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WöchmMck erscheinen drei Nummern. PrönumeranonS-Preis 22i Silbergr. (^ Thlr.) vierteljShriich, 3 Tbir. für das ganze Iadr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin dei Beit u. Comp., Iägcrffraße Nr. 28), so wie von allen König!. Poü-Aemlcrn, angenommen. Literatur des Auslandes. . 17. Berlin, Sonnabend den 8. Februar 1843. Nord-Amerika. Die Quäker und Shaker in den Vereinigten Staaten. °) Zur Zeit Cromwell'ü zogen zwei Fanatiker, John Lilburne und James Nayler, von zahlreichen Anhängern umgeben, in Bristol ein, stellten sich ganz nackt auf den Marktplatz und riefen: „Heilig, heilig, heilig, Hostannah in der Höhe!" Dies waren die Vorfahren der ruhigen und ehrlichen Sektirer, welche in der Folge statt „Freunde", wie ste stch selbst nannten, zum Spott den Namen Quäker bekamen. Dieser bezeichnet Einen, der zittert, und war bei Entstehung der Sekte der richtigste Ausdruck: er deutet nämlich auf die seltsamen Verzückungen und Konvulsionen hin, denen sie sich bei Ausübung des Gottesdienstes überließen. Die Werke des Georg For, der mehr diese Sekte orgamsirte als stiftete, geben noch von dem eraltirtcn Geiste der ersten Quäker wie von ihren ungereimten Reden und Gaukeleien Kunde, und selbst William Penn, nachher das Muster aller Bürger-Tugenden, war davon in seiner Jugend nicht frei. In Amerika ging ihnen der Nus ihrer Erccntrizität voraus. Kaum waren sie im Juli 1686 an den Küsten Neu-HollandS gelandet, als die Obrigkeit von MassachusetS ste gefangen nahm und sich ihrer Papiere und Bücher be mächtigte, deren einige von HenkerShand verbrannt wurden. Feder, Dinte, Papier, Licht wurde ihnen versagt; das einzige Fenster ihres Gefängnisses, das Aussicht auf die Straße bot, vermauert. Nach einigen Woche» erhielt der Schiffs-Capitain, der sie übergeführt hatte, den Befehl, sie auf seine Kosten nach Europa zurückzubringen. Maria Fisher, die eine der Prophetinnen von den Ankömmlingen war, begab sich in der Folge nach Konstantinopel, wo sie bei dem Groß-Türke» eine ganz verschiedene Aufnahme fand. Der ungastliche Empfang der Amerikaner hielt jedoch nicht neue Auswanderer dieser Sekte ab, in der neuen Welt ihr Glück zu suchen; diese sahen sich jedoch besser vor und ließen sich in Rhode-Island nieder, von wo aus sie bald Ncu-Eng- land befeindeten. Zu allen Zeiten haben die Frauen bei der Stiftung von Religionen eine große Rolle gespielt, und manches zärtliche Gehcimniß birgt sich unter der Feierlichkeit des Kultus. Bei den Quäkern war ihr Einfluß vollkommen, und alle Auswanderungen dieser Sektirer, mit Ausnahme der nach Pennsylvanien, wurden durch weibliche Apostel geleitet. An der Spitze der Expedition nach Rhode-Island befand sich die berühmte Dorothea Waugh. Auf der Reise, im Augenblicke der größten Gefahr, ließ sich eine mächtige Stimme hören: „Ihr werdet Euch in Amerika mehren wie der Sand am Meer." Mit dieser Weissagung hatte cs einige Schwierigkeit; denn als die Quäker versuchten, in Boston einzudringen, harrten dort ihrer Gefäugniß und LeibeSstrafen. Obgleich verjagt, kamen sie stets zurück, und die Obrigkeit von MaffachussettS sah kein anderes Mittel, diese Fanatiker abzuhalten, als die Hinrichtung, die auch eintrat; doch gingen die Unduldsamen in ihrer Grausamkeit so weit, daß sie erklärten, die Todesstrafe sey nicht wegen anderer Glaubcnsmeiuung, sondern nur wegen Ucbcrtretung der Gränzen verhängt worden. Keines. wegeS ließ dadurch die Exaltation der Quäker nach. „Wir möchten gern den Gesetzen gehorchen", sagten sie, wenn man sic über die Gränze führte; „aber wenn Gott uns schickt, müssen wir gehen." Ein Prediger rief in der Sprache des Jeremias: „Boston ist nur ein vertrocknete« und saftloses Blatt; wie ist deine Schönheit verschwunden, o du, die du die berühmteste unter den Völkern warst!" Die Einwohner von Boston verdoppelten demnach ih« Strenge, die Pro- zcsse vermehrten sich reißend schnell und man spürte den Quäker» eifrigst nach. Der Argwohn der Verfolger war oft das ganze Verbrechen der Angeklagten und fiel auf die unschuldigsten Personen. Trug Jemand einen Hüt mit breiten Krämpen, fiel es ihm ein, irgend wen zu duzen, so waren dies unwider legliche Beweise des Quäkerthums. Ein Angeklagter hatte fich in seiner Vcr- thcidigung vor Gericht des verhaßten Du bedient: „Wozu ih» weiter fragen?" riefen die Richter und hoben die Sitzung aus; „er ist ein Quäker." Ein Anderer fragte, weshalb man ihn anklagc? „Sehen wir nicht Euren Hut?" wurde ihm geantwortet. Da beide Theile gleich hartnäckig waren, so fehlte es nicht an Grausam keiten. Besonders wurde gegen die Prophetinnen von Rhode-Island ge. wüthet, die beständig in Boston sich zeigten und dort die religiöse Schwär- -> SllLker wird zwar wie unser deutsches Schäker ausgesprochen, doch würden Jene eS sich sehr verbitten, wenn man sie atS solche bezeichnen wolltt. merei rege erhielten. Bei einem Rückfalle stiegen die Strafen von Einker. kcrung bis zur Hinrichtung; Andere wurden gebrandmarkt, und da weder Marter noch Drohung die Quäker von der Rückkehr abhiclten, so wurde eine große Anzahl von ihnen zum Tode vcrurthcilt. Maria Dpar und William Leddro, die »ran zum zwanzigsten Male i» der Stadt ergriffen und denen man die Wahl zwischen Verbannung und Tod gelassen hatte, antworteten . „Wes halb uns verjagen? Können wir uns gegen den Willen Gotteö verpflichten, nicht zurückzukehren?" Sic starben auf dem Schaffet! Der Ruf dieser blutige» Hinrichtungen verbreitete sich bald nach England, und Karl 1l. befahl der Obrigkeit von Maffachussetis, damit aufzuhören. Die Verfolgungen ließe» etwas »ach, aber es bedurfte wiederholter Befehle vom Mutterlande, sie gänzlich abzuschaffen; nach Wilson'S Tode, dem leidenschaft lichen Verthcidiger der Puritaner, wurde den Quäkern ein wenig Gnade be willigt. Einige Zeit nachher kam William Penn nach Pennsylvanien mit seiner großen Kolonie. Sohn eines unter Cromwell ausgezeichneten Admirals, in Studien mw Wissenschaften bewandert, hatte er, wie gesagt, die Ercen- trizität seiner Glaubensgenossen in seiner Jugend gcthcilt, sich bann zum Re. sormator der Seklc aufgeworfen und sie zu der Mäßigkeit und den fried lichen Tugenden angclcitet, die jetzt einen Hauptzug der würdigen Mitglieder der Gesellschaft der Freunde ausmachen. Man hatte ihm als Gefährten und VergnügungS-Genossen Karl'S II. und Jakob'S II. Vorwürfe gemacht, aber man würdigte ihn aller Achtung, als inan sah, daß er diese Freundschaft be nutzte, uni eine vorthcilhafte Niederlassung für seine Mitbrüdcr an den Küsten Amerika s zu erlangen. Im Jahre 1682 nahm William Penn mit 20vu Aus- Wanderern Besitz von dem Gebiete, das zwischen dem 4l)sten und 43sten Breiten- Grade liegt und fich fünf Grade in die Länge erstreckt. 8260 Auswanderer waren ihm vorangegangcn. Der Kodex, den er ihnen gab, gilt für ein Muster von nützlicher und gerechter Gesetzgebung. Im Anfänge des 18tcn Jahrhun derts trafen die Quäker mit den Baptisten i» Pennsylvanien zusammen, und diese beiden Sekten, die beide in der alten Welt einen üblen Ruf zurückge lassen hatten, zeigten hier eine glückliche Ucbereinstimmung gefälliger Sitten und toleranter Frömmigkeit, wodurch sich beide schnell assimilirten. Die Quäker wurden, von ihrem Fanatismus zurückkommend, die von der christlichen Lehre unabhängigsten Sektirer; sie achten heutzutage noch nicht aus Herkommen, auf Pricstcrthum, Sakramente, Taufe, Abendmahl; eben so verwerfen sie die Prädestination Calvins. Ihre ganze Religion bestand vor dem Schisma des HickS, der die Trinität verwarf, in dem Glauben an Einen Gott, der fich in drei Personen mamfestirt. Die vier Grnndmarimcn des Quäkerthums sind alle negativ: die erste erklärt die Autorität für ungenügend in GlaubenSsache»; die zweite verwirft den Eid: die dritte den Krieg; die vierte die Besoldung der Geistlichen. Dagegen besitzen die Quäker solide Tugenden: eine große Redlichkeit, Sparsamkeit, Reinheit der Sitten, die Stadt und Familie aufrecht halten; seit anderthalb Jahrhundert blühen bei ihnen in Folge einer bewundernswerthen Disziplin Ncichthum und Eintracht. Der größte Theil der Quäker sind heutzutage MillionairS; aber eben so mäßig wie reich oder vielmehr reich, weil sic mäßig find, sehen sie in dem Ver gnügen niemals die Folge ihrer Arbeit. Bei ihnen findet sich nicht jene fieber hafte und unregelmäßige Aufregung, die in einem freien Augenblicke Schlaf losigkeit und Ermüdung nach sich zieht, in der Hoffnung einige Tage oder Stunden in Vergnügen und im üulc« k», nie» re zu verleben: zeder Tag bringt ihnen seine Plage und seinen Tribut. Der Quäker kennt nicht die Gewohnheit, sich in der Jugend durch Arbeit und Entbehrungen zu quälen, um eines heitern Lebens auf der Neige des Alters gewiß zu seyn. Veteran in der Arbeit stirbt er im Magazin oder auf dem Wcrkhofc wie der Soldat aus dem Schlachtfelbc. Wir könne» also ermessen, die wir durch Launen, Mo. den und Verführungen des Luxus beherrscht werden, wieviel ein solcher Mann durch Ockonomie sich erwirbt, er, der schon reich durch die Arbeit seiner Väter und die eigene, niemals einen Penny am Spieltische wagt, weder Hunde, noch Affen, noch Pferde, noch Schauspiel liebt, der endlich Nichts von jenen Ver schwendungen weiß, die bei uns für den Reichen zur zweiten Natur gcwor- den find. Welche ungeheure Sparsamkeit an Zeit und kleinen Ausgaben muß endlich bei einem Volke herrschen, wo Alles aus Häuslichkeit beruht, wo sich weder öffent liche Ressourcen noch Fraucn-Kaffeegescllschaften finden! Dort braucht man fich nicht die Stimmen zu erkaufen, noch der Gaukeleien nnd Blendwerke zu bedienen. Die Redner können sich nicht im Geheimen die öffentliche Bewunderung ihrer Anhänger verschaffen: die Frauen, eben so einfach wie ihre Männer, fürchten für ihre Schönheit weder fremde elegante Toiletten noch ihre eigene schmucklose