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WS-LsnNi» e.-s»e,nen Lr-i Rummcrn. PrännmsranonS Preis 22b Sqr. (; Tblr.) vnrtchädrlick, z für das ganze Jadr, ohne Er dökung. in allen feilen der Peeuäislfen MonarlNie. Magazin für die Man pränumcrir« aus diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Eiaats-Zeitung (Friedricksür. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei Le» Wobllöbl. Pog - Aemtern. Litcratur des Auslandes. Berlin, Montag den 13. Januar 1840. Algier. Abd el-Kader und die Franzosen. Nach den Beobachtungen eines Dänischen Offiziers.") Abd-el-Kader ist zuverlässig eine ver bedeutendsten Persönlich keiten, welche die Geschichte je anfzuweisen hatte. Die Thatsache allein konstatirt cs, daß er, noch vor wenigen fahren, denn Ein- rückcn der Franzosen in Afrika, nichts als der unmündige Sohn eines Arabischen Priesters, heute an der Spitze einer großen Armee Frank reich den Krieg zu erklären im «tandc ist. Diesen wunderbaren Erfolg stellt die in Dänemark so eben erschienene Schrift in seiner natürlichen Entwickelung dar. Und wahrlich, wenn man sie mit der Karte in dec Hand gelesen, möchte man weit eher der Meinung seyn, daß Abd-el-Kader wohl mit der Zeit es den Franzosen unmöglich machen könnte, Algier zu behaupten, daß aber Letzteren cs in keinem Falle möglich werden wird, die Macht des Emirs so zu vernichten, daß sic nickt nach wenigen Fahren immer wieder eben so furchtbar aus dein Innern hcrvorbräche. Wenigstens so lange cc lebr, werden sie sich schwerlich auch nur einigermaßen dauernd auszudehnen ver mögen. Und selbst wenn er stirbt oder im Kriege bleibt — er hat die Araber zum Bcwußiseon der Einigkeit gebracht, cr hat ihnen ge zeigt, was inan mit dieser ausrichten kann; er hat die Ucbcrzeugung in ihnen allgemein crweckt, daß cs nur durch sie gclingen kann, so mächtige Feinde zu bekämpfen; wenn cr auch stirbt, in diesem an Körper und znm Theil auch an Geist noch unkorrumpirtcn Volke mit seiner glühenden Phantasie wird sich ein Nachfolger finden- Allerdings hat das Glück eine Hauptrolle bei seinen Erfolgen gc- spielt, aber schon beim Glücke möchte man immer an das Gleichniß mit der Katze denken, das mir irgend Jemand einmal erzählt, ob, wenn sic zehnmal aus vcm Fenster auf die Straße fällt und immer aus die Beine zu stehen kommt, dies ein rcincr Fufall ist, oder ob nicht schon in dein Thiere selbst, in semcr Organisation, etwas liegen müsse, was ein solches Resulcar stets hervorbringt. Uno m der That, cs sind ganz besondere uns ausgezeichnete Eigenschaften, wie dies in dem Däniscbcn Bucke gezeigt wird, welche diesen Manu nach jedem Falle, durch den das Schicksal sein ganzes Ansehen und seine Macht zu zerstören schien, nach jeder Niederlage, wo die mit Mühe erst ge sammelten Stämme wieder von ihm feindlich abfielen und seine Stadt einem Schutthaufen gleich gemacht wurde, immer nach kurzer Zcit nur um so gewandter und geschickter sein politisches Gebäude von neuem aufbauen, stets vollkommener und nur um so stärker an der Spitze noch zahlreicherer Horden und besser visziplinirtcr Krieger wieder erscheinen ließen. Das Buch des Herrn Dinesen ist anspruchslos ge schrieben. Es verfolgt einen einfachen natürlichen Gang und führt barpm zu einer klaren Anschauung. Der Verfasser, ein mit guten militairiscken und, wie uns scheint, auck ganz richtigen politischen Ansichten begabter Offizier, bat sich im Fahre 1837 von seiner Regierung die Erlaubniß aus, nach Afrika zu reisen, uni ein Kricgs- Verhältniß in der Nähe zu studircn. Seine dort also- ganz unab hängige Stellung und seine Kenntnisse haben ihn in de» Stand ge setzt, sich ein parteiloses Urtbcil zu bilden, und diese Eigenschaft der ^"Parteilichkeit ist es, welche seiner Schrift einen Borzug vor dem Meisten geben möchte, was bisher über die dortigen Zustände ge schrieben, namentlich aber vielleicht vor Allem, was Franzosen selbst ,r berichten können. Er beginnt auf den ersten Seiten mit ?uwr Uebers.cht des Landes und entwickelt in kurzen Zügen die gc- IchlckiUckcn Verhältnisse, aus welchen die verschiedenen Völkerschaften, die es letzt bewohnen, stammen. Darauf geht cr gleich zu Abd-el- Kavcr über, seiner Herkunft, Erziehung und Erhebung. Er verflicht in diese Skizze eine Darstellung von dem Entstehen und der Wich tigkeit der interessante» Kaste der Marabu ls. „Abd-cl-Kader (v. i. ver Diener des Allmächtigen), auch el-Hadschi genannt, ein Name, oen sich die Muselmänner beilegen, die eine Reift nach der heiligen Stadt Mekka gethan, wurde 1807 in der Gegend von MaSkara, an einem Orte, der Guetma heißt und aus dem Territorium veS Arabischen Stammes Hach cm liegt, ge boren. Seine Familie war nicht reich, aber aus einem sehr alten Marabut-Gcschlecht, das ftmen Ursprung von den Aegyptischen Kalifen aus der Familie Fatiinct verleitet uuv sich Schcrif nennt, das will sagen, Abkömmlinge des Propheten. .. ''Herr AW- Dinesen, Königlich Dänischer ArtiNeeie-Osniier, bat «eine Beobachtungen 'm nördlichen Afrika >u Kovcnbagcn Ende November NM herausgegeben. Der Mann, mit dessen Geschichte wir hier bekannt gcmackt werden, ist einer von den wenigen Auserwählten, der von einer fast unbemerkten Stellung durch seine großen persönlichen Eigenschaften und durch günstige Umstände berufen ward, seine Landsleute einem neuen und großen Ziele entgegenzuführen, zu ihrer Nationalität, zu der Erkennmiß einer allgemeinen dauernden Vereinigung unter ge meinsamen Interessen. Die Zeit wird lehren, wie vollständig cS ihm geglückt ist. Die ihm. angeborene Würde als Marabut hat er in einem hohen Grade zum Vortheilc seiner Pläne geltend zu machen gewußt. Um den Ursprung der Marabuts und die Bedeutung dieser Klaffe unter den Arabern kennen zu lernen, muß man in der Zeit bis auf die Revolutionen des westlichen Afrika's im cilften Jahrhundert zu- rückgchen. Damals entstand zur Aufrcchthaltung der kommunalen Verhältnisse und zum Schutz der Gesetze und Arabischen Gebräuche ein neues Element, das dem ganzen System Stärke und Dauer gab, und dies Element war der Einfluß der Marabuts. Gegen vas Fahr 1040 bewirkte die Verderbniß, der die Sitten in den Arabischen Srämmcn Gahtanytes - Sscnhcgah (im Süden vom Kap Noun) unterlegen waren, daß sich dort ein muhammedanischer religiöser Verein bildete, der einzige, den man in Moqhreb (dem Afrikanischen Westland) gekannt hat. Von ihrem abgelegenen Aufenthaltsort, Rabatkah genannt, aus einer Insel in einem ver kleinen Flüsse gelegen, die sich in den Ocean stürzen, .nahm der Verein den Namen el-Marabethyn an, woraus die Spanier Almoraviveu gemacht haben und welches wir Mara- duts nennen. Diese Congregation hat die Sitten gereinigt und dem Zslam mehr Wärme und religiöse Einheit gegeben. Später, als sie kriege risch und siegreich wurde, hat sie eine Alleinherrschaft im Reiche Marokko und in Spanien bis an den Ebro hin ausgcübt. Sie hat ein Fabrbundcrt lang ein glänzendes Bestehen gehabt und wurde dann von den Almohadcn nmgestürzt. Aber ihr Name und ihre geistige Macht sind geblieben unv geben vom Vater zum Sohne bei den Individuen als Erbe über, die zum Stamme Äoghreb-el-Aoussat gehören. Sie find gewöhn lich reich und gehören zu den vornehmsten Familien in ihrem Stamm; sie find gastfrei, tugendhaft, gottesfürchtig und mit der Lehre des Islam gut bekannt, haben fast alle eine oder mehrere Pilgerreise» nach Mekka gemacht, sind in die Konferenzen der großen Scheichs cingcweibt nnd in Kahira und eben so in der großen Moschee Gemil- Azar gekannt. Sie leben gewöhnlich zurückgezogen von der Welt und von Geschäften und zeigen sich nur, um Alle den Trost ihrer Kenntnisse, ihren Rath und ihre unbegränztc Barmherzigkeit theil- hastig werden zu lassen. Mehrere derselben haben in ihrer Nähe Schulen angelegt, um junge Araber zu unterrichten. - Sie werden überall als die Engel des Friedens und der Ein tracht um Beistand angerufen und Hochgeachtet. Wenn zwei Arabische odcr Berberische Stämme mit einander im Kriege sind, dann eilen sie hin unv stiften Frieden. Sic bilden so einen Theil von der Kommunal- Organisation auf dem Lande unv in den Städten und üben hier einen großen Einfluß aus. Dieser Einfluß ist fast immer nützlich gewesen, obgleich cr, gcmißbraucht, bisweilen hätte gefährlich werden können; in Folge seines Wesens übt cr eine Kontrollc übcr die oberste Macht und deren Ausschweifungen aus. Dir Marabuts bilden also einen Theil der in jedem Stamme sogenannten Großen, zu denen außer ihnen die Descendentcn be rühmter Krieger-Geschlechter gerechnet werden, denn Tapferkeit hat bei den Arabern stets im höchsten Ansehen gestanden. Abd-el-Kader genoß in Guetma, wo er geboren, seine erste Er ziehung. Guetma ist eine Art Seminarium, wo seine marabutischen Vorfahren einige junge Leute versammelt hatten, um sie in Sprache, Theologie und Gefttzkunde zu unterrichten. Es liegt am Abhang eines hohen Berges, in cincr lachenden und malerischen Gegend, wo Alles zu Studium und Seelenfrieden einlavct. Abd-cl-Kaver wurde dort so gut erzogen, wie ein Araber cs werden kann, von seinem Vater, dem ehrwürdigen unv allgemein geachteten Sidi-Mahivdin (v. i. Religions-Verweser), der in ihm eine aufgeweckte und kräftige Natur zu entwickeln fand. Er war noch sehr jung, als cr jcdcn Spruch des Korans kannte, und seine Erklärungen desselben über trafen einen Jeden der tüchtigsten Berdolmctschcr. Er legte sich mit. Eifer auf die Beredsamkeit und Geschichte; für den Augenblick ist er der Mann, der dafür bekannt ist, mit der größten Wohlredenheit im ganzen Lande begabt zu seyn, was ihm einen so außerordentlichen