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Nummer S — 28. Jahrgang »eichetni »ma> »schenk!. «It den illuslr. »raurbeNayen ,D>» >«U- und .Kür uwere NeMe« lleuke- lowke de» r»ltb«i!a«rn -<«. Beimo-BlaU-, .Unterdaltun« und Wissen'. .Die Weil der krau'. .«er,i»»er «ataeder-, Da» «ule Buck,', .ktlmrund- tchmi-. Monatlicher ve,n,»dret« » MI. etnichl. BeNellaeld. lin,elnummer IS 4 Eonnadeud- u. Sonntaamimme« KV 4. HmiptichriMetteri Lesezv». Dresden. SachMe Sonnkag» -eu S. Januar 192O Ete»la,»oe«, De,«»«» >«,eige»vr»<i»« Dt« Igewalte»« PeNtjeU« »» 4 kamtlt««» an,e>«rn u.S«elle„a»«uche tdv 4 Die Priitrellameieil». S»mm breit I 4V kür «n,»ty»n »usterbalb de» «erdreuungdyedtMI 4V4 dteBettireNameieile«.!»«^. »e«»ia»b.I»v4. Jmk«»« bübere, »en>,I, »rittchi ,«de BerbNichtun, aut vteierun, ,»»t« Erfüll»», v. «n»eia«N'»„strüa»n u. vetlnin- b. EchadenerlaG, «eschüMtcher Teil «r»U« LenlU Dresden. »etchäftSkieU«. Denckn.iverlay i »ermmna. «i^r». itir Verla» und Druckerei.Ktltaie Dresden. Dre»d«n-A.>. vo»erstrai>r>7. k«rnru>SI0IS. BosilchecklontoDresden r7nz. BauNonto Eiadtban» Dresden Nr. «>7I» Für chrislliche Politik und Kultur Redaktta« de, SüchNiche» tvolkSzettuus DreSden-itUsladt 1. PoUeritratze >7. kernrw 207l> und ril)>2. Falsche Methode Ein Wort 'iur europäischen Gemeinschaftsarbeit. Die Freunde der europäischen Verständigungspolitik, die zuvörderst auf dem Ausgleich der deutsch-fran. zösischen Interessen beruht, können nur mit ernster Sorge den Auslassungen mancher öffentlichen Organe beiderseits des Rheines folgen. Gewiß: die der End- rcgelung zustrebende Liquidation der Kriegsfolgen läßt es sehr verständlich erscheinen, daß die Verhandlungs. Partner die öffentliche Meinung ihrer Länder mit wohl- ausgerüsteten Argumenten als starke Phalanx hinter sich gruppieren. Selbst wenn man die bevorstehenden Verhand lungen allen schwierigen politischen Beiwerks entkleidet und nur nach der rein wirtschaftlich-materiellen Seite überblickt, so ergibt sich, daß sie die gigantischste kaufmän nische Transaktion zum Abschluß bringen sollen, die jemals die Weltgeschichte sah. Kein Wunder also, daß beide Seiten das Auditorium der Welt mit „unwioerleg- lichen Beweisen", mit „logischen Schlußfolgerungen", mit „unerschütterlichen Rechtstiteln der Verträge" oder mit einem Appell an die „gesunde Vernunft der Völker", zur Partei zu machen suchen. Es ist klar und auch unvermeid lich, daß je näher der Termin der Sachverständigenaus sprache rückt, die beteiligten Nationen Wert darauf legen müssen, ihren Standpunkt klar und unmißverständlich dar zustellen. Dieser Notwendigkeit könnte indessen völlig Ge nüge geschehen, ohne die Grundlagen des europäischen Nerständigungswerkes, dem die Arbeit unserer letzten Jahre gegol ten hat, zu gefährden. Daß eine solche Eefähr- düng möglich ist, ergibt sich aus der U n fähigkeit der einen oder anderen Seite, die politischen Kämpfe des kom menden entscheidungsvollen Jahres und ihre Lösungen unter dem großen Gesichtswinkel euro päischer Gemeinschaftsarbeit zu sehen,- man sieht sie vielmehr unter dem engen Ausschnitt nationalegoi st i scher Ziele einer so viel ver urteilten Vorkriegsperiooe. Auf dem Weihnachtstisch des deutschen Politikers liegt — gerade zur rechten Zeit — eine Uebersetzung der aus gezeichneten Studie des Grafen Wladimir d'Or- messon : „Vertrauen zu Deutschland?" (Germania-Ver lag). Bei aller Gegensätzlichkeit der Auffassungen, denen wir in wesentlichen Punkten scharf widersprochen haben, atmet sie den überzeugten Geist europäischen Gemeinschafts- Willens. In geradezu klassischer Weise zeigt sein Kapitel „Das Problem des internationalen Nach richt e n d i e n st e s" die Gefahren auf. die uns von dieser Seite her bedrohen. Jeder politische Mensch sollte es lesen I lieber den engen Horizont nationalistischer Interessen hin weg erklärt Graf d Ormesson die deutsch-französische Ver ständigung nicht als ein Mittel, „um die eine oder die andere aus dem Krieg überkommene Frage in einer dem Reiche vorteilhaften Weise zu lösen". Wir glauben im Sinne des Verfassers zu sprechen, wenn wir ebenso „Frank reich" in die Voraussetzung dieser Feststellung einstigen. Denn in der Tat, für alle politischen Köpfe, welche die endgültige Liquidierung der Kriegsfol gen herbeisehnen, sollte es sich weniger darum handeln, zu errechnen, was an materiellen Leistungen oder an „zu sätzlichen Sicherheiten" herausgeschlagen werden könnte, als vielmehr zu ergründen, wie man dieses durch Krieg, Revolution, Bolschewismus und Inflationen deva stierte Europa wieder auf gesunde Füße stellt. Es ist doch unbestreit bar, daß in diesem Zusammenhang gesehen, dasdeutsche Problem — das Problem eines politisch und wirtschaftlich zu stabilisierenden Mitteleuropas — nach allen Rich tungen hin in, Mittelpunkt steht. Wenn daher deutsche Staatsmänner, Politiker und ihre Presse nicht müde wer den zu betonen, daß für uns nur eine Regelung in Betracht kommen könne, die dem deutschen Volk politisch und materiell die Lebensmöglichkeit zur Ent faltung seiner moralischen und physischen kulturellen Kräfte gewährleistet, so sollte man das auf der Gegenseite nicht als einen Versuch kennzeichnen, nur einseitige Vorteile für Deutschland herausschlagen zu wollen. Es ist wirklich nicht europäisch gedacht, wenn Herr Jacques Seydoux, der bekannte, oft zitierte französische Wirtschaftler, vor einer Regelung warnen zu müssen glaubt, die zufolge für Frankreich ungenügender Garantien die Artikels 4 - ^ Anwenduua des 430 erforderlich machen könne. Keule r Die Wett (Illustrierte Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen Turnen. Sport und Spiel Filmrundschau „Die Reparationen auf dieser Grundlage bedeuten die Vernichtung der Arbeiter und kleinen Leute in Deutschland" Gegen den Gilbert-Bericht Mas sind eigentlich Reparationen? Paris, 5. Januar. Zwei Blätter, die radikale „Volant»" und der soziali stische „Populärer" machen von den übrigen französischen Blätter» eine Ausnahme in der Beurteilung des Parker-Gilbert- Berichtes. Die „Volants" schreibt: Der Dawespla,, ltz>t seit vier Jahren gut funktioniert. Jedenfalls aber hat Deutschland seit vier Jahren von den Vereinig te »Staate »mehr Geld gelsehen, als eS den Alliierten zahlte. In ivelchrm Maße haben diese Anleihen die Produktionsfähigkcit der deutschen Industrie erhöht? I» wel chem Maße sind sie auf die eheinaligcn Alliierten repariert worden? Das sagt Parker Gilbert nicht. Aber eS ist doch wichtig, es zu wissen. Was gewinnt Deutschland durch seinen Handel mit dem Auslande? Das ist eine sehr wesentliche Frage. Parier Gtlber antwortet darauf summarisch, indem er sagt, daß die deutsche Handelsbilanz sich kaum auSglelche, daher die Feststellung, daß „das deutsche Haus" kann« verdiene. Wie also kann es seine Gläubnger bezahlen? Der „Populalre" bemerkt: Der Bericht Parker Gilberts scheint beweisen zu wollen, hast die wirtschaftliche Lage Deutsch lands so blühend ist, das; es leicht die erdrückenden Lasten des Dawcsplanes tragen kann. Aber um seine Verpflichtungen aus zuführen, die provisorisch sind, da sa der DaweSPla» provisorisch ist, hat Deutschland Anleihen aufnehme» müssen. Wenn man von Deutschland verlangt, die Reparationen auf dieser Grundlage zu zahlen, bedeutet das die Vernichtung der Arbeiter und kleinen Leute- * ES ist erfreulich zu sehen, das, es selbst in Frankreich Blätter gibt, die die allgemeine Stimmungsmache gegen Deutschland, die nach der Veröffentlichung des Jahresberichts Parker Gilberts ein gesetzt hat, nicht mitn 'chen. Allerdings muß man sich darüber klar sein, daß die Stimmen dieser beiden Blätter nicht allzu weit reichen. Es sin- Ausnahmen, dencn eine erschreckende Mehr- heit gegenübcrstcht, die Gilberts Ansicht von dein Wohlstände und der Zahlungsfähigkeit Deutschlands zur Grundlage -er neuen Sachverständigcn-Bcratungcn machen wolle». Traurig genug, -aß cs nur radlkase Blätter des linke» Flü gels sind, die in Frankreich Worte der Vernunft spreche». Die Tatsache, die -er „Populaire" klar formuliert, daß die gegen wärtige Gestaltung der Reparationen der Ruin der Arbeiter und kleinen Leute in Deutschland ist, hat doch für Europa eine sehr ernste Bedeutung. Will man Deutschland einer neuen Katastrophe entgegentreiben, indem man die Radikalisierung der untere» Schich ten dieses Landes aufs stärkst« fördert? Angesichts dieser Gefahr hätten gerade die in einem hohen Sinne konservative,, Kräfte aller Länder Grund genug, für eine tragbare Gestaltung der Rcpara- ttonslast einznkreten. Mögen die Stimme» der Vernunft, die jetzt nach dem verhängnisvollen Bericht Gilberts laut werden, nicht nn gehört verhallen. Neuyork, 4. Januar. (Eig. Bericht.) Die demokratische „World" stellt die Frage, wer denn endlich Frankreich einmal sage, was „Reparationen" sind? Ganz gewiß seien darin nicht die Käufe von Lebensmittel», Waffen, Munition und Kleidungsstücke, von Kautschuk und Baumwolle, von Metallen und Chemikalien inbegrissen, die Frankreich in den Vereinigten Staaten getätigt hat. Das Blatt macht die bezeichnende Bemerkung, wer diese Sachen nicht habe, müsse das Kriegsühren eben unterlassen. Der Friedensschlaß sei aber nach dem Weltkriege aus der Basis erfolgt, daß nur „Wiedergut machungen" erfolgen, nicht aber das. was in frühere» Kriege» „Kriegsentschädigung" genannt wurde! Die Ernennung -er Sachverständigen London, F. Januar. Times berichtet: Die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Belgiens find jetzt end gültig aus formalen Gründe» übcieingckommen, die Ernen nung ihrer Sachverständige» für den neue» Rcpara- tionssachverstäudigeuauSschuß durch die Rcparations» kommission vornehmen zu lassen. Tic Methode der Ernen nung der amerikanischen Sachverständige» wird >» wenigen Tagen beschlösse» werde», wen» der volle Bericht vom britische» Botschaf ter in Washington cingcgangen ist. London, i. Januar. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" meldet, daß außer dem vormaligen finanziellen Ratgeber der japanischen Botschaft in London Kongo Mort auch der stellver tretende Gouverneur der kaiserlichen Bank von Japan Aoki Delegierter im Reparationssachverständigenausschuß sein werde. » Paris, 7>. Januar Der Berliner Korrespondent des „Journal" teilt mit, ein« hochsiedende deutsche Persönlichkeit lmbe ivm ertlärt. daß Deutsch, laut» durchaus entschlossen sei, nur ein solches At'knmmcn über die ReparationSrcgeluiig zu unterschreibe», dessen Ausführung mit seiner wirtschaftlichen Kraft vereinbar erscheine. Fall- der Ab stand zwischen de» Fordcriiiuzc» der -Alliierten ,„>d de,,,. »>aS die Deutschen freiwillig anzniiehme,, bereit sind, zu groß sei. »«. freundschaftlich übelbrückt zu werden, würde Teut'chlauv seine Unterschrift verweigern. Dan» würde mau z» de», durch den Dawcsplan geschossenen Zusiand zurückkommeu. Der Korrespo,,. de»t könne aus Grund von durchaus seriösen Jnsoruialione» be stätigen, daß die deutsche Regierung die dauernde Tnrchsüluuiig dcr vom DaweSPla» vorgesehene,, Leistungen nicht als möglich an- sche, un dim gegenwärtigen Augenblick es ablehnc» werde. Ver pflichtungen »ackfzi,komme», die von ihr für „„durchführbar ge- lfalten würde». (Dieser Artikel sieht die jederzeitlge Wtederbesetznng der Rheinlande bei Nichterfüllung des Vertrages vor.) Wenn der europäische Gemeinschaftssinn der beteiligten Nationen in diesen Jahren noch nicht so entwickelt ist, daß mit der Schlußlösung der Kriegsfolgen auch die Festsetzun gen dieses Artikels 430 in Zukunft fortfallen könnten — dann wäre es allerdings noch zu früh, an die Konsolidie rung Europas ernstlich zn glauben! Der „Temps" würde keine Veranlassung finde», den „herrschenden Geisteszustand Deutschlands für bedenklich" zu halten, oder sich über die Verschiedenheit dcr deutschen und der französischen Mentalität Sorge zu machen, wenn er die so verschiedenartigen, ungleichen physischen und moralischen Faktoren berücksichtigte, unter denen die beiden Nationen in die Lndphase der europäischen Gesamtregelung eintreten. Auf der einen Seite eine in Europa und in kolonialer Hinsicht machtpolitisch vollkommen saturierte Nation, in starker wirtschaftlicher Rüstung und gestützt auf ein System unerschütterlicher militärpolitischer Bindungen und Sicherungen — auf der anderen Seite ein an allen Grenzen seiner Souveränität beraubtes Volk, im Kampfe um die Rückgewinnung der vitalsten Selbständig« kettsreckite — ohne die eine große und selbstbewußte Ration eben nicht zu leben vermag — und in täglicher Sorge »in die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung durch eine kapitalarme, von stärksten Kriegsabgaben und sozialen Ver pflichtungen vorausbelastcte, wettbewerbsunfähige Wirt schaft. Die „Germania" hat zu einer Zeit sich schon zum Wortführer deutsch-französischer Verständigung gemacht, als solche Politik gegenüber den „Ressentiments der noch leben den Kriegsgeneration" fast aussichtslos erschien. Sie, als die Wortführerin einer großen und zielbewußten politi schen Partei, ist zu dieser Poiltik sicher nicht zuletzt ans der Erwägung gelangt, daß der soziale Zustand Europas eine Verständigung unserer beiden großen Völker imperativ ver langt. Vielleicht, ja wahrscheinlich, fühlen wir. als ge schlagenes, in der Fron der Siegerinachte stehendes Volk den sozialen Pulsschlag Europas besser als die Andere», begreifen besser als sie. daß es für umwälzende soziale Ideen wirtschaftsgeknechteter Nationen neutralisierte Zonen oder Sperrfortgürtel nicht gibt. Wir dürfen es deshalb auch für uns in Anspruch nehmen, den Blick der Weabereiter der öffentlichen Meinuna beider Länder — »WWW