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und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörde« z« Freiberg mrd Brand. -ser«sMvoEcher Nedaktvar: Juli«- Brau« i« Freiberg. 'N/» Ü Erscheint jeden Wochentag Schmitt.'/^SNHr Mr dm Jahrgang. Inserate werden bi« Bormittag II Uhr angmom. I -« Sonntag, den 5. Rai. 188S. Tagesschau. Freiberg, den 4. Mai. Die Ansprache de» deutsche» Kaiser» bei der vorgestrige« Fohumwrthe de» 1. Garde-Regiment» in Pot»dmn lautete etwa wie folgt: „Wie Alle» auf Erde« vergänglich fei, wie fein hochseliger Großvater habe scheiden «Äffen, so sei r» auch da» Schicksal der alten Fahne gewesen. Wir die alte durch Gotte» Gnade «ach zwei siegreiche« Feldzügen zurückgekomnm sei, so hoffe er auch von der neuen, daß sie und mit ihr da» Regiment, wie auch die Geschicke der Zukunft sei« möge«, sich de» alten Ruhme» in neuen «siege« würdig erweise« möge«, und daß e» der Wahlspruch de» Regiment» sei, entweder mit ihr in da» Vaterland zurückzukehren oder zu bleibe» mit de« letzten Manne auf ihr." — Gestern Bormittag begab sich der Kaiser nach dem Tempelhofer Felde bet Berlin, um daselbst den Truppeuübimgm beizuwohuen. Nach dem Schluß derselbe« kehrte der Kaiser an der Spitze der Truppe« zu Pferde zur Stadt zurück. Im Königlichen Schlöffe nahm der Kaiser hierauf mehrere Borträge entgegen und erledigte Regteruug»angelegeu- heite«. — Der Kaiser reist mit der Kaiserin mittelst Sonder zuge» nach Kiel, wo die Majestäten Sonntag Bormittag um Uhr riutreffen werden. Prinz Heinrich von Preußen, der Großherzog von Hessen, der Erbgroßherzog und die Prinzessin Alix von Hessen langten schon gestern in Kiel an, wo die Bor- bereitungen zum Empfange de» Kaiser» und der Kaiserin eifrigst betrieben wurden. — Ueber den bevorstehenden Aufenthalt de» König» Humbert und de» italienischen Kronprinzen in der deutschen Hauptstadt ist zu berichten, daß die hohen Gäste am 21. Mat eintreffen und voran»fichtltch sich bi» zum 25. d. M. in Berlin aushalten werden. — Die Kaiserin Augusta, welche heute früh Berlin verläßt, wird über Frankfurt a. M, Mannheim und Karlsruhe heute Abend I0V, Uhr zu mehr- wöchentlichem Kurgebrauch in Baden-Baden eintreffen. — Bet dem deutschen Staatssekretär Grafen BILmarck fand gestern Abend anläßlich der Samoa-Konferenz ein Festmahl statt, dem die englischen Bevollmächtigten Malet, Scott und Crowe, die amerikanische» Bevollmächtigten Kaffon, Phelps und Bate» und die deutschen Bevollmächtigten Baron von Holstein und vr. Krauel, sowtr mehrer« Mitglieder der englischen Botschaft, der amerikanischen Gesandtschaft und de» Auswärtigen Amte» beiwohnte». — Im württembergtschrn Landtage hat gestern eine Kulturkawpfdebatte stattgrfundrn. Bet der Be« rathung de» Unterricht-etat» verlangte der Abg. Gröber, daß die Katholiken bet Besetzung vou Lehrstellen an den Gymnasien, sowte bet den Studtenbehörden mehr al» bisher berücksichtigt würden. Der Kultusminister v. Sarwey erwiderte, hier ent scheide nicht da» Brkenntntß, sondern di« prrsönlich« Tüchttg- k«tt. Er bitte im Jntrreffr de» konfessionellen Frieden» drr- arttge Debatten zu unterlassen. Der Abg. Gröber antwortete in gereizter Weise, worauf eine nochmalige Erwiderung de» Kultusminister» folgte, welche mit demonstrativem Beifall von der Kammer ausgenommen wurde. — Der in Straß burg t. E. versammelte LandeSauSschuß nahm gestern nach sünsstündtger Berhaudlung in zweiter Lesung den Grsetzentwurf betr. das Grundetgenthum, Hypothekenwesen und die Notariat»- gebühren, sowie den Gesetzentwurf über Hypothrkengrbührm an. —Dir luxemburgische Kammer beschloß gester« anläßlich der Beendigung der Regentschaft einstimmig «ine Glückwunschadreffe an den König der Niederlande zu richten, in welcher der Wunsch auSgedrückt wird, daß die Reglerung desselben noch lange anhalteu möge. Der Präsident schlug eine Dankadresse an den Herzog für die dem Lande geleistet«» Dtrnste vor. Untrr traurigen Verhältnissen fei er tu da» genesen und hat erklärt, nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in dem Großherzogthum Luxemburg die Re gierung wieder selbst übernehmen zu wollen. Herzog Adolf von Nassau kehrt deshalb nach dem Schlosse Königstein im Taunus zurück, wo er seinen bleibenden Aufenthalt zu nehmen gedenkt. Nach den vielen Widerwärtigkeiten, welche der deutsch liberalen Partei in Oesterreich in den letzten Monaten begegneten, hatte dieselbe endlich wieder einen Glücksfall zu verzeichnen. Der verfassungstreue Großgrundbesitz Böhmens hält fest zu der deutschen Fahne. Eine Versammlung in Prag, an welcher 37 Großgrundbesitzer persönlich und 89 durch Vollmachten vertreten waren, beschloß einstimmig, das durch den Fürsten Schwarzenberg angebotene Kompromiß mit den czechisch-feudalen Kavalieren abzulehnen und auf den Eintritt in den böhmischen Landtag zu verzichten. Unter solchen Umständen ist man sehr gespannt auf den Ausfall der Landtagswahlen, die in den böhmischen Landgemeinden am 2. Juli, in den Städten am 5. Juli, in den Handels kammern am 9. Juli und bei dem Großgrundbesitz am 15. Juli stattfinden werden. Der von etwa 2000 Personen besuchte Katholikentag in Wien hat einen sehr glänzenden Verlauf genommen, sehr lebhaft zu Gunsten der weltlichen Herrschaft des Papstes und deS Liechtenstein'schen Schul- antrageS demonstrirt und die von dm Klerikalen auf dm verschiedensten politischen Gebieten gehegten Wünsche in ge schickt abgefaßten Resolutionen zum Ausdruck gebracht- — Das ungarische Abgeordnetenhaus beschäftigte sich in dieser Woche mit der Budgetberathung, wobei sich der neue Finanzminister Weckerle als ein entschiedener Anhänger der Tisza'schen Politik bekannte, die auf allen Gebieten vor handenen Mehreinnahmm nachwies und die Ueberzeugung aussprach, daß die vorhandenen Mittel bei weiterer Ein haltung von Sparsamkeit ausreichen würdm. Von den italienische» Regierungsblättern wird den radikalen Organen gegenüber ausgefuhrt, daß Frankreich in dem bevorstehenden Gegenbesuch des Königs Humbert in Berlin unmöglich etwas Verletzendes finden könne. Das Organ des italienischen Konseüvräsidentm Crispi „Riforma" bezeichnet zugleich die Beziehungen zwischen Jtalim und Frankreich als durchaus freundlich und sucht die Abwesen heit des italienischen Botschafters in Paris, Menabrea, bei dm bevorstehmden Ausstellungs-Feierlichkeiten möglichst zu entschuldigen. Die italienische Kammer erfüllte den Wunsch Crispis, die Debatte über die afrikanische Frage bis zum 7. Mai zu verschieben. Die Lage in Abessyuien ist ziemlich unverändert, doch stellt sich RaS Alula dem Thronpräten denten Debeb bereits feindlich entgegen. Seit Kurzem soll sich nach einer Behauptung des „Temps" in den französische» Departements ein günstiger Umschwung in der Stimmung der öffentlichen Meinung vollziehen. Aehnliche Behauptungen stellte der opportunistische Wanderprediger Antoine auf, der ehemalige Reichstags abgeordnete für Metz, der nach einer Rundreise durch mehrere französische Städte bei einem Festmahl ver „Union xatriotigus" weidlich über den Boulangismus schimpfte, welcher die Franzosen verhindere, sich zur Wiedergewinnung der beiden verlorenm Provinzen zusammenzuschaaren. Im Ganzm verhalten sich augenblicklich alle Parteien in Frank reich ziemlich still, um nicht den Erfolg der Weltausstellung zu beeinträchtigen, von der sich übrigms die diplomatischen Vertreter der Großstaaten fcrnhaltm werden. Äm Meisten befremdete es in Paris, daß auch der russische Botschafter, Baron Mohrenheim, seine längere Abwesenheit und die Ab sicht ankündigte, in Aix les BainS mehrere Monate Auf enthalt zu nehmen. Der französische Minister des Aus wärtigen, Spuller, ließ dm Wunsch verlauten, daß die jenigen Missionschefs, deren Regierungen in offizieller Weise an ver Ausstellung theilnehmen, den Präsidenten Carnot bei seinem Rundgange in ihren „Ländern" empfangen möchten. An Besuchern wird es der sehr großartig an gelegten Weltausstellung nicht fehlen, da Paris schon jetzt von Fremden wimmelt. Gleich die erste Sitzung des englische« Unterhauses nach den Osterferien wurde von der Opposition zu heftigen Angriffen gegen die Regierung benutzt. Labouchere, Georg Campbell und Ellis beantragten Kürzungen der Gehalte des Staatssekretärs Smith, deS Schatzkanzlers Göschen und des Ministers des Innern Matthews. Im Laufe der Er örterungen wurde das Verhalten dieses Ministers und seiner Die Woche. Nachdem der deutsche Kaiser am Montag von Eisenach nach Berlin zurückgekehrt war, hatte derselbe wiederholte eingehende Berathungen mit dem Reichskanzler Fürsten Bismarck und dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck und führte am Dienstag Nachmittag den Vorsitz in einer zweistündigen Sitzung des preußischen GesammtministeriumS. Als Gegenstände der emstesten Erwägungen stellten sich die am Montag in Berlin begonnene Samoa-Konferenz, die am Dienstag erfolgte Eröffnung der Ausstellung für Un fallverhütung, der an demselben Tage bewirkte Schluß des preußischen Landtages und die schlimme Behandlung dar, welche der deutsche Polizeibeamte Wohlgemuth auf sozial demokratische Veranlassung in der Schweiz erfahren hat. Da die Verhandlungen der Samoa-Konferenz geheim gehalten werden und die von einem Berliner Blatte über die erste Sitzung veröffentlichten Berichte amtlich für falsch erklärt worden sind, entzieht sich der Stand dieser Angelegenheit zunächst der Beurthellung. Trotz der eifrigen Arbeit des Unterausschusses dürste die Konferenz mehrere Wochen zur Lösung ihrer Aufgaben brauchen. Die ge meldete Freilassung des samoanischen Exkönigs Malietoa lieferte jedenfalls dm deutlichsten Beweis, daß es Deutsch land in der Samoafrage nicht um Erlangung eines unge bührlichen Einflusses, sondern nur um Sicherstellung be rechtigter JntereffM zu thun ist. Die erwähnte Begnadi gung, die vielleicht zu einer Wiedereinsetzung Malietoas führen wird, ist kein Rückschritt der Kolonialpolitik, sondern «ur ein geschickter Ausweg, die durch die Mißliebigkeit Tamasefts bei den Eingeborenen und die ungesühnte Blut schuld Mataafas arg verwickelte samoanische Frage auf friedliche Weise zu lösen. Während die Opposition diese Taktik grundsätzlich verkennt, ist sie doch gezwungen, die Veranstaltung der in Berlin in diesm Tagm eröffneten deutschen allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung als eine segensreiche That anzuerkenneu, die gewiß zur Ver minderung der Betriebsunfälle beitragen wird. Selbst die Gegner der sozialpolitischen Gesetzgebung geben zu, daß das Unfallversicherungsgesetz die Unfallverhütung mächtig ge fördert hat. Die Ansprache des Kaisers bei der Eröffnung der Ausstellung legte wiederum ein beredtes Zeugniß nicht nur für den lebendigen Antheil ab, den derselbe an allen Bestrebungen zum Wohle der Arbeiter nimmt, sondem auch für die Umsicht und Treue, mit der er das sozialpolitische Ver- mächtniß seines Heimgegangenen Großvaters hegt und pflegt. Die Kaiserliche Eröffnungsrede enthielt zugleich einen wohl- verständlichen Aufruf „an die verständnißvollr und freudige Mitarbeit aller Kreise der Bevölkerung," daß um augen blicklich vielleicht großer Schwierigkeiten willen der Eifer für die Sozialreform nicht erlahme. Diese Mahnung scheint im Hinblick auf die Weiterberathung der Invaliden« und Altersversorgung hervorgehoben worden zu sein. In Abgeordnetenkreisen nimmt man übrigens cm, daß die zweite Lesung dieses Gesetz-Entwurfes höchstens eine Woche erfordern und daß man in den letzten Tagm des Maimonats die dritte Berathung beendigen wird. Der unerwartet stütze Schluß des preußischen Land tages hat vielfach befremdet. Die „Nordd. Allgem. Ztg." bestreitet, daß die abgelaufene Session eine ergebnißarme gewesen sei, und erklärt den Verzicht auf die geplante Ein bringung der Steuervorlage mit der Absicht, dm gegne rischen Parteien den Stoff zur Wahlagitation durch emen mißliebigen Steuervorschlag zu entziehen. Die steikonser« vative „Post" läßt das aber nicht geltm und meint, der Verzicht auf die Steuerre orm käme erst recht der Oppo sition zu Statten. Abg. Windthorst habe gesagt: „Besser hätte man mir die Wahlen gar nicht machen können." Auch die „Neue Preuß. Ztg." bezeichnet es als Fehler, daß der preußische Landtag geschlossen wurde, ohne vorher die Steuervorlage entgegen zu nehmen. Die Angelegenheit des Straßburger Polizei-Inspektors Wohlgemuth dürfte mit der inzwischen angeordneten Freilassung desselben keines wegs abgethan sein, da die schweizerischen Behörden dem fest Jahren als eifrigen Sozialdemokraten bekannten, aus Forst in Bayern stammenden Schneider Lutz zu viel ver traut haben. Die „Nordd. Allgem. Ztg." droht mit Be schränkungen des deutsch-schweizerischen Grenzverkehrs, wenn die eidgenössische Regierung die Mittel, die ihr gegen die sozialdemokratischen Umtriebe zu Gebote stehen, nicht schärfer handhabe. Die Luxemburger Angelegenheit hat einen gänz lich unerwarteten Ausgang genommen. Der als unrettbar betrachtete König Wilhelm III. der Niederlande ist wieder Untergebenen im Zusammenhänge mit dem Parnell-Unter- suchunaS-Ausschüsse von Morley, Trevelyan und de» Parnelliten heftig angegriffen. General Boulanger wohnte den Verhandlungen ewige Zett auf der Fremdengalerie bei. Bei dem am Mittwoch in großartiger Weise in Bukarest stattgefundenen Empfang des rumänische« Thronfolgers, des Prinzen Ferdinand, sagte König Karl zu den Mit gliedern ves diplomatischen Korps: „Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie gekommen sind, um die Bedeutung dieses für die Dynastie und Rumänien wichtigen Ereignisse« zu erhöhen." Die Bukarester Blätter erblicken in den Huldigungen, welche dem Prinzen von fast allen Parteien dargebracht wurden, eine günstige Vorbedeutung für die Zukunft und heben auch mit Anerkennung das warme Jnterrsse hervor, welches der König Karl an der Aus führung des Gesetzes über dm Verkauf von Staats« grundsmcken an die Landleule nimmt.