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Wochenblatt für für 1879. Nr. 75 Dienstag, den 23. September Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag). Abvnnementßpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet w Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. scheidnng für eine friedliche Zukunft, man wirbt in Rußland nnd Frankreich um Oesterreich und einer gemeinsamenrussisch-österreichischen Politik würde die Mitwirkung Frankreichs gesichert sein. Fürst Bis marck hat während des russisch-türkischen Krieges den vielfach bedrohten europäischen Frieden mit aller Kunst und Macht erhalten, die Ber sch wörung aber, an der jetzt ringsum gearbeitet wird, ist nicht gegen den Friedensstörer, sondern gegen denFriedens- stifter gerichtet! Wäre doch das 1000jährige Reich schon gekommen, wo wir Alle wahre Engel fein und die Löwen bei den Pardeln liegen werden. Weil es noch nicht da ist, müssen wir für unsere Soldaten alle paar Jahre neue Gewehre anfchaffen, die immer schneller und besser schießen, und nächstens auch neue Kanonen, die noch viel theurer sind als die Flinten. Die Franzosen sollen nämlich nicht nur mehr Kanonen haben als wir Deutschen, sondern auch Kanonen, die weiter tragen und sicherer treffen als die deutschen. Es ist wirklich ein Krenz und Elend für alle „ci- vilisirten" Völker. Auch die in Eisenach versammelten Deutschen Aerzte haben die Möglichkeit einer Gefahr bei dem Impfen anerkannt, sie haben aber zugleich ausdrücklich erklärt oder „constatirt", „daß bei Beobachtung aller durch Wissenschaft und Erfahrung an die Hand gegebenen Vor sichtsmaßregeln die betr. Gefahr so gering ist, daß dieselbe gegenüber den großen Segnungen der Impfung gar nicht in Betracht gezogen werden darf." In Wien wird es sich zwischen Bismarck und Graf Andrassy, re- spective dessen Nachfolger wohl noch um ganz andere Dinge als um die große Politik im eigentlichen Sinne des Wortes handeln, wir er innern nur an die bevorstehenden Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Handels- und Zollvertrages zwischen Oesterreich und Deutschland, zu denen bereits die beiderseitigen Commissare ernannt sind; wir erinnern an die im beiderseitigen Interesse dringend noth wendige Regelung der Verkehrs- und speziell der Transport-Tarif verhältnisse. Die Russen schweigen das berühmt gewordene Gespräch ihres Kanzlers Gortfchakoff mit einem Franzosen in Baden-Baden nicht todt, sondern räumen ein, daß es ächt und ihnen recht ist. Die „Peters burger Zeitung" giebt auch sehr offen den Grund des russischen Hasses an: „Die Nothwendigkeit eines mächtigen Frankreichs für Europa wird in Rußland begriffen. Wer erinnert sich nicht, mit welchen! Abscheu sich die wahren Russen gegenüber den Siegen Deuschlands über Frank reich benahmen? Wer weiß es nicht, mit welcher Sorge vor den Schwierigkeiten der nächsten Zukunft man bei uns auf das geeinigte Deutschland sieht?" Das ist doch ehrlich! Die Konflikte zwischen der bürgerlichen Gewalt und der Kirche, welche die Vorzeichen eines hell entbrennenden Kulturkampfes sind, mehren sich in Frankreich. So hat der Kriegsminister Anfang dieses Monats an die verschiedenen Corpskommandanteu folgendes Rnnd- Crscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AVonnementspreiS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannakme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. In hier anhängigen Nachlaßsachen des Brauereipachter Leinriek Lose in Wilsdruff werden alle Diejenigen, welche an letzteren noch Zahlung zu leisten oder aus der Brauerei daselbst Gefäße entnommen haben, hierdurch aufgefordert, nuumehr ungesäumt die schuldigen Beträge anher einzuzahlen, bez. die entnommenen Gefäße bis längstens den 28. dieses Monats an die verw. Brauereipachter Lose hierselbst abzuliefern, widrigenfalls im Klagwege gegen die Säumigen vorgegangeu werden wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 19. September E vr. Gangloff. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Tagesgeschichte. Vom 1. October d. I. an werden in Strafsachen die Straffälle von Schöffengerichten, Strafkammern und Schwurgerichtshöfen ent schieden. Vor die Schöffen gelangen die sogenannten Uebertretungen, sowie diej. Vergehen, welche nur mit Haft oder mit Gefänguiß bis zu 8 Monat oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mark bedroht sind; auch können die Strafkammern der Landgerichte auf Antrag des Staatsan walts eine weitere Reihe leichterer Vergehen an das Schöffengericht verweisen, wenn in dem betr. Fall voraussichtlich auf keine höhere Strafe als die oben angegebene erkannt wird. Ebenso gehören die Beleidig ungen, sowie leichte Körperverletzungen vor die Schöffengerichte, sofern der Gegenstand der Strafthat den Werthbetrag von 25 Mk. nicht überschreitet. Ein solches Schöffengericht wird aus dem Amtsrichter als Vorsitzenden und zwei aus Laien gewählten Schöffen zusammenge setzt. Das Zusammenwirken von nicht rechtskundigen Richtern aus dem Volk mit dem rechtskundigen Richter im Schöffengericht unter scheidet sich dadurch vom Schwurgericht, daß in dem Schöffengerichte die beiden Elemente des Richterstandes und des Laienthums vereinigt sind, so daß beide sich gegenseitig verständigen können und gemeinsam über die Schuldfrage und die Höhe des Strafmaßes entscheiden, während bei den Schwurgerichten die Geschworenen nur über die Thatfrage <ob schuldig oder nichtschuldig) zu befinden haben. Gegen die Ent scheidung des Schöffengerichtes ist binnen 10 Tagen die Berufung zu lässig, welche an die Srafkammer der Landgerichte geht, gegen deren Erkenntniß im 3ten Rechtszug noch die Revision zulässig fft, über welche die Strafsenate der Oberlandesgerichte zu entscheiden haben. Die mit 5 Richtern besetzten Strafkammern der Landgerichte sind für die Ver gehen zuständig, welche nicht vor die Schöffengerichte gehören, ferner für die Verbrechen, welche höchstens mit 5jähriger Zuchthausstrafe be droht sind, für die Verbrechen jugendlicher (noch nicht 18jähriger) Per sonen, für gewisse Unzuchtsverbrechen, für schweren Diebstahl', schwere Hehlerei und für Betrug, endlich für Diebstahl und Hehlerei im wieder holten Rückfall. Man könnte von der hohen Politik auf Reisen sprechen, die alle Welt in Athem hält. Kaiser Franz Joseph reiste nach Gastein, um den Kaiser Wilhelm zu sprechen und Graf Andrassy nach demselben Gastein, um mit dem Fürsten Bismarck zu verhandeln. Plötzlich reiste Manteuffel nach Warschau zum Kaiser Alexander und noch überraschen der erfolgte die Zwei-Kaiser-Reife nach Alexandrowa. Die Welt geriet!) immer mehr in Staunen und Unruhe. Jetzt reist Fürst Bismarck nach Wien zu mehrtägigem Aufenthalt und es giebt woh unterrichtete Poli tiker, welche behaupten, diese Reise sei die wichtigste von allen. In Wien, versichern sie, sei der Punkt, wo eine gewisse russische Politik, welche sich hoher und einflußreicher Gönnerschaft erfreut, den Hebel anfetze, um das Deutschland von 1870 aus dem Sattel zu heben. Nicht in Petersburg oder in Berlin, sondern in Wien liegt die Ent- Bekanntmachung, Obstbaumschädlinge betreffend. Zu den gefährlichsten Obstbaumschädlingen gehört der Frostnachtschmetterling. Im Spätherbst, wenn bereits Fröste eintreten, etwa in der 2. Hälfte des October, sieht man öfters zur späten Abendstunde kleine schmutzig graubraune Falterchen die Obstbäume umschwirren. Es sind dies die Männchen des Frostnachtschmetterlings, welche behufs der Befruchtung die ungeslügelten Weibchen aufsnchen. Letztere kriechen am Stamme herauf um rhre je 200 bis 300 Eier entweder vereinzelt oder in kleinen Parthien vereint an den Baumknospen und anderen Theilen der Krone abzusetzen. Aus den kleinen Eiern entwickelt sich im Frühling die den Obstbau schwer schädigende, gewöhnlich die „Spanne" genannte Raupe. Die Vertilgung des obgedachten Schädlings kann auf verschiedene Weise erfolgen. Die Männchen können durch Leuchtfeuer in den Plan tagen angelockt werden und vermindern sich dadurch, die unbeflügelten Weibchen aber sängt man durch Klebbüuder von Theer oder anderen Klebstoffen, wie dergleichen in der Obstbauzcitung von Apothekern und Droguisten empfohlen werden. Außerdem empfiehlt es sich zur Ver tilgung des hier fraglichen Schädlings und anderer dergleichen im Herbst die Baumstämme von der abspringenden Rinde zu reinigen und die selben sodann mit einer Mischung von Kalk, etwas Lehm, Kuhjauche, Rindsblut und — auf 1 Schubkarren Masse — V2 Kilo Leim, welcher zuvor in kaltem Wasser aufgelöst ist, zugesetzt, anzustreichen. Die abgelösten Rindenschuppen sind aber unter den Bäumen zu sammeln und zu entfernen. Indem die Königliche Amtshauptmannschaft die Besitzer von Obst-Bänmen und Plantagen hiervon in Kenntniß setzt, nimmt sie zu gleich Veranlassung, hierbei ans das zur Verhütung der Weiterverbreitnng des Pstaumenborkenkäfers in der Bekanntmachung vom 18. September vorigen Jahres empfohlene Mittel wieder aufmerksam zu machen. Darnach sind die Bänme, nachdem die Rinde mit einer Baum scharre mäßig abgekratzt worden ist, im Herbst jeden Jahres mit einer flüssigen, aus Kalk und Knhdnng bestehenden Mischung bis in die jungen Aeste hinein zu bestreichen. Diese Mischung wird hergestellt, indem man 3 Theile strohfreien Kuhmist und 1 Theil Graukalk, welcher mit Kuh jauche gelöscht ist, gut durcheinander rührt und auf 50 Liter Masse eine Hand voll Kochsalz oder Viehsalz zusetzt. Meißen, den 18. September 1879. Königliche Amtshanptmannschaft. ' von Boffe. für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Rennund-reißigster Vahrgang.