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' ' ' - ' - - . -» , —— . -» 2 -'TT' Journa!. Tloniglieh Sächstsehrv Stacrtstrnzeigev. Verordnungsblatt der Minikerien «nd der Ober- und Mittelbehörden. » Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. Mittwoch, 3. März 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mart vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. erscheint: Werktag» nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 2K Pf., die Zeile gröberer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Telle 60 Pf., unter dem Redaktion»strich lTingesandt) 75 Pf. PreiSermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil Nichtamtlicher Teil zuziehen, nachdem eine Autorität wie der Oberstleutnant v. Estorfs erklärt hatte, die Verantwortung dafür nicht übernehmen zu können. (Lebhaftes Bravo bei den Nationalliberalen.) Dringend notwendig ist die Bahnlinie Keetmanshoop—Windhuk. Wenn jetzt im Ovambogebiet eine Residentur errichtet werden soll zum Schutze der Ovambos gegen ihre Kapitäne, so muß man den Residenten auch militärisch schützen; hat er nichts zu sagen, so ist er überflüssig. Das Justizwesen erscheint uns dringend reform bedürftig. Auf jeden Farmer kommen heute vier Prozesse, ein derartiger Zustand ist unerhört und verlangt dringend Abände rung. Die Interessen des Reiches müssen bei der Ausbeutung der Diamantenfelder klargestellt und energisch gewahrt werden. Die Diamantenfunde müßten zunächst für die Deckung der Kriegs schäden und dann für die Entwickelung des Landes selbst ver wendet werden. Staatssekretär Dernburg: Der Vorwurf ist nicht gerecht, daß ich das Bahnbauprogramm hätte zurücktreten lassen. Wie würde es aber aufgefaßt werden, wenn ich jetzt, wo wir daran sind, die Reichsfinanzen zu sanieren, mit Bahnbauprojekten kommen würde. (Sehr richtig!) Gewiß, Bahnen sind nötig, es braucht aber nicht alles mit einem Male gemacht zu werden. Man muß immer als guter Kaufmann aus die Verzinsung des Unternehmens sehen. Ein Urteil über die militärischen Maß nahmen des Generals v. Trotha habe ich mir nie angemaßt. Uber die persönliche Leistung und die Haltung der Truppen kann kein Streit bestehen. Der Justizverwaltung ist ein Vorwurf wegen der hohen Prozeßzahl nicht zu machen, sondern denjenigen, welche die Gerichte so übermäßig belasten. Für notwendig halte ich die Einführung des Eides auch für Ein geborene. In die vom Abg. vr. Ablaß zur Sprache gebrachte Klagesache kann ich mich nicht einlassen. Was die formale Seite anlangt, so kann natürlich der Reichskanzler nicht persönlich alle ihm übertragenen Befugnisse ausüben, deshalb werden die Kolonialrichter von mir, als dem Stellvertreter des Reichskanzlers in diesen Dingen berufen. Die Herren haben durchweg das zweite juristische Examen bestanden, ihre kommissarische Beschäfti gung erfolgt, um ihre Brauchbarkeit für die Kolonien zu prüfen. Etatsmäßige Richter würde ich nie wieder loswerden können. Was die Diamanten anlangt, so ist das Reichsinteresse nur durch eine Besteuerung der Terraininhaber zu wahren, eine Expro priation wäre unsozial. Was das Denkmal für die in Südwest- asrika gefallenen deutschen Krieger anlangt, so möchte ich zu bedenken geben, ob es nicht richtig wäre, dem ganzen deutschen Volke Gelegenheit zu geben, sich durch Spenden daran zu be teiligen. (Beifall.) Abg. Erzberger (Z.): Ich beglückwünsche den Gouverneur v. Schuckmann zu dem glücklichen Erlaß betreffend die Einführung der Selbstverwaltung in der Kolonie. Zu wünschen wäre die Einführung der Wertzuwachssteuer und ein kommunaler Zuschlag zur staatlichen Umsatzsteuer. Wenn es erreicht würde, die Kolonial armee in jeder Form zu beseitigen, so würde ich den Staats sekretär nach allen Richtungen mit Lob überschütten. (Heiterkeit.) Zur Verminderung des Pensionsfonds für invalide Afrikakrieger sollte versucht werden, einen Teil der Invaliden in irgendeiner Form bei einer Behörde unterzubringen. Sehr im argen liegt die Frage der Landgesellschaften, die wenig Verpflichtungen zu erfüllen haben, dafür aber um so höhere Dividenden zahlen. Da wäre es nötig, die Gesellschaftssteuer einzuführen, über die Frage der Richteranstellung in den Kolonien sollte das Reichs justizamt um ein Gutachten angegangen werden. Die Nicht anerkennung der Ehe eines Weißen mit einer Bastardfrau besteht unmöglich zu Recht, sonst dürfte doch auch nicht ein deutscher Diplomat eine Japanerin heiraten, wie es modern geworden ist. (Heiterkeit.) Die Kirche erkennt eine solche Ehe an und der Staat sollte ihr solgen. Gouverneur v. Schuckmann: Die Ovambos gehören zum Teil zu unserem Schutzgebiet, teilweise zum portugiesischen. Seitens der Portugiesen sind sie vorzüglich bewaffnet, und zur Beobachtung ihrer Bewegung müssen wir einen Vertreter dort haben. Schon seine Gegenwart wird vieles schaffen. Töricht wäre cs, die Stämme gegen die eigenen Häuptlinge schützen zu wollen. Ich werde keinen Krieg gegen die Ovambos führen, und sie greifen uns nicht an. Ist der Kommissar einiger maßen geschickt, so passiert ihm nichts. Ich würde mich freuen, wenn ich möglichst viel Eisenbahnen bekommen könnte, die Garantie für die BerzinSbarkeit kann ich aber nicht über nehmen. Die Forderung weiterer Eisenbahnen wollen wir nur der Selbstverwaltung überlassen, welche die Sache besser beurteilen kann. Der Borwurf, wir hätten eine mangelhafte Rechtspflege, trifft nicht zu. Mit voller Hingebung und ganzem Verantwort lichkeitsgefühl gehen die jungen Richter an die Arbeit. Die Richter sind gut, schlecht ist nur das Gerichtsverfahren. Die Hottentotten haben ein besseres. (Große Heiterkeit.) Eine Verringerung der Schutztruppe ist angesichts der großen Entfernungen nicht denkbar, zumal sie auch die Polizeidienste versehen muß. Die Anerkennung für die Einführung der Selbstverwaltung muß ich zum größten Teil weitergeben an Bürgermeister Külz von Bückeburg. Mit neuen Steuern soll man recht vorsichtig vorgehen, denn gerade der Steuerexekutor beunruhigt die Bevölkerung am meisten ganz wie bei uns! (Große Heiterkeit.) Die Ehe mit Farbigen zu ver bieten, habe ich mich nicht vermessen (Hört!), sie werden nur nicht eingetragen, und die Missionare trauen sie auch nicht. Erfreulicher weise nehmen die Trauungen der Weißen zu, und wir haben schon ein strammes, hübsches Material an Nachwuchs der weißen Bevölkerung. (Große Heiterkeit.) Hr. NoSke scheint nach seiner letzten Rede mit den vielen Verbesserung-Vorschlägen zu schließen ein große» organisatorisches Talent zu haben. Ich schlage ihm vor, mit hinau-zukommen in die Kolonie. Wenn er den Mut hat, seine Rede dort zu wiederholen, und wenn dann alles gut abgeht (Heiterkeit), dann verspreche ich ihm, der Sache näherzu treten. (Große Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Abg. vr. Ablaß (frs. Vp.): Der Staatssekretär ist um die Beantwortung meiner Beschwerde herumgegangen. Die dortige Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge- I nehmigen geruht, daß der Reichsgerichtsrat vr. Paul I in Leipzig den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser, I König von Preußen verliehenen Roten Adlerorden I 4. Klasse anlege. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge- I nehmigen geruht, daß der Zahnarzt Torger in Dresden I den ihm von Sr. Hoheit dem Herzog von Anhalt ver- I liehenen Titel Hofzahnarzt annehme und in der Form I „Hofzahnarzt Sr. Hoheit des Herzogs von Anhalt" führe. und (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche de» Ministerium» veS Kultus i Michn ßtticht der Könizl. Klmmssum sir das Nktenliämestll über die am 28. Februar 1909 im Königreiche Sachsen herrschenden ansteckenden Tierkrankheiten. 1399 1. Milzbrand. Amtsh. Freiberg: Seifersdorf (1); Meißen: I Riedcrstößwitz (1); Großenhain: Großraschütz (1); I Marienberg: Niedersaida (1); zus. 4 Gem. u. 4 Geh. 2. Tollwut. Amtsh. Zittau: Eckarisberg (1), Türchau (1); Stadt I Dresden (1); Amtsh. Dresden-A.: Obernaundorf (1); I Dippoldiswalde: „ Reichenau (1); Marienberg: H Lippersdorf (1); zuf. 6 Gem. 3. BläschenauSschlaq des Rindviehs. Amtsh. Döbeln: Mockritz (1). 4. Räude der Schafe. Amtsh. Zwickau: Ebersbrunn (1). 5. Räude der Pferde. Stadt Leipzig (1). 6. Schweinefeuche einschl. Schweinepest. Amtsh. Großenhain: Kleinthiemig (1), Wildenhain ! (I); Leipzig: Großzschocher (1); zus. 3 Gem. u. 3 Geh. 7. Vrustseuche der Pferde. Amtsh. Zittau: Ostritz (1); Stadt Dresden (1); I Amtsh. Pirna: Lauterbach (1); Meißen: Mettelwitz ! (l); Großenhain: Skassa (1); Stadt Leipzig (3); Amtsh. Grimma: Hayda (1), Lüptitz (1); Döbeln: Mthschütz (1), Obersteinbach (1); Stadt Chemnitz (3); 1 Amtsh. Zwickau: Werdau (1); zus. 12 Gem. u. 16 Geh. - 8. Rotlaufseuche der Pferde. Amtsh. Großenhain: Altleis (1), Stadt Leipzig > (1); zus. 2 Gem. u. 2 Geh. 9. Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde. Amtsh. Dresden-A.: Mohorn (1); Stadt Leipzig l (I); Amtsh. Borna: Rötha (1), Zauschwitz (1); Döbeln: l Rauhain (1); Rochlitz: Zinnbcrg. (1); Chemnitz: Ober- I srohna (1); Flöha: Auerswalde (1); Glauchau: I Ä. Egidien (1), Langenchursdorf (1); Zwickau: Crim- I mitschau (1); zus. 11 Gem. u. 11 Geh. SsfaUlich<m Unterricht». Zu besetzen: das Kantorat zu Rötha. Loll.: die oberste Schulbehörde. Vom Schuldienste neben freier Amtswohnung 1500 M., nach vollendetem 25. Lebensjahre 1550 M., hierauf durch 8 Zulagen steigend bis 3300 M. Höchstgehalt (nach vollendetem 49. Lebensjahre). Vom Kirchendienste 800 M. Be- l Werbungen bi» 13. März an den K. Bezirksschulinspektorin Borna; — Ostern eine ständige Lehrerstelle zu Falkenau, für deren Er richtung die Genehmigung des K. Ministeriums erhofft werden darf. Anfangsgehalt 1600 M., Höchstgehalt nach vollendetem 27. ständigen Dienstjahre 3400M. Wohnüngsgeld, 300 M. Ander- i wätts verbrachte Dienstjahre können angerechnet werden. Besondere Oualisllation für Gesangs- oder Turnunterricht erwünscht. Gesuche mit den erforderlichen Unterlagen sind bis 5. März einzureichen bei dem K. Bezirksschulinspektor für Flöha; — Ostern die 3. ständige Lehrerstelle zu Lotzdorf bei Radeberg. Koll.: die oberste Schul behörde. 1500 M Grundgehalt, 100 M. pers. Zulage, WohnungS- -eld 250 M. für verheiratete, 150 M. für unverh. Be- ! Werber; nach Befinden 150 M. für Fortbildungsschul unterricht. Bewerbungsgesuche sind mit allen erforderlichen Bei lagen bis 15. März einzureichen bei dem K. Bezirksschulinspektor für Dresden HI, Blochmannstr. 21. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 3. März. Eingegangener Nachricht zufolge ist der Dampfer „Bülow" mit Sr. Majestät dem Könige an Bord nach einer prächtigen Fahrt gestern früh vor Ssuthampton angekommen und hat mittags die Fahrt fortgesetzt. Mitteilungen aus der öffentlichen Verwaltung. — Auf den Sächsischen Staatseisenbahnen, deren Netz sich am 1. Oktober 1908 durch Eröffnung der normalspurigen Strecken Hänichen-Goldene Höhe—Possen dorf (1,52 km) und Königswartha—Landesgrenze (5,27 km) um zusammen 6,79 km erweitert hat, sind im Monat Oktober 1908 7 707 332 Personen und 2 866 290 t Güter befördert worden. Es sind vereinnahmt worden 4 394 593 M. im Personen- und 8 995 640 M. im Güter verkehr, zusammen 13 390 233 M., das sind 89 950 M. weniger als im gleichen Monat des Vorjahrs. Die Ge samteinnahme in den Monaten Januar bis mit Oktober 1908 an 125 023 011 M. beträgt gegenüber dem gleichen Zeiträume des Vorjahrs 1 597 611 M. weniger. Deutsches Reich. Bom Reichstage. Sitzung vom 2. März 1909. Am Bundesratstische Staatssekretär Dernburg, Unterstaats sekretär Twele und Gouverneur v. Schuckmann. Präsident Graf Stolberg eröffnete die Sitzung pünktlich um 2 Uhr. Die zweite Lesung des Kolonialetats wurde mit dem Etat für Kamerun fortgesetzt. Abg. vr. Goller (südd. Vp ): Die einseitige Begünstigung der christlichen Missionen halten wir nicht für das Richtige. Wenn man den Missionen auch wohl den ganzen Süden von Kamerun freigeben könnte, so sollte man ihnen doch im Norden ganz be stimmte Grenzen ziehen. Dem Mohammedanismus muß man auch sein Recht einräumen. Ich verstehe nicht, wie man sich gegenüber der Errichtung einer Residentur bei den Ovambos so ängstlich zeigte. Dem Verlangen des Abg. Erzberger, christliche Bewerber bei den Stellenbesetzungen vorzuziehen, kann ich nicht beitreten. Nicht immer sind es die besten Elemente, die sich zur Taufe drängen, kleinliche materielle Vorteile sind vielfach die Triebfeder, und die Folge ist eine unglaubliche Heuchelei. Dazu kommt der konfessionelle Zwiespalt, der auch schon in den kleineren Gemeinden dort unten zu beobachten ist. Könnten sich Evangelische und Katholische in Duala nicht z. B. mit einem gemeinsamen Friedhof begnügen? Sodann möchte ich für einen armen Ver wandten in Kamerun eintreten, den Gorilla. (Heiterkeit.) Dieser arme Vetter (erneute Heiterkeit) sollte nicht abgeschossen, sondern möglichst geschont werden. Abg. Erzberger (Z.): In die verwandtschaftlichen Ver hältnisse des Abg. Goller mit dem Gorilla mische ich mich nicht ein. (Heiterkeit.) Sonderbar ist es, daß, wenn einer für die christliche Kultur eintritt, sofort mehrere Freisinnige dagegen auf treten. Ich habe nur gewünscht, daß bei gleicher Tüchtigkeit die christlichen Bewerber mohammedanischen vorgezogen werden. Staatssekretär Dernburg: Ich möchte bitten, daß die Konfessionen sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen, das führt zu nichts Gutem und schädigt beide Parteien. Das beste wäre, wenn eine territoriale Teilung ermöglicht würde. Das wäre auch im Interesse der wichtigen Frage der Christianisierung selbst ge legen. Die Vernichtung und das Einfangen der Gorillas ist durch Gouverneurerlaß verboten. Ausnahmen sind nur zu wissenschaft lichen Zwecken zulässig. Der Etat für Kamerun wurde hierauf genehmigt. Es folgte der „Etat für Togo". Abg. Ledebour (soz.) fragte an, welche Maßregeln ergriffen worden seien, um die Ländereien in Togo vor der spekulativen Ausnutzung zu schützen. Wenigstens teilweise sollte den Negern der Landbesitz wieder ermöglicht werden. Staatssekretär Dernburg: Es ist eine Verordnung er lassen, wonach in Togo der Erwerb von Grundbesitz nur mit Ge nehmigung des Gouverneurs erfolgen darf. Auf eine weitere Anfrage des Abg. Ledebour (soz.) erklärte Staatssekretär Dernburg: Eine teilweise Konfiskation der in den Händen der Gesellschaften befindlichen Ländereien ist ohne Entschädigung nicht möglich, und diesen Weg kann ich nicht beschreiten. Der Etat wurde bewilligt. ES folgte der Etat für da» südwestafrikanische Schutz gebiet. Abg. Or. Semler (nl.): Ein Urteil über da» neue Gouver nement abzugeben, wäre verfrüht. In Deutsch-Südwest sind große Landgebiete geradezu verschleudert worden. Der Ausbau des Eisenbahnnetze- ist dringend zu fordern, ebenso die weitere Stärkung der Truppenmacht. Wenn ich auch in der Kommission zunächst die Verminderung der Schutztruppe beantragt hatte, so durfte ich doch keine,. Augenblick zögern, diesen Antrag zurück