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Dienstag. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus gegeben. AreiS für das Viertel jahr I'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Nr. 88. — ir. April L8SS. DmW Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehe» durch alle Postämter des 3»- und Auslandes, sowie durch die (Zroedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deut sch land. Frankfurt a. M. Die National-Zeitung erhält „vom Main" den Wortlaut des Antrags, welchen der politische Ausschuß am 22. März der Bundesversammlung über die hannoversche VerfassungSange- legenheit vorgelegt hatte, und über welchen die Versammlung in der Sitzung am 12. April abgestimmt hat. Dieser Antrag lautet: Hohe Bundesversammlung wolle in Gemäßheit des BundeSbeschlusscs vom 23. Aug. 1851 und in Erwägung, daß durch die spätere Gesetzgebung des Königreichs Hannover staatliche Einrichtungen getroffen und gesetzliche Bestimmungen erlassen wor den find, welche in vieler Hinsicht mit den Grundgesetzen des Bundes in offenbarem Widerspruche stehen, die königlich hannoversche Regierung unter Bezugnahme auf den AuSschußbericht ersuchen, die Verfassung und Gesetzgebung des Königreichs einer sorg fältigen Prüfung zu unterwerfen und die Uebereinstimmung derselben mit den Grund gesetzen des Bundes ohne Verzug wieder zu bewirken, sich aber für den Fall, daß die als nothwendig zu erachtenden Abänderungen auf Hindernisse stoßen sollten, ihre ver fassungsmäßige Einwirkung, wie sie in dem gedachten Bundesbeschlusse vorgesehen wor den, Vorbehalten; die hannoversche Regierung ersuchen, ihr seiner Zeit Mittheilung dar über machen zu wollen, wie sie dem an sie gerichteten Ersuchen entsprochen habe, oder welche Hindernisse und Anstände sich etwa hierbei ergeben hätten; und endlich der han noverschen Regierung dabei zu erklären, wie, solange nicht die Nothwendigkett einer directen vorbehaltenen Einwirkung des Bundes vorliege, in Beachtung des Art. 55 der Wiener Schlußacte die Art und Weise, in welcher diese UebereinsUmmung der Verfas sung und Gesetzgebung des Königreichs mit den Bundcsgrundgesetzen hcrbeizuführen sei, sowie die Ausdehnung der vorzunehmenden Revision ihr zwar überlassen bleibe, daß aber eine bundesrechtliche Pflicht, den im Art. 56 der Wiener Schlußakte vorge zeichneten Weg etnzuschlage», insoweit nicht stattsinde, als es sich um Wiederherstellung von Bestimmungen des annoch unter dem Schutze jenes Artikels stehenden LandeSvcr- faffungsgesetzeS von 1840 handelt. Preußen. ? Berlin, 15. April. In den hiesigen russenfrcundlichen Kreisen scheint die Ansicht vorzuherrschen, daß die den russischen Bevollmächtigten bei den wiener Berathungen zutheil gewordenen Weisungen dcrWiedcrher- stellung des Friedens keineswegs günstig seien, indem das russische Cabinet in Bezug auf den dritten Punkt hinsichtlich der Verminderung seiner Macht im Schwarzen Meere jeden Vorschlag ablehnc, in welchem es eine Ver letzung oder Beeinträchtigung seiner Souveränetät erblicke. Der bereits vielfach besprochene Vorschlag, daß Rußland nur so viele Kriegsschiffe im Schwarzen Meere zu unterhalten berechtigt sein solle, als es gegenwärtig deren in diesem Meere besitzt, soll auch in Petersburg als eine Beeinträch tigung der Souveränetät Rußlands erachtet worden sein. Wenigstens wird in den oben bezeichneten Kreisen so behauptet. Das ganze Streben Ruß lands scheint dahin zu zielen, diejenigen Friedensbcdingungen anzunehmcn, welche hauptsächlich Deutschland und Oesterreich berühren, und den Fode- rungen der letzter» gerecht zu werden, um eine Absonderung der gesammtcn deutschen Macht mit dem Einfluß Oesterreichs von den Westmächten insofern zu erlangen, daß Deutschland und Oesterreich keinen thätigen Antheil am Kriege bei weiterer Fortsetzung desselben nehmen. Ob Rußland zu diesem seinem Ziele, zu dessen Erreichung es alle Hebel in Bewegung zu sehen scheint, gelangen wird, das ist natürlich eine andere Frage. Indessen sollen die Erfolge des Kaisers Alexander II. auf diesem Gebiete nicht so sehr un bedeutend sein, zumal ihm seine dem deutschen Wesen zugewcndcte persön liche Neigung dabei sehr zu Hülfe kommen und des Eindrucks weniger ver- fehlen möchte. Im Widerspruch mit diesen Andeutungen steht allerdings, was Oesterreich anlangt, die Nachricht der Morning Post, wonach Oester reich bereit sein soll, falls der Friede jetzt nicht erreicht werde, denselben durch thatkräftigen Antheil am Kriege von Rußland zu erzwingen. Ob diese Angabe begründet ist, werden die Thatsachen bald erweisen müssen. — Der vielbesprochene Artikel des Moniteur vom 11. April hat auch in den hiesigen militärischen Kreisen einen großen Eindruck hervorgebracht. In die sem Artikel will man auch hier die Absicht erkennen, das französische Volk auf das mögliche Ablassen von der Belagerung Sewastopols von Seiten der Westmächte vorzubereiten und auf die Nothwendigkeit einer Aenderung im Feldzugsplane gegen Rußland hinzuweisen. Eine sehr kundige militä rische Feder spricht sich im neuesten Preußischen Wochenblatt in letzterer Be ziehung also aus: „Das sicherste Mittel zum schleunigen Erfolg ist die Auf stellung der entschiedensten Ueberlegenheit gegen Rußland in Galizien, um sie frei gegen Warschau oder weiter rechts verwenden zu können, wo aller dings die Russen leichter von Bessarabien als die Oesterreicher von der Mol dau her verstärkt werden können. Nach Galizien also und nicht nach der Krim, noch auch nach der Moldau, sollte man die angekündigte Verstär kung der Franzosen dirigiren, wenn nicht deren Auftreten in Polen den Oesterrcichern ebenso wie den Russen misfällt. Für die wahrscheinlich spä ter und so viel schwächer kommenden Truppen des Bundes wäre Krakau der DirectionSpunkt." In Bezug auf die Neutralität Preußens sagt derselbe Verfasser: „Neutralität ist unmöglich für einen Staat, der fast mitten in der Action liegt. Er würde auf der einen Seite Rußlands Operativ- nen gegen Galizien schützen, auf der andern Seite die Operationen dex Westmächte gegen die baltischen Küsten durch Verschließung seiner Häfen erschweren, vielleicht auch durch sein Beispiel Schweden festhalten." Dieser Widerspruch zwischen seiner Lage und seiner Geltung würde ihm auf die Dauer die Feindschaft beider kriegführenden Parteien zuziehen, da er für beide ein Hinderniß sei. — Der von dem Handels-Archiv soeben veröffent lichte umfassende Jahresbericht der Acltestcn der Kaufmannschaft Magde burgs weist darauf hin, daß durch das russische Ausfuhrverbot des Getreides nach Deutschland, während sich letzteres mit Rußland bisjetzt noch- in tiefem Frieden befinde, unzweifelhaft zu der Getreidetheuerung in Deutsch, land in bedeutendem Grade beigetragen worden sei. Mit großer Entschie denheit hebt dieser Bericht hervor, daß die vollständige und fortdauernde Aufhebung des Eingangszolls auf sämmtliche Getreidearten eine so große Wohlthat sein würde, daß dagegen das Opfer, welches dadurch die Staatskasse erleide, nur von geringer Bedeutung sein könne. Der zcitwci- lige Zollerlaß verfehle fast immer den beabsichtigten Zweck, indem er Er höhung der Preise im Auslande und Furcht vor Mangel im Jnlandc er zeuge. Nur bei einem abgabefreien, ungefesselten Getrcidcverkehr dürfe ein Land sicher sein, die Kornprcise auf dem verhältnißmäßig niedrigsten Stand- punkt zu erhalten, wovon England den Beweis liefere. Bezüglich des Han delsvertrags Oesterreichs mit dem Zollverein enthält sich der in Rede ste hende Bericht noch eines umfassenden Urtheils, da einem günstigen Ergeb niß aus diesem Vertrage noch mancherlei Uebelstände hemmend entgegen wirkten, namentlich aber der gegenwärtige Stand der österreichischen Va luta, welcher augenblicklich wol fast jeden Handelsverkehr nach Oesterreich verhindern möchte. Seien diese Uebelstände aber gehoben, so könne cs nur als wünschcnswerth erachtet werden, noch weitere Verkehrserleichterungen zwischen den beiderseitigen Staatsgebieten eintreten zu sehen, wie solche bei Abschluß des Vertrags vom 19. Fcbr. 1855 bereits in Aussicht gestellt worden seien. — Die Protestantische Kirchenzeitung erzählt folgende „wahre Begeben heit", welche sich vor nicht langer Zeit in Magdeburg zugctragen: „Am Sonntage Oculi fand in der St.-Ulrichskirche daselbst das Schauspiel einer öffentlichen Kirchenbuße statt. Die büßende Person war eine Frau aus dem nieder» Mittelstände, und zwar soll angeblich die Frau selbst diese öf- fentliche Buße verlangt haben, weil sie eine Sünde wider den Heiligen Geist begangen habe. Schon während des Gesanges und der Predigt hörte man ein lautes Schluchzen, Seufzen und Wimmern. Als die Abendmahlsgäste sich zum Altäre begaben, stürzte auch diese Frau mit lautem Geschrei zu den Stufen des Altars. Dort blieb sie auf ihren Knien liegen und rang die Hände und wand sich wie ein Wurm und jammerte und seufzte unter Thränen während der Beichtrede des Predigers. Endlich empfahl dieser die Büßende dem Mitleiden und der Fürbitte der Versammlung, und als es dahin kam, daß die Beichtenden das agendarische Sündcnbekenntniß be jahen und die Absolution empfangen sollten, da wendete sich der Prediger zu der Frau insonderheit und ließ sie ihr Bekenntniß laut ablegen, wobei er zu wiederholten malen, wenn das Gcdächtniß ihr untreu wurde, mit Einhülfe bereit war. Hierauf folgte dann für diese zunächst und weiter für die übrigen Confitenten die priesterliche Absolution. Theilnehmer bei dieser Communion haben versichert, daß der ganze Vorgang höchst unerbau lich und störend für sie gewesen sei." Hannover. Es sind wieder mehre Adressen an den König in der Verfassungssache bekannt geworden. Die Stadt Hildesheim beruft sich in ihrer Adresse an den König auf das fürstliche Wort des VaterS und Soh» neS, sie bezeugt die Liebe aller LandeStheile zum König wie zur Verfassung und svricht die Hoffnung aus, daß das Vertrauen auf Erbaltung der Seg nungen einträchtigen Wirkens von Regierung und Volk für das Landes- wohl nicht durch Bevorzugung Einzelner getäuscht, und daß die Furcht, es könnten Aenderungen der Verfassung von außen her dem Lande aufgedrun gen werden, unbegründet erfunden werde. „Möge Ew. königl. Maj. von den gesetzlichen Vertretern des gesammtcn Volks die frei und offen auszusprechenden Ansichten und Wünsche über Anträge vernehmen, welche die Ruhe und Wohlfahrt des Landes zu erschüttern, den inner» Frieden zu vernichten drohen." Das Bürgervorstehcrcollcgium von Leer spricht seine Wünsche folgendermaßen aus: „Unsere jetzige Landesverfassung hat das Füll- Horn ihrer Wohlthaten über unser Vaterland ausgeschüttet, die Kräfte desselben zu einer vorher nicht gekannten Höhe entwickelt und die glücklich sten Harmonien zwischen Krone und Volk sowie überhaupt einen Zustand hervorgerufen, welcher es zu einem der bevorzugtesten Staaten Deutsch lands gemacht hat. Diesen glücklichen Zustand müssen wir für auf das ernstlichst« bedroht halten, das Vertrauen, welches unser Volk in seine RcchtSinstitutionen setzt, würde tief erschüttert werden, wenn die Anträge des politischen Ausschusses des Deutschcn Bundes von diesem selbst zum