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Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. Mitglied des Sächsische» und de« Deutschen ZeitungSoerleger-Lerein« (E. >-> — Verlagsart Waldenburg kachserl. Anzeigen bis vorm. 9 Uhr am Ausgabetag «rd«««» Ausgabe nachmittags >3 Ahr in der Geschäft stelle in Waldenburg Sa, Altenburgerstr. Al, Erfüllungsort Waldenburg. Filiale« bet Leim» Otto Förster; in Callenberg bei Lerrn Fried«. Lermann Richter; in Langenchursdorf bei Leer» Lermann Esche; in Wolkenburg bei Lerrn Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahl««« in Ziegelheim bei Frl. Schmidt, Postagentu«. Im Falle hvherer Sewalt, Krieg, Streik, «ussperruna, Maschkuu» bruch, Etsrunaen im Betrieb der Druckerei oder unserer Äefarach hat der Bezieher keinen Anspruch auf Erhalt der Zeitung »Sa« Rückzahlung de» Bezugspreise». Für Richtigkeit der durch FMU» sprech» ausgegebenen Anzeigen übernehmen wir Lei», «>»»»««». Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altwaldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleub«- Nirderhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Rems«, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Nn 45 ' Sonntag, den 22. Februar 1931 53. Jahrgang. Ein Revolveranfchlag im Reichstag. Die Wahlreformvorlage wurde vom Reichsrat aage- »vmmeu. Im Westen Berlins wurden aus einer Wohunug Nauonevichüsse abgegeben. Die Nationalsozialisten hielten im Sportpalast in Berlin nur Massenkundgebung ab. Die Hütte Ruhrort-Meiderich ist mit dem heutigen Tag sttUgelegt und die gesamte Belegschaft entlassen worden. ?<e Bermtttlungsaktion von Dr. Jarres wär demnach erfolglos. Im braunschweigische» Landtag kam eS gestern z« einem »rotzen Tnmult. In der Schweiz wurde ein Basthof von einer La. vine verschüttet. In Belgien wurde eine neue Abstimmung in Eupen. Nalmedy beantragt. In Paris kam es bei der Aufführung der Dreyfnh. Affäre wieder zu Zusammenstößen. Der französische Heereshaushalt beläuft sich auf über 13 Milliarde» Franken. Lord Ceeii erinnert an das gegebene Versprechen, vvter allen Umständen abzurüsten, da nur aus Grund dieses Versprechens Deutschland de« Versailler Vertrag unterschrieben habe. In Kanada wurde die Einwanderung gesperrt. Der amerikanische Senat hat gegen den Willen Hoovers das Gesetz, welches die Versicherungspolice brr Kriegsieilnehmer mit einem Beleihungswert von Prozent auestattet, angenommen. 'Waldenburg, 21. Februar 1931. Im Gebälk der deutschen Sozialversichoruno knistert es. Die Balken der Einnahmen tragen die Last der Leistungen nicht mehr. Zurzeit ist die Knappschafts- Versicherung bedroht; schwer erschüttert ist die Inva lidenversicherung, die bald vor einer Pleite stehen wird. Wir haben von vornherein auf die Fäden, die Zwischen der blutarmen Knappschaftsversicherung und der Lohnerhöhung im Ruhrbergbau bestehen, hinge- Wiesen. Die lex Brüning erweist sich als Versager, Herr Brüning galt als tüchtiger Steuerpolitiker; die lex Brüning vermögen wir nicht zu seinen tüchtigen Lei- itungen zu rechnen. Sie begrenzte den Lohnsteuerertrag sür die öffentlichen Finanzen und liest diese nicht von einem steigenden Lohnvolumen ohne Schädigung der Arbeiters profitieren. Sie gewöhnte die Knappschaft an Zuschüsse aus Steuermitteln, gab aber diesem Zuschuf eine unsichere Grundlage, die jetzt versagt. Es ist nur Zu verständlich, datz der Bergarbeiter seinen Verdienst Nicht von zwei Seiten erneut beschnitten sehen will, ein- Nial von der Lohnsenkung, zum anderen von einer Er höhung der Knappschaftsbeiträge. Sie müßten aber um 6 Prozent gesteigert werden, um beim Wegfall der Lohnsteuerzuschüsse die heutigen Leistungen decken zu können. Man kann die Leistungen noch auskämmen, kicher ist hier noch zu reformieren. Man sollte sich aber auch hüten, die Sozialversicherung so auszuhöhlen, daß ue nur noch Fassade bleibt. Lieber ein energischer bystemwechsel. Unter diesem Systemwechjel vermögen wir aber 'sicht die Durchführung der Hartzjchen Irrwege der So zialpolitik zu verstehen. Gerade angesichts der heutigen Lage, der Verdienstminderungen, der gewaltigen Ar beitslosigkeit erweist sich der Hartzjche Vorschlag: Indivi dueller Sparzwang für die Arbeiterschaft — Abschaffung der Sozialversicherung — als das, was er ist, nämlich als unverdaute Jmpulslösung, die an Uebertreibungen Und Bürokratismus des an sich richtigen Sozialversiche- rungsgedankens genährt wurde. Die Erbschaft des Hartz- Dvn Ideenkapitals würde, falls man es anlegte, nm der Bolschewismus antreten. Unter einem Systemwechsel verstehen wir ein enge- unpassen der Sozialversicherungen an die Krise. Der Versicherungscharakter, der dem Versicherten erworbene Ansprüche und Rechte gibt, ist in solchen langanhalten den Krisen innerlich aufzuheben; es ist nur die nötigste Fürsorge zu leisten. Ferner wird man um eine Schick salsgemeinschaft der Versicherungszweige, wo sie er gänzen und aushelfen kann, nicht herumkönnen. Es ist beispielsweise nicht einzusehen, daß die jüngere Ange stelltenversicherung weiter thesauriert, während die ältere Knappschaftsversicherung an ihrer stark ansteigen den Kurve von Verpflichtungen, denen zurzeit nicht ent- sprechende versicherungsmäßige Einnahmen entgegenge stellt werden können, zu erliegen droht. In diesem Falle wäre zu erwägen, ob die Angestelltenversicherung eine» notleidenden Versicherungsschwester nicht aushelfen soll. Wir haben zurzeit so viel Lasten zu tragen, daß wir in der Sicherung der nachfolgenden Generation nicht ft weit gehen können wie in normalen Zeiten. Ob di« Angestelltenversicherung um 1960 ausreichendes Kapital haben wird, kann nicht die Sorge eines krisengeschüt telten und armen Deutschlands von 1931 sein. Zurzeit hat sie Ueberfluß an Mitteln und kann aushelfen. Da» muß entscheidend sein, ehe man wieder Sozialversiche rungszweige aus dem allgemeinen Steuersäckel alimen tiert. Wenn keine Aenderung der Lage eintreten würde, dann müßten alle Träger der Invalidenversicherung in der nächsten Zeit Teile ihrer Vermögensbestände zm Deckung der Leistungen heranziehen. Ein beträcht licher Teil des Vermögens wird überhaupt kaum je mals, sicher aber nicht plötzlich, flüssig gemacht werden können. Wenn natürlich nun auch die entsprechenden Liquidationsvorbereitungen getroffen werden müssen wie das bereits früher das Reichsversicherungsamt for derte, so darf man die Gefahr nicht übersehen, die dar in besteht, daß erst im Jahre 1960 der „Beharrungszu stand" eintritt, in dem keine Nentenverpflichtungen füi die unter die Versicherungspflicht fallenden Personen neu hinzukommen. Schüsse im Reichstag. Fortsetzung der Verkehrsdebatte. Währen in der Sitzung des Reichstages der Etat de« Reichsverkehrsministeriums beraten wurde, kam es in der Wandelhalle des Reichstages zu einem aufsehenerregende» Zwischenfall dadurch, daß ein Besucher mehrere Schüsse ab gab, die glücklicherweise niemanden trafen. Reichsminister a. D. Külz stürzte sich auf den Schützen tn denselben Augenblick als er auf Külz anlegen wollte. Mit Hilfe einiger Reichstagsbeamter, die zu seiner Unter stützung herbeigeeilt waren, nahm er den Mann fest, der von der Kriminalpolizei alsbald abgeführt wurde. Allem Anschein nach handelt es sich um einen Geisteskranken, der im Interesse der Bayerischen Kleinrentner eine Demonstra tion bezweckte, und diese etwas ungewöhnliche Art zur Durchführung irgendwelcher Forderungen benutzte. Oer Revolverschühe im Reichstag. Zu dem Vorfall in der Wandelhalle des Reichs tags erfahren wir weiter, datz der Täter ein gewisser Schmidt aus Würzburg ist, der sich zur Zeit in einem Berliner Hospiz aufhält. Die Waffe, die er benutzte, war eine Schreckschußpistole. Bei der Festnahme bat Schmidt den Abgeordneten Dr. Külz wegen seiner Tat flehentlich um Entschuldigung. Er erklärte, er sei Kleinrentner. Er habe nur eine Demonstra tion beabsichtigt, um den Reichstag zu besserer Für sorge für seinen leidenden Genossen zu veranlassen. * SttzuvgSbertcht. Berlin, 20. Februar. Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 3 Uhr. Heiterkeit entsteht, als er zunächst ein Urlaubsgesuch des Abg. Graef (Dnt.) für 14 Tage wegen dringender Geschäfte bekanntgibt. Dem Gesuch wird stattgegeben. Da» Hau» seht dann die Beratung des Ha«»hatt, de» Reichsverkehrsministeriums fort. Damit verbunden wird auch ein Antrag des Abg. Rippel (Chr.- Soz.), die Gehälter der oberen Reichsbahnbeamten herabzusetzen und denen der gleichgestellten Reichsbeamten anzupassen. Abg. Groß (Ztr.) begrüht die einheitliche Zusammenfassung der Fremdenverkehrswerbung. Die Reichsbahn werde wegen ihrer schlimmen Finanzlage die Hilse des Reiches in Anspruch nehmen müssen. Es gehe auf die Dauer nicht an, daß die Reichsbahn gegenüber der Reichspost benachteiligt werde. Leider sei unter den augenblicklichen Verhältnissen eine Senkung der Reichsbahn- tarise nicht möglich. Was die Reichsbahnverwaltung an Abbau- mahnahmen und an Lohnverschlechterung im Wege des Diktat» geleistet habe, verstoße wider Treu und Glauben. (Hört! hört! im Zentrum.) Auf derselben Linie liege die willkürliche Schließung von Cifenbahnwerkstätten. Es müsse mit diesem System endlich Schluß gemacht werden. (Sehr richtig!) Die Gemeinden würden durch die Wegeunterhaltungskosten zu stark zu Gunsten der Auto« Mobilbesitzer belastet. Die Kraftfahrzeugsteuer sollte möglichst bald erhöht werden. Ehe man an die Fortsetzung des Mittellandkanal» herangehe, sei die Oderwasserstraße auszubauen. Der Schenker-Verlrag sei de« Spediteuren schon 1924 bekannt gewesen, so daß von einer Ueberrumpelnng nicht gesprochen werden könne. Ohne Zweifel bedeute dieser Vertrag ein Monopol, durch das welle Kreise geschädigt würden. Ein« Klärung der Rechtslage durch die Regierung sei notwendig. Solange der Anchen-Rhein-Kanal nicht gebaut werde, müsse wenig stens das dortige Verkehrsnetz ausgebaut werden; die für dieses Gebiet jetzt geltenden Tarife setzten die Holländer in die Lage, ihre Kohle um 2,30 Mark billiger zu liefern. Abg. Scheffel (Soz.) verurteilt gleichfalls das Verhalten der Reichsbahnverwnltung beim Abschluß des Schenker-Vertrages. Mindestens müsse auf eine Aenderung hingewirkt werden. Es heiße, die Reichsbahn solle unter Umständen bi, zu 100 Millionen Mark Zuschuß auf Grund des Vertrage» leisten. Woher aber wolle sie die Mittel dazu nehmen? Im Verwaltungs rat der Reichsbahn liege der entscheidende Einfluß bei führenden Industriellen. Zu Siemens und den übrigen Großindustriellen sei neuerdings auch noch der Mitinhaber von Krupp hinzuackommen. Bei einer so einseitigen Zusammensetzung komme die Allgemein heit zu kurz. Die Arbeitsbedingungen bei der Reichsbahn ver dienten die schärfste Kritik. Unten baue man ab, aber die Zahl der oberen Beamten werde vermehrt. Reichsoerkehrsminifter von Guerard erwidert, daß er sich am nächsten Montag im Interfraktionellen Ausschuß über die Gehälter der leitenden Beamten bei der Reichs bahn äußern werde. Er sei durchaus bereit, die Gehälter der leitenden Beamten mitzuteilen; ebensowenig habe er auch Be denken, zur Frage der Leistunaszulagen Stellung zu nehmen, die rr in ihrem jetzigen Ausbau für unerträglich halte. Wegen des Baues des Rügen-Dammes seien schon seit einiger Zeit Verhand lungen mit der Reichsbahn und der preußischen Staatsregierung m die Wege geleitet worden. Allerdings seien die Verhandlungen mit der preußischen Regierung bis jetzt noch nicht sehr weit ge diehen. Wenn in diesen Verhandlungen mit Preußen eine Eini gung bezüglich des Baues eines Fahrdammes nicht zustande komme, so bleibe dem Reichsverkehrsministerium nur übrig, einen Eisenbahndamm zu errichten. Er halte diese Bauarbeiten für durchaus produktiv. Der Minister betonte weiter, datz auch er sich sür die weitestgehende Verwendung inländischer Baustoffe zum Wegebau einsetze, und datz die Verwendung ausländischen Mate rials auf das notwendigste Matz beschränkt werden müsse; aller dings könne er den Wegebauverbänden zwingende Vorschriften darüber nicht machen. Von Abstrichen an den Mitteln für den Oderausbau könne nicht gesprochen werden; rechne man die Be träge für den Bau der Talsperre mit ein, so sei sogar eine Ver mehrung der Mittel festzustellen. Der Ausbau der Oderwasier- straße dürfe in der Tat nicht verzögert werden. Der Minister hebt hervor, daß er bestrebt sei, eine Schädigung der östlichen Wirt schaft durch den Bau des Mittellandkanals zu vermeiden. Er bittet weiter um Ablehnung des Antrages, 150 000 Mark zum Ausgleich der den Unterweserhäsen entstandenen Schäden zu verwenden. Der Abg. Groh befinde sich im Irrtum, wenn er glaube, daß «in» Ueberrumpelung durch den Schenker-Vertrag nickt vorliege. Aller-' dings habe Herr von Siemens im Jahre 1924 dem damaligen Generaldirektor Oeser einen solchen Plan vorgetragcn, er sei aber entschieden abgelehnt worden. (Hört! hört!) Abg. Helmerich (Bayr. VP.) wendet sich gegen die ungerechte Verteilung der Kraftfahrzeugsteuer. Preußen erhalte bei rund 148 000 Straßenkilon,stern 450 000 Mark, Bayern bei 80 000 Kilo metern 96 000 Mark. Gerade Bayern mit seinen großen Durch gangsstraßen sei also besonder» benachteiligt. Die Gleisernrue- rung bei der Reichsbahn sei noch immer durchaus unzulänglich. Die Eisenbahnkatastrophen der letzten Jahre sollten der Reichs bahn über die Notwendigkeit dieser Maßnahmen di« Aug«n ge öffnet haben. Der Redner kritisiert die Personalpolitik der Reichs bahn. In den Jahren 192S bi» 1929 sei die Gesamtzahl der Be amten um 10 Prozent verringert worden, während lm gleichen Zeitraum die Zahl der höheren Beamten um mehr als 10 Prozent zunahm.