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58. Jahrgang. 288. vrjna«-Gebühr «lerleliahrl, für Dr«»- den bei IUzlich zwei- maliger Zunnaungcan Sonn- und Montagen nur «inma» L.bll M., durch anawärlige »onr- mlijronSre di» ii.üu M. «ei einmaliger Zu- lieiiung durch die Post SM lohneBelieiigeidj. »iualand: Oester- reich.Ungar» b,«d Nr., Schweiz b.tiL Art», Iiaiien 7.l? Lire. — Nachdruck nur mit »eulticher Quellen angabe Dresdner Nachr.">iuMIstg.-Un- veriangie Manuliripl« weid.nichiausdriuahri. Telegramm-Adrefsc: Nachrichten Dresden. Sainmcliminmer für fämtl. Telephonanfchlüfse: LZ 241. Nachtanschluf!: II. Sonnabend, 18. Oktober 1913. Druck und Verlag von kiepsch 6c Reichardt in Dresden. L^sriNirsr» Anieigen-Tarif. Annahme von «nllln- digungen bis nachm. !> Uhr. Sonntags nur Marienftrahe iin von N bis r/-I Uhr. Die einipaiiige Zeile <eima tt Silben) NO PI.. die zweilpalliae Zelle aus TertseUe 7» PI., die zweilpali. Neklameieile l.na M.. Aamilic» illachrichien aus Dres den dle rinlpali. Zeile LS Pf. — In !>Ium. mern nach Sonn und Aeiertagen erhdhler Tarif. — Auswilriige Austriige uur gegen Vorausbezahlung. - Jedes BelcgblaillOPs. Hauptgeschäfts st eile: Marienstrasze 28 40. Die srü88lou kortionen in cler 81LÜ1 clie Imt. <r> Konkelct.-Fbtei!. I erclinaiillzilslr. hlsnilr :: Seickenkauz :: l'r.izzer Stralle I I. SeleucllNinS! SesenNllnüe lüi- joäo l.ioklurt. Anfertigung stunstgevlerdiielier Seleunktungb-stürpvr. Urössts ^ussvnlrl. Viols Ileforuu/on 14 rniil« 11« >it«^n- K»t»itN, 8«« IS. Il^e». elulius 8eii2cl!iefi, ^risclr. Qrsiff L Solin OeorgpIslL 9, llsgsnlidir Iie «rilinotnil» Tiediiuiilus Q^ossss L.sgsr> !r» destsr» clsutsc^SN unicl Lngüscker» Quali434sr» kür /^nrüAS, f'Llslols unci t-fosen, in .rilen moäemeii wurden, ^rprodts Oualilätsr, in blsusn Kiricler-Lkisviots. vÄMSn-Koslümslofjs. Zum Gedenken der Leipziger Völkerschlacht. 1813 — 18. Oktober — 1013 ,.M Leipzig, freundliche Lindcnstodt, Dir wuro ei» leuchtendes Lhrcnmal: Solonge rollet der Jahre Mid, Solange jchciiiet der Sonnenstrahl, solange die Atrönie z»n> Illeere reisen, Ivird noch der späteste Lnkel preisen Die Leipziger Sästachl!" TaS Lehnen des Dichters ist zur Wahrheit geworden. Das leuchtende Ehrenmal, vv» dein Ernst 'Moritz Arndt träumte und sang, nach hundert fahren hat es Wirklich keit erlangt. Gestalt gewannen hat, was er und seine Zeit genossen, die glorreichen Kämpfer von I8t3. in ihren klihnsten Tränmcn nährten, was sie immer und immer wieder dein deutschen Wolke als eine nationale Pflicht vor Augen stellten, als ei» gebieterisches Opfer nationaler Pflichterfüllung forderte», die Ausrichtung eines ragen den E h r c n d c n k m n l s. eines gewaltigen Monuments als eines weithin leuchtenden ei c n g n i s s e S gcr m n n i - s ch e n H e l d e n t n m s und der Befreiung einer in Ban den geschlagenen Welt von dem >1oche deS Fremdherrschers. Ans der Stätte der grosten Böllerschlacht, wo der Kamps am 18. Ottvbcr am heftigsten tobte, dort ist der ragende 'Ban gewölbt, der heule in (Gegenwart des Deuts ch e n K nisers , des K ö n i g s vv n L achscn , der übrigen deutschen B n n d e S f ü r st e n und der Vcr- treter der freien und .Hansestädte und der fürstlichen Dele gierten Oesterreichs, 8! u s, i a n d S und Schwedens in feierlicher Weise seiner Bestimmung übergeben wer den soll. Die Bedeutung der Schlacht bei Leipzig. Riescngrvst erhebt sich ans den Schalten der Bergangcn- heit bei der Einweihung dieses Dentmals heute die Er innerung an jene gewaltige Schlacht, die fast alle Polter Europas auf den Schlarhtgcsilden von Leipzig sah, wohl die gewaltigste Schlacht, die jemals aus europäischem Buden geschlagen wurde, ein Kampf, wie er in dieser Ausdehnung und Grüfte im I». Jahrhundert kaum seinesgleichen, höch stens. was die Zahl der Kämpfer anbetrisst, in dem blutigen isti„gen von Sedan noch ein Gegenstück hat. Hier spielte Napoleon seinen lebten Trumps aus, hier setzten die Ver bündeten ihr Letztes ein. Ter Stern Napoleons war schon im Verbleichen. Ans den Schlacht- und Schnecfeldern Nuftlands war dem Korsen der erste tödliche Stob versetzt morden. Die geknechteten Völker sahen in dem Untergänge der „groften Armee" ein Gottesgericht. Eine Erhebung folgte, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Das ver achtete, .zertretene Prenftcn erheb sich wie ein Phönix aus der Asche, und wie ein Sturmwind alle Stände, Schichten und Berufe mit sich fortreiftend, fegte die Begeisterung durch die deutschen Lande, alles Edle, Schöne und Ideale weckend und alles Morsche zertretend. Napoleon sah sich einem neuen Volk, einer Macht gegenüber, die er nicht meistern konnte, weil sie ihm moralisch überlegen war. Er erkannte die Prenften von Jena nicht wieder und musste sich von ihnen und den verbündeten Russen bei Lützen und Bautzen zeigen lassen, daft trotz des ersten MifterfolgcS ein Geist in ihnen lebte, der eine Welt des Widerstandes überwand. ES kamen die Schlachten von Dennewitz, Grvftbccrcn und an der Katzbach, in denen die Hcldensöhne Genua- nienS Triumph a»f Triumph erfochten. Die fähigste» Ge nerale Napoleons versagten diesem Ansturm von Helden mut gegenüber. Noch einmal bei Dresden hatte der Im perator infolge fehlerhaften Vorgehens der Verbündeten das Glück an seine Adler zu heften vermocht, aber seine -Hoffnung, die -Hanpiarmee der Verbündeten im böhmischen Gebirge zu vernichten, scheiterte an dem Hcldenmnte Kleists bei Nvllcndorf und der Tapferkeit der Oester- reicher »nd russischen Garden bei Kulm. Dann begann der konzentrische Vormarsch der Verbündeten gegen Leipzig. Tie dreitägige Schlacht hätte zur Katastrophe und zur Gefangennahme Napoleons führen müssen, wenn nicht die Biclköpfigkcit der -Heeresleitung die .weiier- blickendcn Pläne Gnciscnauü und Blüchers vereitelt und so im Westen eine Masche im Netze gelassen hätte. Ter Sieg ist den Verbündeten nicht leicht gemacht worden. Tenn der stolze Korse führte einen Bcrzwcifliingskainpf und lieft alle Fcldhcrriikünstc spielen. Kaisertum, Thron »nd Glück standen für ihn auf dem Spiele. Aber auch die Ncr- biludetcil beseelte der äußerste Mut. Denn mit festem Ver trauen sahen sie zu ihrem alten Gott empor und dachten mit dem Dichter: „lver fällt, der kcinn's verschmerzen, Der hat das Hiinmclrcich." Die Namen Möckern, Wachau, Probstheida und Stötte ritz sind mit blutigen Lettern in den Tafeln der Geschichte verzeichnet. Selten haben ganze Völker solche Opfer gebracht wie hier in den Tagen von Leipzig. Solche Opscr- frendigkcit ist nur erklärlich durch die kühne Entschlossen heit, die Ketten der Fremdherrschaft unter allen Umständen nbzilwerscn und den Sieg zu gewinnen. „Und setzet Ihr das Lebe» nicht ein, Uie wird Lnch das Leben gewonnen sein." Dieses TIchtcnvort hat sich a» den Kämpfern von 1813 bewahrheitet. Ihre Tapferkeit war geboren ans der G ! a u b c n S st ü r k e und gepaart mit einer nie versagen den O p f e r s r e u d i g k e i t. Diese Eigenschaften zu sammen haben die deutsche VolkSkraft von I8l3 ent fesselt. Sie haben daher auch in der Ruhmeshallc des Völkerschlacht-Denkmals ihre Verkörperung gesunden. Der Anteil Guropas an -er Leipziger Schlacht. Die „herrliche" Schlacht, wie Arndt das Völkcrringcn von Leipzig genannt hat, war ein gesamteuropäisches Er eignis. Die Monarchen Rußlands, Oesterreichs und Preußens waren am 16. und am 18. Oktober ans dem denkwürdigen Hügel bei Wachau versammelt, der Herr scher Schwedens, der damals mächtigsten Macht des Nor dens, lieft seine Truppen im Verbände der Nordarmec an der Völkerschlacht teilnchmcn und England, das durch Zahlung von Subsidicn diesen ganzen Krieg finanziell .stützte, begleitete mit heißen Siegcsivünftheii das ge waltige Ringen. Die Weit der erhaltenden Kräfte kämpfte gegen die Welt der Revolution, gegen die Macht der Tyrannei, gegen eine Fremdherrschaft, die ganz Europa in Banden zu schlagen drohte. Die Welt kann nicht die Vorherrschaft einer einzelnen Macht oder einer einzelnen Person dulden. Das ist daü Geheimnis der Waffenbrüder schaft von Preußen, Russen, Ocstcrrcichern, Schweden und Engländern von damals. Freudig gedenken wir daher heute der Waffenbrüderschaft der damals und heute nach Lösung des verhängnisvollen Dualismus wieder mit uns verbündeten O c st e r r c i ch c r. Rühmend gedenke» wir auch der W a f s c n h i l f e Rußlands, des Anteils Kaisers Alexanders I. von Rußland, und seiner tapferen Russen an der Befreiung Deutschlands. Mas wäre auö Deutschland geworden, wenn die russischen Heere nach Beendigung deS WintcrscldzugcS von 1812 an der Weichsel Halt gemacht hätten? Ter politische Weitblick Alexanders I.» dem seine kosmopolitische Veranlagung hierbei zustatten kam, hat Russe» und Preußen zusammcn- geführt und eine Waffenbrüderschaft begründet, deren segensreiche Folgen noch heute nicht ganz geschwunden sind. Die Russen brachten die passive Todesverachtung, die Preußen den Heldenmut und die nationale Begeisterung mit. Unverständlich fast scheint cS, wie in diesem Augenblick die Feldherrnknnst, der Scharfblick und die kalte Berechnung des Korse» versagen konnte», ver sagten trotz »nnichcr Fehler der schwerfälligen Heeres leitung der Verbündeten. Die große Wnssentat hat so auch den Charakter eines Gottesgerichts angenommen. Gottes Wille war cS, daß die Völker, daß Deutschland wieder frei wurde». Preußens und Deutschlands Anteil. Was aber auch der Tag von Leipzig für das übrige Europa gebracht haben mag, für Deutschland und Insbeson dere für Preußen bedeutet er mehr, bedeutet er den Höhepunkt der Befreiungskriege, de» Gipfel einer glor reichen Auferstehung nach schmachvoller Erniedrigung. Für Preußen und für das übrige Deutschland stand für alle Zeiten seine Existenz ans dem Spiele, seine Zu kunft und seine Ehre. Daher die Begeisterung, daher die Siegeszuversicht und der Tvdesmut, der die Prensten in diesem Freiheitskampse beseelte. Sie waren die Seele des Krieges, sic haben, das muß das übrige Deutschland neid los anerkennen, das Hauptverdienst an der Bezwingung Napoleons, an dem Siege von Leipzig. Welch herrliche Gestalten in ihrem Kriegshcer, der jugendlich senrige, vor- würtsslürmende, unverwüstliche Blücher, ein Held und ein Gvtt zugleich, der geniale, weitschanende, jede Situa tion klar erfassende Gneiscnau. der hochherzige Grolmann, der Organisator Bauen, der gerade und feurige Bülvw, der Sieger von Grvßbeeren und Tenne- Witz, der ruhige und besonnene Kleist, der Sieger von Nvllciidvrs, »nd der strenge und ruhige ?1ork, eine Feld herren schar, wie sie in solcher Begabung und Einheit sich »och selten ziisaiiimcngesiiiiden hat. Jeder an seinem Teile hat Großes geleistet, und Großes tat jeder Einzelne von den für ihr Vaterland, für Deutschland kämpfenden Preußen, weil alle von dem Glauben an ihre gerechte Sache erfüllt waren. Und auch nach errungenem Siege schwelgten sic nicht in Ucbcrmut. Tie Sieger beugten sich unter die Hand deS allmächtigen Gottes und tiesergrifsen sangen sic, wie einst in der Wiiiternacht von Lenthe», an ihren Wacht feuern den alten Ehoral: „Nun danket alle Gott". Die Folgen -er Schlacht für Deutschlan-s weitere Entwicklung. „M Tag des Sieges, Tag des Herr», Ivie feurig schien dein Morgenstern!" Die Schlacht von Leipzig brachte einen Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Aus der Blutsaat von Leipzig er wuchs das neue Deutschland. Unter Preußens Führung wurde ganz Deutschland befreit. Der furchtbare Spuk des Rheinbundes schwand und der Zwiiigherrschast wurde bis über die Grenzen des Rheins ein Cndc gemacht. Der N hei» wurde wieder Deut s ch l a n d S Str o in , ni ch t Deutschlands Grenze. Der Wappempriich des preußischen Adlers soll oockit bewahrheitete sich in glän zender Weise. Ein »»geahntes Zusaminengehörigleils- gefühl durchzuckte wieder die deutschen Stämme. Die Freihcitskämpsc halten den Boden vorbereitet für die deutsche Einig n n g. Aber noch war die Zeit nicht reif für diese'Einigung. Wohl ging im Jahre von Waterloo schon der Stern Otto v. Bismarcks ans, aber ftinszig Jahre mußten noch vergehen, che die Sehnsucht der deutschen Stämme nach einem deutschen Nationalstaatc ihre Befrie digung fand. Heute ist diese Einheit siegreich errungen auf den französischen Schlachtfeldern, heute steht sic nn- aiigcsochten da und mit dieser Einheit ist auch die innere Freiheit, die mit dem politischen Erwachen und der Mün- digwerduiig des deutschen Volkes eine Notwendigkeit ge worden war. nach vielerlei Hcmiiniinen erkämpft. I»r sicheren Gefühl der Einheit und Freiheit kann heute das deutsche Volk mit seinen Fürsten das N » h m c s in a l auf dem Schlachtselde weihen. Eins aber sei n» diesem hehren Tage nicht vergessen: Die Mahnung für -ie Zukunft. Wvbl hat das deutsche Volk sich Freiheit und Einheit errungen. Aber damit sie ihm erhalten bleiben, muß es stark gerüstet sein. Die Weltlage hat sich von Grund ans geändert, die Konstellation vv» >813 hat einer wesent lich anderen Platz gemacht. Tic Russen stehen an der Seile der Franzosen und England mehr im Lager der Feinde als im unsrigen. Gefahre» drohen von Osten mit» von Westen »nd »nr das alte Habsburger-Reich ist »iijer sicherer Bniidesgeiivssc. Da heißt es stark sein, stark dincl, das Schwert, stark vor allem n»ch durch sittliche und ideale W e r t e. Erhalle» wir uns den heiligen geschicht lichen Ernst, die liefe religiöse A»ssass»ng und das Pslicht- und Beraiitivortlichkeitsbeiviißtsein der Freiheitskämpfer, denn der Geist ist es, der die Schlachten schlägt und die Liege erringt. Solange dieser Geist in deutschen Landen herrscht, wird in der Tat noch der späteste Enkel preisen- ! die Leipziger Schlacht.