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Schönburger Tageblatt täglich mit Ausnahme her Tage nach Sonn, und Festtagen. von Jn,«al°n für die nächst«. Einend- Nmnm« bis Bormittag« >/>11 Uhr. 2« «bonnemmtSpreis beträgt vierteljähr. A Mt. 8« Pf. Einzelne Nrn. 10 Pf. Zeile ig«zwärislüPs. »rheilarischer wird doppelt berechnet. Filialen: in Altstadnvaldenbnrg bei Herr» Otto Först«; inLallenbng beiHrn.Ttrümpf, wirk« Fr. Herm. Mcht«; in Kaufnn gen hei Herrn Fr. Janaschek; in LangenchurSdorf hei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wil- Helm Dahler; in Rochsburg bei Herrn P«: Zehl; mW allen bürg bei Herrn Herm. Wilden hain ; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirst« «Nv Waltenburzer Anzeiger. -re. 9. Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. — Zugleich wett verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Caünberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbeztrke: Altstadt-Waldenburg, Bräunödorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, LangenchurSdorf, Langenleuba-Niederhain, Langes- leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 1906. Dienstag, de« 1. Mai Witt erun gsb ericht, ausgenommen am 30. April, Nachm. 3 Uhr. Pärometerftaud 75S nun reduziert aus den Meeresivicgel. Thermometerstand -s- 11° 6. (Morgens 8 Uhr -s- 7° O. Tiefste Nachttemperatur -f- 6° 6.) Feuchtigkeits gehalt der Luft nach Lambrechts Polvmeter 46°/,. Taupunkt — 0" 6. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge n den letzten 48 Stunden dis früh 7 Uhr: 16,, w» Taher WitterunasanSsichte« kür den 1 Mai: Wechselnde Bewölkung bis halbheitcr, Niederschläge nicht M saeicklossen. *rva»denb»rg, 30. April 1906. Als ein im Juli 1889 in Paris abgehobener internatio. naler Arbeiterkongreß den 1. Mai als sozialdemokratischen Weltfeiertag proklamiert hatte, an dem jede Arbeit zu ruhen habe, sah man der ersten Maifeier des Jahres 1890 nicht ohne Sorge entgegen. Man befürchtete ernstere Konflikte und verdrießliche Lodnkämpse. Solche sind, namentlich im Auslande, ja auch nicht ausgeblieben. In Belgien, Frank reich und Italien kam es gelegentlich der Maifeiern der Jahre 1890 und 91 fogar zu ernsten und blutigen Zu sammenstößen zwischen demonstrierenden Arbeitern und den Organen der Sicherheitsbehörden. In Deutschland sind der artige Ausschreitungen niemals vorgekommen. Bald begannen die Arbeiter im Deutschen Reiche wie überall im Auslande auch einzusehcn, daß die Arbeitseinstellung am 1. Mai zur Propaganda sür den Achtstundentag auch eine in ihren Folgen gar zu empfindliche Herausforderung des Unter nehmertums sei. Ter Prozentsatz der Arbeiter, der am 1. Mai feierte, wurde mit jedem Jahre geringer. Man begann mehr und mehr die Feier auf den Abend des 1. Mai refp. auf den ersten Sonntag im Mai zu verlegen, und selbst die sozialdemokratischen Parteileitungen empfahlen diesen Modus. Von dem sozialdemokratischen Weltfeiertage wurde man in der großen Oeffentlichkeit kaum noch etwas gewahr. In diesem Jahre soll es nun anders werden. Wir sehen in diesem Zusammenhänge von den zu befürchtenden ernsten Unruhen m Frankreich, die als Folge des großen Kohlen- bergarbeiterstreiks in dem nordfranzösischen Departement Pas de Calais am 1. Mai wohl denkbar sind und besonders zur Ergreifung umfassender Äbwehrmaßregeln im Streikgebict, sowie in Paris Peranlassung gegeben haben, ab und be schränken uns auf die Betrachtung der bevorstehenden deut- schcn Maifeier. Es ist da nicht in Abrede zu stellen, daß auf Grund der Beschlüsse des jüngsten, in Jena abgehaltenen sozialdemokratischen Parteitages eine ganz ungewöhnlich hef- tige Agitation zu Gunsten allgemeiner Arbeitsruhe am 1. Mai seitens der sozialdemokratischen Presse und Hetzer be- trieben worden ist. Arbeitsruhe ist die würdigste Form der Maifeier, dies Wort ist unablässig zur Anfeuerung in die Mafien gestreut worden. Auch die Wahlrechtsdemonstration, die schon am 18. März nicht recht ziehen wollte, ist wieder hervorgeholt worden, und sogar die freireligiöse Gemeinde läßt am 1. Mai im ganzen Deutschen Reich Flugblätter an die feiernden Arbeiter verteilen, in denen zum Austritt aus der Landeskirche aufgefordert wird. Trotz alledem können wir uns nicht denken, daß weitere Kreise deutscher Arbeiter, einschließlich derer, die der Sozial- demokratie angehören, blind genug sein sollten, den agitatori- schen Lockungen ihrer gewissenlosen Führer zu folgen. Die Arbeitgeberverbände des ganzen deutschen Reiches, die die demonstrative Arbeitseinstellung am 1. Mai mit längerer Aussperrung und zum Teil gänzlicher Entlassung der betreffen- den Arbeiter zu ahnden beschlossen haben, befinden sich, wie die Mehrzahl der Arbeiter selber zugibt, durchaus in ihrem Rechte. Möglich, daß infolge der Aufhetzung die Arbeits einstellungen in diesem Jahre etwas zahlreicher werden als f°nst, an allgemeine Arbeitsruhe ist auch nicht entfernt zu oenren. politische Rundschau. Der Deutsches Reich. ?°denkt am 2. Mai von Homburg nach Berlin " Truppcnbesichtigungen vorzunehmen und den Reichs anzier zu« GxblirMage zu beglückwünschen. Dann beabsichtigt der Monarch seine Reise nach Süddeutschland an- zutretcn. Die Kaiserin verbleibt in Homburg noch länger. Ter diesjährige Besuch per kaiserlichen Familie im Reichslande wir sich nunmehr nach folgendem endgültigen Programm abwickeln: Der Kaiser trifft am 9. Mai von Donaueschingen bczw. Karlsruhe kommend in Straßburg ein, wo kurz daraus die Kaiserin mit ihrer Tochter ankommt. In Straßburg ist ein Aufenthalt bis zum 12. Mai vorge sehen und wird in diesen Tagen der Monarch die Hoh- königsburg bei Lcklettstadt besuchen. Am 12. Mai erfolgt die Weiterreise über Metz nach Urville, und von da am 17. Mai nach Wiesbaden. Dem Reichskanzler sind seine ersten Spaziergänge im Freien gut bekommen, doch steht über den Beginn seiner Er holungsreise noch nichts Tefinitves fest. Der preußische Eisenbahnminister v. Budde, der am ver gangenen Sonnabend dem schweren Tarmleiden (Krebs), das ihn schon seit Wochen an das Lager fesselte, erlegen ist, war am 15. Oktober 1851 in Bensburg bei Köln geboren. Vom Vater sür die militärische Laufbahn bestimmt, wurde er fchon mit 17^/, Jahren Leutnant in Mainz. Im Feldzuge 1870/71 erwarb der Verstorbene sich das Eiserne Kreuz, 1887 kam er zum Großen Generalstab, 1895 wurde er als Oberst leutnant Ches der Eisenbahnabteilung im Großen Gcneralstab, 1900 wurde er Generalmajor. Als solcher verteidigte er im preußischen Abgeordnetenhause mit so hervorragendem Ge schick den Bau des Mittellandkanals, daß man in ihm schon damals den künftigen Eiscnbahnminister erblickte, zu dem er als Thielens Nachfolger im Juni 1902 ernannt wurde. Minister von Budde war Ritter des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler. Dem Heimgegangenen Minister von Budde widmet der „Reichsanzeiger" einen sehr ehrenden Nachruf, in dem es heißt: Mit offenem Blick für die Bedürfnisse des Verkehrs und für das wirtschaftliche Leben im Lande arbeitete er rast los an der weiteren Ausgestaltung der Verkehrs- und Be- triebseinrichtungcn unn an der Erweiterung des Eisenbahn netzes. Zahlreich sind die Verbesserungen, die das Land ihm verdankt. Zugleich unermüdlich besorgt für die Förderung der Beamten und Arbeiter seiner großen Verwaltung, ver langte er auch von ihnen „Treue um Treue". Es war ihm eine Freude, ihnen persönlich nahezutretcn auf dem Felde der Arbeit wie bei geselligem Ausruhen. Untrennbar verbunden wird der Name des Verstorbenen mit der Entwicklung der preußischen Wasserwirtschaft bleiben. Solange es seine Kräfte erlaubten, hat der verewigte Minister mit einer Tatkraft und Hingebung ohnegleichen — ungeachtet der schweren Leiden, die seine Krankheit ihm verursachten — die Leitung der Ge schäfte seines umfangreichen Ressorts wie ihre Vertretung im Parlament wahrgenommen. In der Vollkraft der Jahre ist er von dem Felde seiner Arbeit abgerufen. Sein Andenken wird im Vaterlande für immer in hohen Ehren bleiben." Ter Kaiser hat an die Witwe ein Beileidstelegramm ge richtet, das in den wärmsten Worten die Verdienste des Toten hervorhebt. Tie Einnahmen aus den Zöllen und Verbrauchssteuern ergaben im Rechnungsjahr 1905/06 ein Mehr von 114 Millionen Mk. gegenüber dem Vorjahr. Tie Mchreinnahme der Post- und Telegraphenverwaltung betrug 39^/, Mill. Mk. Der Wahlausschuß der linksliberalen Parteien hat sür die Stichwahl in Darmstadt zwischen dem nationalliberalen und dem sozialdemokratischen Kandidaten die Parole zu gunsten des Sozialdemokraten ausgegeben. Nach der neuen Diätenvorlage werden jährlich 1,191,000 Mark Diäten für Reichstagsabgeordnete ausgeworsen. Ta diese Summe aber nie ganz zur Auszahlung gelangen wird, weil nicht immer alle Mandate besetzt und auch nicht alle Abgeordneten anwesend sind, wird in der „Natl. Korr." der Vorschlag gemacht, aus den gesparten Geldern einen Dispo sitionsfonds für den Reichstag zu gründen, aus welchem Studiumzwecke der Abgeordneten gefördert werden sollen. Nicht jeder Abgeordnete wird für solche Zwecke aber Reichs mittel beanspruchen wollen. Im Interesse der deutschen Fischkonserven-Jndustrie teilt der Verein der Fischindustriellen mit, daß der Mainzer Vergiftungsfall mit der deutschen Industrie nichts zu tun habe. Es handelt sich um amerikanischen Salm, der gekocht und sterilisiert sei, während die deutsche Fischkonservenindustrie sich mit Ausnahme sehr weniger Artikel mit dem Marinieren, das heißt mit dem Einlegen essiggarer Fische mit Sauce in Blechdosen befasse. In Deutsch.Ostafrika sind wieder drei Häuptlinge, die als Rädelsführer gedient haben, hiugerichtet. Die Opera tionen im Schutzgebiet gegen die Reste der Aufständischen nehmen im Uebrigen einen erfreulicken Fortgang. Auch aus Kamerun lauten die Meldungen befriedigend, ein unruhiger Stamm hat sich bereits wieder unterworfen. Dagegen zeigt die neuliche Nachricht aus Teutsch-Südwest-Afrika, wonach der auf englisches Gebiet geflüchtete Kapitän Johannes Christian wieder auf deutsches Terrain zurückgekehrt ist, daß die britische Grenzpolizei doch noch nicht stark genug ist, die Entwaffnung der übertretenden Banden vorzunehmen. Tarin ist auch der Hauptgrund für die bisher noch immer nicht gelungene Festnahme des Hauptsührers Morenga zu erblicken. Tie Steuerkommifsion des Reichstags muß noch am Dienstag und Mittwoch dieser Woche Sitzungen abhallen, um ihr Pensum vollauf zu erledigen. Tie Berichte über die Brau- und Tabaksteuer sind indessen fertig gestellt und dem Plenum überwiesen worden, so daß der Reichstag am Mon- tad mit der zweiten Lesung der Rcichsfinanzresorm beginnen kann. Tie zweite Haager Friedenskonferenz wird nun wohl doch erst im kommenden Jahre staltfinden, da es die russische Regierung sür angezeigt hält, den Zeitpunkt des Zusammen tritts der Konferenz zum Gegenstand einer Rundfrage bei den eingeladenen Regierungen zu machen. Oesterreich-Ungarn. Ta es dem österreichischen Ministerpräsidenten Freiherrn von Gautsch nicht gelungen ist, sich eine feste Parlaments. Mehrheit für die Wahlreform und andere wichtige gesetz- geberische Aufgaben zu sichern, hat er dem Kaiser Franz seine Entlassung überreicht. Ter greise Monarch konferiert noch mit bekannten Politikern, cs ist aber vorauszufehen, daß der Ministerwechsel unabweislich sein wird. An der Tonau kann es nun mal nicht zur Ruhe kommen! Frankreich. Eine Verschwörung gegen die Regierung soll in Paris entdeckt worden sein, deren Fäden in den Händen deS der monarchistischen Partei angehörigen Grasen Turand de Beauregard zusammenlausen. Die Polizei hatte Wind da- von bekommen, daß die für den 1. Mai geplanten Kund gebungen nicht eigentlich der wirtschaftlichen Forderung des Achtstundentages gelten, sondern einem höheren Zwecke, dem des Sturzes der Regierung, dienen sollten. Deshalb die umsassenden Haussuchungen. Tie Haussuchung bei dem Arbeiterführer Monatte in Bethune führte zur Entdeckung monarchistischer Machenschaften. Aus aufgefundenen Schrift- stücken ergab sich, daß Monatte eine Anzahl Helfershelfer hatte und im Auftrage einer ganzen Gesellschaft handelte, die den Streik systematisch anfachen wollte. Die Fäden dieser Verschwörung führten nach Paris und dürften bei dem Grafen Turand zusammenlaufen, der der Polizei als die Seele der Kirchenverteidigung bei den Inventaraufnahmen bekannt ist. Tie Haussuchung bei dem Grafen hat einer Pariser Trahtung der „B. T." zufolge diese Vermutung voll bestätigt. Während er die Ausstände organisierte, bereitete er in Gemeinschaft mit andern Persönlichkeiten der streng kirchlichen, der monarchi stischen und selbst der gemäßigt-republikanischen Partei einen Staatsstreich vor, dessen Endzweck vermutlich die Erhebung des Prinzen Victor Napoleon zum Präsidenten der neuen Republik sein sollte. Man fand u. a. den Entwurf eines Putsches mit folgender Stelle: Dann käme eine Proklama tion an die Armee. Zugleich würde in der Nationaldruckerei während der Nacht eine Proklamation gedruckt und an den Mauern von Paris angellebt des Inhaltes: Proklamation des Präsidenten der provisorischen Regierung. Aufruf an das Volk! Franzosen! Dem Grafen Turand wird das Handwerk also wohl gelegt werden. Im übrigen dürfte eS derartiger Proklamationen im monarchistischen Lager Dutzende