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Mi ^ Katrrharlnszs-§kilM 8 ^^ „Sechs. Bolkszeitung" .N 3? Sonntag den 1i ^ x September 5 " Steckenpferde. Humoristischer Roman von Karl von Bezold. II. Hvrlietzung. ^ «Nachdruck vrrbotku.) 1 o. Kapitel. „So, NIM wirst du wissen, welcher Narr du gewesen bist," sagte Madame strebslein, zurückkehrend, „dem elenden Lumpen mit dem Gaunergesicht hast du das sauer verdiente Geld scheffelweise in die Tasche gejagt, aber warte!" „Unsinn!" brauste der alte Mann auf, dessen lang ver- bastener Ingrimm sich jetzt Balm brach. „Es war eine elende Machination deines Schützlings, des naselrvisen Herrn Sil berberg. Hobo mich betrügt man nicht, ich liabe gleich gc- nulsst, was ich von der Sache zu balteu batte. Der und der Professor Müller!" In ruhigem, aber sebr sclxirsem Tone erwiderte Ma dame: „Jener Herr Nnr der Professor Müller; Uxmn du's nicht glauben willst —" „Und du hast gemeinschaftliche Sache mit ilmen gemacht! Du kanntest den Plan und versprachst dir goldene Berge von ibm, o. ich bin so dumm nicht, daß ich —" „Ja. du bist sebr klug und weise," spottete Madame, nxibrend sie ibrem Gatten folgte, den ein innerer Drang zu seinen Kunstsckxitzen zurücktrieb. „Aber das sage ich dir. wenn dein Agent sich noch einmal hier blicken läßt, dann soll er mich kennen lernen." „Ich glaube, er kennt dich schon!" „Nicht so ganz; ich werde mit dem Herrn Polizeiinspck- tor reden, deine Sammlung soll gerichtlich tariert werden —" „Sei nicht albern!" „lind wenn es sich berausstellt, daß der Schwindler dich um bedeutende Summen betrogen hat, so lasse ich ihn ver folgen und verhaften." „Narrenspossen!" „Der junge Herr Silberstein denkt nicht daran, durch Lug und Betrug deine Einwilligung zu erschleichen, meine Zusage und das Jawort Huldas bat er schon, damit du's weißt, und wenn du deinen trotzigen stopf nicht beugst, so werden die beiden, ohne deine Einwilligung heiraten." Nikolaus.strebslein blickte stier seine Gattin an. „Das alles ist 'chon hinter meinem Rücken abgemacht?" sagte er heraus. „Ja. es ist traurig, mit welcher Frcchlxüt man dich be trügt!" spottete die Hausfrau. „Nicht allein dein Agent und deine guten freunde, sogar Weib und Kind hintcr- gcben dich!" „Triumphiere nicht zu früh! Noch bin ich Herr im .Hanse —" „Uebrigens mache ich dich daraus aufmerksam, daß ich diese drei Zimmer als Lagerraum zu beanspruchen gedenke. Du wirst sie also räumen müssen, ich kann die Zimmer nicht mehr entbehren, seitdem das Gesckxist sich io erweitert hat." ...Hat dein Perstand gelitten? -Dder glaubst du, mich auf diesem Wege zwingen zu können —" „Ich sage dir nur. daß ich die Räume für das Geschäft benutzen muß. Meinetiivgen kannst du die alten Brocken oben unter das Dach stellen, etlvas Besseres sind sie ohnehin nicht ivert. Wenn ich den ganzen Plunder verkaufen könnte —" „Weib, mach mich nicht rasend!" knirschte Herr Nikolaus .strebslein, dem sich unwillkürlich die Befürchtung ausdrängte, daß seine Gattin wirklich so kühn sein könne, ihre Drohungen auszuführen. „Wenn du es wagst, nur einen einzigen stst'genstand aus diesen Räumen zu entfernen, so wirst du die folgen schwer empfinden. Glaube nicht, daß du mich zwin gen könntest, deinem Schützling mein Haus zu öffnen, viel lieber möchte ich mein stind dem Berseschmied geben, der mehr kaufmännisches Talent besitzt, als ich damals ver mutete." „Nach Belieben." erwiderte Madame gelassen. Nikolaus Krebslein blickte lange auf die Tür, hinter der seine Elattin verschwunden nxir, ein schwerer, tiefer Seufzer entfuhr ihm. Wenn er das alles vorausgesehen hätte, würde er dem jungen Manne das Urteil über sein Steckenpferd nicht so hoch angerecbnct und sich nur eine Wiederholung desselben für die Folge verbeten haben. Nun uxir es zu spät, nackigeben durfte er nicht, sein Stolz und seine Ehre sträubten sich dagegen. 16. Kapitel. Der Professor kehrte sehr verstimmt in den Gasthof zu rück. während sein Liegleiter bei jeder Erinnerung an den kenntnisreichen Kunslsammler in neues Lachen ausbrach. Die Fröhlichkeit seines Begleiters steigerte nur den Un mut des Professors, den cs verdroß, daß er die Reise um sonst gemacht hatte. „Ich begreife nicht, daß Sie darüber noch lachen kön nen," sagte er endlich unwirsch. „Ich finde durchaus nichts Lächerliches darin, der Mann ist ein Narr, und wir sin- in den April geschickt worden!" „Denken Sie nur an sein Gesicht." lachte der Anti- guar, „mann konnte es zuletzt mit der Elle messen! Und dann vergegenwärtigen Sie sich die Gardinenpredigt, welche die resolute Frau ohne Zweifel ibrem Herrn Gemahl ge halten bat!" „Bali - sie wird nichts dadurch gewinnen! — Llbcr da leuimt der junge Herr Silberberg, er soll uns den dunklen Sinn der kleinen Abschiedsrcde klar machen." Der Professor erging sich anfangs in lnsttigen Vor- würfen; nachdem er aber den ausführlichen Bericht des jungen Mannes über sein Verhältnis zu der Familie des Modewarenhändlers gehört hatte, mußte er selbst herzlich lachen. „Den heilen und überzeugen Sie niemals!" sagte er. Im Gegenteil. Sie haben ihn jetzt nur noch mehr erbittert." „Aber was soll ich beginnen, um seine Abneigung gegen mich zu beseitigen und seinen Eigensinn zu brech n?" fragte Ernst ratlos. „Wenn er sich auch durch Ihr Urteil nicht überzeugen läßt! Können Sie mir denn gar keinen Rat geben?" „Einen ausgezeichneten," versetzte der Antiquar. „Ich verschaffe Ihnen einen Dolch nebst einem Dokument, welches den Beweis liefert, daß jene Waffe derselbe Dolch ist. den Navaillac dem Könige Heinrich IV. von Frankreich am vier zehnten Mai des Jahres 1610 ins Herz stieß. Dieses kost bare Kabinettstück schenken Sie ihm und Sie sollen sehen, er wird Ihnen alles verzeihen." „Das ist ein guter Rat," sagte der Professor.