunhof, das Ritterkreuz 1. Klaffe vom Albrechtsorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Turnlehrer Schmidt in Pirna das Albrechts- kreuz zu verleihen. Erueunuugtn, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Tevartcment der Finanzen. Forstverwaltung Der zeitherrge Förster kandidat Scheinpflug ist zum Förster und Hilssbeamten auf Lohmener Revier im Forstbezirle Schandau ernannt worden. Bei derLotterie-Verwaltung zu Leipzig sind ernannt worden: Eberth, zeither Sekretär, als Kontro'cur, Relel, zeithcr Büreauassistent, als Sekretär. Bei derP ost-Verwaltung ist ernannt worden: Lauten schläger, zeither gegen Tagegeld beschäftigter Postassistent, als etatmäßiger Postassistcnt im Bezirke der Kaiserlichen Ober- Postdircclion zu Dresden. Tepartemcnt des Kultus und äsfcutlichen Unterrichts. Zu besetzen: die Schrlstelle in Hausdorf (ParochieMaxen. Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: 1000 M Gehalt, 9 M. kirchendienstliche Bezüge, 72 M. für Fortbildungs- unterncht und freie Wohnung mit Gartennutzung. Gesuche sind unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse bis zum 30. Dezember bei dem König!. Bezirksschnlinspektor Richter in Dippoldiswalde einzureichen Nichtamtlicher Teil. Zur Orirntsragk. Ministerpräsident Baron Banffy, der gestern im ungarischen Abgeordnetenhause über die allgemeine politische Lage in Europa und über die Festigkeit des den Frieden schützenden Dreibundes, insbesondere über die Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich Ungarn so klare als erfreuliche Mitteilungen machte, hat im Eingang seiner Auslassungen nur die Orientfrage als heiklen Punkt behandelt und auf ihren unveränderten Stand hingewiesen. In der That be finden sich die Dinge in der Türkei heute noch auf dem nämlichen Flecke wie vor einem Vierteljahre. Zwar ist, dem Anscheine nach, die Paeifikation Kretas gelungen, die Ruhe in der türkischen Hauptstadt wiederhergestellt, sind Verwaltungsänderungen iu weitem Maße versprochen worden, aber das eigent liche große Reformwerk, welches dem osmanischen Reiche neue Lebenskraft zu verleihen und vor allem auch der Wiederkehr schwerer Unruhen vorzubeugen bestimmt ist, hat bis heute noch keine entscheidende Förderung erfahren. Einer kräftigen Durchführung der verheißenen Reformen erweist sich freilich die schlechte Finanzlage des Türkenreiches hinderlich. Diese zu bessern, der Pforte werkthätig bei zuspringen, war von Frankreich vorgeschlagen worden, doch hatte das von Hrn. Hanotaux aus gearbeitete Projekt nicht sogleich die Zustimmung Rußlands gefunden. Später verlautete, daß die Mächte über die finanziellen Punkte zur Überein stimmung gelangt wären, indessen bliebe, wenn es sich damit schon so verhielte, die Weigerung der türkischen Regierung gegenüber einer Maß regel bestehen, die mit der Kontrolle über das ge samte Finanzwesen der Türkei gleichbedeutend ist. Der Widerstand der Pforte gegen die Vorschläge und Wünsche der Mächte ist überhaupt noch gar zu lebendig und hat sich erst wieder in der freiwilligen Subskription bekundet, mit welcher der gegen die Kopfsteuer erhobene Einspruch drr Mächte einfach um gangen wurde. Diese Opposition wird aufrecht- erhalten und genährt von dem geringen Vertrauen, welches man türkischerseits in die Dauerhaftigkeit des Einverständnisses unter den Großmächten fetzt. Man baut am Goldenen Horn darauf, daß Rußland allen Zwangsmaßnahmen abgeneigt sei und daß daher die nach einer kurzen, nicht sehr klugen Abschwenkung Englands wiedergewonnene Übereinstimmung über ein gemeinsames Vorgehen ein rasches Ende finden werde, wenn zu einer scharfen Aktion gegen die wider spenstige Türkei geschritten, das Reformwerk mit Ge waltmitteln ausgeführt werden sollte. Und wirklich haben mancherlei Thatsachen bis vor kurzem die Ver mutung begünstigt, daß die russische Regierung dem vollen Ernst des Unternehmens ausweichc. indes ',Üt dem Tode Lobanows hat sich über die Ziele der russischen Regierung ein Schleier gelegt, hinter dem sich, wenn man den neuerdings mehrfach austauchenden Anschauungen Wert beilegt, sich mög licherweise eine Ueberraschung für die Türkei vor bereiten könnte. In der türkischen Hauptstadt ver sichert man nämlich in diplomatischen Kreisen, daß eine zwischen England und Rußland mit Ausschluß Frank reichs getroffene Verständigung darauf hinauslaufe, daß für die verheißenen Reformen im Osmanenreiche Rußland den Polizeidienst übernehme und England gegen Zugeständnisse in Ägypten der Pforte die nötige Finanzunterstützung leiste. Auch wenn man bei Be urteilung dieser Nachricht außer Betracht läßt, daß sie über London gemeldet wird, wo man die Situation gern nach englischen Wünschen schildert, vermag man die Meldung in dieser Form nicht für wahr scheinlich zu nehmen, am allerwenigsten in einem Zeitpunkt, wo verlautet, daß Rußland am Roten Meere einen Hafen erworben habe, was doch nicht gerade auf freundschaftliche Gefühle Ruß lands für England, wohl aber auf das innigste Ein vernehmen mitFrankreich hindeuten würde. MehrGewicht für die Annahme eines Ümschwungs in der russischen Politik würde die fernere Mitteilung aus der näm lichen Ouelle haben, wonach der russische Botschafter v. Nelidow als Minister des Auswärtigen ausersehen sei und nur noch bis zum Frühjahr in Konstantinopel verbleiben werde. Diese Angabe ist jedenfalls nicht so beschaffen, daß mau sie kurzerhand ablehnen kann, da der genannte Diplomat zu den bedeutendsten in seiner Heimat zählt. Nun ist Nelidow bezüglich der Orient Politik oft im Gegensatz zu Lobanow gebracht worden, man hat ihm nachgesagt, daß er entgegen jenem die Zeit für ein energisches Eingreifen günstig halte, die Hauptthätigkeit Rußlands auf den europäischen Orient, nicht auf Ostasien gerichtet sehen möchte. Sollte also dieser Staatsmann wirklich zur Leitung der rus sischen Staatsgeschäfte ins Auge gefaßt fein, so würde das einen Wandel in der Zarenpolitik stark ins Be reich der Möglichkeit bringen und derjenigen Auffassung zu gute kommen, die hinter dem Schleier der gegen wältigen russischen Politik eine für die Türkei un günstige Überraschung wittert. Im Zusammenhänge hiermit ist beachtenswert, was in einem Aufsatz des „Hamb. Kour." ausgeführt ist. Es heißt da, daß in der Orientfrage bis jetzt alles beim alten geblieben sei und daß die Ungewißheit über die weitere Entwicke lung fortbestehe. „Diese Ungewißheit wird dadurch erhöht, daß seit dem Tode des Fürsten Lobanow die Orientierung über die Absichten Rußlands fehlt. Allerdings wurde wiederholt versichert, daß die russische Politik in den Bahnen, die der ver storbene Fürst Lobanow eingeschlagen hat, verbleiben werde, allein niemand weiß, ob die dem ehemaligen russischen Minister des Äußern zugeschriebene Absicht, die Orientfragen zurückzustellen und das Augenmerk hauptsächlich auf die asiatischen Angelegenheiten zu richten, heute noch festgehalten wird und nicht viel mehr das russische Interesse wieder in erster Linie der Lösung der Orientfragen zugewendet ist. Ver dächtig bleibt es in dieser Beziehung, wie von der russischen Presse in die Erörterung der Orientfragen mit Beharrlichkeit die Frage der Räumung Ägyptens und der Öffnung der Meerengen für russische Schisse hineingezogen wird. Obwohl man es nur mit publi Mischen Darlegungen zu thun hat, so gipfeln diese doch in der Popularisierung des Gedankens, daß sich Ruß land den Weg aus dem Schwarzen Meere für seine Flotte nicht länger verschließen lassen könne. Darüber nun, daß, wenn diese Fragen wirklich auf die Tages ordnung gesetzt werden sollten, es sich um Konsliktsfragen »rnstester Art handelt.', da die bezüglichen Wüniche Rußlands mi. den Bestimmungen des Pariser Ver träges und deren Bestätigung durch den Berliner Ver trag unverträglich wären, kann bei niemand ein Zweifel bestehen. Die Aufwerfung dieser Fragen wäre also gleich bedeutend mit dem Zerfalle des europäischen Konzerts. Ter Pforte, die sich vor allem von dem Gedanken leiten läßt, daß es um die Einigkeit der Mächte nicht so bestellt sei, wie durch die wiederholten Hinweise auf ihr Zusammenwirken glauben gemacht wird, er scheint die Perspektive auf das Auftauchen von Fragen, durch die das europäische Konzert gestört werden könnte, geradezu als ein Sicherheitsventil. Was cs zu bedeuten hätte, wenn Rußland wirklich mit der Forderung, daß die Meerengen nur für seine Schiffe zu öffnen seien, hervorträte, braucht nicht erst gesagt zu werden, denn die Herr schaft über die Meerengen schlösse die Herrschaft über die Ausfuhrgebiete und deren Hinterländer in sich. Das empfinden nicht bloß die an diesen Angelegen heiten interessierten Großmächte, sondern auch die Balkanstaaten, und cs ist daher begreiflich, daß diese ihre Vorbereitungen für künftige Eventualitäten treffen. Wenn sich in der letzten Zeit in Rumänien, wie durch die wiederholten Begegnungen des Königs Earol mit dem Kaiser Franz Joseph und durch die rumänische Thronrede dargethan worden ist, der Gedanke des Anschlusses an den Dreibund und speziell an Öster ¬ reich Ungarn vertieft hat, sodaß dieser in das Bewußt sein des rumänischen Volkes übergegangene Ge danke durch deu kürzlich eiugetretenen Kabinettswechsel nicht im mindesten berührt werden konnte, so hängt er auss engste mit der Erkenntnis d^r Notwendigkeit zusammen, die künftigen Entwickelungen ins Auge zu fassen, und wenn der König von Serbien durch seine Besuche in Wien und Rom seine Beziehungen zu den beiden Dreibundstaaten zu befestigen sucht, so eut springt dies wohl den gleichen Erwägungen. Nicht minder ist das freundschaftliche Verhältnis, das sich zwischen Griechenland und Österreich Ungarn herausgebildet hat, unter demselben Gesichtspunkte zu beurteilet!." ... Wie man sieht, wird auch hier die Besorgnis vor weitausschauenden, von Frankreich unterstützten russi scheu Plänen im Orient aufgestellt. Wir möchten aber nicht unterlassen, dem eine andere Meldung ent aegenzuhalten, wonach erst jüngst wieder die volle Einigkeit der Großmächte über das, was in Kon stantinopel zu geschehen habe, konstatiert und dabei von Oesterreich im Namen des Dreibundes nochmals als Basis aller Maßnahmen die Aufrechterhaltung der Macht und des Besitzstandes der Türkei sestgelegt worden sei. Letzteres entspricht der Grundrichtung der bisherigen Aktion und muß unbedingt im Auge behalten werden. Für jetzt kann man schließlich nur wünschen, daß die demnächst wieder beginnenden Botschafterkonferenzen in Konstantinopel die jetzt herrschende Unsicherheit be züglich der Entwickelung der Tinge im Orient recht bald zerstreuen möchten. Tagesgeschichte. Dresden, 11. Dezember. Se. Majestät der König kamen heute vormittag von Villa Strehlen ins Königs. Residcnzschloß und nahmen die Vortrüge der Herren Staatsminister und Departementschefs der König!. Hofstaaten, sowie militärische Meldungen entgegen. Nachmittags kehrten Se Majestät nach Strehlen zurück. — Ihre Kaiser!, und König!. Hoheiten die Erz Herzöge Leopotd, Joseph und Peter von Oesterreich (Toscana) besuchten gestern, Donners tag, abend die Vorstellung im Altstädter Hofthcater Heute vormittag 7 Uhr 7 Min. erfolgte die Abreise der Durchlauchtigsten Erzherzöge. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August gab Höchstdenfelben das Geleite bis zum Böhmischen Bahnhofe, wo sich der K u. K. Österreichisch-Ungarische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister rc. Graf v. Lützow mit den beiden Gesandtschaftsattachös zur Verabschiedung eingefunden hatte. Dresden, 11. Dezember. Der übliche Empfang in den Repräsentationsräumen Seestraße Nr. 18 wird von Frau Minister v. Metzsch zunächst Dienstag, den 15. und Dienstag, den 29. d. Mts. und hiernach vom 5. Januar künftigen Jahres ab während der Karnevalszeit an jedem Dienstage in der Zeit von 1 bis 4 Uhr nachmittags abgehalten werden Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser nahmen gestern den Vortrag des Staatssekretärs des Auswärtigen, Frhr v. Marschall, entgegen und arbeiteten darauf mit dem Stellvertreter des Chefs des Militärkabinetts Später erteilten der Monarch Audienz — In der gestrigen Sitzung des Bundesrats wurde die Vorlage, betreffend den Entwurf einer Grundbuch ordnung, dem Ausschuß für Justizwesen überwiesen. Die Vorlagen über eine Erklärung zwischen dem Reich und Frankreich wegen Tunis sowie über den Entwurf einer Verordnung, betreffend die Gerichtsbarkeit der deutschen Konsuln in Ägypten, wurden ebenfalls den betreffenden Ausschüssen überwiesen Von einer Mitteilung, betreffend die Nachweisung über die gesamten Rechnungsergebnisse Kunst und Wissenschaft. Taö Sachsenhcft des „Pan". Von geschätzter Seite ist uns ein Aufsatz über das zweite Heft des neuen Jahrgangs der Zeitschrift „Pan" zugegangen, den wir nachstehend zum Abdruck zu bringen kein Bevcnkcn tragen, obwohl wir seinem Inhalt, nach unserer den Lesern wohlbekannten Stellung in Fragen der modernen bildenden Kunst, nicht durchweg zustimmen können So sehr dies von vielen bezweifelt werden mag, so geht doch durch die deutsche Kunst vom Ende des ! 9. Jahr hunderts ein ausgesprochen nationaler Zug. Ohne daß das große Publikum davon Kenntnis nahm, hat sich bei Künstlern und Kunstgclehrten die Überzeugung Bahn ge brochen, daß das Wurzeln im eigenen Volkstum zu den Daseinsbedingungen einer wahren Kunst gehört. Es ist hier nicht der Ort, dies des näheren auszuführen Für das Gebiet der Malerei und Griffelkunst ist der Beweis in Wörmann« Schrift: „Was uns die Kunstgeschichte lehrt" in überzeugender Weise geführt morden. Ein besonderes Merkmal der nationalen Kunst unserer Tage ist es, daß sie das Stammestümliche in einem früher nicht gekannten Maße hervorhebt Deutschland ist kein zentralistischer Organismus. Wir haben mannigfache Kulturmittelpunkte und mannigfache Kreise, die sich um diese Punkte gruppiert haben Diesem Zustande muß die Kunst Rechnung tragen, wenn sie einen Anspruch aus Be deutung erheben will Zum Beweise hierfür sei wieder auf die Wörmannsche Schrift verwiesen, in der unter anderem dargethan wird, daß die Schulen der italienischen Malerei zu ihrer Blütezeit einen streng lokalen oder wenigstens stammestümlichen Charakter getragen haben, und daß der Verfall der italienischen Malerei mit der Verwischung dieser Unterschiede begann Nach dem Gesagten muß es als ein durchaus dankens wertes Unternehmen betrachtet werden, wenn die Zeitschrift „Pan", die im Prospekte des zweiten Jahrganges die Pflege nationaler Kunst versprach, dieses Versprechen in der Weise einzulösen bemüht ist, daß sie die einzelnen deutschen Kulturmittelpunkte mit ihren Einflußgebieten zum Gegenstände je eines besonderen Heftes macht. So erschien im Frühjahr dieses Jahres ein Berliner Heft Es ist an dieser Stelle bereits mitgeteilt worden, was ein Artikel der „Grenzboten" an ihm auszusehen hatte Und zweifellos enthielt das Heft neben manchem Guten einiges recht Unfertige. Auch ist es trotz der Beiträge des Berliner Menzel nicht gelungen,den lokalen Ton in entschiedenerWeise hervorzuheben Demgegenüber erweckt das kürzlich erschienene Dresdner oder besser Sachsenhest einen in sich geflossenen und auf den lokalen Ton vorzüglich gestimmten Eindruck. Tie Beitrüge stammen, abgesehen von denen einiger Nordländer und eines Polen, die man anscheinend aus gewissen äußer lichen Gründen der sächsischen Kunst angliedern zu können geglaubt hat, fast sämtlich von sächsischen Künstlern oder betreffen doch sächsische Kunstverhältniffe Im einzelnen seien in erster Linie die Werke der bildenden Kunst und unter ihnen die Beiträge Mar Klingers erwähnt. Seine „Erinnerung" ist das erste Stück des Heftes. Durch die Spalte eines sich dicht vor dem Beschauer aufthuenden Vorhanges erblickt er eine weibliche Figur. Die wenigen Ouadratzoll, die zu beiden Seiten des Kopfes für den Hintergrund offen bleiben, gewähren den Ausblick in eine weite Landschaft Die Technik des Blattes ist von unendlicher Feinheit, man siebt die Rund-- ungen des Kopfes mit greifbarer Deutlichkeit und durch die Maschen des schweren, wollenen Vorhangs schimmern die weißen Stämme des Waldes hindurch Das Gesicht der Frauengestalt ist nicht im landläufigen Sinne an ziehend Doch liegt in den halbgeschlossencn Augen eine solche süße Wehmut, ein so tiefe« Dämmern, daß man die längstvergangenen Tage der Kindheit und lang- verscherztes Glück aus ihnen auferstehen sieht Von den weiteren Beiträgen Klingers interessiert uns vor allem und mehr noch als das endliche Kunstwerk die vorzügliche Studie zum „Prometheus". So menschlich einfach hat wohl kein Künstler vor ihm diesen Stoff wiederzugeben gewagt Von seinen Zierleisten sind vor allem zwei her- vorzuhrben: Das stehende Mädchen, das dem in der Höhe liegenden Jüngling eine Blume reicht, — eine Art Personi fikation der senkrechten und wagerechtcn Linie — und die über die einsame Düne dahinjagende Rinderherde Die letztgenannte kleine Gravüre ist von packendster Wirkung. Man muß sie nur sehen, diese Rinder, wie sie mit weit vorgestrecktem Halse, offenem Maule, zurückgelegten Ohren, stieren Augen und emporgewirbeltem Schweife dahinbrausen, als seien sie von einem wilden Dämon beseelt. Natürlich können diese Beiträge nur eine Stichprobe, nicht einen umfassenden Überblick über die Kunst eines so universellen Geistes, wie Klinger es ist, gewähren. Otto Greiner, ein Schüler Klingers und ein viel versprechendes Talent, ist mit einer im großen Stile gehaltenen Lithographie „Golgatha" vertreten. Die Technik ist der seines Meisters würdig, die Auffassung eine durchaus eigenartige Aller dings ist uns das Grauenvolle nicht erspart. Es bietet sich uns links in den Figuren der beiden Schächer, rechts in zwei wildphantastischen Gestalten, dem Tode und der Hölle. Scheinbar greift Greiner in diesen beiden zuletzt ge nannten auf die Manier der mittelalterlichen Meister zurück Und doch haben sie ein durchaus individuelles Gepräge Vor allem die Hölle ist viel mehr als das teuflische Scheusal — fast möchte man aus dem modernen Kunstgcfühle heraus der Popanz sagen —, das wir selbst bei Dürer und Holbein an den biblischen Ereignissen als Zeugen teilnehmen sehen Es liegt eine Vermenschlichung in der Greinerichen Gestalt, wir glauben die leibhaftige Sünde, die Gleichgiltigkeit, den Hohn, die Gemeinheit wiederzusehen, mit der die Menschheit den Opsertod ihre« göttlichen Bruders betrachtet In wirkungsvollstem Gegen sätze zu dem Grausigen auf beiden Seiten steht die voll beleuchtete Mitte, auf der wir Christus, das Lamm, das sich zur Schlachtbank führen läßt, erblicken, wie er sich eben dem tiefen Abgründe nähert, der ihn von Tod und Hölle bisher getrennt hat. Die weiter zu nennenden bildenden Künstler gehören fast ausnahmslos zur so genannten jungen Dresdener Künstlerschast, von der als einem Ganzen weiter unten gesprochen werden wird. Hans Unger bietet uns in einem weiblichen Studienkopfe eine Lithographie von fesselndem Reize und eigenartigster Farbengebung. Wie aus der Tiefe eines dunkeln Ge wässers blicken die schönen Züge zu uns heraus. Die aus drucksvollen Augen sagen weniger Bestimmtes als die der Klingerschen „Erinnerung", aber gerade dadurch reizen sie, das Rätsel, das hinter ihnen schlummert, zu lösen Recht beachtenswert ist auch einer von Ungers kleineren Bei trägen, zwei vom Felde heimkehrende Landleule darstellend Hier finden wir, auch im Stoffe, eine ausgesprochene Beziehung zu dem heimatlichen Boden, zu dem Landleben, das von jeher die Nährmutter des Volks- und Stammes tümlichen gewesen ist. Georg Lührigs Lithographie „Freya und die Riesen" ist in der Farbengebung nicht eben harmonisch Das Gewirr von Köpfen häßlicher, alter Männer wirkt aus die Lachnerven. Doch ist dies wohl vom Künstler beab sichtigt Bei näherem Hinsehen wird man seine Freude haben an der gelungenen Wiedergabe des Täppischen dieser ungeschlachten Riesen, die die mädchenhafte Furcht des goldhaarigen Kindes auf ihre Weise zu beschwichtigen suchen — Von Karl Mediz finden wir ein vortreffliches Porträt des Bildhauers Diez, von Otto Fischer neben anderem das wohl allgemein bekannte, in seiner Formen- gebunq zweifellos anmutendc Plakat für die „Alte Stadt" In Richard Müller« Zeichnungen „Aus Dresden" und O ZwintscherS Darstellungen vom Meißner Schloßbau tritt die lokale Färbung besonder« greifbar zu Tage Die Müllerschen Darstellungen gehen in der Schlichtheit de« Ausdruck«, die manchmal zur Nüchternheit ausartet, ziem-
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