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Dresden, den 15. Mai — Dem ordentlichen Professor der Physiologie und Di rektor des physiologischen Instituts an der Universität Leipzig, I>r. Karl Friedrich Wilhelm Ludwig ist der Charakter eines Hofraths in der vierten Claffe der Hofrangordnung taxfrei und dem Buchhändler Johann Jacob Weber zu Leipzig das österr. Ritterkreuz des Franz Joseph Ordens verliehen worden. — Sc. Exccllenz der k. sächsische wirkliche Geheime Rath Graf von Seebach hat Dresden wieder verlassen und sich von hier, dem Vornehmen nach, aus seine in Südrußland gelegenen Besitzungen begeben. — — Ocffentliche Sitzung der Stadtverordneten', am 13. Mai. Der Expedient beim Marstallamt, Ernst Gold ammer, ist krank und werden ihm zu einer Badekur in Tep- litz 36 Thlr. bewilligt. — Herr Klugentain l?), früher Lehrer in Gablenz bei Rcichenberg in Böhmen, hat eine Anstellung als Hilfslehrer in einer der städtischen Schulen erhallen. Das Collegium beschließt, die UwzugSkosten im Betrage von 17 Thlr. 13 Ngr. ihm zu vergüten. — Bon Seiten der Stadt sind mehrere Häuser der Grüi egasse und Nr. 1 ain Schießhause für 16,000 Thlr. angekauft worden. Die angefertigten Käufe gelangen zur Prüfung an die Versassungsdeputation. — Es ist ci:re Aussicht vorhanden, daß die Hausbesitzer für die ihnen in der Zeit vom 25. October 1866 brs 30. Juni 1867 auf- erlegt gewesene Bequartierung sächsischer und preußischer Trup pen bald Entschädigung erhalten. Wenn auch das Kriegs- ministerium erklärt, auf die Liquidation nicht eingehen zu kön nen, weil sie nicht übersichtlich sei und die Belege fehlten, so ist cS doch gemeint, der Stadt euren Vorschuß von 30,000 Thlr. zu gewähren, um die Auszahlung beginnen zu lassen. Der Stadtrath theilt dem Collegium die Auszahlungsmodalität mit und bittet um Genehmigung. — Nachdem der Flcischer- Hnnung vom Stadtrath abgeschlagen worden ist, das Schlacht haus an der Gerbergasse weiter zu benutzen, beabsichtigt die Innung, selbstständig vorzugehen und ein eigenes Schlachthaus zu bauen, das nöthige Areal am Neudorfer Mittelweg und der Leipziger Straße ist bereits acquirirt. Ter Stadtrath ist ge meint, dein Gesuche um Genehmigung zum Vau unter Be dingungen zu entsprechen. Da nun früher die Stadtgemeinte aus communlichen Mitteln ein Schlachthaus errichten wollte und auch bereits Areal isür circa 80,000 Thlr.!!) dazu er worben hat, so will der Stadtrath wissen, ob man das Projekt der Flkischerinnung zu fordern gedenkt. Die Finanz-und Vcr- sassungSdcputation werden sich hierüber gutachtlich auszusprechen haben. — Stadtmusikdirector Puffholvt hat um Erhöhung sei nes Gehaltes bis zu 800 Thlr. nachgesucht. Der Stadtrath will ihm seinen bisherigen Gehalt von 500 auf 700 Thlr. erhöhen. — l)r. Spieß hat den Antrag gestellt, den Stadtrath um schleunigste Auskunft zu bitten, ob in der That von ihm Anordnung euheilt worden sei, daß gepflasterte Straßen nicht nichr gesprengt werden sollen, eventuell au« welchen, Grunde dies geschehen ist, und 2) Einleitung zu treffen, daß jedenfalls schon jetzt eine gehörige Besprengung der Ostraallee angeordnet werde. Der Antrag wurde angenommen. — In geheimer Sitzung ist Seitens des Collegiums beschlossen worden, die Neustädter Fleischbänke um 26,400 Thlr. anzukaufen und da« Parterre zu Läden und anderen vortheilhaften Zwecken zu ver wenden. Heute erklärte die Versassungsdeputation (Referent Spieß) die angefertigten Käufe für richtig und empfiehlt die Mitvollziehung. Einstimmig gutgeheihen. — Durch Adv. Lehmann berichtete die Finanzdeputation über die Veräußerung des communlichen Areals am Güterbahnhofe. Die Differenz zwischen Stadtrath uns Ministerium des Innern wegen der Breite der Güterbahnhosstraße ist erledigt und das Ministerium hat genehmigt, daß die Straße in 30elliger Breite statt 40clliger, wie es früher immer gewollt hatte, hergestellt werde. Die De putation meint, es sei dieses Entgegenkommen und diese Achtung vor dem Selfgovernement der Gemeinde mit Genugtuung an zuerkennen. In Folge davon wird nun das dortige, jetzt an einen Herrn Hildebrand gegen halbjährliche Kündigung ver pachtete communliche Areal frei und der Stadtrath beabsichtigt es zu veräußern. — Im Etat der GaSfabriken befindet sich eme Position von 10,000 Thlr. für unvorhergesehene Aus gaben. Man ist nicht geneigt, eine so große Summe ohne vor herige Cognition zu vcrwilligen oder zur Disposition zu stellen, und beschließt, vom Stadtrath schleunige Antwort auf die be züglich der Geschäftsordnung für die Gasbeleuchtungsdeputation am 22. Januar d. I. gefaßten Beschlüsse zu verlangen, die Bewilligung von 10,000 Thlr. mit Vorbehalt der Einzeln bewilligung auszusprcchen und nach dem Anträge Walters von diesen 10,000 Thalcrn 5000 Thlr. als DiSpositionSquantum zu betrachten. Derselbe Referent berichtet über die beabsichtigten Gaser Weiterungen in diesem Jahre. Es sollen mit Gas ver sehen werden in der Pirnaischen Vorstadt: ei« Theil der großen Ziegelgaffe, die Blasewitzerstraße, die Blumen- und Elisenstraße, die Circusstraße, die Grunaer- und die verllmgcrte Mathilden straße; in der Seevorstadt: die Parkflraße, die verlängerte Wienerstraße und die Bergstraße in ganzer Ausdehnung; in der Fricdrichstadt: die Löbtaucrftraße und die Cottaerstratze, so wie die Straße an der Ziegelscheune ; in Antonstadt: die Zittaucr-, die Baum , die Bach- und die Stolpenerstraße, sowie die bis jetzt noch mit Oel beleuchteten Theile des Bischofsweges, derPrieß- nitz und der Radebcrgerstraße. Der Aufwand hierfür beziffert sich auf 17,486 Thlr., welche einstimmig genehmigt wurden.— Zur Abpflasterung der verlängerten Christianstraße wurden auf Vortrag des Stadto. Schilling 1529 Thlr. und zu Pflasterung der angrenzenden Moscinskystraße 693 Thlr. bewilligt. Letztere Summe soll erst im nächsten Jahre zur Verwendung kommen. — Die Correction der Nordstraße und die Ucberbrückung der Pneßnitz hat schon oft das Collegium beschäftigt. Der Stadt- rath bezeichnet mehrere gemachte Pläne wegen zu großer Auf schüttung als unthunlich und will eine Brücke in der Höhe der bisherigen hölzernen Bcücke Herstellen lassen. Referent Walter hält dies wegen öfters vorkommenden hohen Wasscrstandes für unpraktisch und beantragt Namens der Deputation: die Brücke mit sanfter Steigung in der Höhe von 2 Ellen bis zur diäteti schen Klinik sofort in Angriff zu nehmen, als Berechnungsgcld 500 Thlr. zu bewilligen und die Bereitwilligkeit zu einen, etwaigen Nachpostulate zu erklären. Stadtv. Hecker betont die Nothwendigkeit einer Verbindung der Marktgasse mit der Forst straße, worauf Stadtv. Hartwig entgegnet, das sei Sache der Adjacenten welche noch nicht alle zu Bringung von Opfern sich bereit gezeigt hätten. Der Deputationsantrag fand Annahme. — Auf Vortrag des Stadto. Hartwig werden vom Collegium dem Turnverein für Neu- und Antonstadt aus Furcht vor Konsequenzen zwar nicht 4000 Thlr. auf 2 bis 3 Jahre un verzinslich, wohl aber auf 5 Jahre gegen 3 Procent und dann später gegen 4^ Procent Zinsen gegen Cession einer auf die Turnhalle und den Turnplatz eingetragenen Hypothek aus der Stadlkaffe dargeliehen. — Dir. Nitz berichtet schließlich über die stadträthlichen Forderungen von 215 Thlr. und 333 Thlr. zu baulichen Herstellungen in der Kreuzschule. Beide Postulat?, erstere« bestimmt zur Renovation der Wohnung des NcctorS rmd für einige Reparaturen, letzteres, um den in der Wohnung deSHau-manns und in der der Köchin Vorgefundenen Schwamm, der bereits den Fußboden vollständig zerstört habe, zu beseitige», und dessen Wiedervorkommen zu verhüten, wurden bewilligt. Referent bemerkt, daß, wie es möglich sei, den Schwamm zu beseitigen und die Wiederkehr desselben zu verhüten, so müsse ts auch bei Neubauten Vorkehrungsmittel geben, daß Schwamm sich nicht bilden könne. In, Souterrain der Kreuzschule fehle es an Ventilation und darum sei Schwammbildung entstanden. — Die PetitionSdeputation trug Berichte vor und daran schloß sich eine geheime Sitzung. — Die in Eisenbahnangelegenheit hier anwesende Depu tation aus Eibenstock hat in diesen Tagen die Ehre gehabt, bei Sr. K. H. dem Kronprinz zu einer Audienz vorgclassen zu werden, in welcher Se. K. H. in eingehendster Weise und in genauester Kenntniß der dortigen Terrainverhältnisse, sowie der industriellen Anforderung der dasigcn Gegend über das ihm vorgetragene Ansuchen sich aussprach. Jngleichen wurden die Herren auch von mehren anderen Mitglieder», der Ersten Kammer, denen sie sich vorgestcllt, auf das Freundlichste ein pfangen. Gleichwohl haben ihre Wünsche nicht die gehoffte Befriedigung erfahren, weil die Erste Kammer mit der Zweiten Kammer in dieser Frage in differirendcr Ansicht sich befindet. Das VereinigungSverfahrcn würde nunmehr in Bezug auf das Resultat abzuwartcn sein. — — Vorgestern Abend ist in der Nähe des Centralbahn- hofs ein fünf Jahre alter Knabe in den Weißeritzmühlgraben gefallen, vom Strome eine Strecke sortgetricben und endlich ain sog. Simon'schen Trockenplätze von Leuten, die den Knaben im Wasser bemerkten, noch rechtzeitig vom E» trinken gerettet worvenz — In Schnaudertrebnitz ist am 4. Mai ein an der Fallsucht leidender, 44 Jahr alter Cigarrenmachcr wahrschein lich bei einem Anfalle dieser schrecklichen Krankheit, ins Wasser gefallen und ertrunken. — Vorgestern Abend wurde eine Dienstperson in Hast genommen, die in Abwesenheit ihrer Herrschaft deren Schreib- secretär zu öffnen und voraussichtlich daraus Geld zu stehlen versucht hatte. Sie hatte sich hierzu eines falschen Schlüssels bedient, und dabei noch das Unglück gehabt, daß dieser beim Oeffnen dcs SchloffeS zerbrochen und zun, Theil darin stecken geblieben war. Natürlich konnte diefir Diebstuhlsvcrsuch nach Rückkehr der Herrschaft nicht lange uncntdeckt bleiben und der Verdacht mußte sich verständlich sehr bald auf die richtige Tha terin lenken, die denn auch nach einige». Zögern der Herr schaft ihre »Schuld nicht verschweigen konnte. — — Au- Anlaß der kürzlich in Berlin stattzefundencn Gasexplosion, durch welche nicht allein die Zerstörung eines Gebäudes, sondern auch der Verlust mchrer Menschenleben he, beigeführt worden ist, hat der hiesige Rath eine Bekannt machung erlassen, in welcher den ÄaLconsumcnten die strengste Beobachtung der in dem mit ihnen abgeschloffenen Gascontraet« enthaltenen Bedingungen anempfohlen wird. — Jin Saale deS Kunstoereins auf der Brühlschen Ter rasse ist jetzt die Büste der königlich sächsischen Kammervirtuosin, Fräulein Mary Krebs, ausgestellt Modellirt von dem Bild hauer Herrn Robert Tänzler, welcher früher die Büste deS jetzigen Reichskanzlers v. Beust gefertigt, zeigt die Büste der genannten Künstlerin große Aehnlichkeit und ist sonst in der Ausführung als sehr gelungen zu bczeichneir. — Eine Seltenheit. Vorgestern Mittag ereignete es sich in der Zwingcrstraße, daß ein breiter Rollwagen vollständig uinwarf. Derselbe war mit Bettfedersäcken hoch beladen und verlor in der etivas hängenden Straße das Gleichgewicht. Glücklicher Weise ging dieser geräuschlose Umsall ohne weiteren Unfall ab, wozu indessen viel Gelegenheit war, da der Diet- rich'schen Schule, vor deren Thüre dies geschah, gerade eine Menge kleiner „Krabben" entströmte. Nach dem Lösen der Spannkette fiel der geleerte Wagen von selbst auf die Näder, und still, wie er sich von seiner schmiegsamen Last befreit, ward ihm dieselbe wieder aufgebürdet. Hätte sie hingegen in Por zellan bestanden, so würde solche Purzelei freilich mehr Effect gemacht haben. — Die gestrige Notiz über eine Versammlung in Meißen ist dahin zu ergänzen, daß der diesjährige Verbandstag der sächsischen Genossenschaften den 4. Juni daselbst statt findet und ist derselbe weder auf die Vereins-Dir ec toren, noch auf die Credit-Vereine beschränkt. — Um bei Feuersgefahr u dergl. im Altstädter Rath hause sofort mit dem Kreuzthürmer in Rapport treten zu kön nen, beginnt man jetzt den Telcgraphendraht zu legen, welcher in eisernen starken Gasrohren bis zum Thurme und dann ohne diese Umhüllung nach der Höhe geführt wird. Man hofft in einigen Wochen damit fertig zu sein. Nun muß freilich der Kreuzthürmer auch telegraphiren lernen! — Nicht genug, daß man in diesem Jahre die Maikäfer nach Scheffeln mißt, so befleißigt sich auch noch die Kunst der Nachbildung dieser Störenfriede, und zwar sehen wir bei Jordan u. Timäus in der Meißner Straße von Chocolade ge bildet am Schaufenster ein so famoses Niesen-Exemplar, daß schon ein solcher Maikäfer das Schefsclmaß ausfüllen würde. — In unterrichteten Kreisen ist davon die Rede, daß der Schluß unseres Landtages, welcher auf den 16. Mai anbrraumt war, noch aus einige Zeit, vielleicht bis Pfingsten, hinausge- schoben werden solle. — Am Dienstag Abend wurde der neu hergestellte und geschmackvoll eingerichtete Garten der Restauration zur „Hoff nung" eingeweiht. Das Musikchor dcs Pionierbataillons con- ccrtirte wacker und außerdem wurde das zahlreich erschienene, gewählte Publikum durch Gesaogsvor träge erfreut. Der mit bunten Laternen reizend decorirtc Garten erschien durch benga lische Flammen und allerliebstes Salonfeuerwerk in der schön sten Beleuchtung. Die guten Speisen und das frische Vier wurden bei dieser Loire« ltimnpölrv massenhaft vertilgt. — Auf einem Neubau in der Christianstraße verunglückte gestern Morgen auf schreckliche Weise ein Arbeiter dadurch, daß beim Aufhaspeln von Cimsplatten der Haken riß, die Sims- plalte herunterstürzte und beiläufig das Gewölbe durchschlug auch auf einen Balken derart traf, daß derselbe hcrunterbrach und den nicht schnell genug sortgekommenen Arbeiter daS un tere linke Bein morsch entzweilchlug. Der arme Mann wurde nach dem Krankenhause geschafft, wo man wahrscheinlich das Bein abnehmen wird. — Ain Dienstag ging ein Extrazug mit Schweinen nach Hamburg hier durch und in der darauf folgenden Nacht ein mit Ochsen befrachteter Extrazug. Dieselben kamen aus Mäh ren und sind für England bestimmt. Dein Transport war ein Dresdner Gensdarm bcigegeben. In Bodenbach waren die Thiere untersucht und 48 Stück ungarisches Steppcnvich aus- gesondert und zurückgesanvt worden. — Oesfentliche Gerichtssitzung am 13. Mai. Der Lbstpachter Friedrich hatte im vorigen Jrhre das Obst deS Rittergutes Nothschönberg gepachtet und bewahrte dasselbe in einer Kammer und in einem Gewölbe dcs zum Ritterguts ge hörigen Malzhau'es auf. Das MalzhauS war in seiner Vor der thüre unverschlossen, aber die Hinterthüre und das Gewölbe waren je mit einem Vorlegeschloß verschlossen. Am 16. Nov. kehrte Friedrich von einer Geschäftsreise aus Frciberg zurück, fand das Geivölbe, worin seine Aepfel lagen, erbrochen und vermißte circa 3 Scheffel gute Aepfel, welche er aus 6 Thlr. schätzte. Diesen ausgezeichneten Diebstahl begangen zu haben, stehen heute drei Dienstknechte des Rittergutes Nothschönberg vor Gericht: Johann Friedrich Wilhelin Sulk aus Hoyerswerda, Carl Heinrich Krätzer aus Kettwitz und Friedrich Moritz Böhme aus Tannebcrg; sammtliche Angeklagte stehen in den zwanziger Jahren und sind, m-t Ausnahme Sulk's, der wegen Beschädi gung fremden Cigenthums einmal Gefängnißstrafe erlitten hat, unbestraft. Die Angeklagten sind geständig, Aepfel am Morgen - k ! M