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Kummer 184 — 28. Fahrgang Drlchelm S mn: wö»e»tl. mit den lllustr. BraNsbetlagen .Di« Veil' und der Muderbeilage.Frohmut', sowie d«n rertbeilagen ^EI. Benno-Biatl'. .lluterhaltring und Wiffen'. .Die Weit der ilerzilicher Ratgeber'. Da» gute Buch'. »FNmrund- Monatlicher B«»ua»de«t» S Mt. einlchl. Beltellgeld. »letuummer IN 4- Eonnabend- u. Eonntagnummer UN Hauplschrtllletter, Lr. B. Lebe»»,». Dresden. LüchMe Sonnabend, den 1V. Augufl 1S2S Berta,Sor», Lrebden > «nzetgenprrti», Dtr igewalten« Petit,«tte »« » Famtlten- anzetgen u. Stellengesuche !t<» Z. Dte Petttreklamezell« 80 mm brett. 1 ^k. Für Anzeigen außerhalb de» Berbreitungdgeblete» dieP-Ittr-Namezellel.ttN^. Brtetg-b.ttN^. ImFall« höherer Gewalt erlischt scde Verpflichtung auf Lieferung lowtr Erfüllung v. An,eigen-ilutträgen u. Velltung d. Schadenersatz, «elchüttltcher T«U: Artur Len». Dresden. »eschiifttzftell«, Leu«» ».Berta, > «ermanta. A^«, für «erlag imd Drui»,r«t.FtItal« Dresden.Dresdens.t. Polterssraßet?. FernrullllülS. Posttcheikkonto Dresden rkOll. Bankkonio Etadtbant Lretzdeu Rr. «l71» Für christliche Politik und Kultur Dresden. Redaktion der SSchfifcheu Botklzeituna Sden-AUItadl t. Poliersiraße 17. Nernriii Mil und tlü>2. Die Krise im Kaag Vitus Setters Beschwerden Snowdens „Ultimatum" Paris, 9. August. Der im Haag weilende Korrespondent der „Agence Havas" berichtet über den Eindruck, den der Verlauf des gestrigen Ver- handlungstagcs gemacht habe Di« bei jeder internationalen Konferenz unvermeidliche Krisis, die seit der Rede Snoivdens fatalerweise habe eintreten müssen, sei, so heißt es in dem Be richt, seit gestern abend eine vollendet« Tatsache. Mit einer Schärfe, die man nach den voraufgegangenen maßvollen Inter, ventionen nicht vorausgeahnt hätte, halbe Snowden im Finanz ausschuß in Anwesenheit der deutschen Delegierten eine scharfe Anklagerede gegen die alliierten Mächte und ganz besonders gegen Frankreich gehalten, wobei er sogar so- weit gegangen sei, zu erklären, daß England am Kriege tgtl kein vitales Interesse gehabt habe. Snowden habe erklärt, Kr wolle Kein Kompromiß annehmen. Es sei zu wünschen, daß die englische Negierung die Vertagung der Sitzung bis Sonn erbend dazu benutze, um alle Folgen abzuwägen, die die Bei behaltung ihrer so unnachgiebigen Haltung fsilr ganz Europa Aach sich ziehen würde. Während die englische Regierung allein P)re Zustimmung zum Uoungplon verweigere, habe Vriand zu- tzclasscn, nicht nur, daß der Finanzausschuß eingesetzt werde, der gerade die Anwendungsmodalitäten dieses Planes regeln falle, sondern auch, daß der politische Ausschuß eingesetzt «werde, der die Folgen des Plans ins Auge fassen solle. Zur Zeit sei jede Bemühung zur Annäherung der Volker Europas infolge der engliscl)en Ansprüche aufgeschobeu. Ge wiß würden private Unterredungen vor der nächsten Sitzung des Finanzausschusses gepflogen iverden, der auch am Sonn- übend seine Arbeite» noch vertagen würde, wenn bis dahin ^ die interessierten Delegationen nicht das Mittel gesunden haben werden, aus der Sackgasse herauszukommen. Jedenfalls werde die französische Delegation das Möglichste versuchen, um «inen Mißerfolg der Konferenz zu vermeiden. Die gesamte Presse spricht von einer Krisis der Haager Konferenz und ergeht sich in schärfsten Angriffen gegen Sch atz Kanzler Snowden. So schreibt „Matin", Snow den widersetzte sich wegen einer geringfügigen Geldsumme der Befriedung Europas. Er habe gestern wie der schärfste Natio nalist gesprochen. Wenn die Haager Konferenz einen Miß- Erfolg erleide, dann «verde man diese unerivartete Tat der zweiten Internationale gutschreiben. — Dem „Journal" wird aus dem Haag berichtet: Der dritte Konferenztag envet mit einem Theatereoup und mit was für einem! Es handele sich nicht etiva nur um eine auffordernde Mahnung Snowdens, soudern um eine Provozierung und um eine Erpressung. Ueber- dies habe sich der Schatzkauzler auch »och seinen Rückzug selbst abgeschnitten, indem er nachdrücklich auf der Veröffentlichung dieser Maßnahme bestand. — „Echo de Paris" erklärt, man könne sagen, daß niemals ein lebhafterer Streit zwischen Lon don und Paris entbrannt sei und daß die Konferenz im Haag sich jn Gefahr befinde. Amerikas Interessen Haag, 8. August. Die Teilnahme der amerikanischen Negie rung an den Arbeiten der beiden Ausschüsse der Konferenz steht noch nicht fest, doch wird damit gerechnet, daß der amerikanische Beobachter Wilson an den Arbeiten der genannten Ausschüsse teilnehmen wird, da die Regierung der Vereinigten Staaten anteilmäßig an der Verteilung der deutschen Tribut leistungen beteiligt ist. Dagegen wird etile Teilnahme der Amerikaner an den Arbeiten des politischen Ausschusses nicht angenommen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat be kanntlich bisher auf dem Standpunkt gestanden, daß die po litische» Fragen dieser Konferenz (Rhcinlandräuinung, Vergleichskommission, Saarfragei rein europäisch« An gelegenheiten seien, an denen Amerika nicht interessiert sei. Von amerikanischer Seite ist bisher das hier in Umlauf befindliche Gerücht nicht bestätigt worden, wonach die Regierung der Vereinigten Staaten in gleicher Weise wie die englische Regierung eine Berücksichtigung ihrer Tributforderungen bei der Festsetzung des ungeschützten Teiles der Tributzahlung verlange. Die amerikanische Negierung soll, wie verlautet, im voraus die Forderung einbringen, daß der Teil ihrer gesamten Forderungen von etwa 66 Millionen Reichsmark, der sich auf die Wiedergutmachung von Schäden be zieht (General-Claims) in den ungeschützte» Teil der Zah lungen einbezogen wird, während die Vesatzungskosten wie bis her im Rahmen des geschützten Teiles geregelt werden. Der englische Ministerpräsident MacDonald wird, wie von englischer Seite mttgeteilt wird, am Dienstag zur Teil nahme an den Arbeiten der Konferenz im Haag eintressen. 7 ä 4-> Slresemarm gegen Brian- Die Rheinland-Debatte , Haag. g. August. Die beiden Ausschüsse der Konferenz, der finanzielle und per politische, haben gestern ihre Arbeiten ausgenommen. Im (politischen Ausschuß kam es zunächst zu einer lebhaf ten Auseinandersetzung zwischen Stresemann und Briand. von Benin jeder zweiinal das Wort ergriff. Stresemann erklärte, die Besetztholtung deutschen Ge- Veles zehn Jahre nach dem Kriege entbehre jeder moralischen, »echtlichen und politischen Grundlage und stehe im Widerspruch Zu dem gerade von der französischen Regierung vertretenen Gedanken einer europäischen Solidarität. Auch mit dem Locarno pakt und den Satzungen des BSlkerbundes sei die Rheinland- Besetzung unvereinbar. Dr. Stresemann wies ferner darauf hin. Paß der Versailler Vertrag eindeutig der deutschen Regierung Mn Recht auf Räumung des Rheinlandes gebe, nachdem Deutsch land seine gesamten Verpflichtungen uneingeschränkt erfüllt habe. Bittere Klage führte er darüber, daß in den vier Jahren feit dem Abschluß des Locarnopaktes -ie damals gegebenen /Versprechungen nicht erfüllt worden seien. Di« deutsch öffent liche Meinung sei mit Recht aufs tiefste enttäuscht. All« Ver sprechungen seien bisher leere Wort« geblieben. Er müsse ganz offen die Frage stellen, ob man nun endlich ernsthaft daran gehen wolle, die Folgen des Weltkrieges zu liquidieren, das Rheinland zu räumen, die Reparationsfrage zu klären und die Grundlagen eines wirklichen Friedens und einer wirklichen Verständigung Mischen den Völkern zu schaffen. Bisher seien nur unzulängliche Schritte getan ivorden. Briand erwiderte, er zweifle nicht an dem guten Willen der gegenwärtig in Deutschland führenden Männer, doch gebe es keine Bürgschaft dafür, daß diese Männer noch lange am Ruder blieben. Niemand könne leugnen, daß in Deutschland breite Schichten und einflußreiche Parteien bestünden, die oie Politik der gegenwärtige» Regierung ablehnte» und ihre bis herigen Entscheidungen nicht mitmachten. Er. Vriand. gebe allerdings zu, daß Deutschland materiell abgerüstet habe, aber dafür sei ein« sehr lange Zeit notwendig gewesen. Wenn Deutschland materiell abgerllstet sei, so sei es dies noch noch lange nicht in moralischer Hinsicht, und die moralische Ab rüstung sei für die Verständigung der Völker mindestens ebenso notwendig wie die materielle Frankreich besitz« gegenwärtig zwar eine relativ«, aber keineswegs eine absolute Bürgschaft für sein« Sikl-erheit. Aus diesem Grunde könne das Rhein land nur etappenweise entsprechend der Annahme u»d Durch führung des Aoungplanes und der Einsetzung des Vergleichs- ausschusses geräumt werden. Die Verhandlungen wurden dann auf Freitag. 16 Uhr. vertagt. « Im finanziellen Ausschuß sprachen zuerst Vor treter kleinerer Staaten, u. a, Ullrich sPorlugals Titulescu (Rumänien) und Marinkowitsch (Jugoslawien). Dan» ergriff Snowden das Wort, um noch einmal sehr ausführlich den englischen Standpunkt darzulegen. Er schlug die Bildung eines Unterausschusses vor. der noch einmal die Grundlagen der Ver teilung oer deutschen Zahlungen prüfen soll. — Charon (Frankreich) erklärte diese Vorschläge für nnannehnibar. Eine Diskussion über die Struktur des Vou»g-Pla»es halte Frauk- reich für unmöglich. I:n gleichen Sinne sprachen Pirelli (Italien) und Iaspar (Belgien). Aus den verschiedensten Gründen wird es notwen dig, sich noch einmal mit der Antwort der Christlich, sozialen Reichspartei auf die Erklärung der Bischöfe zu beschäftigen. Durch die inzwischen erfolgte Verwar nung des für Erscheinnngs- und Druckort des „Nellen Volkes" zuständigen D i ö z e s a n b i s ch o f s von Würzbnrg sind erfreulicherweise verschiedene Un klarheiten beseitigt worden. Das bisherige Schweigen des Würzburger Bischofs ist von den Christlichsozialen zu optimistisch beurteilt worden. Die Verwarnung des Bi schofs Dr. Ehrenfried geht ausführlich ans den eigent lichen Kern der bei den Christlichsozialen verurteilten Ge- samthaltnng ein: Unter Berufung auf das Christentum entfachte man bei der Christlichsozialen Reichspartei in den wirtschaftlichen und sozialen Fragen einen aanz un- christlichen und unmöglichen Radikalismus und eine fort gesetzte verletzende Kritik an den verschiedensten Män nern, Einrichtungen, Parteien und Organisationen des katholischen Lebens, welche sich seil vielen Jahrzehnten für die katholische Sache erfolgreich opferten und von den höchsten kirchlichen Stellen Anerkennung und Er munterung gefunden hatten. Gerade ans dem hier an geführten Satz geht deutlich hervor, daß nicht eine poli tische Meinung, sondern eine Haltung verurteilt wird, deren ungelsemmte, radikale, aufreizende Art be sonders gegen jenes Gebot der Liebe verstößt, an das die Christlichsozialen immer appellieren. Vitus Heller beklagt sich fortwährend darüber, die Bischöfe hätten ihn nicht rechtzeitig ans seine Fehler und Irrtümer aufmerksam gemacht, die Verwarnungen seien auffallend plötzlich ans ihn eingeregnet, ohne daß man ihm Gelegenheit gegeben habe, sich zu verantworten. Demgegenüber muß aber der Bischof non Würzbnrg fest- stellen: „Obwohl ich schon vor Fahren ans di»! wiederholten Angriffe gegen die kirchliche Autorität auf merksam gemacht habe, hat die Richtung des „Neuen Volkes" sich nicht geändert." Vitus Heller ist demnach schon früher gemahnt worden: er hat sich leider nicht dar um gekümmert. Er hat infolgedessen kein Recht, sich darüber zu beklagen, daß die bischöflichen Verwarnun gen jetzt vor aller Oeffentlichkeit wiederholt werden. Das „Neue Volk" wirft den Bischöfen einerseits und der Zentrumspresse andererseits vor. sie würden fortgesetzt kirchlich-religiöse Angelegenheiten mit poli tischen Zwecken verquicken. Ist es aber nicht Vilns Heller gewesen, der die bischöflichen Erlasse zu politi schen, von der geistlichen Zentrumsführerlchaft veranlaß- ten Aktionen nmgestempelt und damit e.ne istergnicknng der politischen und der kirchlich-religiösen Diskussion ver ursacht hat? Die ganzen Anlwortsnnmmeru des „Neuen Volkes" erweisen sich als eine kirchlich-religiöse und po litisch-soziologische Gesamtkritik. Fn ihrer offiziellen Kundgebung behauptet die christlichsoziale Parteiführer schaft. die Christlichsoziale Partei sei eine ü b e r Kon- fessionelle Partei. Woher nimmt eine überkon. fessionelle Partei, die. wie Bitus Heller selbst zngibt, eine rein weltliche Angelegenheit sei, das Recht, in einem solch heranssordernden Tone die inneren Zustände in der ka tholischen Kirche zu kritisieren! Fst die Partei über konfessionell, dann geht sie das gar nichts an. dann mchze sie die Regelung der innerkirchlichen Lierhältnisse der kirchlichen Autorität selbst überlassen. Wir glauben uns zu entsinnen, daß die Christlichsozialen in frül>ereii Dis kussionen es der Zentrumspartei zum Borwurs machten, daß sie erklärte, eine überkonfessionelle Partei zu sein. Das wurde natürlich als Kompromißlertum. als Versün digung gegen das Programm radikaler Katholizität hingeslellt. Jetzt, wo man. um sich einer Verantwortung ans ganz anderen Gebieten zu entziehen, zu ähnlichen Argumenten greift, findet man natürlich nichts dabei. Das vom „Neuen Volk" abgedruckte sozialistische Presseecho zu den bischöflichen Verwarnungen macht uns übrigens auf die völlige Gleichheit der radikalen, polemischen Tonart bei der sozialistischen Presse und beim „Neuen Volk" aufmerksam. Charakteristisch für die Haltung Vitus Hellers ist dabei, daß er z. V. die sarkastischen Bemerkungen Sollmanns in der „Rlieini- schen Zeitung" über die kapitalistischen Kirchenfllrsten und die kapitalistisch-bürgerliche Auffassung der bilciföf- liche» Kundgebungen getreulich nachdruckt, daß er aber Der heutigen Nummer liegt das „St. Bennoblatt", da» S»»»tagsl>latt für di« Diözese Meißen, und di« Kinderbeil«»« „Frohmut" bei.