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Berantwrrtlicher Schriftletter, Drucker und Verleger Otto Meyer in Adorf Tel,»Adr. i Grenzbote Fernsprecher Nr. 14. an die hiesige Sradtsteuereinnahme (Rathaus, Erdgeschoß,) zu entrichten. Adorf, den 10. Oktober 1922. Der Ttadtrat. verfchiedenhe' nenen Buche befaßt sich Kaiser Wilhelm II. bet dems Aapitel „Bethmann" auch mit der seiner Zeit viel besprochenen Entsendung des englischen Staatsmannes Haldane in besonderer Mission nach Berlin. Dieses überbrachte dem Kaiser eine Art Verbalnote mit eine» Art Neutrasitätsangcbot Englands, wenn Teutsch land feinen Flottenbau einstellen oder verringern würden Ter Kaiser schreibt dazu u. a.: Dies Platt enthält die amtlichen BekanntmcrchmMn der Amtshauptmannschaft Oelsnitz, des Amtsgerichts, der Amr sau waltschaft und des Stadtrates zu Adorf. In seinem bei K. F. Köhler in Leipzig erschie nenen Buche befaßt sich Kaiser Wilhelm II. bei den^ Ein Manöver Englands. Rus den Erinnerungen Wilhelms II. Die 1. und 2. Teilzahlung der Gewerbesteuer für das Rechnungsjahr 1922 ist unter Vermeidung der zwangsweisen Einholung sofort, spätestens aber bis 15. Oktober 1922, Der demokratische Parteitag. Die Frage der Arbeitsgemeinschaft. Um Sonntag wurde in der großen Stadthalle Süderfelds der 4. ordentliche Parteitag der deutschen demokratischen Partei pnt einer Sitzung dxs Partei. auSschusseS eröffnet. In dem Geschäftsbericht, den di« Parteileitung vorlegte, wurden als Richtlinien für die Außenpolitik aufgestellt: Unterstützung aller Bestrebungen auf Abbau der Friedensverträge unter möglichster Vermeidurrg jeder Katastrophen« Politik. La» Mittel zu dieser Politik war: Versuchte Politik de, Erfüllung. Ler Sinn dieser Politik ist: tzett gewinnen, bis im A »Slande die Politik der Ver nunft, der klaren Tatsachen, möglich wird. Zn den Richtlinien für die Jnnenp olitik wurde die -«bedingt« Treu« zum neuen republikanischen Staat «, die Spitz« gestellt. Sine große Rolls spielt auch die vtelkunonayme -M Partei zur Frage einer parlamentarischen Ärbetts- a«neinschaft. Tie meisten Anträge zu dieser Frage find mit einer solchen UrbeitssemeMschaft zwischen geführt worden sind. Admiral v. Ttrpitz hat in diesem für ibn und mich fo schweren Winter, mit klarem Blick die Lage und den Gegner durchschauend, al» «in «chter, vaterlandsliebender Ossizier im Kampfe seine« Mann gestanden, von mir aus voller Ueberzeugur« »ach besten Kräften gestützt. Alle Instanzen stimmte« darin überein, daß kein fremdes Land darüber mit- zubestimme« haben dürfe, was wir für unser«: Schutz L« tun hätten oder nicht. Demokraten, Zentrum und Deutscher Bolkspartei ein- I verstanden, in der Voraussetzung, daß sie sich nicht I zu einem Bürgerblock mit Einschluß der Deutschnatio- > nalen auswächst. Ter Frankfurter Parteiverein ver langt allerdings die strikte Ablehnung einer solchen i Arbeitsgemeinschaft der Mitte. Am Montag beschäftigte sich der Parteitag mit pem Thema: Deutschland in Ost und West. Just: rat Falk berichtete dabei über die Verhältnisse im be setzten Gebiet. Professor Brinkmann sprach über da» Verhältnis zu den Westmächten, lieber Ostfragen sprach' Oberpräsident Siehr. „Bei den Verhandlungen zeigte sich Haldane vor trefflich informiert und als geschickter, zäher Debatten wobei seine brillanten Addokateneigenschaften in die Erscheinung traten. Tas Gespräch" dauerte mehrer« Stunden und führte zu einer generellen Klärung so wie zu einer vorläufigen Einigung über Verschiebung von Bauterminen usw. Die Einzelheiten seine» Ver laufs sind im Reichsmarineamt in den Akten nieder gelegt. Tirpitz war hervorragend. Nachdem noch einige Besprechungen — auch unter Teilnahme Ballins — stattgefunden hatten, reiste Hal» baue zurück. Ballin meldete mir, Haldane habe sich ihm gegenüber in jeder Hinsicht befriedigt über den Ausgang seiner Mission ausgesprochen und der Mei nung Ausdruck verliehen, daß in etwa 8—14 Tage« das Konzept zu dem Abkommen an un» werde über sandt werden können. Die Zeit verstrich. Der Zeit punkt für das Einbringen der Novelle rückte näher. Tirpitz , schlug vor, falls das Abkommen vorher zum Abschluß käme, die Novelle entsprechend zu ändern, andernfalls sie unverändert einzubringen. Endlich traf, zwar nicht der Entwurf zum Abkommen, aber eine allerhand' Fragen und Orientierungswünsche enthaltende Schrftt ein, deren Beantwortung viele Besprechungen und Erwägungen erforderte. Allmählich befestigte sich i» inir der Verdacht, daß es den Engländern mit dem Abkommen nicht ernst sei. Denn Rückfrage reihte sich an Rückfrage, Details wurden hervorgesucht, die mV dem Abkommen direkt nichts zu tun hatten. England nahm allmählich von seinen Angeboten und Zusage« mehr und mehr zurück, und ein Entwurf zum Ab kommen kam nicht. In Berlin setzte nun vom Auswärtigen Aint und von berufener und unberufener Seite ein Kessel treiben gegen die Novelle, gegen Tirpitz und gegen mich ein. Auch der Kanzler, der in der Hofftrvng lebte, das Abkommen zustande zu bringen und seinen Namen unter ein Instrument setzen zu können, das Deutschland aus der „Einkreisung" befreien und mit England in ein geregeltes besseres Verhältnis bringen sollte, trat für das Fallenlassen der Novelle ein. Tas hätte aber nichts anderes bedeutet, als einer auswärtigen Macht eine ungeheure Einflußnahme auf Fragen der deutschen Landesverteidigung einzuräume« und dadurch das Selbstbestimmungsrecht der Nation und unsere Schlagfertigkeit für den Fall eines un» aufgezwungenen Krieges zu gefährden. Deutschland hätte sich damit, ohne irgendeine Gegenleistung garam tiert zu erhalten, von seinem schärfsten Gegner vor- schreiben lassen, was dieser — in seinem eigenen Interesse — für gut befinden würde, uns noch" eben zuzubilligen. Bei dieser unklaren Lage entstanden MeinungS» ' hiedenherten und heftige Kämpfe, dis gerade vo» den Kreisen, die von der Marine de facto wenig verstanden, recht scharf und nicht immer aanz kackVL Wilhelm II. und Edvard V». Auf zwei Punkte in den Erinnerungen des letzten Kaisers war die Erwartung besonders gerichtet ge wesen, auf seine Beziehungen zu Bismarck und zu seinem Oheim, König Eduard von England. Ueber den ersten Reichskanzler hat sich der einstige Monarch ziemlich ausführlich geäußert, aber über Eduard, den Urheber der Einkreisungspolitik, ist er ziemlich flüch tig hinweggegangen. Und doch ist König Eduard nicht nur einer der interessantesten Menschen auf dem Throne, sondern auch einer der bedeutendsten Staats männer der jüngsten Zeit gewesen, den in seinem wahren Charakter zu zeigen, eine sehr dankbare Auf gabe für seinen Neffen geboten hätte. Ter Kaiser hat sich dieses dankbare Thema entgehen lassen, wie es scheint» aus verwandtschaftlichen Rücksichten. Er berichtet von den Empfängen persönlicher Herzlichkeit in London mit augenscheinlicher Genugtuung, beachtet aber nicht, daß sich hinter den Kulissen dieses offi ziellen Bildes ganz andere und wenig erfreuliche poli tische Tinge abspielten. Wir wissen nicht, wie König Eduard über seinen kaiserlichen Neffen gedacht und wie er ihn beurteilt hat. Der Kaiser selbst gibt darüber keine Andeutung, aber aus anderen Tatsachen muß man schließen, daß wenigstens zeitweise zwischen ihnen eine seh» große Spannung und gereizte Stimmung bestanden hat. Was zwischen beiden vorgegangen ist, weiß man, .wie gesagt, nicht, aber der Legationsrat von Eckardtstein von der deutschen Botschaft in London erzählt in seinen Ver- vffentlichungen, daß sich der König sehr kritisch übe» den Kaiser zu ihm, Eckardtstein, geäußert habe. Von anderen Mitgliedern des britischen Königshauses, auch von der Königin Viktoria, die sich mit ihrem ältesten Sohne und späteren Nachfolger gerade nicht zum besten gestanden hatte, erzählt der Kaiser Züge großer Herz- lichkeit und Liebenswürdigkeit, aber König Eduard erscheint kühl, als ein Mann, der gerade den Geboten der nahen Verwandtschaft entspricht. ^Sluch politisch. Als der Kaiser nach London di« Nachricht von dem französisch-russischen Plan gegeben hatte, während de» Burenkrieges England zu überfallen, äußert« Ach de» damalige Prinz von Wales nur „verwundert*, wäh rend doch zum mindesten ein Wort der Entrüstung zu erwarten gewesen wäre. Als der Kaiser bei dem englischen Königsbesuch 1909 in Berlin di« HoffnuMi aüssprach, der soeben abgeschlossene deutsch-fran-üfifch« Marokkovertrag würde von günstigen Wirkungen a«f die Beziehungen beider Länder zu einander Jei», fast« Eduard einsilbig: „Hoffentlich wird da» der All Ein König, der damals schon fünf Jahr« »tt der Negierung in Paris sich sehr intim stano, hätte «nd«» antworten können. Die Berliner hatten 1SOS keisen Grund zu der Feststimmung, mit der sie den «nglifche« Besuch als Friedensbringer und Bürgen begrAMm, aber wußten sie es besser? Nur einmal hat der König nach den Worte« des Kaisers wirkliche Herzlichkeit vor der Oeffentlichkett bewiesen, als der Kaiser aus Anlaß des HinschsidettS feiner Großmutter, der Königin Viktoria, im Wirrte» 1902 nach London gekommen war. Aber schon 1804, tn welchem der König mit dem französisch?« Außen minister Delcassä über die Bildung der Entente -« verhandeln begann, war diese Episode von 1908 ver» pessen. Und 1905 wußte Frankreich, daß England ihm beistehen würde, wenn es Marokkos wegen zu einem französisch-deutschen Krieg kommen sollte. E» ist nicht recht ersichtlich, weshalb in Berlin angesichts dieser Katsachen die übergroße Zurückhaltung über das deutsch- englische Verhältnis beobachtet wurde. Hatte» Onkel Mnd Neffe erkannt, daß sie wirklich zwei ganz ver- »chiedene Menschen waren, deren politische Unschauuo- tzen sich nicht vereinigen konnten? ToS hätte aber nicht vuf die Regierungspolitik in London zurückzuwirken fauchen. Hat König Eduard seinem Neffe« etwa den Plan eines Zukunftskrieges mit England zugetrartt oder hat er selbst einen späteres Krieg mtt L««ttzh- land rorberciten wollen? . Ein Freund des Deutschen Reiches MV R» «MO >fchen Kaisers ist der englische König ganz offenbar nicht gewesen, aber jedenfalls doch ein zu guter Staats mann, um nicht zu wissen, daß, wenn da» Leutsche Meich mit französischer Hilfe degradiert würde, Eng land in Frankreich einen viel stärkere» Sdevenbuhle» Malten würde, als Deutschland «» was. Hat «» ^5 bem deutschen Marinebau ein kiel fetze» »de» Selbst schon zu dem Plane eines Weltkrieg« übergehen wollen? Dar ist nicht festzustelle«. Lb« «S bleibt Tatsache, daß«» sich zwei Jahre «mW de« Armdouer NreundschaftSbelätiguna V*n»r»-ßch, »«m MMen LejrLr meinen, wenn bei ihm Irgendwelche Besorgnisse be standen hätten, wäre es doch leicht gewesen, eine Aus sprache mit Deutschland herbeizuführen. Daß er 1902 bald vergessen hat, ist noch keine Erklärung dafür, daß er 1904 das Gegenteil von dem tat, was er zwei Jahre vorher sagte. Hier ist ein Fragezeichen, das auch des Kaisers Buch nicht beseitigt. Das pariser Orient-Abkommen. Einigung über Vie Räumung Thraziens. Lord Curzon ist nach London zurückgekehrt, nach dem die Verhandlungen in Paris zu einer vollen Einigung zwischen England und Frankreich geführt haben. Der Londoner Ministerrat hat bereits die Pariser Beschlüsse ratifiziert. Dem „Temps" zufolge lagen die Hauptschwierigkeiten bei den Pariser Be sprechungen in der Frage, zu welchem Zeitpunkt sich die alliierten Truppen aus Ostthrazien zurückzuziehen haben würden. AmSonnabend nachmittag kam eine Einigung zustande. Nach dem Abkommen wird die Regelung der thrazischen Frage praktisch so verlaufen, daß die Zurückziehung der griechischen Truppen in acht bis zehn Tagen vollzogen sein wird, wonach eine LOtätigigs Frist beginnt, in der die alliierten Truppen Thrazien besetzt halten werden. Nm die Mitte des November dürfte das Land sich wieder im Besitz der Türken befinden. Die Kritik ver englischen Presse. Während sich Lord Curzon bei seiner Abreise von Paris über das Abkommen sehr befriedigt zeigte, geht die Meinung der englischen Presse über Pen Wert der Abmachungen stark auseinander. Die „Sundap Limes" wünscht die Frage beantwortet zu sehen, ob Frankreich für England oder die Türkei sei. Das Blatt behauptet, daß die feste Haltung der englischen Regierung in Tschanak die Situation gerettet habe, während die französische Politik der unausgesetzten Konzessionen die Türken ermuntert habe und die Un einigkeit der Mächte wie so oft schon vorher förderte. Lier „Observer" schildert in einem Artikel den völli gen Bankerott der englischen Orientpolitik und kommt z« folgender Schlußfolgerung: „Je früher der Mi nisterpräsident bereit ist, sich zurückzuziehen, um so leichter wird er für die Nation sein, aus ihr«n augen blicklichen Verlegenheiten herauszukommen." NerfchKchtov««»g ver Lage in Muvank? De» Londoner Korrespondent de» „Journal" gia»bt ein» Verschlechterung der Lag« in Mudania festftellen zu können. Nicht nur der italienische Ge neral Mombelli, sondern auch der französische Ver treter, General Charpy, ist Sonntag abend um S Uhr plötzlich wieder nach Konstantinopel zurückgekehrt, um mit der alliierten Kommission in Beratung zu treten. E» scheint, daß die ihm gegebenen Instruktionen mit den Instruktionen des Generals Harrrngton nicht über einstimmen. Griechenland gibt nach. HavaS meldet aus Athen, daß am Nachmittag ds» 8. Oktobers ein Ministerrat abgehalten worden sei, der den griechischen Delegierten in Mudania neue Instruktionen erteilte. Es wurde ihnen vor allen Dingen ans Herz gelegt, unter keinen Umständen in der thrazischen Frage irgendwie nachzugeben, außer für den Fall, daß sie sich Beschlüssen gegenübersehen, die einheitlich von allen Alliierten getroffen würden Tas bedeutet also, daß sich Griechenland tatsächlich in die Räumung Thraziens fügt. Mittwoch, dr« 11. Oktober 182«. LLÄL'°-NLL zehre. Ao Bank-Cto.: Allgemeine Deuüche CrediianstaltZweigiieNe Adorf-