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Großenhainer Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. UMH Mnzs- und AlychMaN. Amtsblatt des Königlichen Gcrichisamts und Studtrachs zu Großenhain. Onseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Inserlionskelräge von auswärts sind in Post- rnarken beiznfügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starte in Großenhain. 18V4 LSI Dienstag, den 2V. Oktober Bekantttmachung. Auf Antrag der Verwaltung der Preuöker-Stiftung sollen von den Stiftungsgeldern 1500 Thlr. - - - - gegen 5 Verzinsung und mündelmäßige Hypothek ausgeliehen werden. Darlehnsgesuche sind in den nächsten 14 Tagen bei der unterzeichneten Behörde anzubringen. Großenhain, am 10. October 1874. Der Nath. Ludwig-Wolf, Grgrmstr. Wtzschl. Freiwillige Versteigerung. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte sollen erbtheilungshalber die zu dem Nachlaß des Gutsbesitzers Ernst Friedrich Albert Herrich zu Folbern gehörigen Grundstücke, 1) das Hufengut Cast.-Nr. 45, Fol. 41 und das walzende Grundstück Fol. 155 des Folberner Hypothekenbuchs, welche ein Areal von 24 Hektar 48,i Ar (44 Acker 71 s^Rnthen) umfassen und ortögerichtlich unter Berücksichtigung der darauf haftenden Reallasten auf 14165 Thlr. 6 Ngr. geschätzt worden sind, freiwilliger Weise den 28. Qeto-er d. Z. im Gasthofe zn Folbern versteigert werden. Erstehungsfähige Kauflustige werden daher hierdurch geladen, im obigen Termine vor 12 Uhr Mittags, widrigenfalls sie zum Bieten nicht zu lassen, sich anzugeben und über ihre Zahlnngöfähigung auszuweisen, nach 12 Uhr Mittags aber der Versteigerung obiger Grundstücke gewärtig zu sein. Großenhain, am 12. October 1874. Das Königliche GerichLsamt. I. A. Bornemann, Assessor. Politische Weltschau. Für die innere Entwickelung unserS sächsischen Heimath- landes war die vergangene Woche von tiefgreifender Bedeutung. Die neuen Organisationsgesetze traten mit dem 15. d. M. in Wirksamkeit und in der Hand der Commune liegt es jetzt, die Selbstverwaltung zur Thatsache zu machen. Seit einer Reihe von Jahren war sie das Ziel aller liberalen Be strebungen. Stadt und Land sind nunmehr berufen, den Beweis ihrer Mündigkeit zu führen. Waren von jeher auch die Städte bemüht, Pfleger bürgerlicher Selbstständigkeit und Hüter bürgerlicher Freiheit zu sein, so blieben im Allgemeinen die Landgemeinden doch weit hinter den Städten zurück. Wie hätte auch durch alle jene Jahre, wo die ländliche Bevölkerung unter Vormundschaft der „gnädigen Herren" stand, in den Dörfern von Selbstverwaltung die Rede sein können. Erst die neueste Zeit that dazu Schritte durch Ablösung verschie dener Lasten, Aushebung der Patrimonialgerichtsbarkeit, der gutsherrlichen Polizcigewalt, vor allem durch die bereits be stehende Landgemeindeordnung, die mit dem 15. d. M. eine nicht unbedeutende Erweiterung nach freiheitlicher Richtung hin gefunden. Aber, wie gesagt, der eigentliche Hort der Selbstverwaltung ist vornehmlich das städtische Gemein wesen. Mit je mehr Befugnissen es jetzt ausgestattet wird, um so größer ist die Pflicht der städtischen Behörden, mit vollster Gewissenhaftigkeit ihres Amtes zu warten. Bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit und Geschäftstüchtigkeit gerathen doch manche Dirigenten communaler Selbstver waltung mit ihrem Fahrzeug an sehr gefährliche Klippen. Es liegt auf der Hand, daß es keiner Verwaltung jemals gelingen wird, es Allen recht zu machen und ausnahmslos sich den Beifall der ganzen Bevölkerung zu erwerben. Dessen bedarf es auch nicht. Wo aber in weiten Kreisen und nicht vorübergehend, sondern längere Zeit hindurch sich eine Miß stimmung der Bevölkerung bemerklich macht, so ist das immer ein Symptom, daß nicht Alles richtig ist in der Art, wie die communale Verwaltung gehandhabt wird. In jeder Stadt ist das Regiment obligatorisch und muß cs der Natur der Sache nach sein. Sind auch alle Bürger wahl berechtigt und sollen sie auch alle für das Wohl des Ganzen thätig sein, so können doch nur wenige als Repräsentanten der Gesammtheit die Verwaltung selbst besorgen. Daß diese wenigen auch immer die besten sein sollten, versteht sich von selbst, und das zu erreichen, ist eben die Aufgabe Aller. Bildet sich aber in einer Stadt eine Art von Patriciat oder gar ein Cliquenwesen, machen sich Einflüsse geltend, welche auf nichts Anderes als auf eine Vergewal tigung der öffentlichen Meinung hinauslaufeu, so ist dies mit vollem Recht als eine fehlerhafte Handhabung der communalen Selbstverwaltung zu bezeichnen und wird sich zuverlässig früher oder später einmal rächen. Eine andere Klippe liegt darin, daß in manchen Com- mnneu von den städtischen Behörden zn viel Geheimniß- krämerei getrieben wird, daß man zu sehr die Vorseh u n g spielt und jeder auch der wohlwollendsten Besprechung öffentlicher Angelegenheiten vorzubeugen sucht. Kommen dann Plötzlich einmal Sachen zum. Vorschein, von denen Niemand eine Ahnung gehabt, so erhebt sich natürlich ein gewaltiges Geschrei und Jeder, der bei richtiger öffentlicher Behandlung der «Lache zu einem milden Urtheile würde gekommen sein, sucht nun nach Steinen, um sie auf die Geheimnißkrämer zu werfen. Außerdem hat auch jeder Mangel au Oeffcntlichkeit die schlimme Folge, daß das all gemeine Interesse für die communalen Angelegenheiten immer mehr erlahmt. Die schlimmste Klippe jedoch, an der in manchen Stadt- gemeinden die Liebe zur communalen Selbstverwaltung Schiffbruch leidet, besteht darin, daß einzelnen In habern städtischerAemter ein allzugroßer Spiel raum für Maßregeln der Willkür und Gewalt gelassen wird. Heute zn Tage verlangt der Bürger gleiches Recht für Alle; darum muß es niemals dem guten oder bösen Willen eines einzelnen Herren vom Rath überlassen werden, ob er, wie ein kleiner Dynast, ein Gesuch geneh migen oder ablehneu will. Wird, was man dem Einen bewilligt hat, den Anderen abgeschlagen, so geht das Ver trauen auf die Gerechtigkeit und Unparteilichkeit in der communalen Selbstverwaltung verloren, und das um so mehr, wenn die ablehnende Antwort es für vollkommen überflüssig hält, irgend einen Grund anzugeben. Leider ist diese Praxis unter den Vätern mancher Stadt eine ganz allgemein übliche und trägt wahrlich nicht dazu bei, der Selbstverwaltung neue Freunde zu erwerben. Wir können nur wünschen, daß in der neuen Phase unserer inneren Entwickelung alle diese Klippen möglichst vermieden werden. Auch unsere Volksschule erhielt in voriger Woche durch Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes und durch die An stellung fachmännischer Schul-Jnspectoren eine von der Kirche unabhängigere Stellung. Daß hierdurch die amt liche Thätigkeit des Volksschullehrers gewinnen, daß er sich im Vergleich mit früheren Deceunien gehoben fühlen muß, ist ebenso natürlich, wie im Allgemeinen berechtigt. Zuge geben auch, daß es noch manche Ausnahmen von der Regel giebt, daß einzelne Elementarlehrer viel mehr von sich halten, wie sich's gebührt und daß ihre Leistungen in unangenehmer Weise von ihren Ansprüchen überholt werden — eine Erscheinung, die ja in allen Berufskreisen sich be- bemerklich macht und nicht dem Stande, sondern lediglich der Person zur Last gelegt werden darf — so wird doch Niemand leugnen, daß das Schulamt die volle Kraft und die Hingabe des Mannes an seine Pflicht, daß es eine tüchtige wissenschaftliche und pädagogische Ausbildung er fordert, um den Ansprüchen der Gegenwart zu genügen und die hochwichtige Aufgabe zu lösen: die Jugend der Nation zu erziehen und in alle Dem zu unterrichten, was das Heil der Zukunft verbürgt. Der Lehrer hat darum auch ein volles Recht, seine Ausbildung als die eines j Fachmannes zu bezeichnen und von denen, die ihn in ! seinem Amte controliren sollen, eine noch größere praktische und theoretische Tüchtigkeit in seinem Fache, als er selbst sie besitzt, zu verlangen. Dies aber ist der Gesichtspunkt, von welchem aus die Frage beantwortet werden muß: ob es gerecht und zweckmäßig war, die VolkSschnllehrer unter Aufsicht von Geistlichen zu stellen? Die Antwort kann nur ein entschiedenes „Nein" sein. Der Geistliche als solcher besitzt nicht die Fachkenntnisse des Volksschullehrers. Man müßte von Pädagogik und Didaktik, von der Lehrgeschick lichkeit und der richtigen Ertheilung des Elementarunter richts eine äußerst verkehrte Vorstellung haben, wenn man glauben könnte, daß ein Candidat der Theologie alle diese ! Dinge durch Beiwohnung des Semiuarunterrichts während weniger Wochen sich erwerben könne. Ist aber ein Geist licher zugleich Fachmann für das Lehramt, hat er sich durch Studium und praktische Hebung alle jene Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, die der Lehrer von Fach besitzen soll, so schließt ihn ja das Gesetz von der Schulinspection nicht aus. Aber er ist eben nur um deswillen, nicht weil er Theologie studirt hat, zur Beaufsichtigung der Volksschule befähigt und berechtigt. Wir hoffen zuversichtlich, daß der jetzt neueingetretene Zustand sowohl der Volksschule wie dem > wackeren Lehrerstande zum Segen gereichen wird. Möge überhaupt die vorige Woche für alle Zeiten unserem engeren HeimathSlande ein Wendepunkt zum Besseren gewesen sein. Dazu möge Jeder das Seine nach Kräften beitragen. Gehen wir zu den allgemeineren Ereignissen der ab gelaufenen Woche über, so steht zwar noch immer die Äffaire Arnim im Vordergründe der öffentlichen Dis- cussion, ohne daß sie jedoch wesentlich neue Anhaltspunkte zur Beurtheilung ihres Ausgangs böte. Abwarten — ist hier die einzig richtige Politik. Einer anderen Thatsache treten auch wir mit Kopfschütteln gegenüber. Fürst Bis marck war eingeladen, persönlich beim Congreß der so genannten Katheder-Socialisten in Eisenach zu erscheinen; er sandte jedoch zu seiner Vertretung den Oberregiernngs- ' rath v. Wagener — denselben Manu, der aus Anlaß der! Lasker'schen Reden über den Gründungsschwindel zur Dis- ciplinar-Untersuchung gezogen sein sollte. Man hat nie etwas von den Resultaten dieser Untersuchung gehört, hielt aber trotzdem Wagener für einen abgethanen Mann, bis er jetzt durch sein Erscheinen in Eisenach constatirt, daß er nach wie vor im staatlichen Dienste vom Fürsten Bismarck beschäftigt wird. Nun kann man zwar dem Reichskanzler nicht nachsagen, daß er in der Wahl der Organe, durch welche er seine Ziele zu erreichen sucht, besonders wählerisch wäre; aber sich durch eine derartig compromittirte Persön lichkeit, wie Wagener, vertreten zu lassen, scheint uns doch der öffentlichen Meinung allzu hart ins Gesicht geschlagen zu sein. Die nachtheiligen Folgen dieser Wahl werden lediglich den Reichskanzler selbst treffen. In Oesterreich sind die meisten Landtage bereits geschlossen, die noch tagenden suchen ihre Arbeit möglichst zu beschleunigen. Wenn der Neichsrath wieder zusammen tritt, findet er im Ganzen die Verhältnisse so wieder, wie er sie gelassen hat. Sonstige Nachrichten von Bedeutung liegen aus Oesterreich nicht vor. In Italien treten die Vorbereitungen zu den parla mentarischen Neuwahlen in den Vordergrund. Ob sich dies mal die Clericalen betheiligen, wie republikanische Blätter behaupten, ist noch sehr die Frage; denn das gespannte Verhältnis; zwischen Regierung und Papst hat sich noch in keiner Weise geändert. Die römische Demokratie will es sich nicht nehmen lassen, den Einsiedler von Caprera, Ga ribaldi, der sich darnach sehnt, Rom einmal wieder zu sehen, ins Parlament zu wählen. Auch in Genua befindet sich derselbe auf der Candidatenliste der demokratischen Partei. Für den alten Haudegen wäre es jedenfalls besser, nicht gewählt zu werden, denn eine hervorragende Rolle in der neuen parlamentarischen Arena wird er nicht spielen. Frankreich erfährt jetzt Demüthigungen über De- müthigungen. Nach monatelangen Verhandlungen mit Italien hat es sich zur Abberufung des „Orvnoque" gezwungen gesehen. Die Anwesenheit dieses Schiffes in Civitavecchia war für Frankreich das letzte Zeichen französischer Herrlichkeit in Italien, und für Italien das letzte Zeichen seiner ehemaligen Abhängigkeit von Frankreich. Beides ist jetzt vorüber: dort die Herrlichkeit, hier das Vasallenthum. In der That, wie stand Frankreich im Jahre 1859 in Italien da? Victor Emanuel war der Statthalter Napoleon Hl. Fast mächtiger als in Frankreich selbst herrschte der französische Kaiser in Italien; seine Gesandten ertheilten die Befehle und seine Armeen schützten das junge Königreich. Und wenn im Jahre 1870 die französische Besatzung Rom verließ, so trat der „Orönoque" als «Symbol an deren Stelle. Auch dieses Symbol ist nun weg. Frankreich hat nichts, buch stäblich gar nichts mehr in Italien. Um aber doch zu thun, als gelte es noch etwas, stationirt es ein anderes Schiff, den „Kleber", in Corsica, also in einem franzö sischen Hafen. Diese lächerliche Eitelkeit kann ihm natürlich Niemand wehren. — Fast noch deprimirender wirkt eine Beschwerdeschrist der spanischen Regierung auf die Fran zosen. Serrano liest in derselben dem französischen Cabinet recht gründlich den Text, daß die Hoffnungen bezüglich einer veränderten Haltung der französischen Behörden gegenüber den Carlisten sich nicht erfüllt hätten, obgleich inzwischen die Anerkennung der spanischen Negierung seiten Frankreichs ! erfolgt sei. Es wird constatirt, daß die Thatsachen mit den > freundschaftlichen Zusicherungen Mac Mahon's im grellen i Widerspruch stehen und demzufolge Abhilfe der Uebelstände von der französischen Regierung gefordert. Wahrlich, es ist : sehr bergab gegangen mit den Franzosen, daß sich sogar ! Spanien eine solche kecke Sprache erlaubt. Früher würde Frankreich ganz einfach mit der Waffe in der Hand geant wortet haben. TagesnachrichLen. Großenhain. Nm Montage Vormittags 11 Uhr er folgte im großen Saale des Gesellschaftshauses durch Herrn Bezirksgerichtsdirector Meyer aus Meißen die feierliche Ein weisung des Herrn Gerichtsamtmann Schröder in sein neues Amt als Vorstand des hiesigen königl. Gerichtamtes. Außer dem Personal des Gerichtsamtes waren sämmtliche Gemeinde-